Entscheidungsdatum
21.12.2018Norm
BAO §4 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn A und von Frau B, ***, ***, vom 21. Oktober 2018 gegen den Berufungsbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 2. Oktober 2018, Zl. ***, mit dem die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 28. Februar 2018 betreffend Vorschreibung einer Kanalabenützungsgebühr (mit Wirkung ab 1. Mai 2017), als unbegründet abgewiesen worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) stattgegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, dass es wie folgt zu lauten hat:
Gemäß § 5 Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 wird Herrn A und Frau B für die Liegenschaft ***, ***, mit Wirkung ab 1. Mai 2017 für die Benützung des öffentlichen Kanals (einschließlich der Einleitung von Niederschlagswässern) - unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 262,65 m² und eines Einheitssatzes von € 1,54 eine jährlich zu entrichtende Kanalbenützungsgebühr im Ausmaß von € 404,48 (zzgl. USt.) vorgeschrieben.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Sachverhalt:
1.1. Abgabenbehördliches Verfahren:
1.1.1.
Im Rahmen einer Überprüfung an Ort und Stelle wurden am 24. Juli 2017 auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft die Flächen zur Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr neu ermittelt und in einem Erhebungsbogen verzeichnet. Für die gegenständliche Liegenschaft mit einer Fläche von 634 m² wurden von den Vertretern der belangten Behörde eine bebaute Fläche von 284,58 m² (Wohngebäude 1 mit 174,52 m² und Wohngebäude 2 mit 110,06 m²) und eine unbebaute Fläche von 349,42 m² ermittelt, während die Zahl der angeschlossenen Geschoße mit 1 eruiert wurde. Die Unterfertigung dieses Erhebungsbogens wurde von den anwesenden Liegenschaftseigentümern A und B (in der Folge: Beschwerdeführer) verweigert.
1.1.2.
Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 28. Februar 2018, Zl. ***, wurde den Beschwerdeführern für die Liegenschaft ***, ***, unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 284,58 m² und eines Einheitssatzes von € 1,54 eine jährlich zu entrichtende Kanalabenützungsgebühr (mit Wirkung ab 1. Mai 2017) im Betrag von € 438,25 (exkl. USt.) für die Einleitung von Schmutz- und Regenwässern vorgeschrieben.
1.1.3.
Gegen diesen Abgabenbescheid erhoben die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 12. März 2018 fristgerecht das ordentliche Rechtsmittel der Berufung und begründeten diese im Wesentlichen damit, dass die Ermittlung der Berechnungsflächen nicht nachvollziehbar sei.
1.1.4.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 2. Oktober 2018, Zl. 198/18, wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wird nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und Zitierung der als maßgeblich erachteten Gesetzesbestimmungen dargelegt, dass am 24. Juli 2017 eine Erhebung der Berechnungsgrundlagen durch Mitarbeiter der Stadtgemeinde *** vor Ort erfolgt sei. Bei diesem Lokalaugenschein seien 2 konsenslose, bereits fertiggestellte Zubauten beim Tattoo-Studio festgestellt worden (Erweiterung des Gebäudes im Osten sowie Überdachung im Eingangsbereich im Westen). Mit Bescheid vom 28. Februar 2018 sei die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr anhand der beim Lokalaugenschein festgestellten bereits ausgeführten Zubauten erfolgt.
1.2. Beschwerdevorbringen:
Mit Schreiben vom 21. Oktober 2018 erhoben die Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und begründete diese im Wesentlichen damit, dass im Bescheid Gebäudeteile herangezogen worden wären, die nicht angerechnet werden dürften. Das Regenwasser werde, soweit möglich, seit ca. 9 Jahren in Sickerschächte eingespeist. Beim Wohnhaus dürfe ein Teil nicht angerechnet werden, da es sich um einen Lagerraum handle, der keine direkte Anbindung an das Wohngeschoss habe (nur vom Garten zu betreten).
1.3. Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich:
1.3.1.
Mit Schreiben vom 29. Oktober 2018 legte die Stadtgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Stadtrates) vor.
1.3.2. Lokalaugenschein und mündliche Verhandlung:
Vom erkennenden Gericht wurde für den 12. Dezember 2018 ein Lokalaugenschein an Ort und Stelle sowie im Anschluss daran eine mündliche Verhandlung anberaumt.
