TE Vwgh Beschluss 2019/1/31 Ra 2018/07/0479

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Veröffentlicht am 31.01.2019
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
VwGVG 2014 §17;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/07/0480

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revisionen 1. der J H und

2. des Ing. K H, beide in M, beide vertreten durch die Hosp, Hegen Rechtsanwaltspartnerschaft in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 9a, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 2. Oktober 2018, Zl. 405- 1/334/1/5-2018, betreffend die Zurückweisung einer Beschwerde in einer Angelegenheit nach dem WRG 1959 (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 24. Juli 2018 wurde aufgrund eines Antrags der revisionswerbenden Parteien in Bezug auf die Nutzung eines Bootsanlegeplatzes zum einen die Feststellung getroffen, dass keine über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung eines öffentlichen Gewässers vorliege, und zum anderen ein Antrag auf Genehmigung der Anlage zurückgewiesen. Die revisionswerbenden Parteien waren im Verfahren vor der BH durch einen nicht berufsmäßigen Parteienvertreter, Mag. W., vertreten; dieser berief sich diesbezüglich auf eine ihm erteilte Vollmacht vom 4. Jänner 2018.

2 Ebenfalls vertreten durch Mag. W. erhoben die revisionswerbenden Parteien gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG). Das LVwG forderte mit Schreiben vom 17. September 2018 den Einschreiter gemäß § 13 Abs. 3 AVG auf, die fehlende Vollmacht, insbesondere den Nachweis zur Berechtigung der Einbringung der Beschwerde, nachzureichen.

3 Mit Eingabe vom 20. September 2018 legte Mag. W. eine Vollmacht vom 19. September 2018 vor, derzufolge er beauftragt werde, die revisionswerbenden Parteien vor dem LVwG zu vertreten; diese erteilten ihm die Vollmacht, in der Angelegenheit der anhängigen Beschwerde sämtliche Vertretungshandlungen vorzunehmen.

4 Mit dem nun in Revision gezogenen Beschluss wies das LVwG die Beschwerde als unzulässig zurück.

5 Dies wurde damit begründet, dass der Einschreiter, der sich in der Beschwerde als "ausgewiesener Rechtsvertreter" bezeichnet habe, seine Vertretungsbefugnis durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachzuweisen habe. Diese Verpflichtung habe er weder anlässlich der Beschwerdeerhebung noch mit der im Zuge des Verbesserungsverfahrens vorgelegten Vollmacht vom 19. September 2018 erfüllt. In dieser Vollmacht werde er nur für die Zukunft (Verwendung der Gegenwartsform "Die Bewilligungswerber .... beauftragen den Einschreiter im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht zu vertreten und erteilen die Vollmacht, in ihrem Namen in Angelegenheit der anhängigen Beschwerde zu

dortiger GZ .... sämtliche Vertretungshandlungen vorzunehmen, die

für sie notwendig und nützlich sind.") bevollmächtigt. Ein Nachweis, dass eine Bevollmächtigung schon zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung bestanden habe, sei trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht erbracht worden. Daher sei davon auszugehen, dass der Einschreiter von den revisionswerbenden Parteien keine Vollmacht für die Einbringung der gegenständlichen Beschwerde gehabt habe. In Bezug auf die von ihm vermeintlich Vertretenen seien die von ihm gesetzten Verfahrenshandlungen unwirksam. Die im Namen der revisionswerbenden Parteien erhobene Beschwerde sei daher als unzulässig zurückzuweisen.

6 Die ordentliche Revision wurde unter Hinweis auf bestehende Rechtsprechung zu § 10 AVG, von der nicht abgewichen worden sei, nicht zugelassen.

7 In der gegen diesen Beschluss erhobenen außerordentlichen Revision machen die revisionswerbenden Parteien Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 In den Zulässigkeitsgründen der außerordentlichen Revision bringen die revisionswerbenden Parteien unter verschiedenen Gesichtspunkten vor, das LVwG habe die Sach- und Rechtslage verkannt; es wäre richtigerweise vom Bestehen eines Bevollmächtigungsverhältnisses bereits im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung auszugehen gewesen.

12 Die Revision erweist sich als unzulässig.

13 Die Revision vertritt den Standpunkt, die revisionswerbenden Parteien hätten ihrem Rechtsvertreter bereits mit der Vollmachtsurkunde vom 4. Jänner 2018 zum einen den Auftrag erteilt, sie im Verfahren vor der BH zu vertreten, und - aus diesem Auftragsverhältnis heraus - die eigentliche Vollmacht erteilt, für sie sämtliche Vertretungshandlungen vorzunehmen, die notwendig und nützlich seien. Davon sei auch die Beschwerdeerhebung als notwendige und nützliche Vertretungshandlung umfasst gewesen.

14 Die Beschwerde sei zudem bei der BH einzubringen gewesen, sodass es sich auch diesbezüglich um ein Verfahren vor der BH handle, das jedenfalls von der Vollmacht umfasst gewesen sei. Auch aus dem Verhalten der BH, die bei fehlender Parteistellung die Beschwerde zurückzuweisen gehabt hätte, könne nur der rechtslogische Schluss gezogen werden, dass auch die BH vom Bestehen eines aufrechten Vollmachtsverhältnisses ausgegangen sei.

