Entscheidungsdatum
28.01.2019Index
93/01 EisenbahnNorm
EisbG §31f Z3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde der A-GmbH, Adresse 1, Z, vertreten durch die Rechtsanwälte BB, Adresse 2, Y, vom 18.01.2019, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 04.12.2018,
Zl ********, betreffend Erteilung einer eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Im bekämpften Bescheid erteilte der Landeshauptmann von Tirol unter Spruchpunkt I.,
1. der CC-GmbH, Adresse 3, Y, unter Anwendung der Großverfahrensbestimmungen nach den §§ 44 a-f AVG für die Neuerrichtung einer Straßenbahnachse zwischen den Kreuzungsbereichen Adresse 4/Adresse 5 und der ÖBB Haltestelle X auf Höhe D-Markt unter Zugrundelegung des vorgelegten und mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauentwurfes gemäß §§ 31, 31a und 31f Eisenbahngesetz iVm § 93 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung.
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde der A-GmbH, welche durch ihre Rechtsvertreter im Wesentlichen ausführt, dass eine Verschiebung des gesamten Projektes um ca 100 m nach Osten einen wesentlich geringeren Eingriff in Eigentumsrechte darstellen würde; diese Variante wäre auch wirtschaftlich vorzuziehen, zumal eine Einlösung der Grundflächen um einen Bruchteil möglich wäre. Bei einem Abrücken von maximal 100 m ins gänzlich unbebaute Gebiet würde ein kaum merklicher Eigentumseingriff erfolgen und das Ziel trotzdem erreicht werden. Über eine andere Variante als das Einreichprojekt sei gar nicht nachgedacht worden. Die erkennende Behörde hätte zumindest die Umsetzbarkeit und Qualität der angeführten Alternativvariante zu prüfen gehabt und diese mit dem antragsgegenständlichen Projekt vergleichen müssen, um eine Interessenabwägung iSd § 31f Z 3 Eisenbahngesetz überhaupt vornehmen zu können. Das Schreiben der ÖBB vom 03.12.2018 sei der Beschwerdeführerin niemals zur Stellungnahme zugestellt worden, worin ein Verfahrensmangel liege. Es sei unklar, in welcher Funktion EE tätig ist, ob er befugt ist, derartige Stellungnahmen abzugeben und ob dies auch die Meinung der nach außen vertretungsbefugten Geschäftsführer der ÖBB wiederspiegelt. Der Inhalt dieses Schreibens sei auch vollkommen unrichtig, da ein Abrücken von maximal 100 m den Fußweg minimal und durchschnittlich um eine Minute und 20 Sekunden verlängere. Die Argumentation, dass eine Neuerrichtung der Haltestelle Millionen kosten würde, müsse sich als reine Schutzbehauptung herausstellen, da sich der Bahnhof X lediglich als überdachte erhöhte Einstiegsplattform darstelle, welche mit dem Projekt gänzlich geändert bzw neu errichtet werde. Unrichtig sei auch die raumordnungsrechtliche Stellungnahme vom 25.10.2018, da eine Wegverlängerung von mehr als 1 Minute Fußweg bei objektiver Betrachtung nur als marginaler und nicht relevanter Umstand gesehen werden könne. Die Interessenabwägung zwischen öffentlichem Interesse und Interesse der Beschwerdeführerin reduziere sich faktisch auf diesen einen Punkt. Die Verlegung des Projektes bringe keinerlei Nachteile für die Öffentlichkeit mit sich und spare im Gegenteil Kosten bei der Grundeinlöse. Eine Interessenabwägung müsse daher sowohl zugunsten der Beschwerdeführerin als auch der Öffentlichkeit für die Projektverlegung ausfallen. Bei den Grundeinlösekosten seien noch nicht berücksichtigt die weiteren Kosten aufgrund Mietzinsreduktion, Umsatzrückgängen, für vorläufige Grundinanspruchnahme, notwendige Baumaßnahmen usw. Bei Freilandflächen würde all dies nicht anfallen. Es sei der Beschwerdeführerin auch nicht möglich, den Verlust von 58 Parkplätzen zu kompensieren. Es sei jedem Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar, die Straße mit einer Unterführung ca 100 m weiter östlich zu queren, was eine Minute Fußweg zur Bushaltestelle verursachen würde und gänzlich unerheblich sei. Eine Knotenverschiebung erscheine entgegen der Stellungnahmen der Sachverständigen durchaus möglich, indem die Regionalbahn die öffentliche Straße benütze. Es würde auch reichen, die Haltestellensituation zu verschieben. Damit würden sämtliche straßenbautechnische und verkehrstechnische Anforderungen erfüllt und hätte dies eine äußerst geringe Grundinanspruchnahme bei der Beschwerdeführerin zur Folge. Eine Fußgängerunterführung