Entscheidungsdatum
01.02.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I404 1427649-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER über die Beschwerde von XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt, gegen die Spruchpunkte I. bis IV. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2017, Zl. 5834702/14029823, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt IV. zu lauten hat:
"Gemäß § 55 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte nach seiner unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 12.06.2012 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinem Fluchtgrund befragt gab er an, dass sein Vater krank sei und sterben werde. Er habe niemanden in Nigeria, er würde in Nigeria sterben. Seine Mutter sei bei einem Bombenanschlag in der Kirche gestorben.
2. Am 12.06.2012 wurde der Beschwerdeführer bei der Polizeiinspektion Traiskirchen EAST zu seinen persönlichen Daten und seinen Fluchtgründen befragt und am 20.06.2012 bei der Aussenstelle Traiskirchen einvernommen. Er gab an, dass er seiner Familie in Nigeria helfen wolle. Nigeria werde überall bombardiert und sein Leben sei nicht sicher. Er habe gedacht, wenn er eine Fußballmannschaft in Europa finde, könne er seiner Familie in Nigeria helfen. Er sei Christ und habe Angst vor der Boko Haram.
3. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes Außenstelle Wien vom 21.06.2012 abgewiesen. Die Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 19.12.2013 als unbegründet abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft.
4. Am 16.01.2014 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung zum Folgeantrag vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 16.01.2014 gab der Beschwerdeführer an, dass er den neuerlichen Antrag stelle, da er homosexuell sei. Er habe das schon bei seinem ersten Antrag gewusst, habe aber Angst gehabt, das zu sagen, denn in Nigeria sei dies nicht selbstverständlich und man werde als Homosexueller strafrechtlich und von Privatgruppierungen verfolgt. Außerdem gebe es in Nigeria seit 13.01.2014 ein neues Gesetz, welches festlege, dass Homosexuellen 14 Jahre Gefängnisstrafe drohe. Des Weiteren möchte er angeben, dass er bei seinem ersten Asylantrag Angst gehabt habe, dass er aufgrund seiner Homosexualität auch in Österreich bestraft werde.
5. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 18.07.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen.
Der Beschwerdeführer gab dabei zu seinen neuen Fluchtgründen befragt im Wesentlichen an, dass er hier in Österreich bleiben wolle, da hier sein Leben sei. Es wolle hier arbeiten. Er habe keinen anderen Ort, wo er hingehen könne. Er sei ein Waisenkind und habe niemanden mehr in Nigeria, er sei das einzige Kind seines Vaters, deswegen habe er beschlossen, nach Europa zu gehen. Er sei in ein christliches Land gekommen, um hier Hilfe zu bekommen. In Nigeria werde er nicht akzeptiert. Dort wolle man nicht, dass er glücklich werde und dass er seinen Lebensstil dort auslebe. Sein neuer Fluchtgrund sei, dass er homosexuell sei. Das sei in Nigeria nicht akzeptiert. Dort würden sie Leute töten, weil sie homosexuell seien. Es gebe dort keine Menschenrechte, dort herrsche das Gesetz des Dschungels. Er habe erst später in Österreich herausgefunden, dass Homosexualität akzeptiert werde, deshalb habe er nicht schon beim ersten Asylantrag angegeben, dass er wegen seiner Homosexualität ausgereist sei. Auf die Frage, ob er in Nigeria ein "Coming out" gehabt habe, gab der Beschwerdeführer an, dass viele seiner Freund es gewusst hätten, sie seien deshalb ermordet oder geflüchtet. Sein Vater habe es auch gewusst. Seit seiner Kindheit habe er das Gefühl, homosexuell zu sein. Es sei schon lange her, dass er seinen ersten gleichgeschlechtlichen Partner gehabt habe. Er könne sich nicht mehr genau erinnern. Er habe das Problem, dass er sich nicht an Jahre und Daten erinnern könne. Er bejahte die Frage, ob er jemals wegen seiner Homosexualität bedroht worden sei und gab an, deswegen an der Nase verletzt worden zu sein. Er sei sehr oft bedroht worden und auf der Straße attackiert worden. Viele Leute würden einen bedrohen, weil man homosexuell sei. Sie würden einen öffentlich bedrohen. Auf die Frage, wer genau diese Leute gewesen seien und wie sie ausgesehen hätten, gab der Beschwerdeführer an, dass es Leute auf der Straße gewesen seien, Leute aus der Nachbarschaft. Die Meisten seien Moslems. Er wisse nicht, wie diese Leute heißen würden. Wenn die Leute hören würden, dass man homosexuell sei, würden sie einfach auf der Straße anfangen, einen zu schlagen. Es sei einfach herauszufinden, dass man homosexuell sei. Die Art wie man mit jemanden redet. Auf die Frage, wann er das erste Mal bedroht worden sei, gab er an, dass er gerade aus der Kirche herausgekommen sei. Er sei etwa 19 oder 20 gewesen. 2013 sei dann ein Gesetz verabschiedet worden, das besage, dass alle Homosexuellen für 14 Jahre ins Gefängnis müssten.
