Entscheidungsdatum
31.01.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §34Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Visinteiner über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 11.01.2019, ***, betreffend eine Mutwillensstrafe nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG),
I.
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol fasst durch seinen Richter Dr. Visinteiner über die Eingabe (Beschwerde) des Herrn AA, Adresse 1, Z, vom 16.01.2019 folgenden
II.
Beschluss:
1. Herr AA hat sich mit der Eingabe vom 16.01.2019 durch die Worte:
„5. Ich wusste nicht, dass es Mutwillens ist, wenn ich Beamte aus dem Büroschlaf wecke und zur Arbeit animiere. Aber ich wurde mit Ihrem Schreiben des Besseren belehrt.
(…)
Herr BB ich möchte Sie auf keinen Fall Überbelasten und mit meinem Rechtsmittel auch noch Sie Mutwillens zu Überbelasten.
(…)
Auch nehme ich zur Kenntnis, dass in Österreich die Polizei Rechtsfreiheit hat.
Hochachtungsvoll und mit tiefster Unterwürfigkeit grüße ich Sie und die Polizei auf Knien Ihr AA“
einer beleidigenden Schreibweise bedient und wird über ihn daher gemäß § 34 Abs 2 und 3 AVG iVm § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) eine Ordnungsstrafe in der Höhe von Euro 100,00 verhängt.
2. Die Ordnungsstrafe ist binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses an das Landesverwaltungsgericht Tirol mittels beiliegendem Zahlschein zu bezahlen (§ 50 Abs 2 AVG iVm § 17 VwGVG).
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 06.07.2018 teilte der Beschwerdeführer der Landespolizeidirektion Tirol mit, dass ein Bediensteter während der Arbeitszeit private Einkäufe getätigt habe. Die Landespolizeidirektion Tirol bestätigte mit Schreiben vom 06.07.2018 dem Beschwerdeführer, den Beschwerdefall zum Anlass einer dienstinternen Prüfung zu nehmen.
In einem Schreiben vom 30.10.2018 wurde der Beschwerdeführer in einer anderen Angelegenheit bereits von der Landespolizeidirektion Tirol darüber informiert, dass im Falle von unsachlicher und beleidigender Schreibweise gemäß § 34 AVG dies mit einer Ordnungsstrafe bis zu Euro 726,00 geahndet werden könne.
Mit Schreiben vom 25.12.2018 brachte der Beschwerdeführer den Sachverhalt vom 06.07.2018 bei der Landespolizeidirektion Tirol zur Anzeige und verlangte die zugehörige Geschäftszahl.
Mit Schreiben vom 27.12.2018 erstattete der Beschwerdeführer erneut Anzeige gegen Gruppeninspektor CC.
Mit Schreiben vom 28.12.2018 übermittelte der Beschwerdeführer Lichtbilder, welche er bereits mit Schreiben vom 06.07.2018 vorlegte, an die Landespolizeidirektion Tirol.
Mit Schreiben vom 03.01.2019 verlangte der Beschwerdeführer die Geschäftszahl zu seiner Anzeige vom 06.07.2018 bzw vom 27.12.2018.
Mit Schreiben vom 03.01.2019 teilte die Landespolizeidirektion Tirol dem Beschwerdeführer mit, dass betreffend den vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 06.07.2018 mitgeteilten Sachverhalt die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet worden seien und dies auch der Staatsanwaltschaft Z übermittelt worden sei. Weiters wurde der Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, dass seine Schreiben der Sicherheits- und Verwaltungspolizeilichen Abteilung der Landespolizeidirektion Tirol zur Prüfung im Sinne des § 34 AVG übermittelt worden seien.
Mit Schreiben vom 03.01.2019 teilte die Staatsanwaltschaft Z mit, dass von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen CC abgesehen wurde, weil kein Anfangsverdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung besteht.
Mit Eingabe vom 04.01.2019 richtete der Beschwerdeführer erneut ein Schreiben an die Landespolizeidirektion Tirol.
Mit Schreiben vom 07.01.2019 erging ein weiteres Schreiben des Beschwerdeführers in der Sache an die Landespolizeidirektion Z.
