TE Lvwg Erkenntnis 2019/2/1 LVwG-AV-105/001-2015

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.02.2019
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Entscheidungsdatum

01.02.2019

Norm

ÄrzteG 1998 §112
ÄrzteG 1998 §115
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK NÖ §21

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Richter Dr. Marvin Novak, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von Frau A, vertreten durch Rechtsanwältin B, ***, ***, gegen die Spruchpunkte 1., 3. und 4. des Bescheides des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 24. September 2014, Zl. ***, zu Recht:

1.   Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte 1., 3. und 4. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

2.   Der Antrag auf Ersatz der Verfahrenskosten wird zurückgewiesen.

3.   Hinsichtlich der Beschwerdeabweisung zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides ist eine ordentliche Revision zulässig, im Übrigen ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

- § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG)

- § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG)

- Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG)

Entscheidungsgründe:

1.   Maßgeblicher Verfahrensgang:

1.1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin, Frau A, begehrte mit an die Ärztekammer von Niederösterreich gerichtetem Schreiben vom 10. Februar 2014 – nachdem ihr eine Befreiung von der Beitragspflicht zur Grundrente und zur Zusatzleistung für den Zeitraum 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2016 gewährt und eine Beitragsrückzahlung vorgenommen worden war – die Auszahlung von Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sowie die Rückzahlung von sämtlichen von ihr bezahlten Beiträgen ohne zeitliche Beschränkung.

1.2. Mit Schreiben vom 1. April 2014 ergänzte die Beschwerdeführerin ihren Antrag dahingehend, dass sie die Refundierung eines Betrages in Höhe von 33.032,43 Euro begehre (41.532,-- Euro an geleisteten Zahlungen an Grundrente und Zusatzleistung, zuzüglich 12.668,45 Euro an 4%igen Zinsen von 1994 bis 2013, abzüglich der bereits erhaltenen Refundierung von 21.168,02 Euro).

1.3. Mit Schreiben vom 13. Mai 2014 beantragte die Beschwerdeführerin die Refundierung ihrer Zahlungen samt Zinsen und sie brachte vor, dass die Voraussetzungen für eine Beitragsbefreiung auch für vor 2006 vorlägen.

1.4. Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 24. September 2014 wurde eine Befreiung der Beschwerdeführerin von der Beitragspflicht zur Grundrente und zur Zusatzleistung von 1. Juni 1993 bis 30. Juni 2006 ausgesprochen und es wurde festgestellt, dass ihr ein Betrag in Höhe von 19.110,17 Euro rückerstattet werde. Eine darüber hinausgehende Befreiung sowie der Antrag auf Auszahlung von Zinsen wurde abgewiesen. Der Spruch dieses Bescheides lautet wörtlich wie folgt:

„1. Der Antrag auf Auszahlung von Zinsen von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Beitragsrückzahlung infolge der Befreiung von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich durch Bescheid des Beschwerdeausschusses vom 03.12.2013 wird gemäß § 21 Abs. 1 Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich idF 01.01.2014 (Satzung WFF)
a b g e w i e s e n .

2. Dem Antrag auf Refundierung von Zahlungen und Erstreckung der Beitragsbefreiung auf Zeiträume vor Juni 2006 wird gemäß §§ 19 Abs. 1 und 21 Abs. 1 Satzung WFF
s t a t t g e g e b e n und eine Befreiung von der Beitragspflicht zur Grundrente und zur Zusatzleistung von 01.06.1993 bis 30.06.2006 ausgesprochen. Die für Pensionsleistungen von Juni 1993 bis Juni 2006 einbezahlten Beiträge in Höhe von € 19.110,17 werden der Antragstellerin rückerstattet.

3. Eine darüber hinaus gehende Befreiung im Zeitraum von 01.06.1993 bis 30.06.2006 wird gemäß § 19 Abs. 1 Satzung WFF a b g e w i e s e n.