6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.) und wurde der Beschwerde gegen die Entscheidungen gemäß § 18 Abs. 1 Z. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
7. Mit Verfahrensanordnung vom 07.08.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beigegeben.
8. In der Folge erhob der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde.
In dieser beantragte der Beschwerdeführer, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen, außerdem nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung dem Beschwerdeführer Asyl zumindest aber subsidiären Schutz zuerkennen. Des Weiteren werde beantragt, dass durch ein weiblich besetztes Gericht entschieden werde.
In der Sache brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er sich für seine Homosexualität schäme. Wenn ihm die Behörde daher vorwerfe, dass er nur deswegen unglaubwürdig sei, weil er diese nicht bereits im früheren Verfahren geltend gemacht habe, so sei diesem Vorwurf zu entgegnen, dass sich die Behörde nicht eingehend mit der Lage Homosexueller in Nigeria beschäftigt habe. Hätte sie dies gemacht, so wäre sie nämlich zu dem Schluss gekommen, dass seine Scham in Anbetracht der schwierigen Lage für Homosexuelle in Nigeria durchaus nachvollziehbar sei. Da Homosexualität in ganz Nigeria verpönt und gesellschaftlich geächtet werde, könne er sich entgegen der Ansicht der belangten Behörde auch nirgendwo anders in Nigeria niederlassen. Er könne sich auch nicht an die nigerianische Polizei wenden, da Homosexualität in Nigeria strafbar sei. Er sei somit schutzlos, eine innerstaatliche Fluchtalternative stünde ihm nicht offen. Daher sei er in seinen Rechten nach Artikel 2 und Artikel 3 EMRK beeinträchtigt. Die Behörde hätte ihm daher schon aus diesem Grund Asyl gewähren müssen.
7. Die Beschwerde langte am 29.08.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.
8. Mit Teilerkenntnis vom 31.08.2017 zu GZ I404 1427649-2/4E wurde der Spruchpunkt V. aufgehoben.
9. Am 23.01.2018 fand vor dem BVwG eine Verhandlung statt. Der Beschwerdeführer ist der Verhandlung unentschuldigt fern geblieben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Igbo an. Seine Identität steht nicht fest. Die Eltern des Beschwerdeführers sind verstorben. Es lebt aber zumindest eine Schwester des Beschwerdeführers in Nigeria.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer reiste illegal aus Nigeria nach Österreich ein. Er hält sich seit (mindestens) Juni 2012 in Österreich auf.
Der Beschwerdeführer stellte erstmals im Jahr 12.06.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 21.06.2012 abgewiesen. Die Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 19.12.2013 als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.
Die Beschwerdeführer besuchte in Nigeria die Grundschule und hat dann als Fußballspieler seinen Lebensunterhalt in Nigeria verdient.
In Österreich geht der Beschwerdeführer keiner regelmäßigen Beschäftigung nach, er verteilt jedoch manchmal Flugzettel auf Autos und bezieht derzeit keine Leistungen aus der Grundversorgung.
Der Beschwerdeführerin ist in Österreich nicht vorbestraft.
Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Der Beschwerdeführer verfügt nur über geringe Deutschkenntnisse und ist Mitglied des Vienna Christian Center.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Dem Beschwerdeführer ist es nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass er homosexuell ist und deshalb aus Nigeria flüchten musste.
Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Nigeria verlassen hat, weil er aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde.
Der Beschwerdeführer wird im Fall ihrer Rückkehr nach Nigeria nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevanter Verfolgung oder einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.
1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 03.08.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen
KI vom 8.5.2017: Boko Haram lässt 82 entführte Mädchen frei (betrifft: Abschnitt 3 / Sicherheitslage)
Nach langen Verhandlungen mit der nigerianischen Regierung hat die Extremistengruppe Boko Haram 82 weitere der über 200 Mädchen freigelassen - im Austausch für einige von den Behörden festgehaltene Boko-Haram-Verdächtige (DS 6.5.2017; vgl. FAZ 6.5.2017).
