TE Bvwg Beschluss 2017/9/7 I401 2169748-1

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Veröffentlicht am 07.09.2017
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Entscheidungsdatum

07.09.2017

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §18
AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I401 2169748-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, alias XXXX,

Staatsangehörigkeit: Algerien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48, 3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl,

Außenstelle Wien, vom 17.08.2017, Zl. IFA: 1074432008 - 170633060, beschlossen:

A)

Die Beschwerde gegen die Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle Wien, vom 17.08.2017 wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 29.05.2017 den (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit "Bescheid" vom 17.08.2017 wies die belangte Behörde diesen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt V.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.). Außerdem wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 15.09.2015 verloren hat (Spruchpunkt VII.).

3. Gegen diese Erledigung richtet sich die fristgerecht per E-Mail erhobene Beschwerde vom 28.08.2017.

Einleitend führte der Beschwerdeführer aus, dass zu den formalen Mindesterfordernissen einer schriftlichen Ausfertigung eines Bescheides unter anderen die Erkennbarkeit des Namens des Genehmigenden sowie die ordnungsgemäße Fertigung, also entweder die Unterschrift des Genehmigenden oder die Beglaubigung durch die Kanzlei, erfordere. Das Fehlen eines der wesentlichen Bescheidmerkmale führe zur absoluten Nichtigkeit des Bescheides. Das dem Beschwerdeführer ausgehändigte, als "Bescheid" bezeichnete Schriftstück enthalte keine ordnungsgemäße Fertigung. Am Ende des Bescheides, auf Seite 60, finde sich zwar die Fertigung "Für den Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl: (mit dem angeführten Namen)", jedoch sei eine handschriftliche Unterschrift oder eine Amtssignatur auf dieser letzten Seite nicht ersichtlich.

4. In der (am 06.09.2017 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts eingelangten) Beschwerdevorlage nahm die belangte Behörde zur Frage, dass die dem Beschwerdeführer ausgehändigte Ausfertigung weder eine Unterschrift des Genehmigenden noch eine Amtssignatur oder eine Beglaubigung durch die Kanzlei aufweise, nicht Bezug.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die dem Beschwerdeführer ausgehändigte Erledigung vom 17.08.2017 enthielt weder die Unterschrift des Genehmigenden oder eine Beglaubigung durch die Kanzlei noch eine Amtssignatur.

Im Gegensatz dazu wurde die sich im erstinstanzlichen Akt befindende, "Für den Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl" unterfertigte ("Original-") Erledigung (auf der Seite 60) vom Genehmigenden (unter Beifügung dessen Namens) - unleserlich - unterschrieben. Zudem findet sich auf dem oberen Rand des - nicht mit der fortlaufenden Seitenzahl 61 - nummerierten (ansonsten leeren) Blattes eine Amtssignatur.

2. Beweiswürdigung:

Dieser festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akt der belangten Behörde, der mit der Beschwerde übermittelten (letzten) Seite 60/60 der Erledigung und einem mit dem Polizeianhaltezentrum Wien, Harnalser Gürtel, am 06.09.2017, dem der "Bescheid" zur Übergabe an den Beschwerdeführer per E-Mail zugesandt wurde, geführten Telefonat. Dabei wurde erklärt, dass die "Seite 61" des übermittelten "Bescheides" eine Amtssignatur aufweise und davon auszugehen sei, dass das vollständige Dokument samt ausgedruckter Amtssignatur an den Beschwerdeführer ausgefolgt worden sei, jedoch eine Bestätigung mit dessen Unterschrift darüber, wie viele Seiten er erhalten habe, nicht existiere. Da sich nicht mehr zweifelsfrei feststellen lässt, ob dem Beschwerdeführer tatsächlich eine mit einer Amtssignatur versehene Ausfertigung ausgehändigt wurde, ist im Zweifel davon auszugehen, dass er die Erledigung vom 17.08.2017 ohne eine solche erhielt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

3.1. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Im Asylgesetz 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016) ist eine Entscheidung durch Senate nicht vorgesehen. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BAO BGBl 1961/194, des Agrarverfahrensgesetzes AgrVG BGBl 1950/173 und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 DVG BGBl 1984/29, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

3.2.1. § 18 Abs. 3 und Abs. 4 AVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008) lauten:

"(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt."

3.2.2. Gemäß diesen Bestimmungen muss eine Ausfertigung entweder eine eigenhändige Unterschrift (und den Namen) des Genehmigenden, eine Beglaubigung der Kanzlei oder bei elektronischen Dokumenten eine Amtssignatur aufweisen.

Im gegenständlichen Fall fehlen auf der dem Beschwerdeführer ausgehändigten Erledigung vom 17.08.2017 die Unterschrift des Genehmigenden und die Beglaubigung durch die Kanzlei. Es findet sich zwar auf der sich im erstinstanzlichen Akt befindenden "Bescheid" neben der Unterschrift und dem Namen des Genehmigenden auch eine Amtssignatur auf einer nicht nummerierten leeren Seite, jedoch nicht auf der Ausfertigung, welche dem Beschwerdeführer ausgehändigt wurde. Dass er tatsächlich eine Erledigung mit der Amtssignatur in Empfang nahm, lässt sich - wie bereits ausgeführt - nicht mehr feststellen. Damit liegt ein "Nichtbescheid" vor. Die Aushändigung der mangelhaften Erledigung an den Beschwerdeführer bewirkte keine Erlassung bzw. Zustellung des "Bescheides".

Da ein "Bescheid" nicht rechtswirksam erlassen wurde, war die gegen einen "Nichtbescheid" gerichtete Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

3.2. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Verfassungsgerichtshof hat (in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013) unter Berücksichtigung des Art. 47 in Verbindung mit Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (vgl. die Erk. des VfGH vom 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Da im gegenständlichen Fall der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Amtssignatur, Asylverfahren, Genehmigung, Nichtbescheid,
Unterfertigung, Unterschrift, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:I401.2169748.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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