TE Bvwg Beschluss 2018/8/29 W168 2173898-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.08.2018
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Entscheidungsdatum

29.08.2018

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W168 2173898-1/4E

W168 2173899-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 22.09.2017, GZ. Damaskus-OB/KONS/2066/2017, aufgrund des Vorlageantrags von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA. Syrien, vertreten durch RA MMag. Walzel, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 27.06.2017, beschlossen:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin und beide sind Staatsangehörige von Syrien. Am 19.05.2016 stellte die Erstbeschwerdeführerin für sich und als gesetzliche Vertreterin für die Zweitbeschwerdeführerin bei der Österreichischen Botschaft Damaskus/Syrien (im Folgenden: ÖB Damaskus) unter Anschluss diverser Unterlagen einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG. Begründend führte sie aus, dass ihrem Ehemann bzw. dem Vater der Zweitbeschwerdeführerin, XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, nach Antragstellung am 12.08.2015, am 24.11.2015, Zl. 1082700402-151070549, der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei.

Dem Antrag wurden folgende Unterlagen beigelegt:

-) Kopie des Asylbescheids der Bezugsperson

-) syrische Reisepässe der Erst-und Zweitbeschwerdeführerin

-) Englische Übersetzung eines Auszuges aus dem Zivilregister des syrischen Innenministeriums - Zivilangelegenheiten mit dem Ausstellungsdatum 12.05.2016

-) Englische Übersetzung der Geburtsurkunde der Zweitbeschwerdeführerin, ausgestellt vom syrischen Innenministerium am 11.05.2016

-) Englische Übersetzung eines Auszuges aus dem Familienregister des Zivilamtes für syrische arabische Bürger, datiert mit 11.05.2016, darin scheinen die Erstbeschwerdeführerin und die Bezugsperson als "verheiratet" auf,

-) Englische Übersetzung einer Heiratsurkunde vom 11.05.2016, wonach die am 05.03.2014 geschlossene Ehe am 18.11.2015 im Zivilregister eingetragen worden sei

-) Englische Übersetzung eines Heiratsvertrages vom 15.11.2015

Der Einreiseantrag wurde seitens der ÖB Teheran an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) weitergeleitet. Die Prognoseentscheidung des BFA langte am 18.02.2016 bei der ÖB Ankara ein.

1.2. In einer beigefügten Checkliste für Dokumente, ausgestellt durch die Österreichische Botschaft in Beirut durch einen namentlich angeführten Dokumentenberater, wurde betreffend der vorgelegten Unterlagen ausgeführt, dass es sich bei der vorgelegten Heiratsurkunde, dem Auszug aus dem Familienregister, sowie der Geburtsurkunde um Fälschungen handeln würde und somit durch diese Dokumente die Familienzusammengehörigkeit und Eheschließung nicht erwiesen werden könne. Es wurde im Detail ausgeführt, dass der Schutzmusterdruck im Hintergrund als Tintenstrahldruck ausgeführt worden sei. Zudem seien die Urkunden von nicht autorisierter Stelle ausgestellt worden. Die Identität der Beschwerdeführer sei durch die Reisepässe jedoch erwiesen.

1.3. Mit Schreiben vom 27.02.2017 wurde der Erstbeschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mittels Stellungnahme und Mitteilung vom 24.02.2017 mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder der subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da schon die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen würden, weil die vorgelegten Dokumente nach Angabe des Dokumentenberaters der Botschaft nicht den Vorgaben entsprechen. Im vorliegenden Fall hätten sich derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses ergeben, weil aufgrund der aufliegenden Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrenspartei, wonach es möglich sei, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen der wahren Tatsachen auch widerrechtlich zu erlangen, aus Sicht der Behörde keineswegs davon ausgegangen werden könne, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen anzunehmen sei und es hätten sich zudem massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunden ergeben.