Die 82 freigelassenen Mädchen gehören zu den rund 270 meist christlichen Schülerinnen, die im April 2014 in der Stadt Chibok im Nordosten Nigerias in der Nacht entführt worden waren. Rund 50 der Mädchen konnten seinerzeit noch im Wirrwarr der Entführung fliehen. Nach bisherigen Erkenntnissen wurden die Mädchen gezwungen, zum Islam überzutreten und sie wurden mit Boko-Haram-Kämpfern verheiratet. Im Oktober 2016 wurden nach Verhandlungen 21 Mädchen freigelassen (DW 6.5.2017). Unterdessen fehlt von mehr als hundert der Chibok-Mädchen weiter jede Spur. Wie viele von ihnen noch am Leben sind, ist -
nicht bekannt: Augenzeugenberichten zufolge kamen zumindest einige der Mädchen während ihrer Gefangenschaft ums Leben (DS 6.5.2017).
Buharis Sprecher Femi Adesina machte keine Aussagen über die Zahl der freigelassenen Verdächtigen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP sind es mindestens drei verdächtige hochrangige Anführer. Informationsminister Lai Mohammed sagte, er könne Behauptungen, dass es sich um mindestens fünf Islamisten handele, nicht bestätigen (DW 7.5.2017).
Quellen:
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DS - Der Standard (6.5.2017): Tausch: Boko Haram ließ 82 entführte Mädchen frei,
http://derstandard.at/2000057116937/Boko-Haram-laesst-Dutzende-entfuehrte-Maedchen-frei, Zugriff 8.5.2017
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DW – Deutsche Welle (7.5.2017): Buhari als Pate für Chibok-Mädchen,
http://www.dw.com/de/buhari-als-pate-f%C3%BCr-chibok-m%C3%A4dchen/a-38746942, Zugriff 8.5.2017
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DW – Deutsche Welle (6.5.2017): Boko Haram lässt mehr als 80 Chibok-Mädchen frei,
http://www.dw.com/de/boko-haram-l%C3%A4sst-mehr-als-80-chibok-m%C3%A4dchen-frei/a-38422617, Zugriff 8.5.2017
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FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (6.5.2017): Boko Haram lässt 82 entführte Mädchen frei,
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/boko-haram-laesst-82-entfuehrte-chibok-maedchen-in-nigeria-frei-15003793.html, Zugriff 8.5.2017
2. Politische Lage
Nigeria ist in 36 Bundesstaaten und einen Bundeshauptstadtbezirk sowie 774 Local Government Areas (LGA/Bezirke) untergliedert. Die Bundesstaaten werden von direkt gewählten Gouverneuren regiert (AA 3.12.2015; vgl. AA 3.2016a; vgl. GIZ 7.2016a). Die Bundesstaaten verfügen auch über direkt gewählte Parlamente (AA 3.2016a).
Mit der Wahl Olusegun Obasanjos im Jahr 1999 war Nigeria zur Demokratie zurückgekehrt und verfügt seitdem über ein Mehrparteiensystem. Die Verfassung vom 29. Mai 1999 enthält alle Attribute eines demokratischen Rechtsstaates (inkl. Grundrechtskatalog), und orientiert sich insgesamt am System der USA. Dem starken Präsidenten, der auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist, stehen ein aus Senat und Repräsentantenhaus bestehendes Parlament und eine unabhängige Justiz gegenüber (AA 3.12.2015; vgl. AA 3.2016a). Es dominieren der direkt gewählte Präsident und die direkt gewählten Gouverneure. Der Kampf um politische Ämter wird mit großer Intensität und häufig auch mit undemokratischen, gewaltsamen Mitteln geführt. Polizei und Justiz werden ebenfalls vom Bund kontrolliert (AA 3.12.2015).
Die Parteienzugehörigkeit orientiert sich bei den meisten der ca. 50 kleineren Parteien an Führungspersonen. Loyalitäten gegenüber der eigenen ethnischen Gruppe bzw. gegenüber Personen gehen anderen Loyalitäten vor; entsprechend repräsentiert keine der Parteien eine eindeutige politische Richtung (AA 3.12.2015).
Die Wahlen vom 28. März 2015 (Präsident und Nationalversammlung) und 11. April 2015 (Gouverneure und Landesparlamente in 29 von 36 Bundesstaaten) haben die politische Landschaft in Nigeria grundlegend verändert. Die seit 2013 im "All Progressives‘ Congress" (APC) vereinigte Opposition gewann neben der Präsidentschaftswahl eine klare Mehrheit in beiden Häusern des Parlaments. Die seit 1999 dominierende People-s Democratic Party (PDP) musste zum ersten Mal in die Opposition. Lediglich in den südöstlichen Bundesstaaten des ölreichen Niger-Deltas konnte sie sich als Regierungspartei behaupten (AA 3.12.2015).
