TE Vwgh Beschluss 1999/5/27 99/16/0127

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Veröffentlicht am 27.05.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §28 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 99/16/0128 99/16/0129

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, in der Beschwerdesache der Sch GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Karl Grigkar und Mag. Klemens Mayer, Rechtsanwälte in Wien XIX, Sickenberggasse 10, betreffend den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 13. November 1998, Zl. 13-7/Sch-310/3/2/97, betreffend Eingangsabgaben, 1) über den Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist, 2) über die unter einem erhobene Bescheidbeschwerde und 3) über den Antrag auf Wiederaufnahme des hg. Verfahrens Zl. 99/16/0008, den Beschluss gefasst:

Spruch

1)

Dem Wiedereinsetzungsantrag wird nicht stattgegeben.

2)

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

3)

Der Antrag auf Wiederaufnahme des hg. Verfahrens Zl. 99/16/0008 wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 4. März 1999, Zl. 99/16/0008, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis war eine Bescheidbeschwerde der nunmehrigen Antragstellerin und Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 13. November 1998, Zl. GA 13-7/Sch-310/3/3/97, als unbegründet abgewiesen worden, weil der genannte Bescheid lediglich über die von der Beschwerdeführerin (im Rahmen der gegen die Vorschreibung von Eingangsabgaben durch das Hauptzollamt Wien in Höhe von S 1,712.253,-- angestrengten Berufung) beantragte Aussetzung der Vollziehung abgesprochen und die Beschwerdeführerin behauptet hatte, dadurch in ihrem aus Art. 10 EWR-Vertrag abgeleiteten Recht auf Abgabenfreiheit verletzt zu sein.

Der Verwaltungsgerichtshof erachtete diese Rechtsverletzung mit Rücksicht auf den im angefochtenen Bescheid nur über die Aussetzung erfolgten Abspruch von vornherein als nicht gegeben.

Zur Vermeidung von weiteren Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des zitierten Erkenntnisses verwiesen (§ 43 Abs. 2 VwGG).

Dieses Erkenntnis wurde der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (nach ihrer Behauptung am 13. April 1999) zugestellt.

1) Zum Wiedereinsetzungsantrag:

Mit dem nunmehr am 21. April 1999 eingelangten Schriftsatz wird in erster Linie die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Erhebung einer Bescheidbeschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 13. November 1998, Zl. GA 13-7/Sch-310/3/2/97, beantragt, womit (in teilweiser Abänderung des Bescheides des Hauptzollamtes Wien vom 13. Jänner 1997) in der Sache selbst Eingangsabgaben und ein Säumniszuschlag von insgesamt zusammen S 1,626.931,-- festgesetzt wurden.

Dazu wird vorgebracht, bei Verfassung der gegen den genannten Bescheid beabsichtigten Bescheidbeschwerde sei dem Rechtsanwaltsanwärter Mag. Peter Schweiger dergestalt ein Fehler unterlaufen, dass er irrtümlich die Aktenzahl des Aussetzungsbescheides (GA 13-7/Sch-310/3/3/97) und nicht die des Sachbescheides (GA-13-7/Sch-310/3/2/97) diktiert habe. Die solcherart falsch erstellte Beschwerde sei in der Folge dem "zuständigen" Rechtsanwalt Mag. Klemens Mayer zur Unterschriftsleistung vorgelegt worden, dem der Irrtum aufgefallen sei. Dieser habe dem genannten Konzipienten den Auftrag erteilt, zusammen mit der Kanzleileiterin die Richtigstellung der falschen Aktenzahl des angefochtenen Bescheides in der Beschwerde vorzunehmen. Die Kanzleileiterin habe (nach einem zwischendurch missglückten Verbesserungsversuch) schließlich die Weisung missverstanden und neuerlich die falschen Geschäftszahlen eingesetzt. Rechtsanwaltsanwärter Mag. Peter Schweiger habe danach die "verbesserte Ausfertigung" geprüft und übersehen, dass wieder die falschen Geschäftszahlen verwendet worden seien. Dann habe er die Beschwerde zur Unterschriftsleistung an Rechtsanwalt Mag. Klemens Mayer vorgelegt und habe dieser gefragt, ob nun die Geschäftszahlen stimmten. Da der Rechtsanwaltsanwärter ihm versichert habe, dass die Geschäftszahlen jetzt stimmten, habe Rechtsanwalt Mag. Klemens Mayer keinen Grund gesehen, an der Richtigkeit der Zusicherung des Konzipienten zu zweifeln. Die Beschwerde sei daraufhin unterfertigt und abgeschickt worden. Dabei sei irrtümlich eine Ausfertigung des Bescheides