1.4. Am 16.03.2017 brachte die Erstbeschwerdeführerin eine Stellungnahme ein, in welcher ausgeführt wurde, dass im konkreten Fall nicht nachvollziehbar sei, weshalb das Bundesamt an der Echtheit der eingereichten Dokumente zweifle und dies werde auch in der Stellungnahme des Bundesamtes nicht näher konkretisiert. Allgemeine Zweifel seien nach höchstgerichtlicher Judikatur nicht ausreichend, konkret eingereichten Dokumenten die Beweiskraft zu versagen. Des Weiteren müsse bei Zweifeln an Dokumenten eine kriminaltechnische Untersuchung durchgeführt werden, um eine Fälschung festzustellen. Die Einschätzung des "Dokumentenberaters" der Österreichischen Botschaft, von dem weder Namen, Qualifikation noch Untersuchungsmethodik bekannt seien, könne diesem Erfordernis nicht genügen. Sollte das Bundesamt seine Entscheidung weiterhin auf die vermeintlich gefälschten Dokumente begründen, werde darum ersucht, zu konkretisieren, welche Urkunden, von wem aus welchem Grund als Fälschungen eingestuft worden seien und es wäre ein entsprechendes kriminaltechnologisches Gutachten zur Stellungnahme vorzulegen. Doch selbst wenn die Echtheit der Dokumente angezweifelt werde, wäre dies für sich kein tauglicher Grund, den Antrag abzuweisen, wie hier beabsichtigt, sondern wären sonstige Beweismittel zu prüfen. Sowohl bei der Erstbefragung als auch im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe die Bezugsperson schon ausführliche Angaben zu ihrem Familienleben mit der Erstbeschwerdeführerin und den gemeinsamen Kindern vorgebracht. Die Aussagen seien jedoch nicht als Beweis für das Bestehen eines aufrechten Ehelebens gewürdigt worden. Auch sei der Umstand nicht gewürdigt worden, dass es vor dem kulturellen Hintergrund der Beschwerdeführer kaum vorstellbar sei, dass ein unverheiratetes Paar gemeinsame Kinder habe. Weiterhin sei anzumerken, dass das Bundesamt die Bezugsperson als Zeuge zum Sachverhalt hätte einvernehmen müssen. Grundsätzlich würden die Ermittlungen eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Vorbringen vermissen lassen, da weder eine Einvernahme mit der Bezugsperson in Österreich durchgeführt noch ausreichend dargelegt worden sei, worauf die Gründe der beabsichtigten Ablehnung fußen würden.

1.5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.06.2017, zugestellt am 28.06.2017, wurde der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG mit Verweis auf die Stellungnahme des BF vom 24.02.2017 abgewiesen. Auch nach Einbringung einer Stellungnahme habe nicht unter Beweis gestellt werden können, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten entgegen der seinerzeit erfolgten Mitteilung wahrscheinlich sei.