Ein weiteres Schreiben des Beschwerdeführers an die Landespolizeidirektion Tirol datiert vom 08.01.2019.
Mit dem angefochtenen Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 11.01.2019, ***, wurde über den Beschwerdeführer eine Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG in Höhe von Euro 100,00, wegen der offenbar mutwilligen Inanspruchnahme der Behörde durch das Schreiben des Beschwerdeführers vom 04.01.2019 an die Landespolizeidirektion Tirol, verhängt.
In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde vom 16.01.2019 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er immer wieder um die Geschäftszahl angefragt habe, um diese dem Bundesministerium für Inneres weiterleiten zu können und er könne keinen Mutwillen seinerseits erkennen.
II. Sachverhalt:
1. zu Spruchpunkt I:
Der Beschwerdeführer brachte mit Schreiben vom 06.07.2018 bei der Landespolizeidirektion Tirol nachstehenden Sachverhalt zur Kenntnis:
„Sehr geehrter Herr DD,
und wieder habe ich einen Staatsdiener bei einem Einkaufsbummel in die Buchhandlung EE in der Adresse 2 gesehen.
Dies möchte ich zur ANZEIGE bringen.: Der Gebrauch von Einsatzfahrzeugen zum privaten Zweck ist ein Amtsmissbrauch.
Der Staatsdiener steuerte den Skoda mit der Nummer *** im Einsatztempo durch die Fußgängerzone Adresse 2 bis zur Buchhandlung EE in der er im Pattere rechts ein Buch aussuchte und dann zur Kassa ging.
Der zweite Mann hat im Einsatzwagen gewartet. Staatsdiener haben keine Sonderrechte, wenn sie Privat sind. Und schon gar nicht, wenn sie Staatsbenzin und Arbeitszeit dem Bürger entwenden.
Dieser Vorfall hat sich heute den 2018,07,06 um Uhrzeit 09:10 bis 09:18 zugetragen.
Mit den Besten Grüßen AA“
Diesem Schreiben waren auch Lichtbilder beigehängt, auf denen sowohl das Kennzeichen des Fahrzeuges als auch der daran beteiligte Beamte zu sehen war.
Aufgrund dieser Anzeige teilte die Landespolizeidirektion Tirol mit Schreiben vom 06.07.2018 dem Beschwerdeführer mit, dass es zum Anlass einer dienstinternen Prüfung gekommen sei und dass bei einem allfällig festgestellten Fehlverhalten des Beamten die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet werden würden.
Mit weiteren Schreiben vom 25.12.2018, 27.12.2018, 28.12.2018 sowie vom 03.01.2019 verwies der Beschwerdeführer auf den Sachverhalt vom 06.07.2018 und verlangte erneut, dass eine Anzeige gegen Gruppeninspektor CC erstattet und dem Beschwerdeführer die Geschäftszahl mitgeteilt werde.
Ein erneutes Schreiben vom 04.01.2019 langte bei der belangten Behörde mit folgendem Inhalt ein:
„Sehr geehrter Herr FF,
um es vorweg zu sagen. Ich habe keine Ahnung welche Richterliche Voraussetzungen oder Staatsanwaltlichen Befugnissen Sie haben, dass Sie so einfach sagen können, die Sache ist erledigt, wenn ein Staatsdiener wie Gruppeninspektor CC den österreichischen Staatsbürger mit seiner Privatfahrt und Einkaufsbummel in einer Buchhandlung um sein Steuergeld bestiehlt, dann hat ein Staatsbürger wohl das Recht eine Anzeige wegen Amtsmissbrauch zu erstatten. Er hat sogar die Pflicht.
Und Ihnen möchte ich sagen, Sie sind nur ein Staatsdiener und wie ich immer sage liegt die Betonung auf Diener. Auch wenn ich Sie in Ihrer Morgendlichen Ruhepause gestört habe, haben Sie die Pflicht einen Österreicher Antwort zu geben.
Ich empfehle Ihnen einen Benimmkurs bei der Nächsten Beamtenschulung.
Den eines muss ich Ihnen Sagen.
Die Polizei ist für den Bürger da und nicht der Bürger für die Polizei.