4. Der Antrag auf Auszahlung von Zinsen für die infolge der unter Spruchpunkt 2 ausgesprochenen Befreiung durchzuführende Rückerstattung von Beiträgen wird gemäß § 21 Abs. 1 Satzung WFF a b g e w i e s e n.“

Begründend führte die Behörde dazu – auf das Wesentlichste zusammengefasst – aus, dass die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Befreiung gemäß § 19 Abs. 1 Satzung WFF NÖ erfülle. Da die Befreiung jedoch nur hinsichtlich der Grundrente und der Zusatzleistung (Pensionsbeiträge) ausgesprochen werden könne, sei der Antrag auf eine darüber hinausgehende Befreiung abzuweisen. Auch der Antrag auf Auszahlung von Zinsen für bereits refundierte bzw. für die zu refundierenden Beiträge sei abzuweisen, weil weder in § 21 Abs. 1 Satzung WFF NÖ noch in § 115 Abs. 1 ÄrzteG 1998 eine Verzinsung des Rückersatzes vorgesehen sei (wobei die zuletzt genannte Bestimmung es dem Satzungsgeber sogar erlaube, lediglich 50% der einbezahlten Beiträge rückzuerstatten; von dieser Möglichkeit sei in Niederösterreich aber nicht Gebrauch gemacht worden).

1.5. Die Beschwerdeführerin erhob fristgerecht gegen die Spruchpunkte 1., 3. und 4. des Bescheides Beschwerde.

Zu den Spruchpunkten 1. und 4. wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Verpflichtung zur Verzinsung aus dem allgemeinen Schadenersatzrecht ergebe. Der Austritt aus dem Wohlfahrtsfonds sei erst nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes bewilligt worden und es hätten Beiträge bereits ab dem Austrittsantrag vom 14. Februar 2007 nicht mehr eingezogen werden dürfen.

Der durch die schuldhafte Einziehung entstandene Zinsschaden sei durch die Behörde zu ersetzen. Die Behörde unterliege der Verpflichtung zum Schadenersatz wie jeder andere einen Schaden zufügende Normunterworfene auch. Ab Juni 2007 stehe ihr ein Zinsanspruch auch auf Grund des erheblichen Zahlungsverzuges der Behörde bei der Rückzahlung zu.

Anders sei es für die Zeit vor dem Eintritt in ein unkündbares Dienstverhältnis, da zumindest eine (erst später weggefallene) Rechtsgrundlage für den Beitragseinzug bestanden habe. Die Beschwerdeführerin verzichte daher auf eine Anfechtung des Bescheides hinsichtlich einer Verzinsung für den Zeitraum vor Februar 2007.

Zu Spruchpunkt 3. wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Befreiung auch von den weiteren Leistungen Gegenstand einer Anfechtung beim Verwaltungsgerichtshof (Zl. ***) sei und dass diesbezüglich auf die dortigen Revisionsausführungen verwiesen werde.

 

Beantragt wurde den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Auszahlung von Zinsen im gesetzlichen Ausmaß ab 14. Februar 2007 stattgegeben werde und ihr Zinsen für die Beitragsleistung ab Februar 2007 zugesprochen würden. Weiters sei ihr der Rückersatz der über die zur Grundrente und zur Zusatzleistung hinausgehenden Beiträge zuzusprechen und es sei die Behörde schuldig, ihr die Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen, wobei an Kosten insgesamt 1.106,64 Euro verzeichnet wurden.

1.6. Der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich legte dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich in Folge die Beschwerde samt Verwaltungsakt zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht getroffen.

1.7. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 14. Dezember 2018 mit, dass die Beschwerde auf Grund der hohen Aktenbelastung erst jetzt in Bearbeitung genommen habe werden können, und es wurde die Beschwerdeführerin um Mitteilung ersucht, ob die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gewünscht sei, sowie um Mitteilung, falls kein Interesse an der Aufrechterhaltung der Beschwerde bestehe.