Im Rahmen des Lokalaugenscheines, bei dem Lichtbilder angefertigt wurden, wurde bei der Begehung der Liegenschaft festgestellt, dass die links und rechts vom Eingangstor situierten Gebäude an den Ortskanal und die Ortswasserleitung angeschlossen sind. Hinsichtlich des Anschlusses an den Regenwasserkanal wurde erhoben, dass Teile der Dachflächenwässer in den öffentlichen Regenwasserkanal eingeleitet werden. Ein größerer Teil der Dachflächenwässer wird auf Eigengrund versickert.
Im Rahmen der der mündlichen Verhandlung wurde von den Beschwerdeführern und den Vertretern der der mitbeteiligten Stadtgemeinde ausgeführt, dass die Beschwerdeführer den Erhebungsbogen vom 24. Juli 2017 betreffend Berechnungsflächen – Wasseranschlußabgabe nicht unterfertigt haben. Eine darüber hinaus gehende Veränderungsanzeige der Beschwerdeführer gibt es nicht. Die Vertreter der belangten Behörde gaben an, dass die Umbaumaßnahme (Zubau zum Wohntrakt) bereits 2008 genehmigt worden sei. Die Baubeginnsanzeige zu diesem Vorhaben sei am 10. März 2011 (eingelangt am 16. März 2011) erfolgt. Die Fertigstellung dieses Bauvorhabens sei am 3. Mai 2017 der belangten Behörde bekannt gegeben worden. Mit Bescheid vom 28. September 2018 seien nachträglich die Überdachung der Einfahrt und der Umbau des Lagerschuppens genehmigt worden. Für dieses Bauvorhaben existiere nur eine Bauführermeldung, aber keine Fertigstellungsmeldung. Der Schuppen (nunmehriges Tattoostudio) sei schon vor den Umbaumaßnahmen an Wasser und Kanal angeschlossen gewesen. Die Vertreter der belangten Behörde gaben weiters an, dass der Altbestand von 56,18 m² aus der Erhebung vom 29. Mai 1999 stamme. Von Seiten der Beschwerdeführer wurde ausgeführt, dass der letzte Bereich des Wohntraktes mit einer Breite von 3,40 m zu Lagerzwecken genutzt werde. Darin würden Gartengeräte und Werkzeug gelagert.
1.4. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den bezughabenden Akt der Stadtgemeinde *** und durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch sowie Durchführung eines Ortsaugenscheines und einer mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 2018.
1.5. Feststellungen:
Die Beschwerdeführer sind grundbücherliche (Mit)Eigentümer der Liegenschaft mit der topographischen Anschrift ***, *** (Grundstücke Nr. *** und ***, EZ *** KG ***), auf der zwei Wohngebäude errichtet sind:
[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]
„…
…“
(Quelle: imap geodaten Land Niederösterreich, Abfrage vom 12. Dezember 2018)
Der Erhebungsbogen vom 24. Juli 2017 betreffend Berechnungsflächen - Kanalbenützungsgebühren ist von den Beschwerdeführern nicht unterfertigt worden.
1.6. Beweiswürdigung:
Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer, soweit dieses den Feststellungen (siehe unten oben Punkt 1.5.) nicht entgegentritt, und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Stadtgemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Stadtgemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
§ 254. Durch Einbringung einer Bescheidbeschwerde wird die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten.
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.2. NÖ Kanalgesetz 1977, LGBl. 8230-9:
Begriffe
§ 1a. Im Sinne dieses Gesetzes gelten als:
…
6. Geschoßfläche: die sich aus den äußersten Begrenzungen jedes Geschoßes ergebende Fläche. (…)
7. Gebäudeteil: ein Gebäudeteil ist ein vom übrigen Gebäude durch eine bis zu seiner obersten Decke durchgehende Wand getrennter Teil mit einer Nutzung als Garage, als gewerblicher oder industrieller Lager- oder Ausstellungsraum oder mit einer Nutzung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke. Räume innerhalb eines Gebäudeteils gelten auch dann als eigener Gebäudeteil, wenn bis zur obersten Decke durchgehende Wände nicht vorhanden sind.
§ 5. (1) Für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage ist eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten, wenn der Stadtgemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat.
(2) Die Kanalbenützungsgebühr errechnet sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche und dem Einheitssatz zuzüglich eines schmutzfrachtbezogenen Gebührenanteiles. Dieser wird nur dann berücksichtigt, wenn die eingebrachte Schmutzfracht den Grenzwert von 100 Berechnungs-EGW überschreitet. Werden von einer Liegenschaft in das Kanalsystem Schmutzwässer und Niederschlagswässer eingeleitet, so gelangt in diesem Fall ein um 10 % erhöhter Einheitssatz zur Anwendung.