Ich werde noch Heute die ganze Sache der Staatsanwaltschaft übermitteln.
Auch werde ich die ganze Sache dem BMI senden.
Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall ein besseres Benehmen und verbleibe mit freundlichen Grüßen AA“
2. zu Spruchpunkt II:
Gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 11.01.2019, ***, erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16.01.2019 Beschwerde mit folgendem Inhalt:
„Sehr geehrter Herr BB, vom Zer Strafamt.
Ich erhebe
Beschwerde.
1. Erwägung der Behörde: Ich hätte andauernd Eingaben bei dem LPD-Tirol zuletzt mit dem Schreiben vom 04,01,2019 eingebracht.
Dazu möchte ich folgendes sagen:
Ich habe immer wieder angefragt um die GZ: da ich diese für das BMI brauchen würde. Ich habe aber niemals Antwort bekommen. Und habe dadurch nicht gewusst was mit meiner Anzeige los oder geschehen ist. Dadurch kann ich keinen Mutwillen erkennen.
2. Es ist für mich sehr befremdlich, wenn ich gegen einen Beamten der Polizei eine Anzeige mache und der Grund und Aussichtslosigkeit sowie der Nutzen und der Zwecklosigkeit der Eingabe offenkundig erkennbar sei.
3. Ich muss also als nicht Jurist erkennen, dass eine Anzeige gegen einen Polizeibeamten Nutzlos und somit Mutwillens ist.
4. Ich habe seid ca. 3 Jahren immer wieder Anzeigen und Eingaben gegen die Radfahrer auf dem Gehsteig, Adresse 3 bei der LPD eingebracht.
5. Ich wusste nicht, dass es Mutwillens ist, wenn ich Beamte aus dem Büroschlaf wecke und zur Arbeit animiere. Aber ich wurde mit Ihrem Schreiben des Besseren belehrt.
6. Ich habe nicht gewusst dass ein Kontrollinspektor einen Österr. Staatsbürger nicht mal soviel Anstand entgegenbringen kann, mir die Sachlage Persönlich mitzuteilen. Nein er lässt mich vom Portier rauswerfen.
7. Ich habe nicht gewusst, dass Polizeibeamte durch ihre Uniform geschützt sind und dadurch im Dienst einkaufen können, so wie Staatsidener CC. Er hat sich im Dienst einen Kriminalroman in der Buchhandlung EE gekauft. Den Einsatzwagen hat er natürlich in der Fußgängerzone stehen lassen und zwar so das kaum noch jemand vorbeikommen konnte. Aber der Bürger ist Mutwillens. Wenn sich Staatsdiener die ihre Überbezahlung von Staaatsbürger bekommen.
Herr BB ich möchte Sie auf keinen Fall Überbelasten und mit meinem Rechtsmittel auch noch Sie Mutwillens zu Überbelasten. Tut mir wirklich von Herzen leid aber ich habe keine Ahnung ob ich dieses Rechtsmittel direkt beim LVWG einbringen kann.
Auch nehme ich zur Kenntnis, dass in Österreich die Polizei Rechtsfreiheit hat.
Hochachtungsvoll und mit tiefster Unterwürfigkeit grüße ich Sie und die Polizei auf Knien Ihr AA“
III. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei und unstrittig aus dem vorliegenden Akt.
IV. Rechtslage:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 idF BGBl Nr 58/2018, lauten wie folgt:
Anbringen§ 13.
(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.
(…)
Ordnungsstrafen§ 34.
(1) Das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, hat für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen.
(2) Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, sind zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 726 Euro verhängt werden.
(3) Die gleichen Ordnungsstrafen können von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.
(4) Gegen öffentliche Organe und gegen Bevollmächtigte, die zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt sind, ist, wenn sie einem Disziplinarrecht unterstehen, keine Ordnungsstrafe zu verhängen, sondern lediglich die Anzeige an die Disziplinarbehörde zu erstatten.
(5) Die Verhängung einer Ordnungsstrafe schließt die strafgerichtliche Verfolgung wegen derselben Handlung nicht aus.
Mutwillensstrafen§ 35.
Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, kann die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen.
