Entscheidungsdatum
04.01.2019Norm
VStG 1991 §46 Abs1aText
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch seine Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde des A, vertreten durch B, ***, ***, *** gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 23. Oktober 2018, Zl. ***, folgenden
BESCHLUSS
1. Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrens-
gesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 23. Oktober 2018, Zl. *** wurde A zur Last gelegt, dass er am 13. Juli 2018 um 18:38 Uhr in ***, Flughafen ***, ***, internationale Einreise *** versucht habe, als Fremder (§ 2 Abs. 4 Z. 1 FPG) unerlaubt in das Bundesgebiet einzureisen, obwohl gegen ihn ein vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion ***, zur ZI. *** erlassenes, bis 4.3.2021 gültiges, rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestehe und er nicht im Besitz einer Wiedereinreisebewilligung gemäß § 27a FPG gewesen sei.
Seine Einreise sei unrechtmäßig gewesen, da während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten werden dürfe. Er sei auch nicht aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechts nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zur Einreise berechtigt gewesen. Weder sei er Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitels gewesen noch habe ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen bestanden. Sie habe weder eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten inne gehabt noch eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigenbestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AusIBG oder eine Anzeigenbestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AusIBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten.
Er sei auch nicht Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer gemäß ICT-Richtlinie eines anderen Mitgliedstaates, der das SDÜ nicht vollständig anwende, und erfülle als solcher nicht § 18 Abs. 13 AuslBG.
Er sei weder Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Forscher“ eines anderen Mitgliedstaates, der das SDÜ nicht vollständig anwende, gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie und übe als solcher auch keine Tätigkeit für eine Forschungseinrichtung, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. h AusIBG vom sachlichen Anwendungsbereich des AusIBG ausgenommen sei, aus, noch sei er als dessen Familienangehöriger Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates, der das SDÜ nicht vollständig anwende.
Er sei auch nicht gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Student“ eines anderen Mitgliedstaates, der das SDÜ nicht vollständig anwende, und nehme als solcher nicht an einem Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teil noch bestehe für ihn eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen.
Da sich auch aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften kein Aufenthaltsrecht ergebe, würden die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Einreise nicht vorliegen.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 120 Abs. 1c iVm § 27a Abs. 1 iVm § 120 Abs. 10 FPG wurde über ihn gemäß § 120 Abs. 1c FPG eine Geldstrafe in der Höhe von € 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 13 Tage 23 Stunden) verhängt.
Dagegen erhob A, vertreten durch B, ***, ***, ***, Beschwerde in englischer Sprache.
Mit Schreiben vom 29. November 2018 hat die Landespolizeidirektion Niederösterreich die Beschwerde und den Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 12. Dezember 2018 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, seine Eingabe innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung, dahingehend zu verbessern, dass eine deutschsprachige Übersetzung beigelegt werde.
Für den Fall, dass es sich um eine Beschwerde handle, sei diese im Hinblick auf die Anforderungen gemäß § 9 Abs. 1 Z. 5 VerwaItungsgerichtsverfahrensgesetz — VwGVG insofern mangelhaft ausgeführt, als die Angabe des Tages, an dem der angefochtene Bescheid zugestellt worden sei fehle.
Er wurde daher gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG aufgefordert, seine Beschwerde mit deutscher Übersetzung zu verbessern, widrigenfalls die Beschwerde gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werde.
Mit email vom 27. Dezember 2018 wurde schließlich die Beschwerde in deutscher Übersetzung übermittelt und zugleich mitgeteilt, dass das angefochtene Straferkenntnis am 3. November 2018 zugestellt worden sei.
In dieser Beschwerde wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer nach seiner Verhaftung wegen Suchtgift-Delikten am 26. Juni 2013 für drei Monate in *** ins Gefängnis gekommen sei, wo sich sein Gesundheitszustand aufgrund seiner paranoiden Schizophrenie massiv verschlechtert habe. Nach kurzer Zeit im Gefängnis-Krankenhaus sei er in die geschlossene psychiatrische Anstalt im *** verlegt worden und am 26. September 2013 endgültig entlassen worden, da er seine Strafe anscheinend absolviert gehabt habe. Er sei davon ausgegangen, dass zu der Zeit kein Abschiebungsbefehl gegen ihn vorgelegen sei und sei weiterhin bis zu seiner Rückkehr nach Großbritannien am 31. August 2014 in Österreich wohnhaft gewesen.