1.8. Mit Schreiben vom 25. Jänner 2019 wurde seitens der Beschwerdeführerin dazu mitgeteilt, dass an der Aufrechterhaltung der Beschwerde Interesse bestehe und dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht gewünscht sei.

2.   Feststellungen und Beweiswürdigung:

2.1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist seit 1. Juni 1993 in die Ärzteliste eingetragen und sie wird seit 1. April 1998 als angestellte Ärztin für Allgemeinmedizin am Landesklinikum *** geführt. Sie ist seit 1. Juni 1993 auf Grund durchgehender Kammerzugehörigkeit Mitglied im Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich. Seit 1. Juli 2006 befindet sie sich in einem unkündbaren Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich.

Mit Antrag vom 14. Februar 2007 beantragte die Beschwerdeführerin die Befreiung von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds.

Dieser Antrag wurde zunächst mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 4. September 2007, Zl. ***, abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hob diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 26. April 2013, Zl. 2010/11/0014, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf. Mit Ersatzbescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 3. Dezember 2013, Zl. ***, wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin von den Beiträgen zur Grundrente und zur Zusatzleistung von 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2016 befreit wird und es wurde eine darüber hinausgehende Befreiung abgewiesen. Der Beschwerdeführerin wurden geleistete Beiträge in Höhe von 21.168,02 Euro refundiert. Mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2015, Zl. ***, wurde der zuletzt genannte Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Befristung der Befreiung gestrichen wurde (ersatzloser Entfall der Wortfolge „von 01.07.2006 bis 30.06.2016“). Mit dem unbekämpft gebliebenen Spruchpunkt 2. des im vorliegenden Fall angefochtenen Bescheides wurde eine Befreiung der Beschwerdeführerin von der Beitragspflicht zur Grundrente und zur Zusatzleistung von 1. Juni 1993 bis 30. Juni 2006 und eine Beitragsrückerstattung in Höhe von 19.110,17 Euro ausgesprochen; mit den übrigen Spruchpunkten wurde eine weitergehendere Befreiung für diesen Zeitraum nicht gewährt und es wurde das Zinsbegehren abgewiesen (s. Punkt 1.4.).

2.2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen gründen sich – ebenso wie der dargelegte maßgebliche Verfahrensgang – auf die vorliegende unbedenkliche Aktenlage. Festzuhalten ist, dass der maßgebliche Sachverhalt nicht strittig ist.

3.   Maßgebliche Rechtslage:

3.1. Die §§ 112 und 115 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998 idgF lauten:

„Befreiung von der Beitragspflicht

§ 112. (1) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)genuss auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, ist er auf Antrag nach Maßgabe des Antragsbegehrens und der folgenden Bestimmungen von der Verpflichtung nach § 109 zu befreien. Übt der Antragsteller keine ärztliche oder zahnärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 dieses Bundesgesetzes oder § 23 Z 1 Zahnärztegesetz aus, kann die Satzung vorsehen, dass die Beitragspflicht zur Todesfallbeihilfe und zu den Unterstützungsleistungen bestehen bleibt. Übt der Antragsteller eine ärztliche oder zahnärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 dieses Bundesgesetzes oder § 23 Z 1 Zahnärztegesetz aus, bleibt jedenfalls die Beitragspflicht zur Grundleistung bestehen. Die Satzung kann vorsehen, dass die Beitragspflicht darüber hinaus auch für die Ergänzungsleistungen, die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen bestehen bleibt.

(2) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)Genuss aufgrund der Zugehörigkeit zum Wohlfahrtsfonds einer anderen Ärztekammer des Bundesgebietes oder ein zumindest annähernd gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs) Genuss aufgrund der Zugehörigkeit zu einem berufsständischen Versorgungswerk im Gebiet einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, wird er auf Antrag zur Gänze von der Beitragspflicht nach § 109 befreit. Eine diesbezügliche, längstens bis zum 1. Jänner 2005 rückwirkende Befreiung ist zulässig.

