TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/23 I403 2167796-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.01.2018
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Entscheidungsdatum

23.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2167796-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Rechtsanwalt Edward W. DAIGNEAULT, gegen die Spruchpunkte I. bis IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.07.2017, Zl. 830650509/140065566 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkte I., II., III. und IV. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in Spruchpunkt IV. zu lauten hat: "Gemäß § 55 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer), ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte am 19.05.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Für die Prüfung des Antrages wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.06.2013, Zl. 13 06.505, Ungarn für zuständig erklärt; die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.10.2013, Zl. S3 436.170-1/2013/5E abgewiesen und der Beschwerdeführer am 18.06.2014 nach Ungarn überstellt.

Am 13.10.2014 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz im österreichischen Bundesgebiet. Er wurde am 14.10.2014 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und in weiterer Folge am 14.01.2015 wiederum nach Ungarn überstellt.

Am 16.01.2015 reiste der Beschwerdeführer neuerlich nach Österreich ein. Am 31.01.2017 und am 11.07.2017 wurde er durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, Nigeria wegen seiner Homosexualität verlassen zu haben.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), RD Wien, vom 21.07.2017, zugestellt am 27.07.2017, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 13.10.2014 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers wurde als nicht glaubhaft befunden.

Gegen den Bescheid wurde fristgerecht am 10.08.2017 Beschwerde erhoben und auf die Rechtsanwalt Edward W. Daigneault erteilte Vollmacht verwiesen. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde beantragt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.08.2017 wurde der angefochtene Bescheid im Umfang des Spruchpunktes V. ersatzlos behoben.

Am 20.09.2017 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, abgehalten. Der Beschwerdeführer erklärte, seit 2015 mit einem in Wien lebenden nigerianischen Staatsbürger namens XXXX eine Beziehung zu führen. Er wurde aufgefordert, dem Bundesverwaltungsgericht binnen einer Woche eine ladungsfähige Adresse seines Partners anzugeben. Der Beschwerdeführer legte einen Meldezettel für XXXX aus dem Jahr 2016 vor, doch musste aufgrund einer aktuellen Abfrage im Zentralen Melderegister am 14.12.2017 festgestellt werden, dass XXXX im März 2017 abgemeldet wurde und über keine neue Adresse verfügte. Der Beschwerdeführer wurde neuerlich aufgefordert, eine aktuelle Adresse von XXXX vorzulegen. Er kam dieser Aufforderung nach und konnte XXXX für eine Fortsetzung der Verhandlung am 18.01.2018 geladen werden. Im Rahmen der Verhandlung wurden der Beschwerdeführer und XXXX zu ihrer (behaupteten) Beziehung befragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias. Der Beschwerdeführer ist somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG 2005.

Die Identität des Beschwerdeführers steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest. Er ist volljährig, bekennt sich zum christlichen Glauben und gehört der Volksgruppe Ig(b)o an. Der Beschwerdeführer stammt aus Imo State. Feststellungen zu seiner familiären oder sozialen Situation in Nigeria können nicht getroffen werden.

Der Beschwerdeführer verließ Nigeria 2011 oder 2012 und hielt sich zunächst in Griechenland und Ungarn auf, wo er am 08.06.2012 bzw. am 14.05.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte. Am 19.05.2013 brachte er schließlich auch in Österreich einen Antrag ein, wurde aber am 18.06.2014 nach Ungarn rücküberstellt. Der Beschwerdeführer kehrte am 14.10.2015 nach Österreich zurück und stellte einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Nachdem er am 14.01.2015 nach Ungarn überstellt wurde, kehrte er bereits am nächsten Tag wieder nach Österreich zurück.

Es haben sich im Verfahren mangels Glaubwürdigkeit keine Anhaltspunkte in Bezug auf eine homosexuelle Orientierung des Beschwerdeführers ergeben und konnte nicht festgestellt werden, dass er in Nigeria wegen seiner homosexuellen Orientierung verfolgt wird. Sonstige Fluchtgründe wurden nicht vorgebracht. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen bzw. eine solche im Falle der Rückkehr zu befürchten hätte.

Der unbescholtene Beschwerdeführer ist in Österreich nicht nachhaltig integriert; er hat keine nennenswerten sozialen Bindungen, hat keinen Deutschkurs besucht und ist nicht am Arbeitsmarkt integriert.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer an schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, es wurden keine Befunde vorgelegt.

1.2. Zur Situation in Nigeria:

Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria (Stand 02.09.2016) zitiert. Aufgrund des Umstandes, dass es inzwischen eine aktuelle Fassung des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation vom 07.08.2017 gibt, wurde dieses im Vorfeld der mündlichen Verhandlung zum Parteiengehör übermittelt. Den folgenden Feststellungen wurde nicht entgegengetreten:

Politische Lage

Nigeria ist in 36 Bundesstaaten und einen Bundeshauptstadtbezirk sowie 774 Local Government Areas (LGA/Bezirke) untergliedert. Die Bundesstaaten werden von direkt gewählten Gouverneuren regiert (AA 21.11.2016; vgl. AA 4.2017a; vgl. GIZ 7.2017a). Die Bundesstaaten verfügen auch über direkt gewählte Parlamente (AA 4.2017a).