Die entscheidungswesentliche Bestimmung des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl Nr 33/2013, idF BGBl Nr 57/2018, lautet wie folgt:
Anzuwendendes Recht§ 17.
Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
V. Erwägungen:
1. zu Spruchpunkt I:
Gemäß § 35 AVG kann die Behörde gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, eine Mutwillensstrafe bis Euro 726,00 verhängen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt mutwillig, wer sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist. Dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseres Wissen erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist.
Mit der in § 35 AVG vorgesehenen Mutwillensstrafe kann geahndet werden, wer „in welcher Weise immer“ die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nimmt. Es genügt, wenn das behördliche Organ die schriftliche Eingabe liest oder das Anbringen sonst entgegennimmt, ohne dass es darauf ankäme, dass eine darüber hinausgehende Tätigkeit bewirkt wird (VwGH vom 04.03.1964, 1928/63).
Bei der Mutwillensstrafe handelt es sich nicht um die Ahndung eines Verwaltungsdeliktes, sondern um ein Mittel zur Sicherung einer befriedigenden, würdigen und rationellen Handhabung des Verwaltungsverfahrens. Die Verhängung einer Mutwillensstrafe soll die Verwaltungsgerichte vor Behelligung und die Partei vor Verschleppung der Sache schützen (vgl etwa VwGH vom 23.12.2016, Ro 2016/03/0030; VwGH 16.02.2012, 201/01/0271).
Der Tatbestand der Mutwillensstrafe kann durch Stellung von erstinstanzlichen Anträgen (vgl VwGH vom 08.11.2000, Zl 97/21/0023) und sogar durch Erhebung von Rechtsmitteln verwirklicht werden (VwSlg 3410 A/1954; auch VwGH vom 24.03.1997, Zl 95/19/1705).
Eine Inanspruchnahme der Tätigkeit der Behörde kann durch alle Arten von Anbringen im Sinne des § 13 Abs 1 AVG erfolgen. Im Hinblick auf den Aufgabenkreis der Behörde genügt es, dass das behördliche Organ die schriftliche Eingabe liest oder das mündliche oder telefonische Anbringen entgegennimmt, ohne dass es darauf ankäme, dass eine darüber hinausgehende Tätigkeit bewirkt wird (Hengstschläger/Leeb, AVG § 35 Rz 3).
Die im gegenständlichen Fall mehrmals zum gleichen Vorfall erstatteten Anzeigen erfüllen diese Voraussetzung jedenfalls.
Erstmalig zeigte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt bei der Landespolizeidirektion Tirol mit Schreiben vom 06.07.2018 an. Auf dieses Schreiben des Beschwerdeführers wurde von Seiten der Landespolizeidirektion Tirol eine Bestätigung übermittelt sowie die Auskunft erteilt, dass die Anzeige zum Anlass einer dienstinternen Prüfung genommen wurde.
Mit den Schreiben vom 25.12.2018, 27.12.2018, 28.12.2018 und 03.01.2019 verwies der Beschwerdeführer erneut auf den Sachverhalt vom 06.07.2018 und brachte diesen Sachverhalt erneut zur Anzeige. Mit der Eingabe vom 04.01.2019 wurde von Seiten des Beschwerdeführers weder neue Tatsachen vorgebracht noch sonstige für die Anzeige relevante Informationen mitgeteilt. Insbesondere die provokanten Formulierungen wie die Störung der morgendlichen Ruhe und die Empfehlung eines Benimmkurses zeigen eindeutig, dass der Beschwerdeführer mit diesem Schreiben keinen anderen Zweck verfolgte als eine gewisse Freude an der Behelligung der belangten Behörde. Die in der Beschwerde vorgebrachte Rechtfertigung, er habe nie eine Antwort betreffend der Geschäftszahl erhalten und es sei daher kein Mutwillen zu erkennen, lässt sich im Schreiben vom 04.01.2019 in keiner Weise vorfinden. Dem Schreiben kann daher kein anderer Inhalt als die mutwillige Inanspruchnahme der Tätigkeit der belangten Behörde unterstellt werden, da ein sonstiges rechtliches Begehren daraus nicht hervorgeht.