15 Ferner habe das LVwG auch gegen das Überraschungsverbot verstoßen, weil es den auftauchenden Zweifel am Bestehen einer Vollmacht nicht explizit hinterfragt habe. Weiters stelle sich die Frage, ob eine solche Beschwerde nicht den revisionswerbenden Parteien selbst zuzurechnen wäre.

16 Schließlich befasst sich die Revision mit drei seitens des LVwG zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes und bringt vor, dass sich diese Entscheidungen nicht zur Stützung der Argumentation des LVwG eigneten.

17 Mit der im Mittelpunkt des Zulässigkeitsvorbringens der revisionswerbenden Parteien stehenden Beurteilung des Inhaltes der Vollmachtsurkunde vom 4. Jänner 2018 wird keine grundsätzliche, sondern lediglich eine einzelfallbezogene Rechtsfrage aufgeworfen, welche die Zulässigkeit einer Revision jedenfalls dann nicht zu begründen vermag, wenn das Verwaltungsgericht diese Frage vertretbar gelöst hat. Wie auch bei anderen einzelfallbezogenen Beurteilungen läge eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur dann vor, wenn die Auslegung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise, also krass fehlerhaft, vorgenommen worden wäre (VwGH 28.4.2016, Ra 2016/07/0009; 25.2.2016, Ra 2016/21/0052; 26.6.2014, Ra 2014/04/0013).

18 Angesichts dessen, dass sich der in Rede stehende Auftrag der revisionswerbenden Parteien an den Rechtsvertreter (vom 4. Jänner 2018) ausdrücklich auf das Verfahren vor der BH bezog und sich auch die - im Rahmen dieses Auftrages erteilte - Vollmacht auf die Angelegenheit eines wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides bezog, erscheint die Ansicht des LVwG, diese Bevollmächtigung habe sich nur auf das Verfahren vor der BH bezogen, jedenfalls als vertretbar.

19 Daher geht auch das Vorbringen in der Revision, es hätte gar keines Verbesserungsauftrages bedurft, und das LVwG könne sich nicht auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 2005, 2003/05/0178, stützen, weil diese Vollmacht sämtliche Vertretungshandlungen umfasst habe, ins Leere.

20 Der ins Treffen geführte Umstand, dass die Beschwerde an das LVwG bei der BH einzubringen ist, macht aus dem Beschwerdeverfahren vor dem LVwG kein "Verfahren vor der BH". Auch auf eine mögliche andere Einschätzung der BH im Zusammenhang mit dem Inhalt der Vollmacht kommt es im Verfahren vor dem LVwG nicht an.

21 Von einem Verstoß gegen das Überraschungsverbot, dh. der Einbeziehung von Sachverhaltselementen, die der Partei nicht bekannt waren, in die rechtliche Würdigung (vgl. VwGH 27.4.2017, Ro 2016/02/0020 bis 0023; 11.11.2015, Ra 2015/04/0073), kann im Revisionsfall ebenfalls keine Rede sein. Das LVwG ging mit dem Verbesserungsauftrag vom 17. September 2018 den aufgetretenen Zweifeln am Bestehen einer Vollmacht explizit nach.

22 Sollten die revisionswerbenden Parteien aber damit meinen, es wäre ihnen die rechtliche Beurteilung des LVwG vorab mitzuteilen gewesen, so sind sie darauf zu verweisen, dass das Verwaltungsgericht nicht gehalten ist, die Partei zu der von ihm vertretenen Rechtsansicht anzuhören (VwGH 11.11.2015, Ra 2015/04/0073; 31.1.2012, 2010/05/0212, mwN).

23 Für die - ebenso einzelfallbezogene - Beurteilung des Inhalts der in Befolgung des Verbesserungsauftrages vorgelegten Vollmacht vom 19. September 2018 gilt das oben Ausgeführte. Auch die Ansicht des LVwG, diese Vollmacht sei angesichts ihrer unzweideutigen Formulierung nicht geeignet, das Bestehen eines Vollmachtsverhältnisses bereits im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde zu belegen, worauf es allein ankomme, erscheint jedenfalls als vertretbar; einer zeugenschaftlichen Einvernahme der revisionswerbenden Parteien zum Inhalt der Vollmacht bedurfte es angesichts dessen nicht.

24 Zur Frage der von den revisionswerbenden Parteien in Zweifel gezogenen Zurechnung von Beschwerden der vorliegenden Art besteht Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der das LVwG nicht abgewichen ist (VwGH 19.2.2014, 2011/10/0014; 8.7.2004, 2004/07/0101; 26.1.1982, 577/80, VwSlg. 10.641). Demnach war die Beschwerde dem Rechtsvertreter selbst zuzurechnen; in Bezug auf die vermeintlich Vertretenen, die revisionswerbenden Parteien, waren die von ihm gesetzten Verfahrenshandlungen unwirksam.

25 Richtigerweise wäre daher - wie auch in der Begründung des Beschlusses des LVwG zutreffend angeführt - nicht die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien, sondern die namens der revisionswerbenden Parteien durch Mag. W. erhobene und allein ihm zuzurechnende Beschwerde zurückzuweisen gewesen. Dass durch die Vorgangsweise des LVwG Rechte der revisionswerbenden Parteien verletzt wurden, bringt die Revision aber nicht vor.

26 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

27 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 31. Jänner 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018070479.L00

Im RIS seit

01.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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