Aufgrund seiner Erkrankung habe er 2013 nicht gewusst, dass ein Verwaltungsverfahren betreffend Aufenthaltsverbot gegen ihn in Bearbeitung gewesen sei bzw. sei er überhaupt nicht in der Lage gewesen zu verstehen, was ihm gesagt worden sei bzw. dessen Auswirkungen. Er habe keinerlei Erinnerung daran, dass ihm ein derartiger Bescheid entweder mündlich auf Englisch oder schriftlich gegeben worden sei.
Soweit ausgeführt werde, dass der Bescheid mangels Kenntnis der Zustelladresse am 23.7.2013 hinterlegt worden sei, sei festzuhalten, dass diese der Behörde sehr wohl bekannt gewesen sein müsse, da der Beschwerdeführer in Haft gewesen sei bzw. bei sich zu Hause verhaftet worden sei.
Selbst wenn er überhaupt von einem vierjährigen Aufenthaltsverbot seit 2013 gewusst hätte, hätte er ohne Weiteres davon ausgehen können, dass dieses bis 13. Juli 2018 abgelaufen gewesen sei, also dem Tag, an dem er am Flughafen in *** verhaftet worden sei.
Aufgrund der akuten paranoiden Schizophrenie, die mit Medikamenten unter Kontrolle gehalten werden könne, habe er mehrere durch Stress verursachte Rückschläge erlitten und habe auch stationär behandelt werden müssen. Er sei daher nicht in der Lage einer Arbeit nachzugehen und erhalte vom britischen Staat wöchentlich 196 Pfund an Unterstützung. Mangels Ersparnissen sei er daher nicht in der Lage, die Strafe zu bezahlen.
Weiters wurde ersucht, für den Fall, dass beim Verwaltungsgericht juristische Verfahrenshilfe beantragt werden könne, ihn über das richtige Vorgehen dafür zu informieren.
Schließlich wurde die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den unbedenklichen vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere in das angefochtene Straferkenntnis vom 23. Oktober 2018 sowie in die Beschwerde.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:
Folgende Feststellungen sind entscheidungsrelevant:
Der Beschwerdeführer wurde am *** in ***, Vereinigtes Königreich geboren und ist britischer Staatsangehöriger. Er ist wohnhaft in ***, ***, Vereinigtes Königreich Er ist der deutschen Sprache nicht mächtig.
Das gegenständliche Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 23. Oktober 2018, Zl. *** ist in deutscher Sprache abgefasst, es enthält keine Übersetzung in die englische Sprache.
Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund der Einsichtnahme in den vorgelegten unbedenklichen Verwaltungsakt. Daraus geht zweifelsfrei hervor, dass das gegenständliche Straferkenntnis in deutscher Sprache abgefasst ist, ohne dass eine englische Übersetzung angefertigt bzw. angeschlossen worden ist. Dass der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht mächtig ist, ist zunächst aufgrund einer Staatsangehörigkeit naheliegend, es geht auch aus der Beschwerde hervor, worin vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer einen Bescheid betreffend Aufenthaltsverbot in Englisch weder mündlich noch schriftlich erhalten habe. Weiters hat der Vater des Beschwerdeführers als dessen Bevollmächtigter im Verfahren vor der belangten Behörde nach Erhalt der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26.8.2018, ***, ausgeführt, das ihm sein Sohn diese überreicht habe und aufgrund der Übersetzung die Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit der Sache erkannt worden sei („On Monday 24th September 2018 C gave me your correspondence. When translated, I became aware of the seriousness and urgency of the Situation.“). Daraus geht ebenfalls hervor, dass der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist.
Im Akt der belangten Behörde ist ferner der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20. Jänner 2015, Zl. ***, enthalten, dessen Spruch betreffend die Erlassung eines auf sechs Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes in die englische Sprache übersetzt wurde.
Das erkennende Gericht schließt daraus, dass der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht kundig ist.
In rechtlicher Hinsicht wurde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wie folgt erwogen:
Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:
§ 46 Abs. 1a Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) lautet:
(1a) Ist der Beschuldigte der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig, so ist dem Straferkenntnis eine Übersetzung in einer für den Beschuldigten verständlichen Sprache anzuschließen. Sofern dies einem fairen Verfahren nicht entgegensteht, kann die Übersetzung durch auszugsweise Darstellung des wesentlichen Inhalts ersetzt werden. Die Pflicht zur Übersetzung des Straferkenntnisses ist nicht auf Verwaltungsübertretungen anzuwenden, die mit einer Geldstrafe von bis zu 7 500 Euro und keiner Freiheitsstrafe bedroht sind oder wegen denen bereits ein Verfahren nach den Bestimmungen des 4. Abschnittes durchgeführt worden ist.