Nigeria verfügt über ein Mehrparteiensystem. Die Verfassung vom 29.5.1999 enthält alle Attribute eines demokratischen Rechtsstaates (inkl. Grundrechtskatalog), und orientiert sich insgesamt am System der USA. Einem starken Präsidenten, der zugleich Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist, und einem Vizepräsidenten stehen ein aus Senat und Repräsentantenhaus bestehendes Parlament und eine unabhängige Justiz gegenüber (AA 21.11.2016; vgl. AA 4.2017a). In der Verfassungswirklichkeit dominiert die Exekutive in Gestalt des direkt gewählten Präsidenten und die direkt gewählten Gouverneure. Der Kampf um politische Ämter wird mit großer Intensität und häufig auch mit undemokratischen, gewaltsamen Mitteln geführt. Polizei und Justiz werden ebenfalls vom Bund kontrolliert (AA 21.11.2016).

Die Parteienzugehörigkeit orientiert sich bei den meisten der ca. 50 kleineren Parteien an Führungspersonen. Loyalitäten gegenüber der eigenen ethnischen Gruppe bzw. gegenüber Personen gehen anderen Loyalitäten vor; entsprechend repräsentiert keine der Parteien eine eindeutige politische Richtung (AA 21.11.2016).

Die Wahlen von Präsident und Nationalversammlung 2015 und die seitdem stattgefundenen Wahlen der Gouverneur- und Landesparlamente in 31 von 36 Bundesstaaten haben die politische Landschaft in Nigeria grundlegend verändert. Die seit 2013 im All Progressives' Congress (APC) vereinigte Opposition gewann neben der Präsidentschaftswahl eine klare Mehrheit in beiden Häusern des Parlaments und regiert nun auch in 23 der 36 Bundesstaaten. Die seit 1999 dominierende People-s Democratic Party (PDP) musste zum ersten Mal in die Opposition und ist durch Streitigkeiten um die Parteiführung stark geschwächt. Lediglich in den südöstlichen Bundesstaaten des ölreichen Niger-Deltas konnte sie sich als Regierungspartei behaupten (AA 21.11.2016).

Bei den Präsidentschaftswahlen am 28.3.2015 besiegte der frühere Militärmachthaber und Kandidat der Opposition, Muhammadu Buhari, den bisherigen Amtsinhaber Goodluck Jonathan mit 54,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Bei diesen Wahlen, die von der internationalen Öffentlichkeit als beispielhaft für die Demokratie Afrikas gelobt wurden, kam es zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit Nigerias zu einem demokratischen Machtwechsel (GIZ 7.2017a). Der APC gewann die Gouverneurswahlen in 20 von 29 Bundesstaaten. Er stellt in den 36 Bundesstaaten derzeit 24 Gouverneure, die PDP 11 und All Progress Grand Alliance (APGA) einen Gouverneur. Unter den 36 Gouverneuren ist weiterhin keine Frau. Die Wahlen vom März/April 2015 wurden sowohl in Nigeria als auch von internationalen Wahlbeobachtern trotz organisatorischer Mängel als im Großen und Ganzen frei und fair bezeichnet. Die Spitzenkandidaten Jonathan und Buhari hatten sich in einer Vereinbarung (Abuja Accord) zur Gewaltlosigkeit verpflichtet. Dies und die Tatsache, dass Präsident Jonathan seine Wahlniederlage sofort anerkannte, dürfte größere gewalttätige Auseinandersetzungen verhindert haben. Die Minister der Regierung Buhari wurden nach einem längeren Sondierungsprozess am 11.11.2015 vereidigt (AA 4.2017a).

Neben der modernen Staatsgewalt haben auch die traditionellen Führer immer noch einen nicht zu unterschätzenden, wenn auch weitgehend informellen Einfluss. Sie gelten als Kommunikationszentrum und moralische Instanz und können wichtige Vermittler in kommunalen und in religiös gefärbten Konflikten sein (AA 4.2017a).

Fast im ganzen Norden Nigerias ist das System der LGA kollabiert. Große Teile kamen unter Kontrolle von Milizen und lokalen "Strongmen", die den politischen und sozio-ökonomischen Raum ausfüllen. Dies führte zur Vertiefung lokaler und regionaler Missstände (BS 2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

Sicherheitslage

Es gibt in Nigeria keine klassischen Bürgerkriegsgebiete und keine Bürgerkriegsparteien (AA 21.11.2016). In drei Gebieten herrschen Unsicherheit und Spannungen: im Nordosten (islamistische Gruppe Boko Haram); im Middle Belt (v.a. im Bundesstaat Plateau); und im Nigerdelta (SBM 17.1.2017). Laut SBM Intel war Boko Haram im Jahr 2016 für 71 Vorfälle mit 1.240 Toten verantwortlich. Den Fulani-Hirten werden für das Jahr 2016 47 Vorfälle mit 1425 Toten zugeschrieben. Viehdiebstahl, welcher für viele Jahre an Bedeutung verloren hat, ist inzwischen für Hirten, die hauptsächlich von Fulani abstammen, ein Grund für Konflikte und Angriffe geworden. Bei zwölf Vorfällen von Viehdiebstahl sind 470 Menschen getötet worden. Die Ölkonflikte, die sich im Jahr 2016 im Nigerdelta zugetragen haben, haben sich auf die ölproduzierenden Bundesstaaten im Südwesten und Südosten verbreitet. Bei 32 Vorfällen wurden 97 Menschen getötet (SBM 17.1.2017).