erfülle nicht die Anforderung gemäß § 3 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz. Die belangte Behörde habe bei ihrer Interessenabwägung die Nachteile der Beschwerdeführerin gänzlich außer Acht gelassen. Sie habe lediglich pauschale Ausführungen zur Interessenabwägung getroffen, welche hierfür jedenfalls nicht ausreichten. Das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Regionalbahn werde seitens der Beschwerdeführerin gar nicht bestritten, jedoch könne diese Feststellung eine gründliche Interessenabwägung nicht ersetzen. Unzulässig sei die Darstellung der ersten Instanz, wonach es sich bei den Einwendungen der Beschwerdeführerin um keine subjektiv-öffentlichen Rechte handeln würde. Auch treffe es nicht zu, dass es sich zum Teil um mittelbare Beeinträchtigungen handeln würde. Ob die Auswirkungen direkt oder über den Umweg der Anspruch stellenden Mieter sich ergebe, sei unerheblich, da dies eine unsachgemäße Ungleichbehandlung von Eigentümern mit Eigennutzung und Eigentümern mit Mietern darstellen würde. Es liege auch nicht lediglich eine Verschlechterung der Straßenverkehrsanbindung vor, sondern sei durch das Projekt ein gefahrloses Zu- bzw Abfahren nicht mehr möglich. Es sei zwar ein Konzept entwickelt, welches eine Durchfahrtsituation ermögliche, eine finale Einigung sei aber noch nicht vorliegend. Eine Verlegung des LKW-Verkehrs habe einen Wegfall von Parkplätzen zur Folge. Darüber hinaus müssten Bauwerke, wie Werbesäulen entfernt werden, ebenso wie die Beleuchtung. Die ergänzende Stellungnahme vom 09.11.2018 habe die Beschwerdeführerin nach Ablauf der Frist vom 19.10.2018 eingebracht. Mit Schreiben vom 29.10.2018 sei ihr die Verhandlungsschrift der mündlichen Verhandlung mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt worden. Daraufhin sei die Stellungnahme vom 09.11.2018, sohin fristgerecht, abgegeben worden. Wenn aufgrund eingetretener Präklusion darauf nicht eingegangen werde, sei dies gänzlich verfehlt. Es werde deshalb beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern bzw neu zu fassen, dass der Antrag der CC-GmbH auf Erteilung der eisenbahnrechtlichen Genehmigung abgewiesen und die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung nicht erteilt wird, in eventu Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung zur neuerlichen Bescheiderlassung an die Erstbehörde. Weiters werde die Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.
II. Sachverhalt:
Eine Verschiebung der Regionalbahnhaltestelle und ÖBB Haltestelle X in östliche Richtung um ca 100 m stellte eine Verlängerung des Projektes über dessen Ende dar und ist damit nicht Teil des Einreichprojektes. Diese Verschiebung würde im 500 m Umkreis ca 1.500 Einwohner erreichen, im Gegensatz zu ca 1.770 Einwohnern beim eingereichten Projekt. Eine Verlängerung der Straßenbahntrasse über das Projektende hinaus wäre mit Mehrkosten verbunden. Dadurch wäre auch eine Trennung des bestehenden Knotens der B **1 mit der Adresse 8 und der Querung der Regionalbahn über die B **1 zur Endstation nördlich erforderlich. Dies könnte nur durch zwei Signalsteuerungen oder durch einen in die Länge gezogenen signalgesteuerten Knoten erfolgen. Beides würde die Leistungsfähigkeit des Knotens und die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs beeinträchtigen. Die Fahrbahnquerung für die Fußgänger würde dann außerhalb des Ortsgebietes erfolgen, wo eine 70 km/h Geschwindigkeitsbegrenzung gilt. Die projektmäßig vorgesehenen Bestandteile der Straße mit Busbuchten, Aufstandsflächen, Radweganbindung und dgl sind unbedingt erforderlich, um den Vorgaben der Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen und den dazugehörigen Leitfäden der Landesstraßenverwaltung zu entsprechen. Diese Bestandteile werden lediglich in der Mindestbreite dieser Richtlinien geplant. Die Endhaltestelle X der Regionalbahnlinie * ist ein zentraler öffentlicher-Verkehrs-Umsteigeknoten zwischen S-Bahn, Regionalbahn und Bus. Die projektierte Lage gebündelt mit der S-Bahn Haltestelle der ÖBB erfüllt bestmöglich die Anforderungen an den öffentlichen Verkehrsverknüpfungspunkt hinsichtlich kurze, sichere und bequeme Wege für die Kunden des öffentlichen Verkehrs. Es existieren keine Pläne für eine Verschiebung der ÖBB Haltestelle Richtung Osten.