§ 7 Zustellgesetz lautet:
Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.
§ 11 Abs. 1 Zustellgesetz lautet:
(1) Zustellungen im Ausland sind nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.
Art. 5 des Übereinkommens – gemäß Artikel 34 des Vertrags über die Europäische Union vom Rat erstellt – über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union lautet:
Übersendung und Zustellung von Verfahrensurkunden(1) Jeder Mitgliedstaat übersendet Personen, die sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhalten, für sie bestimmte Verfahrensurkunden unmittelbar durch die Post.
(2) Die Verfahrensurkunden können nur dann durch Vermittlung der zuständigen Behörden des ersuchten Mitgliedstaats übersandt werden, wenn
a) die Anschrift des Empfängers unbekannt oder nicht genau bekannt ist,
b) die entsprechenden Verfahrensvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats einen anderen als einen auf dem Postweg möglichen Nachweis über die Zustellung der Urkunde an den Empfänger verlangen,
c) eine Zustellung auf dem Postweg nicht möglich war, oder
d) der ersuchende Mitgliedstaat berechtigte Gründe für die Annahme hat, daß der Postweg nicht zum Ziel führen wird oder ungeeignet ist.
(3) Wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der Zustellungsempfänger der Sprache, in der die Urkunde abgefaßt ist, unkundig ist, so ist die Urkunde - oder zumindest deren wesentlicher Inhalt - in die Sprache oder in eine der Sprachen des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Empfänger sich aufhält, zu übersetzen. Ist der Behörde, die die Verfahrensurkunde ausgestellt hat, bekannt, daß der Empfänger nur einer anderen Sprache kundig ist, so ist die Urkunde - oder zumindest deren wesentlicher Inhalt - in diese andere Sprache zu übersetzen.
(4) Jeder Verfahrensurkunde wird ein Vermerk beigefügt, aus dem hervorgeht, daß der Empfänger sich bei der Behörde, die die Urkunde ausgestellt hat, oder bei anderen Behörden dieses Mitgliedstaats erkundigen kann, welche Rechte und Pflichten er im Zusammenhang mit der Urkunde hat. Absatz 3 gilt auch für diesen Vermerk.
(5) Die Anwendung der Artikel 8, 9 und 12 des Europäischen Rechtshilfeübereinkommens und der Artikel 32, 34 und 35 des Benelux-Übereinkommens bleibt von diesem Artikel unberührt
Das Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BGBl. III Nr. 65/2005, sieht bei Zustellungen im Ausland nach § 11 Abs. 1 ZustellG in seinem Art. 5 Abs. 3 das Erfordernis einer Übersetzung von in einem anderen Mitgliedstaat zugestellten Verfahrensurkunden für den Fall vor, dass der Zustellungsempfänger der Sprache, in der die Urkunde abgefasst ist, unkundig ist. Dieses Abkommen wurde vom Vereinigten Königreich und Österreich ratifiziert.
Die Bestimmung des Art. 5 Abs. 3 des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist im Lichte des Art. 6 Abs. 1 EMRK zu sehen, wonach Dokumente, die ins Ausland zugestellt werden, in einer dem Empfänger verständlichen Sprache abzufassen bzw. zu übersetzen sind; andernfalls ist eine Zustellung unwirksam. Das Übersetzungserfordernis dient der Wahrung des rechtlichen Gehörs des Beschuldigten. Geheilt ist der Mangel der fehlenden Übersetzung insbesondere dann, wenn der Beschuldigte den Inhalt eines in fremder Sprache abgefassten Dokuments tatsächlich verstanden hat oder er der Landessprache mächtig sein muss (vgl Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wesely (Hg), Österreichisches Zustellrecht, 2. Auflage, § 11 Rz 7).
Die Zustellung des gegenständlichen Straferkenntnisses ohne Beifügung einer – zumindest die wesentlichen Teile umfassenden Übersetzung – verstößt somit gegen § 11 Abs. 1 ZustellG in Verbindung mit Art. 5 des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Dies umso mehr, da der Beschwerdeführer im Verfahren zum Ausdruck gebracht hat, dass er der deutschen Sprache nicht mächtig ist.