Es besteht aufgrund wiederholter Angriffe und Sprengstoffanschläge militanter Gruppen (Boko Haram, Ansaru) derzeit ein sehr hohes Anschlagsrisiko insbesondere für Nord- und Nordostnigeria, einschließlich für die Hauptstadt Abuja. In mehreren Städten Nord- und Nordostnigerias finden immer wieder Gefechte zwischen Sicherheitskräften und militanten Gruppen statt. Angehörige der Sicherheitskräfte, Regierungsstellen, christliche Einrichtungen - aber auch Einrichtungen gemäßigter Moslems - sowie Märkte, Wohnviertel und internationale Organisationen sind Anschlagsziele der militanten Gruppen. Drohungen bestehen gegen moslemische Einrichtungen im Süden (BMEIA 24.7.2017).

Das deutsche Auswärtige Amt warnt vor Reisen in die nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Bauchi und Gombe. Darüber hinaus wird auch von nicht notwendigen Reisen in die übrigen Landesteile Nordnigerias abgeraten. Wegen des besonders hohen Entführungsrisikos wird außerdem von Reisen in die Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Imo (insb. Hauptstadt Owerri), Abia, Anambra, Ebonyi, Edo, Enugu, Delta, Kogi, den südlichen Teil von Cross Rivers, Ogun und Akwa Ibom abgeraten (AA 24.7.2017). Auch das österreichische Außenministerium warnt vor Reisen in die Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Plateau sowie den südlichen Landesteil von Bauchi und Kano. Mit Gewaltausbrüchen in allen zwölf nördlichen Bundestaaten ist jederzeit zu rechnen (BMEIA 24.7.2017). Das britische Außenministerium warnt zusätzlich noch vor Reisen in die Flussgegenden der Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Akwa Ibom und Cross River States sowie an die Grenze zu Niger im Bundesstaat Zamfara (UKFCO 24.7.2017).

Das österreichische Außenministerium hat für folgende Bundesstaaten eine partielle Reisewarnung ausgesprochen: Abia, Akwa Ibom, Anambra, Bayelsa, Delta, Ebonyi, Edo, Ekiti, Enugu, Imo, Kaduna, Kano, Oyo, Ondo, Rivers, einschließlich Port Harcourt und die vorgelagerten Küstengewässer (BMEIA 24.7.2017). Das britische Außenministerium warnt vor unnötigen Reisen nach: Bauchi, Zamfara, Kano, Kaduna, Jigawa, Katsina, Kogi, Abia sowie an die Grenze zu Niger in Sokoto und Kebbi und die Trockengebiete von Delta, Bayelesa und Rivers (UKFCO 24.7.2017). In Nigeria können in allen Regionen meist kaum vorhersehbar lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe dafür sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Meist sind diese Auseinandersetzungen von kurzer Dauer (wenige Tage) und örtlich begrenzt (meist nur einzelne Orte, in größeren Städten nur einzelne Stadtteile) (AA 24.7.2017).

In Lagos kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen verschiedenen Ethnien, politischen Gruppierungen aber auch zwischen Militär und Polizeikräften (BMEIA 24.7.2017) bzw. zu Problemen (u.a. Mobs, Plünderungen) durch die sogenannten "Area Boys". Der Einsatz von Schlägertruppen und privaten Milizen zur Erreichung politischer oder wirtschaftlicher Ziele ist weit verbreitet (AA 21.11.2016).

Gemäß den Zahlen des Council on Foreign Relations für die Zeitspanne Jänner 2016 bis Juni 2017 stechen folgende nigerianische Bundesstaaten mit einer hohen Anzahl an Toten durch Gewaltakte besonders hervor: Borno (3.097), Benue (754), Rivers (360), Zamfara (308) und Adamawa (201). Folgende Bundesstaaten stechen mit einer relativ niedrigen Zahl hervor: Jigawa (2), Gombe (3), Kebbi (7) und Sokoto (8) (CFR 2017). Laut OSAC besteht eine erhebliche terroristische Bedrohung vor allem in Nordnigeria. Boko Haram hat für die meisten terroristischen Aktivitäten die Verantwortung übernommen. In der gesamten Nigerdelta-Region greifen mehrere aufständische Gruppen gezielt die Infrastruktur und Mitarbeiter von internationalen Ölgesellschaften an. Viele Gebiete im südlichen Nigeria erleben aufgrund großer Armut, mangelnder Bildung, Jugendarbeitslosigkeit und bedeutender Inflation Unruhen verursacht durch Zivilisten (OSAC 4.7.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-

BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

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CFR - Council on Foreign Relations (2017): Nigeria Security Tracker, http://www.cfr.org/nigeria/nigeria-security-tracker/p29483, Zugriff 25.7.2017

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OSAC - Overseas Security Advisory Council (4.7.2017): Nigeria 2017 Crime and Safety Report - Abuja, https://www.osac.gov/pages/ContentReportDetails.aspx?cid=21604, Zugriff 25.7.2017

-

SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

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UKFCO - United Kingdom Foreign and Commonwealth Office (24.7.2017): Foreign Travel Advice - Nigeria, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/nigeria, Zugriff 24.7.2017

Nigerdelta

Das Nigerdelta, welches die Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River umfasst, sorgt mit seinen Öl- und Gasreserven für 95 Prozent der Exporterlöse Nigerias (DACH 2.2013; vgl. OP 22.6.2017).