III. Beweiswürdigung:
Dieser Sachverhalt stützt sich auf den erstinstanzlichen Akteninhalt und dort wiederum im Wesentlichen auf die Ausführungen der Amtssachverständigen für Straßenbautechnik, Eisenbahnbau und –betrieb sowie Raumplanung. Die Beschwerdeführerin ist diesen Gutachten in keiner Weise auf einem vergleichbaren Niveau entgegengetreten und ihre Ausführungen sind nicht geeignet, die Schlüssigkeit, Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit der Sachverständigengutachten in Zweifel zu ziehen.
IV. Rechtslage:
Im gegenständlichen Verfahren ist folgende Bestimmung des Eisenbahngesetzes anzuwenden:
„§ 31f
Genehmigungsvoraussetzungen
Die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn
1. das Bauvorhaben dem Stand der Technik zum Zeitpunkt der Einbringung des verfahrenseinleitenden Antrages bei der Behörde unter Berücksichtigung der Sicherheit und Ordnung des Betriebes der Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn und des Verkehrs auf der Eisenbahn entspricht,
2. vom Bund, von den Ländern und von den Gemeinden wahrzunehmende Interessen durch das Bauvorhaben nicht verletzt werden oder im Falle des Vorliegens einer Verletzung solcher Interessen der durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der aus der Verletzung dieser Interessen für die Öffentlichkeit durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entsteht und
3. eingewendete subjektiv öffentliche Rechte einer Partei nicht verletzt werden oder im Falle einer Verletzung eingewendeter subjektiv öffentlicher Rechte einer Partei dann, wenn der durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der der Partei durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entsteht.
Vom Stand der Technik sind beantragte Abweichungen in Ausnahmefällen zulässig, wenn mit Vorkehrungen die Sicherheit und Ordnung des Betriebes der Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn und des Verkehrs auf der Eisenbahn auf andere Weise gewährleistet werden kann.“
V. Erwägungen:
Da die beantragte Verlängerung der Regionalbahntrasse nach Osten nicht Teil des Einreichprojektes ist, würde es sich in rechtlicher Hinsicht dabei um ein „Aliud“, eine Alternative handeln, welche nicht verfahrensgegenständlich ist und deshalb auch nicht Thema einer eingewendeten Trassenänderung sein kann. Bereits im Vorfeld wurden seitens der Antragstellerin vor Projekteinreichung sämtliche Alternativvarianten geprüft und verworfen und die bestmögliche Variante eingereicht.
Die Beschwerdeführerin stützt ihre Argumentation darauf, dass bei einer Verschiebung des Projektes von ca 100 m nach Osten die Inanspruchnahme ihrer Grundparzelle weitgehend vermieden werden könnte und die östlich davon im Freiland gelegenen Flächen für weniger Geld eingelöst werden könnten als ihre im Bauland gelegene gewerblich genützte Parzelle. Dafür wäre ihrer Meinung nach ein kaum merklicher Eigentumseingriff nötig. Dies ist überhaupt nicht nachvollziehbar, da bei einer Verschiebung des Haltestellenknotens nach Osten die Verschwenkung der Landesstraße nach Süden dort in derselben Art und Weise nötig würde, was eine Fremdgrundinanspruchnahme im annähernd gleichen Ausmaß zur Folge hätte. Der Unterschied wäre nur der, dass davon nicht die Beschwerdeführerin, sondern die östlichen Nachbarn betroffen wären. Dann müsste eben in deren Eigentumsrecht eingegriffen werden, was objektiv betrachtet keinen Unterschied ausmacht. Das Eigentumsrecht an Liegenschaften als solches ist qualitativ gleich, unabhängig von Widmung bzw Verkehrswert.
Die belangte Behörde hat sehr wohl die Umsetzbarkeit und Qualität der von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Alternativvariante geprüft und dazu berücksichtigt, dass beim eingereichten Haltestellenstandort im 500 m Umkreis ca 1.770 Einwohner erreichbar sind und bei der nach Osten verschobenen Endhaltestelle ca 1.500, was um 18 % weniger ist. Dazu kommt, dass seitens der ÖBB eine Verschiebung ihrer Eisenbahnhaltestelle X nach außerhalb des Ortsgebietes nicht beabsichtigt ist. Einer der wesentlichen Aspekte der Trassenführung der Straßenbahnlinie * ist jener, eine Umsteigemöglichkeit zwischen S-Bahn, Straßenbahn und Bus herzustellen, was durch eine Trennung der beiden Haltestellen nicht mehr gegeben wäre.