Die Geldstrafe ist im Rahmen des Höchstbetrages von Euro 726,00 derart zu bemessen, dass der Täter von weiterem derartigem Fehlverhalten abgehalten wird. Dabei ist eine Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers jedenfalls zulässig (Hengstschläger/Leeb, AVG § 35 Rz 6). Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist von einer zumindest durchschnittlichen Vermögens- und Einkommenssituation des Beschwerdeführers auszugehen. Die mit Euro 100,00 bemessene Mutwillensstrafe ist daher jedenfalls gerechtfertigt und angemessen, um den Beschwerdeführer von der weiteren missbräuchlichen Inanspruchnahme der belangten Behörde abzuhalten.
2. zu Spruchpunkt II:
Eine beleidigende Schreibweise liegt vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt. Für die Strafbarkeit nach § 34 Abs 3 AVG reicht es aus, dass die in der schriftlichen Eingabe verwendete Ausdrucksweise den Mindestanforderungen des Anstands nicht gerecht werden und damit objektiv beleidigenden Charakter hat; auf das Vorliegen einer Beleidigungsabsicht kommt es hingegen nicht an.
Für eine Bestrafung wegen Übertretung des § 34 Abs 3 AVG ist ohne Belang, ob sich die beleidigende Schreibweise gegen die Behörde, gegen das Verwaltungsorgan oder gegen eine einzige Amtshandlung richtet (VwGH 21.11.1966, 2163/65). Zur Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise ist jene Behörde zuständig, die die Angelegenheit, in der die Eingabe eingebracht worden ist, zu erledigen oder sonst in Verhandlung zu nehmen hat.
Die gegenständliche Eingabe richtet sich an das Landesverwaltungsgericht Tirol sowie an die belangte Behörde. Nach dem Prinzip des Zuvorkommens ist jedenfalls das Landesverwaltungsgericht Tirol zur Führung des gegenständlichen Verfahrens zuständig (vgl VwGH 16.10.2014, Ra 2014/06/0004).
Beleidigend ist eine Ausdrucksweise, wenn sie den Boden sachlicher Kritik verlässt und demjenigen eine niedrige Gesinnung und eine nach der Sittenordnung verpönte Vorgangsweise unterstellt, dem eine solche Methode vorgeworfen wird (VwGH 30.11.1993 89/14/0144).
Weiters ist unter einer beleidigenden Schreibweise nicht nur eine solche zu verstehen, die geeignet ist, ein Behördenorgan in seiner Ehre herabzusetzen; vielmehr ist als "beleidigende Schreibweise" auch eine solche anzusehen, die das Verhandlungsklima zwischen Behörde und Einschreiter durch unsachliche Ausdrücke, unpassende Vergleiche, Anspielungen etc dergestalt belastet, dass eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen erschwert, wenn nicht gar verhindert wird (VwGH 30.11.1993 89/14/0144).
Bei der Lösung der Rechtsfrage, ob eine schriftliche Äußerung den Anstand verletzt, ist auch zu berücksichtigen, dass die Behörden in einer demokratischen Gesellschaft Äußerungen der Kritik, des Unmutes und des Vorwurfs ohne übertriebene Empfindlichkeit hinnehmen müssen (VwGH 01.09.2017, 2017/03/0076). Hierbei darf nicht vom Wortsinn einer einzelnen Stelle ausgegangen, vielmehr muss auch der sonstige Inhalt der Eingabe berücksichtigt werden. Auch die Überzeugung der Partei, ihre Kritik sei berechtigt, vermag eine beleidigende Schreibweise nicht zu entschuldigen. Ein „animus iniurandi“, also eine Absicht zu beleidigen, fordert das Tatbild nicht.
Eine in einer Eingabe an die Behörde gerichtete Kritik ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann gerechtfertigt und schließt damit die Anwendung des § 34 Abs 3 AVG aus, wenn sie sich auf die Sache beschränkt, in einer der Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind (vgl dazu etwa die Ausführungen bei Hengstschläger/Leeb, AVG² § 34 Rz 18).