Die Lage im Nigerdelta hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, ist aber noch nicht vollständig stabil und bleibt volatil; die Bedrohung der dort angesiedelten Öl- und Gasförderung durch militante Gruppen und Piraten bleibt ein Risiko, ebenso wie die Verschlechterung der ökologischen Grundlagen der Region (AA 4.2017c). Es gab eine Reihe von Angriffen auf die Ölinfrastrukturen, so zum Beispiel übernahm im Mai 2016 die aufständische Gruppe Niger Delta Avengers die Verantwortung für mehrere Angriffe auf die Ölgiganten Chevron, Shell und Nigerian National Petroleum Company (N24 29.5.2016). Ende August 2016 gaben die Niger Delta Avengers bekannt, dass die Gruppe die Feindseligkeiten einstellt und zum Dialog mit der Regierung bereit sei (NW 30.8.2016). Die Delta Avengers haben mit ihren Angriffen aufgehört, um den Friedensgesprächen eine Chance zu geben. Allerdings hat sich eine neue Gruppe, die sich die "New Delta Avengers" nennen, gebildet (Reuters 14.6.2017; vgl. NW 29.6.2017). Der Vizepräsident, Yemi Osinbajo, hat dem Nigerdelta bereits mehrere Besuche abgestattet und sich dabei mit traditionellen Führern und lokalen Politikern getroffen, um die Lage zu besprechen (FT 9.4.2017).

Entführungen sind besonders häufig im Nigerdelta und in den südöstlichen Bundesstaaten Abia, Imo und Anambra. Politiker, Reiche und Ausländer waren die häufigsten Opfer (FH 1.2017).

Von 2000 bis 2010 agierten im Nigerdelta militante Gruppen, die den Anspruch erhoben, die Rechte der Deltabewohner zu verteidigen und die Forderungen auf Teilhabe an den Öleinnahmen auch mittels Gewalt gegenüber der Regierung durchzusetzen (AA 21.11.2016).

2009 gelang dem damaligen Präsidenten Yar'Adua mit dem Amnestieangebot für die Militanten im Niger-Delta eine Beruhigung des Konflikts. Unter Buhari lief das Programm am 15.12.2015 aus. Damit begannen wieder die Angriffe auf die Ölinfrastruktur und die Produktion brach ein. Die Regierung scheint vornehmlich auf eine militärische Lösung zu setzen (AA 21.11.2016). Mit dem Amnestieprogramm gingen Kriminalität und Gewalt im Süden zunächst merklich zurück. Allerdings steigen Kriminalität und Gewalt in letzter Zeit wieder an. Deshalb hat die Regierung Buhari im Februar 2016 beschlossen, das Ende 2015 ausgelaufene Amnestieprogramm um weitere zwei Jahre bis 2017 zu verlängern (AA 4.2017a).

Bei den bewaffneten Auseinandersetzungen im Nigerdelta handelt es sich sowohl um einen Konflikt zwischen regionalen militanten Gruppen und der Staatsgewalt, als auch um Rivalitäten zwischen den unterschiedlichen lokalen Gemeinschaften. Im ersten Fall stehen in der Regel finanzielle Interessen der bewaffneten Gruppen im Vordergrund, im zweiten Fall geht es um einen Verteilungskampf rivalisierender Gruppen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind bis heute teils unter Kontrolle von separatistischen und kriminellen Gruppen. Teile des unzugänglichen Gebiets stellen weiterhin einen weitgehend rechtsfreien Raum dar, in dem die Einflussmöglichkeiten staatlicher Ordnungskräfte begrenzt sind (AA 21.11.2016). Das UK Home Office berichtet, dass laut DefenceWeb eine Joint Task Force (JTF) 2013 eingerichtet wurde, um den Terrorismus und andere Bedrohungen im Nigerdelta zu bekämpfen (UKHO 8.2016a). Die JTF, auch Operation Pulo Shield genannt, wurde im Juni 2016 umstrukturiert und mit der neuen Operation Delta Safe ersetzt, damit die derzeitigen Sicherheitsprobleme im Nigerdelta angegangen werden können (PT 22.6.2016; vgl. auch NT 9.7.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 24.8.2016

-

DACH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (27.2.2013):

D-A-CH Fact-sheet zu Nigeria,

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1361973048_dach-nigeria-factsheet-gr-2013-02.doc, Zugriff 27.7.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

-

FT - Financial Times (9.4.2017): Talks help crude and peace flow in the Niger Delta,

https://www.ft.com/content/8fc6b24c-152a-11e7-80f4-13e067d5072c, Zugriff 26.7.2017