Unabhängig davon würde eine Haltestellenverschiebung nach Osten eine Trennung des bestehenden Knotens der B **1 mit der Adresse 8 und der Querung der Regionalbahn über die B **1 zur Endstation erforderlich machen, was die Leistungsfähigkeit des Knotens und die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs beeinträchtigen würde. Die Querung der Landesstraße müsste dann auch in einem Bereich stattfinden, wo eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h gilt, was der Verkehrssicherheit abträglich wäre. Der straßenbautechnische Amtssachverständige sprach dieser Variante das Vorliegen der Erfordernisse des § 37 Abs 1 TStG ab.
Sinn des öffentlichen Personennahverkehrs ist es, ein solches Angebot für die potenziellen Fahrgäste zu schaffen, dass möglichst viele Menschen davon Gebrauch machen. Dazu müssen die Ein- und Ausstiegsstellen dort platziert werden, wo das größte Personenverkehrsaufkommen herrscht. Wenn nun der Haltestellenbereich X für Bahn, Bus und Regionalbahn, der ohnehin schon am östlichen Ortsrand von X gelegen ist, weiter nach Osten ins Freiland verlegt würde, hätte dies zur Folge, dass der unmittelbare Anschluss aus dem Siedlungsgebiet von Norden her über die Bahnhofstraße verloren ginge und von Süden her aus dem Bereich Adresse 6/Adresse 7 die fußläufige Erreichbarkeit unattraktiv weit gelegen wäre. Der derzeit unmittelbare Anschluss nach Süden in das Gewerbegebiet über die Adresse 8 wäre ebenfalls verloren.
Die Beschwerdeführerin argumentiert ua damit, dass das von ihr begehrte Abrücken der Haltestelle den Fußweg um durchschnittlich eine Minute und 20 Sekunden verlängern würde, was gänzlich unerheblich wäre. Da die wenigsten öffentlichen Verkehrsnutzer direkt neben der Haltestelle wohnen werden, bedeutet dies, dass dieser Zeit- bzw Wegaufwand noch dazu kommt, was einen Teil der in Frage kommenden Fahrgäste dazu bewegen dürfte, den öffentlichen Personennahverkehr über diese Haltestelle nicht zu nutzen. Ein öffentlicher Verkehrsverknüpfungspunkt muss kurze, sichere und bequeme Wege für die Kunden des öffentlichen Verkehrs bieten, was im Fall der Verschiebung nach Osten nicht mehr gegeben wäre. Dies insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass die nächste Haltestelle der Linie * vor der Endstation X, die Haltestelle Adresse 9, bereits ca 570 m von der Endstation entfernt liegt. Durch die beantragte Verschiebung nach Osten würde der Abstand zwischen diesen beiden Haltestellen bereits ca 670 m betragen, wobei von bequemen Wegen für die Kunden nicht mehr gesprochen werden könnte.
Das Argument, dass die Kosten für Grundeinlösen im Freiland geringer sind als im Bauland, mag schon zutreffen; dieser Vorteil für die Öffentlichkeit kann in keinster Weise den Nachteil aufwiegen, dass durch die Verschiebung nach Osten den Anforderungen für die Kunden des öffentlichen Verkehrs nur mehr suboptimal entsprochen würde. Die Haltestellen für den öffentlichen Verkehr müssen dort gelegen sein, wo sie die Fahrgäste in möglichst kurzen Wegen erreichen können; dies wird meistens im Bauland der Fall sein. Die Kosten für die Fremdgrundbeschaffung werden daher in den meisten Fällen – so wie hier – die Situierung der Haltestellen nicht beeinflussen können.
Eine Fremdgrundinanspruchnahme stellt immer einen Eingriff in das Eigentumsrecht dar und kann Nachteile in vielfältiger Weise entfalten, so wie sie in der Beschwerde behauptet werden. Diese sind den in Anspruch genommenen in objektivem Ausmaß zu vergüten, was aber nicht Inhalt des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahrens ist.