Ausgehend von der zur Bestimmung des § 34 Abs 3 AVG ergangenen und im gegenständlichen Erkenntnis zitierten Judikatur kam das erkennende Gericht zu folgendem Schluss:
Mit dem unter Punkt II. 2. (Sachverhalt zu Spruchpunkt II) wörtlich wiedergegebenen Text hat der Beschwerdeführer durch die Äußerungen „(…) 5. Ich wusste nicht, dass es Mutwillens ist, wenn ich Beamte aus dem Büroschlaf wecke und zur Arbeit animiere. Aber ich wurde mit Ihrem Schreiben des Besseren belehrt. (…) Herr BB ich möchte Sie auf keinen Fall Überbelasten und mit meinem Rechtsmittel auch noch Sie Mutwillens zu Überbelasten. (…) Auch nehme ich zur Kenntnis, dass in Österreich die Polizei Rechtsfreiheit hat. (…) Hochachtungsvoll und mit tiefster Unterwürfigkeit grüße ich Sie und die Polizei auf Knien Ihr AA“ jedenfalls den Boden der sachlichen Kritik verlassen. Es handelt sich hierbei um eine herabsetzende und verhöhnende Ausdrucksweise, die keinen Bezug mehr zur eigentlichen Sache aufweist. zur Die beleidigende Schreibweise ist jedoch nicht auf den Wortsinn einer einzigen Stelle zu reduzieren, sondern vielmehr muss der sonstige Inhalt der Eingabe berücksichtigt werden.
Die Ordnungsstrafe nach § 34 Abs 3 AVG ist dazu bestimmt, Verletzungen des gebotenen Anstandes im Verkehr mit den Behörden zu ahnden. Sie wendet sich also nicht gegen den Inhalt des Vorbringens, sondern die Form, in der dieses erfolgt (VwGH 28.09.1995, 94/17/0427).
Zur Höhe der ausgesprochenen Ordnungsstrafe wird grundsätzlich festgehalten, dass sich die Behörde dabei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht an § 19 VStG, also insbesondere nicht an den Einkommens- und Vermögensverhältnissen und allfälligen Sorgepflichten des Störers orientieren muss (vgl zB VwSlg 14.064 A/1994). Maßgebend für das Ausmaß einer Ordnungsstrafe ist die Überlegung, welche Strafhöhe innerhalb des gesetzlichen Rahmens eine Änderung des Fehlverhaltens erwarten lässt. (VwGH 20.11.1998, 98/02/0320).
Die Verhängung einer Ordnungsstrafe ist allerdings insbesondere unter dem Gesichtspunkt erforderlich, dass der Beschwerdeführer nicht nur zu einer angepassten Ausdrucksweise im Behördenverkehr angeleitet, sondern auch das durch die beschriebenen Formulierungen zwischen den Behörden und dem Beschwerdeführer getrübte Verhandlungsklima jedenfalls für die Zukunft entschärft werden soll.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall der mündlichen Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde zu beantragen. Auf den Anspruch auf Durchführung einer Verhandlung kann zwar verzichtet werden, was dann angenommen werden kann, wenn der Beschwerdeführer keinen Verhandlungsantrag im Sinn des § 24 Abs 3 VwGVG stellt. Ein schlüssiger Verzicht liegt aber nach der höchstgerichtlichen Judikatur nicht vor, wenn eine unvertretene Partei weder über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom 12. August 2010, Zl 2008/10/0315, und vom 19. März 2013, Zl 2011/21/0267 zu § 67d Abs 3 AVG).
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Der Beschwerdeführer war zwar nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten, wurde aber in der Rechtsmittelbelehrung des bekämpften Bescheides ausdrücklich über die Möglichkeit der Antragstellung belehrt.
Aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichts war aber auch gemäß § 24 Abs 4 VwGVG eine Verhandlung nicht erforderlich, da der maßgebliche – vom Beschwerdeführer auch nicht bestrittene - Sachverhalt aufgrund der vorliegenden Akten hinreichend feststeht und die Akten erkennen lassen, dass eine Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Visinteiner
(Richter)
Schlagworte
Mutwillig Eingaben; beleidigende Schreibweise in Beschwerde; OrdnungsstrafeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.33.0182.1Zuletzt aktualisiert am
27.02.2019