(3) Kammerangehörige, die erst nach Vollendung des 35. Lebensjahres beitragspflichtig werden, sind, sofern dies die Satzung vorsieht, ab Vollendung des 35. Lebensjahres zu einer Nachzahlung im Sinne des Abs. 4 verpflichtet. Diese Nachzahlungsverpflichtung entfällt für jene Zeiträume, in denen der Kammerangehörige in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft in einem gesetzlich vorgesehenen System der sozialen Sicherheit in einem Zweig versichert war, der Leistungen für den Fall der Invalidität, des Alters oder an Hinterbliebene vorsieht.

(4) Für die Berechnung des Nachzahlungsbetrages ist der auf einen Kammerangehörigen entfallende Durchschnittsbeitrag der einzelnen Kalenderjahre heranzuziehen. Weiters hat die Satzung zu bestimmen, ob bei der Berechnung des Nachzahlungsbetrages auf das Beitragsniveau des laufenden Kalenderjahres aufzuwerten ist, oder ob mit dem Prozentsatz der durchschnittlichen Rendite des Fondsvermögens während des Nachzahlungszeitraumes nach den Grundsätzen einer Zinseszinsrechnung zu verzinsen ist. Außer Ansatz bleiben jedoch die während des Nachzahlungszeitraumes eingehobenen Beitragsanteile für die Leistungen gemäß § 104 und die Unterstützungsleistungen.

(5) Für den Fall der Befreiung von der Beitragspflicht ist die Gewährung von Leistungen entsprechend dem Ausmaß der Befreiung ganz oder teilweise ausgeschlossen.

(6) Die Beitragsordnung hat zu regeln, wie die nach Maßgabe der Bestimmungen des § 115 nicht rückerstatteten Beiträge verwendet werden, wenn die Kammerangehörigkeit oder Beitragspflicht wieder entsteht. Bei Zuständigkeit und Leistungsverpflichtung einer anderen Ärztekammer gelten die Überweisungsbestimmungen des § 115 sinngemäß.“

„§ 115. (1) Verlegt ein Kammerangehöriger seinen Berufssitz (Dienstort) dauernd in den Bereich einer anderen Ärztekammer oder Landeszahnärztekammer, ist ein Betrag in der Höhe von mindestens 70 vH der von ihm zum Wohlfahrtsfonds der bis her zuständigen Ärztekammer entrichteten Beiträge der nunmehr zuständigen Ärztekammer zu überweisen. Die für bestimmte Zwecke, insbesondere Bestattungsbeihilfe, Hinterbliebenenunterstützung und Krankenunterstützung, satzungsgemäß vorgesehenen Beitragsteile bleiben bei der Berechnung des Überweisungsbetrages außer Betracht. Bei Streichung eines Kammerangehörigen aus der Ärzteliste (§ 59 Abs. 3) oder Zahnärzteliste gebührt ihm der Rückersatz in sinngemäßer Anwendung der vorstehenden Bestimmungen in Höhe von mindestens 50 vH; erfolgt die Streichung gemäß § 59 Abs. 1 Z 3 oder 6, gebührt dieser Rückersatz nach Ablauf von drei Jahren ab dem Verzicht bzw. der Einstellung der Berufsausübung, sofern nicht zwischenzeitlich eine neuerliche Eintragung in die Ärzteliste oder Zahnärzteliste erfolgt oder ein Anspruch auf Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds besteht.

(2) Während der Zeit der Ausbildung eines Kammerangehörigen zum Arzt für Allgemeinmedizin oder Facharzt hat keine Überweisung zu erfolgen. Diese ist erst nach Eintragung in die Ärzteliste als Arzt für Allgemeinmedizin oder Facharzt durchzuführen. In diesem Fall erhöht sich der Überweisungsbetrag auf mindestens 90 vH.