Bei den Präsidentschaftswahlen am 28. März 2015 besiegte der frühere Militärmachthaber und Kandidat der Opposition, Muhammadu Buhari, den bisherigen Amtsinhaber Goodluck Jonathan mit 54,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Bei diesen Wahlen, die von der internationalen Öffentlichkeit als beispielhaft für die Demokratie Afrikas gelobt wurden, kam es zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit Nigerias zu einem demokratischen Machtwechsel (GIZ 7.2016a; vgl. auch AA 3.2016a). Die Gouverneurswahlen am 11. April 2015 gewann der APC in 20 von 29 Bundesstaaten. Er stellt in den 36 Bundesstaaten derzeit 22 Gouverneure, die PDP 13 und APGA einen Gouverneur. Unter den 36 Gouverneuren ist weiterhin keine Frau. Die Wahlen vom März/April 2015 wurden sowohl in Nigeria als auch von internationalen Wahlbeobachtern trotz organisatorischer Mängel als im Großen und Ganzen frei und fair bezeichnet. Die Spitzenkandidaten Jonathan und Buhari hatten sich in einer Vereinbarung (Abuja Accord) zur Gewaltlosigkeit verpflichtet. Dies und die Tatsache, dass Präsident Jonathan seine Wahlniederlage sofort anerkannte, dürfte größere gewalttätige Auseinandersetzungen verhindert haben. Die Minister der Regierung Buhari wurden nach einem längeren Sondierungsprozess am 11. November 2015 vereidigt (AA 3.2016a).
Neben der modernen Staatsgewalt haben auch die traditionellen Führer immer noch einen nicht zu unterschätzenden, wenn auch weitgehend informellen Einfluss. Sie gelten als Kommunikationszentrum und moralische Instanz und können wichtige Vermittler in kommunalen und in religiös gefärbten Konflikten sein (AA 3.2016a).
Fast im ganzen Norden Nigerias ist das System der LGA kollabiert. Große Teile kamen unter Kontrolle von Milizen und lokalen "Strongmen", die den politischen und sozio-ökonomischen Raum ausfüllen. Dies führte zur Vertiefung lokaler und regionaler Missstände (BS 2016).
Quellen:
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AA – Auswärtiges Amt (3.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1450445025_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-bundesrepublik-nigeria-stand-dezember-2015-03-12-2015.pdf, Zugriff 7.7.2016
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AA – Auswärtiges Amt (3.2016a): Nigeria – Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 22.8.2016
-
BS – Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 22.8.2016
-
GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2016a): Nigeria – Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 22.8.2016
3. Sicherheitslage
Es gibt in Nigeria keine Bürgerkriegsgebiete und keine Bürgerkriegsparteien (AA 3.12.2015). In drei Gebieten herrschen Unsicherheit und Spannungen: im Nordosten (islamistische Gruppe Boko Haram); im Middle Belt (v.a. im Bundesstaat Plateau); und im Nigerdelta. Während Spannungen und Gewalt im Nordosten und im Middle Belt in den vergangenen Jahren zugenommen haben, gingen sie im Nigerdelta seit 2009 zurück (DACH 2.2013; vgl. ICG 30.5.2016).
Es besteht aufgrund wiederholter Angriffe und Sprengstoffanschläge militanter Gruppen (Boko Haram, Ansaru) derzeit ein sehr hohes Anschlagsrisiko insbesondere für Nord- und Nordostnigeria, einschließlich für die Hauptstadt Abuja. In mehreren Städten Nord- und Nordostnigerias finden immer wieder Gefechte zwischen Sicherheitskräften und militanten Gruppen statt. Angehörige der Sicherheitskräfte, Regierungsstellen, christliche Einrichtungen - aber auch Einrichtungen gemäßigter Moslems - sowie Märkte, Wohnviertel und internationale Organisationen sind Anschlagsziele der militanten Gruppen. Drohungen bestehen gegen moslemische Einrichtungen im Süden (BMEIA 23.8.2016).
Das deutsche Auswärtige Amt warnt vor Reisen in die nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Bauchi, in den nördlichen Teil von Plateau State (Jos und Umgebung) sowie nach Kano, Kaduna, Katsina, Gombe, Jigawa, Zamfara, Kebbi, Sokoto und Kogi (AA 23.8.2015). Auch das österreichische Außenministerium warnt vor Reisen in die Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Plateau sowie den südlichen Landesteil von Bauchi und Kano. Mit Gewaltausbrüchen in allen zwölf nördlichen Bundestaaten ist jederzeit zu rechnen (BMEIA 23.8.2016). Das britische Außenministerium warnt zusätzlich noch vor Reisen in die Flussgegenden der Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Akwa Ibom und Cross River States sowie in die Stadt Warri (UKFCO 23.8.2016).