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N24 - News 24 (29.5.2016): Buhari to keep Delta amnesty programme, http://www.news24.com/Africa/News/buhari-to-keep-delta-amnesty-programme-20160529-2, Zugriff 26.7.2017

-

NT - Nigerian Tribune (9.7.2016): Operation Delta Safe gets new Coordinator,

http://tribuneonlineng.com/operation-delta-safe-gets-new-coordinator/, Zugriff 26.7.2017

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NW - Newsweek (29.6.2017): Nigeria Oil: Militants Will 'Give Peace a Chance' and Stop Attacks in Niger Delta, http://www.newsweek.com/nigeria-oil-yemi-osinbajo-niger-delta-629964, Zugriff 26.7.2017

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NW - Newsweek (30.8.2016): Niger Delta Avengers say 'Hostilities ceased' against Nigerian Government, http://europe.newsweek.com/niger-delta-avengers-say-hostilities-ceased-against-nigerian-government-494387?rm=eu, Zugriff 2.8.2017

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OP - Oilprice.com (22.6.2017): Once Again, Tensions Are Rising In Nigeria's Oil Sector,

http://oilprice.com/Energy/Crude-Oil/Once-Again-Tensions-Are-Rising-In-Nigerias-Oil-Sector.html, Zugriff 25.7.2017

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PT - Premium Times (22.6.2016): Nigerian military scraps Niger Delta 'Operation Pulo Shield',

http://www.premiumtimesng.com/news/top-news/205761-nigerian-military-scraps-niger-delta-operation-pulo-shield.html, Zugriff 26.7.2017

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Reuters (14.6.2017): Nigeria Oil: Militants Will 'Give Peace a Chance' and Stop Attacks in Niger Delta, http://www.reuters.com/article/nigeria-security-avengers-idUSL8N1J94QB, Zugriff 26.7.2017

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UKHO - UK Home Office (8.2016a): Country Information and Guidance Nigeria: Background information, including actors of protection, and internal relocation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1471849541_cig-nigeria-background-v2-0-august-2016.pdf, Zugriff 26.7.2017

Middle Belt inkl. Jos/Plateau

Die ethnischen Gegensätze in Nigeria werden durch religiös-konfessionelle Trennlinien verstärkt, die aufgrund historischer Entwicklungen und moderner Binnenmigration viel komplizierter verlaufen, als es das vereinfachte Bild einer Nord-Süd-Teilung Nigerias in einen überwiegend muslimischen Norden und einen stärker christlich geprägten Süden nahelegt. Immer wieder kommt es zu lokalen Konflikten zwischen einzelnen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen, wie insbesondere zwischen Hirten und Bauern in Zentralnigeria (AA 4.2017a). Während diese Gewalt gewöhnlich nicht als religiöser Konflikt beginnt, nimmt es häufig religiöse Untertöne an und wird so von vielen Beteiligten als religiöser Konflikt wahrgenommen (USCIRF 26.4.2017). Bei derartiger Gewalt liegt der Ursprung gewöhnlich jedoch darin, dass in einem sehr heterogenen und ethnisch vielfältigen Teil Nigerias eine Gruppe die Kontrolle des Staatsapparates gegenüber einer anderen Gruppe beansprucht (KAS 12.7.2013; vgl. WWR 20.3.2015, IRIN 13.6.2017). Die Gründe, die für die Gewalt genannt werden, sind unter anderem Landstreitigkeiten, da Hirten Weideland für ihre Rinder suchen; bewaffnete Hirten, die sich vor Viehdiebstahl schützen wollen; und Fulani, die im Süden von Kaduna Rache für 500 Muslime, die bei Gewalt nach den Wahlen getötet wurden, ausüben (USCIRF 26.4.2017).

Obwohl kommunale Auseinandersetzungen in nahezu allen Regionen des Landes vorkommen, sind Intensität und Opfer in der Region des "Middle Belt? gravierender. Dies gilt v.a. für die Bundesstaaten Kaduna und Plateau, wo zahllose Menschen, vornehmlich Frauen und Kinder, auf brutalste Weise ermordet werden (KAS 12.7.2013; vgl. WWR 20.3.2015). Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Die Region wird von kleinen christlichen Ethnien dominiert, die eine lange Tradition des Widerstandes gegen die muslimischen Ethnien aus dem Norden haben. Die Spannungen im Middle Belt sind mit dem Problem der "Indigenität" verbunden: Jeder Bundesstaat und jede LGA in Nigeria unterteilt seine Bevölkerung in "indigene" und "nicht-indigene" Bürger, oder "Einheimische" und "Siedler". Im Middle Belt genießen vorwiegend die o.g. kleinen christlichen Ethnien den Status der Indigenen, während die muslimischen Hausa und Fulani als Siedler eingestuft werden (DACH 2.2013; vgl. WWR 20.3.2015; IRIN 13.6.2017).