(3) Die Berechnungsfläche ergibt sich aus der Summe aller an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoßflächen. Die Geschoßfläche angeschlossener Kellergeschoße und nicht angeschlossener Gebäudeteile wird nicht berücksichtigt. Angeschlossene Kellergeschoße werden jedoch dann berücksichtigt, wenn eine gewerbliche Nutzung vorliegt, ausgenommen Lagerräume, die mit einem Unternehmen im selben Gebäude in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Wird die Liegenschaft trotz bestehender Anschlussverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so ist die Berechnungsfläche so zu ermitteln, als ob die Liegenschaft an die Kanalanlage angeschlossen wäre.
§ 12. (3) Die Abgabenschuld für die Kanalbenützungsgebühr entsteht mit dem Monatsersten des Monats, in dem erstmalig die Benützung des Kanals möglich ist oder die Abfuhr der Fäkalien erfolgt. Wird eine Liegenschaft trotz bestehender Anschlußverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so entsteht die Kanalbenützungsgebühr mit dem Monatsersten des Monats in dem der Anschluß an den Kanal möglich ist. Diese Gebühren sind, soferne der Stadtgemeinderat in der Kanalabgabenordnung nichts anderes bestimmt, im vorhinein in vierteljährlichen Teilzahlungen, und zwar jeweils bis zum 15. Jänner, 15. April, 15. Juli und 15. Oktober, zu entrichten.
§ 14. (1) Den Abgabepflichtigen ist die Abgabenschuld mit Abgabenbescheid vorzuschreiben. Durch je einen besonderen Abgabenbescheid sind vorzuschreiben:
a) die Kanaleinmündungsabgaben, Ergänzungsabgaben und Sonderabgaben (§§ 2 und 4);
b) die Kanalbenützungsgebühren und die Fäkalienabfuhrgebühren (§§ 5 und 8);
c) Änderungen der im Abgabenbescheid nach lit.b festgesetzten Gebühren;
d) die Kosten für die Behebung von Kanalverstopfungen (§ 17 Abs. 5) und der Behebung von Schäden auf fremden Liegenschaften (§ 18 Abs. 1).
(2) Der Abgabenbescheid hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung als Abgabenbescheid;
b) den Grund der Ausstellung;
c) bei der Fäkalienabfuhr die Zahl der jährlichen Einsammlungen;
d) die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe;
e) den Fälligkeitstermin, im Falle des Abs. 1 lit.b und c die Fälligkeitstermine und die Höhe der jeweiligen Teilbeträge;
f) die Rechtsmittelbelehrung und
g) den Tag der Ausfertigung.
(3) Die in der Abgabenentscheidung festgesetzte Kanalbenützungsgebühr oder Fäkalienabfuhrgebühr ist so lange zu entrichten, solange nicht ein neuer Abgabenbescheid ergeht.
(4) Der Abgabenbescheid nach Abs. 1 lit.c ist insbesondere auf Grund einer im § 13 Abs. 1 genannten Veränderung, ferner bei Änderung der Einheitssätze, bei der Fäkalienabfuhr auch bei Änderung des Einsammlungsplanes zu erlassen.
2.4. Kanalabgabenordnung der Stadtgemeinde *** idF vom
20. Juni 2016:
§ 5 Kanalbenützungsgebühren
(1) Zur Berechnung der laufenden Gebühren für die Benutzung der öffentlichen
Kanalanlage (Kanalbenützungsgebühr) werden für die Schmutzwasserentsorgung
folgende Einheitssätze festgesetzt:
Schmutzwasserkanal € 1,40
Im Falle der Einleitung von Regenwässern gelangt ein um 10 % erhöhter Einheitssatz zur Anwendung
2.5. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:
1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;
2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;
3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.
(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …
(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Die Beschwerde ist begründet.
3.1.1.
In der Sache selbst ist eingangs festzuhalten, dass sich das Beschwerdevorbringen auf die Frage reduzieren lässt, ob die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr der Höhe nach zu Recht erfolgt ist, insbesondere vor dem Hintergrund, dass seitens der Beschwerdeführer eingewendet worden ist, dass sie den Erhebungsbogen nicht unterfertigt hätten und dass der Großteil der anfallenden Regenwässer auf Eigengrund versickert werde.