1.6. Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 24.07.2017, am 07.08.2017 bei der ÖB Damaskus eingelangt und es wurde darin ausgeführt, dass der bekämpfte Bescheid sowie die bezughabenden Stellungnahmen des BFA nur einen rudimentären Sachverhalt und weder Feststellungen noch Beweiswürdigung enthalten würden. Der bekämpfte Bescheid und die bezugshabenden Unterlagen des BFA würden zudem lediglich abstrakt gehaltene rechtliche Ausführungen enthalten, die ohne Verbindung zu einem konkreten Sachverhalt oder zu aufgrund des Ermittlungsverfahrens und einer Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen leere Phrasen seien. Der bekämpfte Bescheid sei daher schon allein deswegen rechtswidrig, weil wesentliche Bescheidelemente fehlen würden und somit eine Prüfung, wie die belangte Behörde zum konkreten Bescheidspruch gekommen, nicht möglich sei. Der Bescheid sei zudem materiell rechtswidrig, da das Verfahren formalisiert sei und Anträge nicht ohne weitere Ermittlungen abgewiesen werden könnten. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass diese bei einer negativen Prognose des BFA die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG gemäß § 26 FPG ohne weitere Ermittlungen abzuweisen habe, sei daher rechtlich verfehlt. Eine entsprechende Auslegung von § 26 FPG wäre sowohl verfassungswidrig als auch europarechtswidrig. Die belangte Behörde hätte sich mit dem Thema Echtheit der vorgelegten Unterlagen vertiefter befassen müssen, da dieses von der belangten Behörde selbst erlangte Verfahrensergebnis, nämlich dass die Echtheit nicht zweifelsfrei feststehe, wiederum Grundlage der negativen Prognose des BFA gewesen sei. Das Verfahren der belangten Behörde sei daher mangelhaft, weil keine vertiefte, ernsthafte Prüfung der Echtheit der vorgelegten Dokumente erfolgt sei. Gemäß Judikatur des VwGH seien allgemeine unspezifizierte Zweifel nicht ausreichend, um die Echtheit von im Verfahren vorgelegten Urkunden zu bezweifeln. Das Bundesverwaltungsgericht habe in diesem Zusammenhang zu Recht entschieden, dass in derartigen Fällen zumindest auch eine kriminaltechnologische Prüfung vorzunehmen sei. Zudem bestehe auch die Möglichkeit, gentechnische Untersuchungen vorzunehmen. Die Auferlegung einer Beweislast, die im FPG nicht vorgesehen sei, sei jedenfalls rechtswidrig, noch dazu weil ein Beweis der Echtheit der vorgelegten Unterlagen faktisch nicht zu erbringen sei. Davon abgesehen habe das BFA jedenfalls das AVG anzuwenden und es liege somit die Beweislast, dass die Urkunden gefälscht seien, bei der Behörde und diese müsse zumindest ernsthaft ermitteln, ob die vorgelegten Unterlagen echt oder gefälscht seien. Das gegenständliche Verfahren sei daher mangelhaft. Die bisher getätigten Aussagen der Bezugsperson seien weder in der Prognose des BFA noch im bekämpften Bescheid berücksichtigt worden. Die völlige Nichtberücksichtigung der die Angaben in den vorgelegten Urkunden bestätigenden Aussagen der Bezugsperson bzw. die Unterlassung ihrer beantragten Einvernahme als Zeuge würden an Willkür grenzen und jedenfalls eine mangelhafte Beweiswürdigung begründen. Wenn man § 26 FPG so auslege, dass mit dieser Bestimmung in jedem Fall, also unabhängig von den konkreten Umständen und unabhängig von den sonstigen Verfahrensergebnissen, eine unbedingte Bindungswirkung an eine negative Prognose des BFA normiert werde, könnte die Stellung von Einreiseanträgen gemäß § 35 AsylG jederzeit willkürlich abgewürgt werden. Gegen die Prognose selbst stehe kein Rechtsmittel zu. Eine derartige Regelung würde dann aber gegen Art. 6 EMRK und wegen der negativen Auswirkungen auf das Recht auf Familienzusammenführung auch gegen Art. 8 EMRK verstoßen. Die im bekämpften Bescheid getroffene Auslegung von § 26 FPG sei daher verfassungswidrig. Zudem sei eine derartige Auslegung im konkreten Fall, in dem sich die belangte Behörde ausschließlich auf eine oberflächliche Beurteilung von Urkunden stütze, auch europarechtswidrig. Gemäß der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22.09.2003 dürfe die Ablehnung eines Antrages auf Familienzusammenführung nicht ausschließlich mit dem Fehlen von Belegen begründet werden. In einem derartigen Fall seien andere Nachweise für das Bestehen der behaupteten familiären Bindung zu prüfen.

1.7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22.09.2017 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Nach einer Darstellung des Verfahrensablaufes (Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels, negative Prognoseentscheidung des BFA) wurde ausgeführt, dass die vorgelegten Dokumente einer Prüfung durch den Dokumentenberater des BMI unterzogen worden seien. Dieser sei ein speziell geschulter Beamter, der den österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland vor Ort als Berater für dokumententechnische Kontrollen zur Seite gestellt seien. Dokumentenberater würden über eine intensive Ausbildung und aufgrund ihrer langfristigen Tätigkeit an den jeweiligen Vertretungsbehörden über genaue Kenntnisse internationaler sowie der nationalen gebräuchlichen Dokumente und ihrer sicherheitstechnischen Merkmale verfügen. Dass es sich bei den Dokumentenberatern um besonders geschulte Experten handle, deren fachkundige Bewertung nicht in Frage gestellt werde, habe auch jüngst das BVwG ausgesprochen. Wenn die Beschwerdeführer auf die RL 2203/86/G des Rates vom

22. Septemeber 2003 hinweisen würden, wonach die Ablehnung eines Antrages eines Flüchtlings auf Familienzusammenführung nicht ausschließlich mit dem Fehlen von Belegen begründet werden dürfe, so werde seitens der belangten Behörde eingewendet, dass der gegenständliche Sachverhalt nicht unter den gen. Art. 11 Abs. 2 subsumiert werden könne. Wenn in der Beschwerde eine gentechnische Untersuchung angeregt werde, werde darauf hingewiesen, dass sich die Anordnung des § 13 Abs. 4 BFA -VG nur auf ein Verfahren des BFA und nicht auf ein solches einer Vertretungsbehörde beziehe. Gemäß § 11 FPG habe die Vertretungsbehörde nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen sei oder nicht. Im Übrigen wurde auf die Stellungnahme des BFA vom 24.02.2017 verwiesen.