In Nigeria leben 18 Millionen Fulani, die auch Fulbe oder Peul genannt werden. 98 Prozent der Fulani sind muslimisch (CWI 6.2016). Die Fulani haben seit Jahrhunderten in einem großen Bereich Westafrikas ihre Rinderherden weiden lassen, doch sind sie dem wachsenden Druck ausgesetzt sich niederzulassen. Viele von ihnen haben es auch bereits getan. Da die Umweltbedingungen sich in der Sahelzone verschlechtern, sind die Fulani-Hirten gezwungen, auf der Suche nach neuen Weidegebieten langsam Richtung Süden und Westen zu wandern. Dies führt zu Konkurrenz und somit auch zu Kämpfen zwischen den Hirten und den Bauern um die natürlichen Ressourcen (CWI 6.2016; vgl. IRIN 27.7.2017).

Die wiederkehrende Gewalt zwischen den überwiegend christlichen Bauern und überwiegend muslimischen nomadischen Hirten ist im Jahr 2016 und Anfang 2017 angestiegen und hat zu hunderten von Toten und Zerstörungen von Kirchen geführt. Solche Angriffe wurden für Kaduna, Plateau, Bauchi, Taraba und Benue vermeldet. So wurden im März 2016 in Agatu Local Government Area, Benue zwischen 100-300 Menschen getötet und laut Berichten zufolge mindestens sechs Dörfer zerstört (USCIRF 26.4.2017). Eine andere Quelle spricht von über 500 Toten. Insgesamt sind im Jahr 2016 bei 59 Vorfällen 1.895 Menschen getötet worden (SBM 7.1.2017).

Die Regierung hat es lange nicht geschafft auf diese Gewalt adäquat zu reagieren. Die Bundespolizei wird selten eingesetzt, geschweige denn rechtzeitig. Die Regierung hat Polizei und Militär ins südliche Kaduna entsandt, um die Gewalt dort in den Griff zu bekommen. Jedoch gibt es Berichte, dass die Truppen sich nur bei den Hauptstraßen aufhielten und nicht weiter in die ländlichen Gebiete, wo es auch zu Gewalt kommt, vorgedrungen sind (USCIRF 26.4.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 26.7.2017

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CWI - 21st Century Wilberforce Initiative (6.2016): Nigeria, Fractured and Forgotten, Discrimination And Violence Along Religious Fault Lines,

http://www.standwithnigeria.org/wp-content/uploads/2016/06/NIgeria-Fractured-and-Forgotten.pdf, Zugriff 27.7.2017

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DACH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (27.2.2013):

D-A-CH Factsheet zu Nigeria,

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1361973048_dach-nigeria-factsheet-gr-2013-02.doc, Zugriff 27.7.2017

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IRIN - IRIN News (13.7.2017): The deadly conflict tearing Nigeria apart (and it's not Boko Haram), https://www.irinnews.org/analysis/2017/06/13/deadly-conflict-tearing-nigeria-apart-and-it%E2%80%99s-not-boko-haram, Zugriff 27.7.2017

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KAS - Konrad Adenauer Stiftung (12.7.2013): Unsicherheit in Nigeria,

http://www.kas.de/wf/doc/kas_34967-544-1-30.pdf?130716165200, Zugriff 27.7.2017

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SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

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USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria,

https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017

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WWR - World Watch Research (30.3.2015): Migration and Violent Conflict in Divided Societies, Non-Boko Haram violence against Christians in the Middle Belt region of Nigeria, https://www.worldwatchmonitor.org/wp-content/uploads/2015/07/Migration-and-Violent-Conflict-in-Divided-Societies-March-2015-1.pdf, Zugriff 27.7.2017

Nordnigeria - Boko Haram

In den ersten eineinhalb Jahren Amtszeit hat es Buhari geschafft, die Bedrohung durch Boko Haram (Jama'atu Ahlis Sunna Lidda'awati wal-Jihad (USDOS 2.6.2016) weitgehend einzudämmen (AA 4.2017a). Boko Haram ist seit Mitte 2010 für zahlreiche schwere Anschläge mit tausenden von Todesopfern verantwortlich. Seitdem fielen diesem Konflikt unterschiedlichen unabhängigen Schätzungen zufolge zwischen 20.000 und 30.000 Menschenleben zum Opfer (AA 4.2017a).

Im Nordosten und Zentrum Nigerias hatte sich die Sicherheitslage insgesamt verbessert. Die nigerianischen Streitkräfte konnten den Großteil der von Boko Haram eingenommenen Territorien wieder zurückerobern, allerdings gelingt es ihnen kaum, diese Gebiete zu sichern (AA 21.11.2016; vgl. USDOS 19.7.2017). In den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es weiterhin zu tödlichen Anschlägen der Islamisten; nur die Distriktzentren gelten als sicher (AA 21.11.2016).