Das österreichische Außenministerium hat für folgende Bundesstaaten eine partielle Reisewarnung ausgesprochen: Abia, Akwa Ibom, Anambra, Bayelsa, Delta, Ebonyi, Edo, Ekiti, Enugu, Imo, Kaduna, Kano, Oyo, Ondo, Rivers, einschließlich Port Harcourt und die vorgelagerten Küstengewässer (BMEIA 23.8.2016). Das britische Außenministerium warnt vor unnötigen Reisen nach: Kano, Kaduna, Jigawa, Katsina, die Stadt Jos und die LGAs Riyom und Barkin (Plateau), die Region Okene (Kogi) (UKFCO 16.6.2015). In Nigeria können in allen Regionen meist kaum vorhersehbar lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe dafür sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Meist sind diese Auseinandersetzungen von kurzer Dauer (wenige Tage) und örtlich begrenzt (meist nur einzelne Orte, in größeren Städten nur einzelne Stadtteile) (AA 23.8.2016).
In Lagos kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen verschiedenen Ethnien, politischen Gruppierungen aber auch zwischen Militär und Polizeikräften (BMEIA 23.8.2016) bzw. zu Problemen (u.a. Mobs, Plünderungen) durch die sogenannten "Area Boys". Der Einsatz von Schlägertruppen und privaten Milizen zur Erreichung politischer oder wirtschaftlicher Ziele ist weit verbreitet (AA 3.12.2015).
Gemäß den Zahlen des Council on Foreign Relations für die Zeitspanne Jänner 2015 bis August 2016 stechen folgende nigerianische Bundesstaaten mit einer hohen Anzahl an Toten durch Gewaltakte besonders hervor: Borno (7,863), Benue (934), Adamawa (743), Yobe (589), Kaduna (443). Folgende Bundesstaaten stechen mit einer relativ niedrigen Zahl hervor: Sokoto (0), Katsina (3), Kebbi (11) und Oyo (11) (CFR 2016). Beim OSAC werden die Bundesstaaten Adamawa, Bauchi, Borno, Gombe, Jigawa, Kaduna, Kano, Katsina, Lagos, Plateau, Taraba, Yobe, Zamfara und das FCT als von der Gewalt durch Boko Haram betroffen geführt. Ethnische Gewalt betrifft v.a. Plateau, Bauchi, Benue, Kaduna und Nasarawa. Für folgende 25 Bundesstaaten wird weder ethnische Gewalt noch Gewalt durch Boko Haram berichtet:
Abia, Akwa Ibom, Anambra, Bayelsa, Cross River, Delta, Ebonyi, Edo, Ekiti, Enugu, Imo, Kebbi, Kogi, Kwara, Niger, Ogun, Ondo, Osun, Oyo, Rivers, Sokoto (OSAC 15.4.2016).
Quellen:
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AA – Auswärtiges Amt (3.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1450445025_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-bundesrepublik-nigeria-stand-dezember-2015-03-12-2015.pdf, Zugriff 7.7.2016
-
AA – Auswärtiges Amt (23.8.2016): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 23.8.2016
-
BMEIA – Außenministerium (23.8.2016): Reiseinformationen - Nigeria,
http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 23.8.2016
-
CFR – Council on Foreign Relations (2016): Nigeria Security Tracker, http://www.cfr.org/nigeria/nigeria-security-tracker/p29483, Zugriff 23.8.2016
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DACH – Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (27.2.2013):
D-A-CH Factsheet zu Nigeria,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1361973048_dach-nigeria-factsheet-gr-2013-02.doc, Zugriff 25.8.2016
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ICG – Nnamdi Obasi/International Crisis Group (30.5.2016):
Buhari’s Nigeria: Boko Haram Off Balance, but Other Troubles Surge, http://blog.crisisgroup.org/africa/nigeria/2016/05/30/buharis-nigeria-boko-haram-off-balance-but-other-troubles-surge/, Zugriff 24.8.2016
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OSAC – Overseas Security Advisory Council (15.4.2016): Nigeria 2016 Crime and Safety Report – Abuja, https://www.osac.gov/pages/ContentReportDetails.aspx?cid=19500, Zugriff 23.8.2016
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UKFCO – United Kingdom Foreign and Commonwealth Office (23.8.2016): Foreign Travel Advice – Nigeria, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/nigeria, Zugriff 23.8.2016
3.1 Nigerdelta
Das Nigerdelta, welches die Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River umfasst (DACH 2.2013), sorgt mit seinen Öl- und Gasreserven für 95 Prozent der Exporterlöse Nigerias (DACH 2.2013; vgl. IEN 18.8.2016).