Der VwGH hat ausgesprochen (vgl. VwGH 21.11.2017, Ro 2015/12/0017 mit Verweis auf VwGH 2.5.2016, Ra 2015/08/0142 16.5.2011, 2009/17/0185, 27.10.1997, 96/17/0348), dass sich im Zusammenhang mit Zustellungen im Ausland auch die Frage stellt, ob in Ansehung der Heilung von Zustellmängeln die (innerstaatliche) Bestimmung des § 7 ZustellG oder aber die in § 11 Abs. 1 ZustellG verwiesenen Rechtsnormen maßgeblich sind. Die letztgenannte Bestimmung des Zustellgesetzes ordnet an, dass Zustellungen im Ausland nach den dort verwiesenen Bestimmungen vorzunehmen sind. Daraus ist zu entnehmen, dass der – einen Teil des Abschnittes 1. „Allgemeine Bestimmungen“ bildende – § 11 Abs. 1 ZustellG bezogen auf den Beschwerdefall lediglich Abweichungen von den Anordnungen des Abschnittes 2. des ZustellG hinsichtlich der „physischen Zustellung“ für den Fall anordnet, dass die „physische“ Zustellung eben nicht im Inland, sondern im Ausland vorzunehmen ist. Die Bestimmung des § 7 ZustellG betreffend die Heilung von Zustellmängeln zählt aber nicht zu der in Abschnitt 2. geregelten Vornahme einer „physischen Zustellung“. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass für die Frage der Heilung von Mängeln einer im Ausland erfolgten Zustellung grundsätzlich § 7 ZustellG maßgeblich ist, es sei denn, aus einem internationalen Abkommen ergäbe sich ausdrücklich oder von seiner Zwecksetzung her Gegenteiliges (vgl. hiezu die Erkenntnisse des VwGH vom 15.1.1986, 85/01/0244; vom 27.10.1997, 96/17/0348 und vom 23.6.2003, 2002/17/0182).
Und eben dazu ist auf die bereits oben wiedergegebene Bestimmung des Art. 5 des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen in der Europäischen Union betreffend die Übersendung und Zustellung von Verfahrensurkunden im Ausland hinzuweisen: Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist, dass der Adressat der Sendung Kenntnis über den Inhalt derselben erlangt. Wenn daher lediglich das Entgegennehmen des Schriftstückes zu einer Heilung der Unterlassung der Verpflichtung zur Übersetzung der Urkunde führen würde, so würde der Zweck des Rechtshilfeübereinkommens, welcher klar erkennbar auf die sprachliche Verständlichkeit des Inhalts der Urkunde abzielt, unterlaufen. Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend bewirkt die fehlende Übersetzung des zuzustellenden Dokumentes, wenn dies – wie im konkreten Fall zutreffend – in einem internationalen Übereinkommen vorgesehen ist, die Unvollständigkeit des Schriftstückes und ist eine Heilung dieses Zustellmangels iSd § 7 ZustellG nicht möglich (vgl. Larcher, Zustellrecht, S. 129 mwN).
Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf das Recht auf ein faires Verfahren im Sinne der Art. 47 GRC bzw. Art. 6 Abs. 3 lit. a EMRK geboten.
Die in dieser Sache vorgenommene Zustellung des Straferkenntnisses an den Beschwerdeführer im Ausland ist deshalb im Lichte der obigen Bestimmungen unabhängig von dem seit 15.8.2018 in Geltung stehenden § 46 Abs. 1a VStG, wonach dem Straferkenntnis eine Übersetzung in einer für den Beschuldigten verständlichen Sprache anzuschließen ist, wenn der Beschuldigte der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist, als unwirksam anzusehen, sodass eine tatsächliche Zustellung des Straferkenntnisses nicht vorliegt.
Da das gegenständliche Straferkenntnis dem Beschwerdeführer gegenüber bislang mangels ordnungsgemäßer Zustellung nicht erlassen wurde, konnte dagegen auch keine Beschwerde erhoben werden. Die vorliegende Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß
§ 44 Abs. 2 VwGVG entfallen.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Darüber hinaus weicht die gegenständliche Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ab.
Schlagworte
Fremden- und Aufenthaltsrecht; Verwaltungsstrafe; Verfahrensrecht; Zustellmangel; Sprache; Übersetzung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.S.2599.002.2018Zuletzt aktualisiert am
28.02.2019