Die von Boko Haram betroffenen Staaten haben sich im Februar 2015 auf die Aufstellung einer 8.700 Mann starken Multinational Joint Task Force (MNJTF) zur gemeinsamen Bekämpfung von Boko Haram verständigt (AA 4.2017a). Bei der im April gestarteten Offensive des Militärs im Sambisa Forest, dem wichtigsten Rückzugsraum Boko Harams, konnten bis Anfang Mai ca. 700 von Boko Haram entführte Frauen und Kinder befreit werden (AA 21.11.2016). Bis Oktober 2015 konnte Boko Haram aus allen von ihr kontrollierten Städten und aus fast allen Landkreisen im Nordosten Nigerias vertrieben werden, ohne das es den nigerianischen Sicherheitsbehörden bisher gelungen ist, diese Gebiete dann auch abzusichern und vor weiteren Angriffen der Islamisten zu schützen. Mit Selbstmordanschlägen in den Städten und Angriffen auf einzelne Orte vor allen in ländlichen Regionen, bleiben die Islamisten weiterhin aktiv (AA 4.2017). In den Bundesstaaten Adamawa und Borno gab es die meisten Anschläge (USDOS 19.6.2017). Boko Haram übte weiterhin Morde, Bombenanschläge, Selbstmordanschläge und Angriffe auf zivile und militärische Ziele aus (USDOS 19.7.2017). Beim verheerendsten Angriff der Boko Haram seit Monaten sind in Nigeria mindestens 50 Menschen ums Leben gekommen, als ein Konvoi mit Mitarbeitern des staatlichen Ölkonzerns NNPC am 25.7.2017 im Nordosten des Landes in einen Hinterhalt geriet. Auch Soldaten und Mitarbeiter der Universität Maiduguri waren unter den Opfern. Der Konvoi wurde nahe Magumeri im Bundesstaat Borno angegriffen (DS 28.7.2017).

Frauen und Kinder gerieten in den vergangenen zwei Jahren zunehmend auch ins Visier von Boko Haram, die sie nach ihrer Entführung zur Konversion zum Islam und zur Heirat mit Kämpfern zwangen, als Arbeitssklaven missbrauchten oder verkauften (AA 21.11.2016). Viele von den Frauen werden sexuell versklavt oder zu Kämpferinnen ausgebildet (AI 14.4.2015; vgl. USDOS 3.3.2017) und als Selbstmordattentäterinnen eingesetzt (AI 24.2.2016). Außerdem setzt Boko Haram Kindersoldaten ein (USDOS 3.3.2017). Nach langen Verhandlungen mit der nigerianischen Regierung hat die Extremistengruppe Boko Haram 82 weitere der über 200 Mädchen freigelassen - im Austausch für einige von den Behörden festgehaltene Boko-Haram-Verdächtige (DS 6.5.2017; vgl. FAZ 6.5.2017). Die 82 freigelassenen Mädchen gehören zu den rund 270 meist christlichen Schülerinnen, die im April 2014 in der Stadt Chibok im Nordosten Nigerias in der Nacht entführt worden waren (DW 6.5.2017).

Boko Haram möchte eine Version vom Islam durchsetzen, die es für Muslimen "haram" macht oder ihnen verbietet an irgendeiner politischen oder sozialen Tätigkeit teilzunehmen, die mit dem Westen assoziiert wird. Dazu gehört das Wählen, das Tragen von Hemden und Hosen oder säkulare Bildung. Boko Haram betrachtet den nigerianischen Staat als von Ungläubigen betrieben, ungeachtet dessen, ob der Präsident muslimisch ist oder nicht (BBC 24.11.2016). Grob datiert werden kann die Entstehung der Gruppe auf das Jahr 2002. Sie hat sich in Maiduguri im Norden Nigerias formiert. Ihr Vorgehen war zunächst friedlich. Experten sehen die anfängliche Attraktivität von Boko Haram vor allem in den politischen und sozialen Verhältnissen im Norden Nigerias begründet: Die Gesellschaft ist ethnisch und religiös zersplittert, Armut und Arbeitslosigkeit sind höher als in anderen Landesteilen. Der Staat kommt seinen Aufgaben nur bedingt nach, die Lokalregierungen sind oft korrupt. Etwa ab 2009 radikalisierte sich die Gruppe und bekämpft seither aktiv den nigerianischen Staat. Seit 2011 kommt es beinahe im Wochenrhythmus zu Überfällen auf Kirchen, Polizeistationen, Schulen, Universitäten und andere Einrichtungen des Staates. Markenzeichen von Boko Haram sind sogenannte Drive-by-Shootings, gezielte Tötungen vom Motorrad aus, die sogar zu einem Motorrad-Verbot in Maiduguri führten. Aufgrund des anhaltenden Terrors rief der ehemalige nigerianische Präsident Goodluck Jonathan im Mai 2013 in den drei nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa den Notstand aus. Der Konflikt weitete sich inzwischen auf die Nachbarländer Kamerun, Tschad und Niger aus. Seit November 2013 wird Boko Haram von den USA als Terrororganisation eingestuft. Die finanziellen Mittel Boko Harams stammen einerseits von Überfällen, bei denen in den vergangenen Jahren mutmaßlich Millionen von Dollar erbeutet wurden. Die Organisation wird aber auch von anderen Terrororganisationen wie Al-Kaida und ihrem nordafrikanischen Ableger Al-Kaida im islamischen Maghreb (Aqmi), der somalischen al-Schabab oder dem Islamischen Staat unterstützt. Der Chef von Boko Haram war von 2010 bis 2016 Abubakar Shekau. Wie viel Kontrolle Shekau über die diversen Gruppierungen von Boko Haram hatte, ist fraglich. Im August 2016 meldete das IS-Magazin Al-Naba, dass Shekau als Chef von Boko Haram entmachtet wurde. Als Nachfolger nannte das Magazin den bisherigen Sprecher der Organisation, Abu Musab al-Barnawi (Zeit 18.1.2017). Es gibt Berichte, dass Boko Haram sich in zwei Gruppierungen aufgeteilt hat, eine wird von Abubakar Shekau geführt und die andere von Abu Musab al-Barnawi (NW 15.3.2017; vgl. DW 4.8.2016). Boko Haram soll in untergeordneten, lokalen Zellen organisiert sein. Zudem soll es einen Rat geben, der das oberste Entscheidungsorgan der Gruppe ist und auf dessen Zustimmung der Anführer bei Entscheidungen angewiesen ist (Zeit 18.1.2017).