Die Lage im Nigerdelta ist derzeit nicht stabil; die Bedrohung der dort angesiedelten Öl- und Gasförderung durch militante Gruppen und Piraten bleibt ein Risiko (AA 5.2016). Es gab eine Reihe von Angriffen auf die Ölinfrastrukturen, so zum Beispiel übernahm im Mai 2016 die aufständische Gruppe Niger Delta Avengers die Verantwortung für mehrere Angriffe auf die Ölgiganten Chevron, Shell und Nigerian National Petroleum Company (N24 29.5.2016). Entführungen sind besonders häufig im Nigerdelta und in den südöstlichen Bundesstaaten Abia, Imo und Anambra. Politiker, Reiche und Ausländer waren die häufigsten Opfer (FH 27.1.2016).
Von 2000 bis 2010 entwickelten sich im Nigerdelta militante Gruppen, die den Anspruch erhoben, die Rechte der Deltabewohner zu verteidigen und die Forderungen auf Teilhabe an den Öleinnahmen auch mittels Gewalt gegenüber der Regierung durchzusetzen. Die wichtigsten Gruppierungen wurden die Niger Delta People's Volunteer Force (NDPVF) und die Movement for the Emancipation of the Niger Delta (MEND) (AA 3.12.2015).
Mit dem im Juli 2009 vom damaligen Präsidenten Yar'Adua verkündeten Amnestieangebot für die Militanten im Nigerdelta ist seiner Regierung bei der Lösung des Konflikts ein bedeutender Schritt und ein überraschender Erfolg gelungen: Alle bekannten Milizenführer
nahmen das Amnestieangebot an. Ein Reintegrationsprogramm für 20.000 ehemalige Kämpfer hat Mitte 2010 begonnen. Der ehemalige Präsident Jonathan setzte das Amnestieprogramm fort. Allerdings kündigten die Milizenführer Henry Okah und John Togo die Amnestie 2010 wieder auf. Der mutmaßliche MEND-Führer Henry Okah, der meistens vom Ausland aus agiert, sitzt derzeit in Südafrika in Haft und wurde dort im Jänner 2013 verurteilt. Als Reaktion auf seine Verurteilung drohte MEND in drastischen Worten mit Anschlägen in ganz Nigeria (AA 3.12.2015). Mit dem Amnestieprogramm gingen Kriminalität und Gewalt im Süden zunächst merklich zurück. Allerdings steigen Kriminalität und Gewalt im Süden in letzter Zeit wieder an (AA 3.2016a) und der zerbrechliche Frieden im Nigerdelta ist dabei sich aufzulösen. Als die Regierung versuchte, den ehemaligen Rebellenführer, Government Ekpemupolo (bekannt als Tompolo) aufgrund von Korruptionsvorwürfen zu verhaften und strafrechtlich zu verfolgen, begannen bewaffnete Gruppen, insbesondere die wenig bekannten Niger Delta Avengers und die obskure Egbesu Mightier Fraternity, Ölanlagen anzugreifen (ICG 30.5.2016). Aufgrund dieser Reihe von Angriffen durch Aufständische, gab Präsident Buhari im Mai 2016 bekannt, dass die kontroverse Amnestievereinbarung mit Überarbeitungen bis 2018 beibehalten werden soll (N24 29.5.2016). Ende August 2016 gaben die Niger Delta Avengers bekannt, dass die Gruppe die Feindseligkeiten einstellt und zum Dialog mit der Regierung bereit sei (NW 30.8.2016).