(3) Ein Rückersatz von Beiträgen nach Abs. 1 oder 2 ist nur dann möglich, wenn der Kammerangehörige schriftlich bestätigt, dass er nicht in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft von einem Zweig eines gesetzlich vorgesehenen Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder Selbständige erfasst wird, der Leistungen für den Fall der Invalidität, des Alters oder an Hinterbliebene vorsieht.“

3.2. Die §§ 19 und 21 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich idgF (Satzung WFF NÖ, zuletzt geändert durch Beschluss der Erweiterten Vollversammlung am 7. Dezember 2016) lauten:

„§ 19 - Befreiung von der Beitragspflicht

(1) Erbringt ein WFF-Mitglied im Sinne des § 11 Abs. 1 oder Abs. 3 den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem WFF besteht, und übt er keine ärztliche und/oder zahnärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 Ärztegesetz oder § 23 Z. 1 Zahnärztegesetz aus, ist er auf Antrag, ausgenommen die auf die Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung sowie die sonstigen Unterstützungsleistungen nach der Beitragsordnung zu leistenden Beiträge, von der Verpflichtung der Beitragsleistung zum WFF zu befreien. Übt der Antragsteller jedoch eine ärztliche und/oder zahnärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 oder § 23 Z. 1 Zahnärztegesetz aus, bleiben neben dem Beitrag zur Grundrente auch die Beiträge zu allen anderen Leistungen bestehen.

(2) Erbringt ein WFF-Mitglied im Sinne des § 11 Abs. 1 oder Abs. 3 den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss aufgrund der Zugehörigkeit zum Wohlfahrtsfonds einer anderen Ärztekammer des Bundesgebietes oder ein zumindest annähernd gleichwertiger Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss aufgrund der Zugehörigkeit zu einem berufsständischem Versorgungswerk im Gebiet einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, wird er auf Antrag zur Gänze von der Beitragspflicht nach § 109 Abs. 1 Ärztegesetz befreit.

(3) Anträge auf Befreiung gemäß § 19 sind unter Vorlage geeigneter Nachweise einzubringen.“

„§ 21 - Rückerstattung von Beiträgen

(1) Bei Befreiung von der Beitragspflicht und bei Streichung eines WFF-Mitgliedes aus der Ärzteliste oder bzw. und der Zahnärzteliste gebührt diesem der Rückersatz in der Höhe von 100% der für die Alters-, Invaliditäts-, und Hinterbliebenenversorgung entrichteten Wohlfahrtsfondsbeiträge. Zu den Beiträgen zählen auch die von einer anderen Ärztekammer der Ärztekammer für Niederösterreich überwiesenen Beiträge.

(2) Erfolgt die Streichung gemäß § 59 Abs. 1 Z 3 oder Z 6 Ärztegesetz, gebührt dieser Rückersatz nach Ablauf von drei Jahren ab dem Verzicht bzw. der Einstellung der Berufsausübung, sofern nicht zwischenzeitig eine neuerliche Eintragung in die Ärzteliste erfolgt oder ein Anspruch auf Leistung aus dem Wohlfahrtsfonds besteht.

(3) Eine Rückerstattung nach § 21 Abs. 1 entfällt, wenn eine freiwillige Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zum WFF eingegangen wurde.

(4) Mit der Rückerstattung erlöschen sämtliche Ansprüche aus dem WFF.“

4.   Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich:

4.1. Zu Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides (weitergehende Befreiung):

Mit Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführerin eine über die gewährte Befreiung von der Beitragspflicht zur Grundrente und zur Zusatzleistung hinausgehende Befreiung im Zeitraum von 1. Juni 1993 bis 30. Juni 2006 nicht gewährt.

Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Spruchpunkt unter Verweis auf ihre Revisionsausführungen zur Zl. ***. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem zwischenzeitig zu dieser Zahl ergangenen Erkenntnis Folgendes ausgesprochen (VwGH 14.12.2015, ***):

„Die Revisionswerberin vertritt in der Revision die Ansicht, die Beitragsleistung sei als Einheit anzusehen, sodass es nicht gesetzmäßig sei, die Befreiung nur für einzelne Teile der Beitragsleistung auszusprechen. Mit diesem Vorbringen ist die Revisionswerberin (deren Befreiungsgrund nach dem Vorerkenntnis in einer unkündbaren unselbständigen Beschäftigung liegt; für eine freiberufliche Tätigkeit gemäß § 45 Abs. 2 ÄrzteG 1998 gibt es keine Anhaltspunkte) auf § 19 Abs. 1 erster Satz der Satzung (bzw. auf § 112 Abs. 1 zweiter Satz ÄrzteG 1998) zu verweisen, wonach auch im Falle der Befreiung von der Beitragspflicht die Beiträge für die Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung sowie die sonstigen Unterstützungsleistungen zu leisten sind.“

Es ist demnach – zumal auch der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde-behandlung mit Beschluss vom 21. Februar 2014 zur Zl. *** abgelehnt hat – nicht rechtswidrig, wenn eine Befreiung nur hinsichtlich der Beiträge zur Grundrente und zur Zusatzleistung (Versorgungsleistungen) erfolgt.

Die Abweisung des Antrages auf eine weitergehendere Befreiung ist somit nicht zu beanstanden.

Der Vollständigkeit halber ist zudem noch darauf hinzuweisen, dass § 21 Satzung WFF NÖ die Rückerstattung von Beiträgen, nicht aber die Befreiung regelt, und dass die Rückerstattung denkmöglich nur im Rahmen der Beitragsbefreiung erfolgen kann (sofern nicht eine Streichung erfolgt).

4.2. Zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides (Zinsen ab 1. Juli 2006):

Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Auszahlung von Zinsen für die Beitragsrefundierung ab 1. Juli 2006 abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Spruchpunkt insofern als damit über den Zeitraum ab 14. Februar 2007 abgesprochen wurde.

Dazu ist Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 21 Abs. 1 Satzung WFF NÖ gebührt bei der Befreiung von der Beitragspflicht und bei der Streichung eines Wohlfahrtsfonds-Mitglied der Rückersatz in der Höhe von 100% der für die Alters-, Invaliditäts-, und Hinterbliebenenversorgung entrichteten Wohlfahrtsfondsbeiträge, wobei zu den Beiträgen auch die von einer anderen Ärztekammer der Ärztekammer für Niederösterreich überwiesenen Beiträge zählen.

 

Eine Verzinsung des Rückersatzes ist nicht normiert (weder in § 21 Abs. 1 Satzung WFF NÖ noch in § 115 ÄrzteG 1998). Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Normgeber einen derartigen Anspruch einräumen wollte bzw. liegen keine Anhaltpunkte für das Vorliegen einer Regelungslücke vor. Gegenteiliges wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht vorgebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bei Vorliegen abschließender Regelungen wiederholt einen Zinsanspruch verneint (vgl. etwa VwGH 22.10.1991, 89/08/0324; VwSlg. 17.784 A/2009). Ebenso auch der Verfassungsgerichtshof (vgl. etwa VfGH 10.4.2001, A3/01). Es ist auch nicht zu erkennen, dass in der bisherigen höchstgerichtlichen Judikatur zur Berechnung von rückzuerstattenden Wohlfahrtsfondsbeiträge ein Zinsanspruch anerkannt wurde (vgl. etwa VwGH 7.10.1997, 97/11/0152; VfSlg. 15.542/1999).

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Auslegungsergebnis sind aus Anlass des vorliegenden Falles beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nicht entstanden. Diesbezüglich ist einerseits darauf zu verweisen, dass die Möglichkeit einer freiwilligen Verpflichtung zur Beitragsleistung unter Entfall der Rückerstattung besteht (§ 21 Abs. 3 Satzung WFF NÖ) und dass auch schon die Befreiung von der Beitragspflicht in die Disposition der Wohlfahrtsfondsmitglieder gestellt ist (vgl. etwa VwGH 21.3.2006, 2002/11/0156). Zum anderen ist auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach für den Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes keine Veranlassung zur Erlassung einer Regelung besteht, nach der die an den kammereigenen Versorgungsfonds (rechtmäßig) geleisteten Beiträge im Falle der Beendigung der Zugehörigkeit zu diesem Fonds rückzuerstatten wären (vgl. etwa VfSlg. 12.431/1990).