Im Jahr 2015 hat die nigerianische Regierung mehrere Schritte im Kampf gegen Boko Haram unternommen. So wurde im Laufe des Jahres von Mitgliedern des nigerianischen Militärs berichteten, dass seit Buhari sein Amt antrat, sie zunehmend die erforderlichen Ressourcen im Kampf gegen Boko Haram erhalten haben (USDOS 2.6.2016). Buhari ordnete im Mai an, dass das nigerianische Militär sein Hauptquartier nach Maiduguri verlegt, damit Boko Haram besser bekämpft werden kann (USDOS 2.6.2016, BBC 8.6.2015). Boko Haram war aufgrund der Versuche des nigerianischen Militärs die Organisation zu isolieren zunehmend auf das Sambisa Waldgebiet beschränkt (USDOS 2.6.2016) und im Dezember 2016 erklärte das nigerianische Militär den Sambisa Wald frei von Boko Haram (VOA 31.3.2017). Boko Haram übte trotzdem sporadische Angriffe im Sambisa Waldgebiet aus und verstärkte Überfälle auf Dörfer und Städte in der Suche nach Nahrungsmitteln (DW 28.3.2017)

Die nigerianische Armee beging bei ihrem Kampf gegen Boko Haram zwischen 2011 und 2015 Kriegsverbrechen und mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Präsident Buhari versprach, Hinweisen auf mehrere Kriegsverbrechen des Militärs im Zeitraum Juni bis Dezember 2015 nachzugehen. Es wurden jedoch keine weiteren Maßnahmen ergriffen, um unabhängige und unparteiische Untersuchungen einzuleiten (AI 24.2.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Die Sicherheitskräfte unter dem Kommando der 7. und 3. Division der nigerianischen Armee, die Polizei und das Department of State Service (DSS) haben weiterhin militärische Operationen gegen Boko Haram im Nordosten des Landes durchgeführt. Einige der Truppen töteten mutmaßliche Boko Haram Mitglieder. Auch gab es Massenverhaftungen von Männern und Buben, die auch gefoltert wurde. Laut einem AI-Bericht hat das nigerianische Militär in den Jahren 2013 und 2014 im Zuge von militärischen Operationen 1.200 außergerichtliche Tötungen durchgeführt (USDOS 3.3.2017). Sowohl Human Rights Watch als auch Amnesty International haben das in ihren verschiedenen Berichten seit mehreren Jahren massiv kritisiert und verwiesen dabei vor allem auf Fälle immer wieder auftretender Folterungen von Gefangenen durch die Polizei im ganzen Land, extra-legaler Tötungen und das Verschwindenlassen angeblicher Boko Haram-Mitglieder im Norden des Landes. Seit März 2011 sollen nach Angaben von AI (Juni 2015) im Nordosten Nigerias über 7.000 Menschen während ihrer Haft ums Leben gekommen sein, von denen seit Februar 2012 durch das nigerianische Militär mehr als über 1.200 Gefangene bewusst getötet worden wären (AA 21.11.2016).

Auch hat sich eine Civilian Joint Task Force (CJTF) als Reaktion auf die Aufständischen und das Militär im Jahr 2013 in Maiduguri gebildet (TNY 22.12.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Das nigerianische Militär gab den Mitgliedern der CJTF Fahrzeuge und Uniformen unter der Bedingung, dass sie bei einem Ausbildungsprogramm - geführt durchs Militär - teilnehmen (TNY 22.12.2015; vgl. IRIN 9.5.2017). Jedoch musste das Trainingslager in ein Flüchtlingslager umstrukturiert werden und so konnte nur eine geringe Zahl der CJTF Mitglieder ausgebildet werden (TNY 22.12.2015). Laut der UN und anderen internationalen Organisationen rekrutierte die CJTF (manchmal auch mit Gewalt) Kinder, um sie als Kindersoldaten einzusetzen. Die Regierung verbietet den Einsatz von Kindersoldaten und behauptet, dass die CJTF keine Kindersoldaten einsetzte. Dennoch wird die CJTF finanziell von der Regierung des Bundesstaates Borno unterstützt (USDOS 3.3.2017). Es gibt auch Berichte, dass Frauen in IDP-Lager von Mitgliedern der CJTF und des Militärs sexuell ausgebeutet und missbraucht werden (AI 6.2017). Die CJTF hat aus Angst vor weiblichen Selbstmordattentätern für Frauen in Maiduguri eine Ausgangssperre verhängt. Frauen, die diese nicht einhalten, werden verprügelt. Trotz Versprechungen der Regierung die CJTF unter Kon

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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