Aus diesen Gründen und insbesondere des Umstandes, dass eine Verschiebung der Haltestelle nach Osten nur zu einer Verlagerung der Fremdgrundinanspruchnahme auf andere Eigentümer führen würde und der öffentliche Verkehrsverknüpfungspunkt die Anforderungen für die Fahrgäste nicht mehr in der geforderten Qualität erfüllen würde, ist die rechtliche Beurteilung dahingehend vorzunehmen, dass der Nachteil durch die Verletzung der subjektiv öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin durch die Ausführung und Inbetriebnahme des eingereichten Bauvorhabens geringer ist als der dadurch entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit.
Wenn vorgebracht wird, dass nach § 3 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz eine Grundinanspruchnahme für eine Fußgängerunterführung nicht möglich wäre, ist darauf hinzuweisen, dass § 3 Abs 1 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz nicht nur Grundstücke zur Herstellung der Bahn, der Bahnhöfe, an der Bahn und an den Bahnhöfen für Zwecke des Eisenbahnbetriebes zu errichtende Gebäude anführt, sondern auch sonstige Anlagen, deren Herstellung dem Eisenbahnunternehmen obliegt. Nach § 20 Abs 1 Eisenbahngesetz hat das Eisenbahnunternehmen ua Verkehrsanlagen, die durch den Bau der Eisenbahn gestört oder unbenutzbar werden, nach dem Ergebnis des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahrens auf seine Kosten in geeigneter Weise wiederherzustellen. Damit ist eine Fußgängerunterführung sehr wohl davon mitumfasst.
Bezüglich des Beschwerdevorbringens zum Schreiben der ÖBB vom 03.12.2018 ist anzuführen, dass es nicht Sache der Behörde ist, die interne Zuständigkeitsverteilung der ÖBB Infrastruktur AG zu überprüfen. Es liegt ein offizielles Schreiben dieses Unternehmens vor, womit dessen Inhalt zur Kenntnis zu nehmen ist. Wenn dieses der Beschwerdeführerin nicht zum Parteiengehör seitens der belangten Behörde übermittelt wurde, ist dieser Verfahrensfehler dadurch saniert, dass im Rechtsmittelverfahren das vorgebracht werden konnte, was sonst noch im Erstverfahren geschehen wäre.
Die von der Beschwerdeführerin behaupteten Betriebserschwernisse hinsichtlich der Belieferung der Tankstelle mit Treibstoff und des Großhandelsbetriebes werden – so in dieser Form vorgelegen – im Zuge der Grundeinlöse zu bewerten und zu ersetzen sein, ebenso wie der Wegfall der Parkplätze und die Entfernung von Werbesäulen, Beleuchtung uä.
Soweit eine Verschlechterung der Straßenverkehrsanbindung vorliegen sollte, würde diese eine mittelbare Beeinträchtigung darstellen, die keine subjektiv öffentlichen Rechte des Eigentümers begründet, die von ihm im eisenbahnrechtlichen Genehmigungsverfahren geltend gemacht werden könnten (VwGH vom 21.10.2014, 2012/03/0178).
Wenn die Erstbehörde auf die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 08.11.2018 wegen Präklusion nicht eingegangen ist, kann darin kein Verfahrensfehler liegen, weil das Verwaltungsgericht in dieser Entscheidung auch die dortigen Argumente mitberücksichtigt hat.
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinen Entscheidungen vom 10.05.2007, Nr 7.401/04 (Hofbauer/Österreich2) und vom 03.05.2007, Nr 17.912 (Bösch/Österreich) unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen (vgl EGMR vom 13.03.2012, Nr 13556/07, Efferl/Österreich). Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft; eine Verhandlung ist dann nicht geboten, wenn etwa keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann; die staatlichen Behörden können auch auf Aspekte der Effizienz und Verfahrensökonomie Rücksicht nehmen und auf das Gebot der angemessenen Verfahrensdauer Bedacht nehmen (VwGH 29.01.2014, 2013/03/0004). Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im vorliegenden Fall aber geklärt. In der Beschwerde wurden diesbezüglich keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Im Beschwerdefall steht somit Art 6 Abs 1 EMRK dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.
Zusammengefasst ergibt sich somit, dass die Interessenabwägung iSd § 31f Z 3 Eisenbahngesetz ergeben hat, dass der entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit durch die Ausführung in Inbetriebnahme des Bauvorhabens größer ist als der Nachteil daraus für die Beschwerdeführerin womit gemäß § 31f die Antragstellerin einen Rechtsanspruch auf eisenbahnrechtliche Genehmigung hat. Infolgedessen war die Beschwere als unbegründet abzuweisen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hohenhorst
(Richter)
Schlagworte
Eisenbahnrechtliche BaugenehmigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.25.0180.1Zuletzt aktualisiert am
27.02.2019