Bei den bewaffneten Auseinandersetzungen im Nigerdelta handelt es sich sowohl um einen Konflikt zwischen regionalen militanten Gruppen und der Staatsgewalt, als auch um Rivalitäten zwischen den unterschiedlichen lokalen Gemeinschaften. Im ersten Fall stehen in der Regel finanzielle Interessen der bewaffneten Gruppen im Vordergrund, im zweiten Fall geht es um einen Verteilungskampf rivalisierender Gruppen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind bis heute teils unter Kontrolle von separatistischen und kriminellen Gruppen. Teile des unzugänglichen Gebiets stellen weiterhin einen weitgehend rechtsfreien Raum dar, in dem die Einflussmöglichkeiten staatlicher Ordnungskräfte begrenzt sind (AA 3.12.2015). Das UK Home Office berichtet, dass laut DefenceWeb eine Joint Task Force (JTF) 2013 eingerichtet wurde, um den Terrorismus und andere Bedrohungen im Nigerdelta zu bekämpfen (UKHO 8.2016a). Die JTF, auch Operation Pulo Shield genannt, wurde im Juni 2016 umstrukturiert und mit der neuen Operation Delta Safe ersetzt, damit die derzeitigen Sicherheitsprobleme im Nigerdelta adressiert werden können (PT 22.6.2016; vgl. auch NT 9.7.2016).
Quellen:
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AA – Auswärtiges Amt (5.2016): Nigeria – Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 24.8.2016
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AA – Auswärtiges Amt (3.2016a): Nigeria – Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 24.8.2016
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DACH – Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (27.2.2013):
D-A-CH Fact-sheet zu Nigeria,
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FH – Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 – Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/320150/459379_de.html, Zugriff 24.8.2016
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ICG – Nnamdi Obasi/International Crisis Group (30.5.2016):
Buhari’s Nigeria: Boko Haram Off Balance, but Other Troubles Surge, http://blog.crisisgroup.org/africa/nigeria/2016/05/30/buharis-nigeria-boko-haram-off-balance-but-other-troubles-surge/, Zugriff 24.8.2016
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IEN – Industrial Equipment News (18.8.2016): Militant Sabotage Disrupting Nigerian Oil Output, http://www.ien.com/supply-chain/news/20831138/militant-sabotage-severely-disrupting-nigerian-oil-output, Zugriff 24.8.2016
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N24 – News 24 (29.5.2016): Buhari to keep Delta amnesty programme, http://www.news24.com/Africa/News/buhari-to-keep-delta-amnesty-programme-20160529-2, Zugriff 24.8.2016
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http://tribuneonlineng.com/operation-delta-safe-gets-new-coordinator/, Zugriff 24.8.2016
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NW – Newsweek (30.8.2016): Niger Delta Avengers say ‘Hostilities ceased’ against Nigerian Government, http://europe.newsweek.com/niger-delta-avengers-say-hostilities-ceased-against-nigerian-government-494387?rm=eu, Zugriff 1.9.2016
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PT – Premium Times (22.6.2016): Nigerian military scraps Niger Delta ‘Operation Pulo Shield’,
http://www.premiumtimesng.com/news/top-news/205761-nigerian-military-scraps-niger-delta-operation-pulo-shield.html, Zugriff 24.8.2016
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UKHO – UK Home Office (8.2016a): Country Information and Guidance Nigeria: Background information, including actors of protection, and internal relocation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1471849541_cig-nigeria-background-v2-0-august-2016.pdf, Zugriff 24.8.2016
3.2. Middle Belt inkl. Jos/Plateau
Die ethnischen Gegensätze in Nigeria werden durch religiös-konfessionelle Trennlinien verstärkt, die aufgrund historischer Entwicklungen und moderner Binnenmigration viel komplizierter verlaufen, als es das vereinfachte Bild einer Nord-Süd-Teilung Nigerias in einen überwiegend muslimischen Norden und einen stärker christlich geprägten Süden nahelegt. Immer wieder kommt es zu lokalen Konflikten zwischen einzelnen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen (AA 3.2016a). Die Vorkommnisse werden zwar oft als ethnisch-religiöse Konflikte aufgrund von Spannungen zwischen muslimischen und christlichen Einwohnern interpretiert (KAS 12.7.2013; vgl. Reuters 26.5.2015). Bei derartiger Gewalt liegt der Ursprung gewöhnlich jedoch darin, dass in einem sehr heterogenen und ethnisch vielfältigen Teil Nigerias eine Gruppe die Kontrolle des Staatsapparates gegenüber einer anderen Gruppe beansprucht (KAS 12.7.2013; vgl. WWR 20.3.2015).
Obwohl kommunale Auseinandersetzungen in nahezu allen Regionen des Landes vorkommen, sind Intensität und Opfer in der Region des "Middle Belt? gravierender. Dies gilt v.a. für die Bundesstaaten Kaduna und Plateau, wo zahllose Menschen, vornehmlich Frauen und Kinder, auf brutalste Weise ermordet werden (KAS 12.7.2013; vgl. WWR 20.3.2015). Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Die Region wird von kleinen christlichen Ethnien dominiert, die eine lange Tradition des Widerstandes gegen die muslimischen Ethnien aus dem Norden haben. Die Spannungen im Middle Belt sind mit dem Problem der "Indigenität” verbunden: Jeder Bundesstaat und jede LGA in Nigeria unterteilt seine Bevölkerung in "indigene” und "nicht-indigene” Bürger, oder "Gastgeber” und "Siedler”. Im Middle Belt genießen vorwiegend die o.g. kleinen christlichen Ethnien den Status der Indigenen, während die muslimischen Hausa und Fulani als Siedler eingestuft werden (DACH 2.2013; vgl. WWR 20.3.2015).