1.8. Am 02.10.2017, eingelangt am 05.10.2017, wurde bei der ÖB Damaskus ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

1.9. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 17.10.2017 wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

1.10. Am 28.11.2017 wurden von der Erstbeschwerdeführerin ein syrischer Pass sowie ein Heiratsvertrag und eine Heiratsurkunde in englischer Sprache und Originalsprache übermittelt.

1.11. Am 12.01.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Empfehlungsschreiben die Bezugsperson betreffend ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die Erstbeschwerdeführerin, eine Staatsangehörige aus Syrien, stellte am 19.05.2016 bei der Österreichischen Botschaft Beirut für sich und ihre Tochter, die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin, einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35

Abs. 1 Asylgesetz 2005.

Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, genannt, welcher der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater der Zweitbeschwerdeführerin sei. Dem angegebenen Ehemann der nunmehrigen Erstbeschwerdeführerin und dem angegebenen Vater der Zweitbeschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 24.11.2015, GZ. 1082700402-151070549/RD-NÖ, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde am 24.02.2017 der Botschaft begründet und nachvollziehbar mitgeteilt, dass eine Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson als nicht wahrscheinlich einzustufen sei, da die von den Antragstellern vorgelegten Dokumente nicht genügen würden, um die Angehörigeneigenschaft nachzuweisen. Schon die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren würden nicht vorliegen, weil die vorgelegten Dokumente nach Angabe des Dokumentenberaters der Botschaft nicht den Vorgaben entsprochen hätten.

Diese Einschätzung wurde auch nach Einbringung einer Stellungnahme der Erstbeschwerdeführerin aufrechterhalten.

Das Bestehen eines schützenswerten Familienlebens der Beschwerdeführerinnen mit der Bezugsperson wurde ausreichend nicht abgeklärt, bzw. wurden Abklärungen betreffend der angegebenen Abstammung der Zweitbeschwerdeführerin von der Bezugsperson nicht durchgeführt.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerden

1. Rechtsgrundlagen:

1.1. § 11a Fremdenpolizeigesetz betreffend Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten lautet:

§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das

Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

§ 34 AsylG 2005 in der anzuwendenden Fassung lautet:

"§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

2. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

2. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

3. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

§35 Asylgesetz 2005 (AsylG) idF BGBl. I. Nr. 68/2013 lautet:

(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf die Erteilung eines Einreisetitels bei der konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.

(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

§ 11 und 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

...

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:

Form der Eheschließung:

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 und 21) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:

§ 17 Form der Eheschließung

(1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.

§ 21 Mangel der Form

(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn die Eheschließung nicht in der durch

§ 17 vorgeschriebenen Form stattgefunden hat.