GA 13-7/Sch-310/3/3/97 als Beilage angeschlossen worden.

Erst durch die Zustellung des Erkenntnisses Zl. 99/16/0008 sei Kenntnis von der Versäumung der Beschwerdefrist betreffend den Bescheid GA 13-7/Sch-310/3/2/97 erlangt worden.

Die Antragstellerin erachtet dieses Geschehen als einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht hinderlich.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat) eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Dem Wiedereinsetzungsantrag ist in erster Linie Folgendes entgegenzusetzen:

Das gesamte Wiedereinsetzungsvorbringen geht im Kern dahin, dass ein (nach dem Wiedereinsetzungsantrag "zuständiger") Rechtsanwalt Mag. Klemens Mayer, die Angelegenheit zuerst geprüft und den Fehler entdeckt und in weiterer Folge der Zusicherung des Konzipienten, der Fehler sei behoben worden, vertraut habe.

Wie sich aber aus dem hg. Akt 99/16/0008 ergibt, ist in diesem Verfahren ein Rechtsanwalt Mag. Klemens Mayer gar nicht als Vertreter der Beschwerdeführerin eingeschritten, sondern scheint dort Rechtsanwalt Dr. Karl Grigkar als Vertreter des Beschwerdeführers auf. Insbesondere divergiert auch die auf der Beschwerde angebrachte Unterschrift von der im Wiedereinsetzungsantrag auf Seite 5 zu Bescheinigungszwecken beim Namen Mag. Klaus Mayer ersichtlichen Unterschrift.

Zu der von dem im hg. Verfahren 99/16/0008 tätig gewordenen Rechtsanwalt Dr. Grigkar in Bezug auf die Richtigkeit der Angabe der Aktenzahl des angefochtenen Bescheides bei Unterfertigung der Beschwerde entfalteten Kontrolltätigkeit enthält der Wiedereinsetzungsantrag aber keinerlei Vorbringen. Da es betreffend das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes und die Beurteilung des allfälligen Verschuldensgrades in erster Linie auf das Verschulden des damaligen Beschwerdeführervertreters Rechtsanwalt Dr. Karl Grigkar ankommt, diesbezüglich aber das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes gar nicht zur Darstellung gebracht wird, ist der Wiedereinsetzungsantrag von vornherein zum Scheitern verurteilt, weshalb er spruchgemäß abzuweisen war.

2) Zur Beschwerde:

Mit Rücksicht auf die vorstehend vorgenommene Abweisung des Antrags auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht einer Behandlung der gegen den schon am 3. Dezember 1998 zugestellten Bescheid der belangten Behörde

Zl. GA 13-7/Sch-310/3/2/97 erhobenen und erst am 21. April 1999 eingelangten Bescheidbeschwerde das Prozesshindernis der Versäumung der Beschwerdefrist entgegen (§ 34 Abs. 1 VwGG) weshalb die Beschwerde zurückzuweisen ist.

3) Zum Antrag auf Wiederaufnahme des hg. Verfahrens 99/16/0008:

Die Antragstellerin macht geltend, es sei im zitierten Verfahren ihr Parteiengehör verletzt worden und erachtet deshalb den Wiederaufnahmetatbestand nach § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG als erfüllt. Sie vermeint dazu, es wäre aus der erhobenen Beschwerde ganz eindeutig ersichtlich gewesen, dass in Wahrheit der Bescheid GZ 13-7/Sch-310/3/2/97"angefochten worden wäre. Dies sei aus der "Übermittlung der richtigen Berufungsentscheidung" erkennbar gewesen. Bei Wahrung des Parteiengehörs hätte die Beschwerdeführerin die erforderliche Richtigstellung vornehmen können.