3.1.2.
Nach § 4 Abs. 1 der von den Verwaltungsbehörden (und dem erkennenden Gericht) anzuwendenden BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Angesichts der Komplexität der Sachlage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse folgt, dass dieses bereits mit Verwirklichung eines gesetzlich normierten Abgabentatbestandes entsteht. Der Abgabenbescheid ist seinen wesentlichen Merkmalen nach lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH 94/17/0419). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde die Abgabe festzusetzen hat, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenanspruch der Stadtgemeinde aus der Sicht des Abgabepflichtigen als Abgabenschuld darstellt, ist die Abgabenfestsetzung zulässig, sobald die Abgabenschuld entstanden ist.
3.1.3.
Gegenstand des angefochtenen Bescheids ist die Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr. Dem in § 5 Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 normierten Abgabentatbestand zufolge ist für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten, wenn der Stadtgemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat. Die Einhebung von Kanalbenützungsgebühren durch die beteiligte Stadtgemeinde ergibt sich vorliegendenfalls aus § 5 Abs. 1 der vom Gemeinderat der Stadtgemeinde *** erlassenen Kanalabgabenordnung vom 20. Juni 2016. Aus § 5 Abs. 1 der Kanalabgabenordnung ergibt sich ferner der Einheitssatz von € 1,40 (zzgl. eines 10 prozentigen Zuschlages für die Einleitung von Regenwässern), der der Abgabenfestsetzung gemäß § 5 Abs. 2 erster Satz NÖ Kanalgesetz 1977 zu Grunde zu legen ist. In diesem Zusammenhang ist ferner darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Festsetzung von Abgaben nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften jene Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat (vgl. VwGH 2005/17/0055 und VwGH 2005/17/0168). Diesen Überlegungen folgt, dass infolge der durch den Beschwerdeführer durchgeführten Umbaumaßnahmen mit Wirkung ab 1. Mai 2017 auf dieser Basis ein neuer Abgabenbescheid (ebenfalls mit Wirkung ab 1. Mai 2017) zu erlassen war. Die Erlassung des Abgabenbescheides vom 28. Februar 2018 (mit Wirkung ab 1. Mai 2017) erfolgte somit grundsätzlich zu Recht.
Gemäß § 12 Abs. 3 zweiter Satz NÖ Kanalgesetz 1977 entsteht die Abgabenschuld für die Kanalbenützungsgebühr mit dem Monatsersten des Monats, in dem der Anschluss an den Kanal - und zwar im Gegensatz zum Tatbestand des § 12 Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 faktisch - möglich ist (vgl. VwGH 95/17/0038). Im vorliegenden Fall kam es bei der Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr daher auch nicht darauf an, ob eine Fertigstellungsmeldung nach der NÖ Bauordnung vorliegt oder nicht (vgl. auch VwGH 2002/17/0353).
3.1.4.
Zu der gerade für die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr entscheidenden Frage, ob auch die Überdachung der Einfahrt (Ausmaß von 21,93 m²) bei der Vorschreibung berücksichtig werden durfte, ist hervorzuheben, dass der Begriff der "angeschlossene Geschoßfläche" gemäß § 5 Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 vom Verwaltungsgerichtshof in teleologischer Interpretation dahingehend ausgelegt wurde, als damit nicht ausgebaute Flächen bzw. Durchgänge nicht erfasst werden (vgl. VwGH 2003/17/0210 und VwGH 98/17/0329).
3.1.5.
In der Folge war daher – auf Basis der mit dem Erdgeschoß im (Gesamt-)Ausmaß von 262,65 m² angeschlossenen Wohnhäuser 1 und 2 (i.e. ohne Durchfahrt) – eine Neuberechnung der zu entrichtenden Kanalbenützungsgebühr vorzunehmen.
Die jährlich zu entrichtende Kanalbenützungsgebühr – unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 262,65 m² und eines Einheitssatzes von € 1,54 (in Folge der Einleitung von Niederschlagswässern) beträgt sohin € 404,48. Zuzüglich Umsatzsteuer ist somit ein Gesamtjahresbetrag von € 444,93 zu entrichten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Kanalbenützungsgebühr; Zeitbezogenheit; Abgabenschuld; Geschoßfläche;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1152.001.2018Zuletzt aktualisiert am
28.02.2019