(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz internationales Privatrecht, BGBl. Nr. 304/1978 (IPRG), ist das Personalstatut einer natürlichen Person das Recht des Staates, dem die Person angehört. § 9 Abs. 3 IPRG regelt, dass das Personalstatut einer Person, die Flüchtling im Sinn der für Österreich geltenden internationalen Übereinkommen ist oder deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, das Recht des Staates ist, in dem sie ihren Wohnsitz, mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; eine Verweisung dieses Rechtes auf das Recht des Heimatstaates (§ 5 IPRG) ist unbeachtlich. Gemäß § 12 IPRG sind die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer Person nach deren Personalstatut zu beurteilen. Gemäß § 16 Abs. 2 IPRG ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Gemäß Art. 1 syrisches Personalstatutgesetz, Gesetz Nr. 59 vom 17.09.1953, geändert durch Gesetz Nr. 34 vom 31.12.1975 (sPSG), ist die Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau, die zu heiraten ihm gesetzlich erlaubt ist, zum Zwecke der Gründung einer Lebensgemeinschaft und der Zeugung von Nachkommen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 sPSG ist beim Abschluss des Ehevertrages die Stellvertretung zulässig (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ordner XVIII, Syrien-Tunesien, S. 11f). Die Eheschließung zwischen Muslimen kann von jedem bekannten Imam oder einem Scharia-Gelehrten durchgeführt werden. Damit ein Eintrag der Eheschließung ins Familienbuch erfolgen kann, muss eine Registrierung bzw. Anmeldung oder staatliche Anerkennung der Eheschließung erfolgen. Eheschließungen, die von einer religiösen Stelle vollzogen wurden, müssen bei den Behörden für zivilrechtliche Angelegenheiten registriert werden, um staatlich anerkannt zu sein. Wurde die Hochzeit vor einem Scharia-Gericht durchführt, besteht die Möglichkeit, das vom Scharia-Gericht erhaltene Zertifikat an die Behörde zu schicken und die Ehe auf diese Weise zu registrieren. Erst durch die Registrierung durch die Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.12.2014 zur Frage der Wirkung einer Eheschließung in Syrien).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/21/0230 und 0231, ausführlich unter Einbeziehung der diesbezüglichen Materialien mit der - im Rahmen der mit BGBl. I Nr. 24/2016 erfolgten Novellierung des AsylG 2005 unverändert gebliebenen - Bestimmung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 auseinandergesetzt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof auch auf die unionsrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere die von den revisionswerbenden Parteien angesprochene Richtlinie 2003/86/EG (Familienzusammenführungsrichtlinie), Bedacht genommen. Weiters hat er darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof infolge eines anlässlich an ihn herangetragenen Falles offenkundig keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gehegt hat.

2. Anwendungen der Rechtsgrundlagen auf den gegenständlichen Fall:

Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich Asylberechtigte XXXX , geb. XXXX , als Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater der Zweitbeschwerdeführerin genannt.

Innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems steht es dem Bundesverwaltungsgericht offen die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

In Verfahren gem. §35 AsylG ist eine Mitberücksichtigung und Prüfung der Interessen nach Art. 8 EMRK erforderlich. (siehe dazu etwa VfGH, 06.06.2014, zu B369/2013 und bereits rezipiert in 23.11.2015, E1510/2015).

Im Beschwerdefall war jedoch festzustellen, dass es aufgrund des Inhaltes der vorliegenden Verwaltungsakte nicht nachvollziehbar ist, welche konkreten Abklärungen und Würdigungen betreffend des auch bereits stattgefundenen und im Verfahren angeführten Familienlebens in den gegenständlichen Verfahren vorgenommen worden sind. In den vorliegenden Verfahren wurde zwar nachvollziehbar und schlüssig dargelegt warum die Echtheit der vorgelegten Dokumente nicht zu verifizieren war. Jedoch sind den gegenständlichen Verwaltungsakten keine bzw. keine ausreichenden Erörterungen zu entnehmen, ob etwa die Antragsteller als auch die Bezugsperson in ihren Verfahren konsistente Ausführungen betreffend eines gemeinsamen Familienlebens erstattet haben, in welcher Weise, bzw. ob überhaupt die Behörde das Bestehen eines Familienleben der Bezugsperson mit den Beschwerdeführerinnen vor der Einreise nach Österreich in den gegenständlichen Verfahren mitberücksichtigt hat. Auch kann den vorliegenden Verwaltungsakten nicht entnommen werden, warum die Vornahme einer DNA Analyse betreffend der Zweitbeschwerdeführerin in casu nicht zweckdienlich erschienen ist, bzw. der Anregung auf Durchführung einer DNA Analyse betreffend der Zweitbeschwerdeführerin nicht entsprochen wurde.

Aufgrund des in den angeführten wesentlichen Teilen unvollständigen Inhaltes der vorliegenden Verwaltungsakte hat das BVwG in den gegenständlichen Verfahren keine ausreichende Entscheidungsrundlage eine diesbezügliche Überprüfung oder auch eigenständige Würdigung gem. Art. 8 EMRK durchzuführen.

Die belangte Behörde wird daher in den gegenständlichen Verfahren diese Ermittlungen und Abklärungen im fortgesetzten Verfahren nachzuholen haben und auf Grundlage dieser Ergebnisse eine neue Entscheidung zu treffen haben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im vorliegenden Fall liegen die tragenden Elemente der Entscheidung allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen der Behörde über die Lage im Vertragsstaat beruht, sowie in der Bewertung der Intensität des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und demgemäß in Tatbestandsfragen.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Einreisetitel, Ermittlungspflicht,
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W168.2173898.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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