Dazu ist die Antragstellerin zunächst darauf zu verweisen, dass sie selbst in ihrem Vorbringen zu dem oben behandelten Wiedereinsetzungsantrag (worauf sie sich auch im Rahmen ihres Wiederaufnahmebegehrens ausdrücklich bezieht), und zwar auf Seite 5 Abs. 1 letzter Satz, ausdrücklich folgendes vorbringt: "Im Zuge dessen wurde die lediglich drei Seiten umfassende Berufungsentscheidung zur GZ GA 13-7/Sch-310/3/3/97 irrtümlicherweise als Beilage mitgeschickt".

Dies deckt sich mit dem Inhalt des hg. Aktes 99/16/0008: Die Beschwerde selbst nennt dort nur eine Bescheidabschrift als Beilage, beigelegt wurde - nebst anderen Urkunden - als erstes eine Ausfertigung des Bescheides Zl. GA 13-7/Sch/3/3/97 und der Beschwerdeinhalt bezog sich in der Anfechtungserklärung auf Seite 2 Abs. 1, in der Schilderung des Verwaltungsgeschehens auf Seite 4 Abs. 2 und insbesondere in Punkt 1 des Beschwerdeantrags (Seite 5 Abs. 1) jeweils ausdrücklich immer auf den Bescheid mit der Geschäftszahl GA 13-7/Sch-310/3/3/97.

Da der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Frage, welcher Bescheid mit einer erhobenen Beschwerde angefochten ist, von dem in der Beschwerde zweifelsfrei bezeichneten Bescheid auszugehen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/16/0107, und das bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 239 referierte Erkenntnis vom 18. November 1983, Zl. 83/04/0270, 0309) bestand im vorliegenden Fall angesichts der wiederholten präzisen Bezeichnung des angefochtenen Bescheides in der Beschwerde sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerde als erstes eine Ausfertigung des Bescheides angeschlossen war, der dieselbe Aktenzahl trug, wie sie in der Beschwerdeschrift dreimal genannt war, überhaupt keine Veranlassung, weitere Nachforschungen anzustellen und der Beschwerdeführerin Gehör zur Frage zu gewähren, ob sie (aus ihrer Sicht) den richtigen Bescheid angefochten hat.

Eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichtshofes, die Partei zu hören, besteht nur in Fällen von gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zu behebenden Mängeln oder im Bereich des § 41 VwGG (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 21. Oktober 1986, Zl. 86/04/0204, 1. Juli 1986, Zl. 86/05/0069, und die bei Dolp, a.a.O. 641 Abs. 4 referierte hg. Judikatur).

Da im Falle des Verfahrens Zl. 99/16/0008 keine Zweifelsfrage vorlag, vermag der Antragstellerin auch die von ihr ins Treffen geführte Entscheidung eines verstärkten Senates vom 24. November 1998, Zl. 96/08/0406, nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil die Gewährung von Parteiengehör nur geboten ist, wenn ein Versehen des Beschwerdeführers anzunehmen ist (wenn z.B. der Beschwerde lediglich ein anderer als der in der Beschwerde bezeichnete Bescheid angeschlossen gewesen wäre). Dass es der Wiederaufnahmswerberin im hg. Verfahren Zl. 99/16/0008 zweifelsfrei um die Anfechtung des Bescheides GA 13-7/Sch-310/3/3/97 ging, zeigt überdies eine weitere, zur hg. Zl. 99/16/0126 erhobene (am 21. April 1999 eingelangte) Beschwerde gegen denselben Bescheid.

Da der angezogene Wiederaufnahmsgrund sohin nicht vorliegt, weil kein Fall der Gewährung von Parteiengehör gegeben war und die Erfüllung eines anderen

Wiederaufnahmstatbestandes nicht zu ersehen ist, war auch der Wiederaufnahmsantrag abzuweisen.

Wien, am 27. Mai 1999

Schlagworte

Anfrage gemäß VwGG §41 Abs1 und Parteiengehör durch den VwGH Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999160127.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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