In Nigeria leben 18 Millionen Fulani, die auch Fulbe oder Peul genannt werden. 98 Prozent der Fulani sind muslimisch. Die Fulani haben seit Jahrhunderten in einem großen Bereich Westafrikas ihre Rinderherden weiden lassen, doch sind sie dem wachsenden Druck ausgesetzt sich niederzulassen. Viele von ihnen haben es auch bereits getan. Da die Umweltbedingungen sich in der Sahelzone verschlechtern, sind die Fulani-Hirten gezwungen, auf der Suche nach neuen Weidegebieten langsam Richtung Süden und Westen zu wandern. Dies führt zur Konkurrenz und somit auch zu Kämpfen zwischen den Hirten und den Bauern um die natürlichen Ressourcen (CWI 6.2016).
Die wiederkehrende Gewalt zwischen den überwiegend christlichen Bauern und überwiegend muslimischen nomadischen Hirten im Jahr 2015 und Anfang 2016 hat zu hunderten von Toten und Zerstörungen von Kirchen geführt (USCIRF 4.2016). Diese Zusammenstöße sind ein fester Bestandteil des Lebens in den Regionen Benue, Taraba, Plateau, Nasarawa und Kogi. Oft geht es bei diesen Zusammenstößen um Weiderechte. Jedoch geht der Kampf nicht nur um Ressourcen, sondern hat auch einen ethnischen und religiösen Unterton (AFP 25.5.2016). Die Gewalt zwischen Rinderhirten und Bauern stieg im Middle Belt an, woraufhin Präsident Buhari Sicherheitskräfte in die Gegend entsandt hat, um die Situation zu beruhigen (UNSC 23.6.2016).
Zuvor hatte die Regierung dem Konflikt im Middle Belt in den letzten zwei Jahren nicht genug Bedeutung zugeschrieben und somit oft die betroffenen Gemeinden nicht genug geschützt (CWI 6.2016). Im Jahr 2014 töteten bewaffnete Fulani 1.229 Menschen, im Jahr 2013 gab es im Vergleich dazu 63 Tote (IEP 11.2015; vgl. CWI 6.2016). Die bewaffneten Fulani werden
beim Global Terrorism Index 2015 an vierter Stelle der tödlichsten terroristischen Gruppen aufgezählt. Es gibt allerdings viele Fulani, die nicht die Aggression der bewaffneten Fulani teilen und relativ friedlich mit den lokalen Gemeinden und Nicht-Fulani Nachbarn leben (CWI 6.2016).
Quellen:
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AA – Auswärtiges Amt (6.2015a): Nigeria – Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 25.8.2016
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AFP – Agence France-Presse (25.5.2016): Violence hits food production, prices in Nigeria,
http://reliefweb.int/report/nigeria/violence-hits-food-production-prices-nigeria, Zugriff 25.8.2016
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CWI – 21st Century Wilberforce Initiative (6.2016): Nigeria, Fractured and Forgotten, Discrimination And Violence Along Religious Fault Lines,
http://www.standwithnigeria.org/wp-content/uploads/2016/06/NIgeria-Fractured-and-Forgotten.pdf, Zugriff 25.8.2016
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DACH – Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (27.2.2013):
D-A-CH Factsheet zu Nigeria,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1361973048_dach-nigeria-factsheet-gr-2013-02.doc, Zugriff 25.8.2016
-
IEP – Institute for Economics & Peace (11.2015): Global terrorism Index 2015,
http://economicsandpeace.org/wp-content/uploads/2015/11/Global-Terrorism-Index-2015.pdf, Zugriff 25.8.2016
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KAS – Konrad Adenauer Stiftung (12.7.2013): Unsicherheit in Nigeria,
http://www.kas.de/wf/doc/kas_34967-544-1-30.pdf?130716165200, Zugriff 25.8.2016
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Reuters (26.5.2015): Herdsmen kill at least 96 people in Nigeria's Benue state,
http://uk.reuters.com/article/uk-nigeria-violence-idUKKBN0OB17120150526, Zugriff 29.8.2016
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