Zum Beschwerdevorbringen, wonach sich die Verpflichtung zur Verzinsung aus dem allgemeinen Schadenersatzrecht ergebe, ist festzuhalten, dass damit kein öffentlich-rechtlicher Anspruch angesprochen wird (vgl. etwa VwGH 22.10.1991, 89/08/0324; 15.10.2009, 2008/09/0362; 17.12.2014, Ra 2014/03/0048).

Die unter Spruchpunkt 1. erfolgte Abweisung des Antrages auf Auszahlung von Zinsen ist somit nicht zu beanstanden.

4.3. Zu Spruchpunkt 4. des angefochtenen Bescheides (Zinsen für 1. Juni 1993 bis 30. Juni 2006):

Mit Spruchpunkt 4. des angefochtenen Bescheides wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Auszahlung von Zinsen für die Beitragsrefundierung im Zeitraum von 1. Juni 1993 bis 30. Juni 2006 abgewiesen.

Vor dem Hintergrund der zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides getätigten hg. Ausführungen ist auch Spruchpunkt 4. des Bescheides nicht zu beanstanden. Zudem ist festzuhalten, dass sich die Beschwerde zwar gegen diesen Spruchpunkt richtet, inhaltlich aber nur einen Zinszuspruch ab 14. Februar 2007 begehrt.4.4. Zum Antrag auf Ersatz der Verfahrenskosten:

Der in der Beschwerde enthaltene Antrag auf Ersatz der Verfahrenskosten ist mangels Rechtsgrundlage – gemäß § 74 Abs. 1 AVG hat grundsätzlich jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten und es enthält das ÄrzteG 1998 bzw. die Satzung WFF NÖ keine davon abweichende Regelung – zurückzuweisen (s. etwa VfSlg. 15.723/2000; VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0048; vgl. auch etwa Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, K 2 zu § 35 VwGVG).

4.5. Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt bzw. hat die durch eine Rechtsanwältin vertretene Beschwerdeführerin ausdrücklich auf eine Verhandlung verzichtet (vgl. etwa VwSlg. 19.038 A/2015). Davon abgesehen ist auch – zumal der maßgebliche Sachverhalt nicht strittig ist und den Verfahrensparteien ausreichend Möglichkeit zur Erstattung von Vorbringen zur Verfügung stand – nicht davon auszugehen, dass eine mündliche Erörterung fallbezogen eine weitere Klärung der Rechtssache erwarten ließe und es stehen einem Entfall der Verhandlung auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen (vgl. auch etwa EGMR 18.7.2013, Fall Schädler-Eberle, Appl. 56.422/09).

4.6. Zum Revisionsausspruch:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich geht von der Zulässigkeit der ordentlichen Revision hinsichtlich der Beschwerdeabweisung zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides aus, da – soweit ersichtlich – noch keine ausdrückliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage vorliegt, ob bei nach § 21 Abs. 1 Satzung WFF NÖ zu refundierenden Beiträgen ein zusätzlicher Anspruch auf Auszahlung von Zinsen besteht. Ungeachtet der unter Punkt 4.2. getätigten hg. Ausführungen erscheint die Rechtslage auch nicht derart eindeutig, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung von vorneherein ausscheiden würde (vgl. zur dann gegebenen Unzulässigkeit der Revision etwa VwGH 18.1.2018, Ro 2016/16/0008).

Im Übrigen – d.h. hinsichtlich der Beschwerdeabweisung zu den Spruchpunkten 3. und 4. des angefochtenen Bescheides sowie zur Zurückweisung des Antrages auf Ersatz der Verfahrenskosten – sind Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich folgen der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur.

Schlagworte

Freie Berufe; Ärzte; Wohlfahrtsfondsbeiträge; Zinsen;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.105.001.2015

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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