TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/12 L501 2202627-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.09.2018
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Entscheidungsdatum

12.09.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L501 2202627-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Vorsitzende und den Richter Mag. Hermann LEITNER sowie den fachkundigen Laienrichter Reg. Rat Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von Frau XXXX, SVNR. XXXX, gegen den vom Sozialministeriumservice mit Schreiben vom 14.03.2018 versandten Behindertenpass OB XXXX wegen dem Grad der Behinderung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) und §§ 1 Abs. 2, 40 Abs. 1, 41 Abs. 1, 43 Abs. 1, 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) sowie § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988 idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Grad der Behinderung 60vH beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Mit einem am 25.10.2017 im Sozialministeriumservice (in der Folge belangte Behörde) eingelangten Schreiben beantragte die nunmehr beschwerdeführende Partei (in der Folge bP) unter Beifügung eines Befundkonvolutes die Neuausstellung des Behindertenpasses wegen Gültigkeitsablauf.

In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 15.02.2018 aus dem Bereich der Allgemeinmediziner wird basierend auf der klinischen Untersuchung am 12.01.2018 im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB

01

Hörorgan, Einschränkungen des Hörvermögens linkes Ohr taub, entsprechend Audiogramm 2016

12.02.01

50

02

Knieendoprothese links radiologisch nachweisbare Veränderungen, geringgradige passive Funktionseinschränkungen, aktive Belastungsschmerzen mit mäßiggradigen Funktionseinschränkungen unklarer Genese

02.05.20

30

03

Trigdminusneuralgie links nach Operation Akustikusneurinom links Teilentfernung 1996 keine sensomotorischen Defizite, keine neuropathologische Ausfälle, keine Medikation, keine facialisparese typischen Ausfallserscheinungen, postoperative Residuen.

04.04.02

10

 

Wirbelsäule, Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen geringen Grades akute kurzdauernde Episoden ohne sensomotorischen Ausfällen, geringgradige radiologische Veränderungen.

02.01.01

10

 

Dypyetrensche Kontraktur rechts, Rizarthrose rechts geringgradige Funktionseinschränkungen

02.06.26

10

Gesamtgrad der Behinderung

50 vH

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Führendes Leiden ist Punkt 1 das durch die negativen Wechselwirkungen mit den Punkten 2,3,4 und 5 zu keiner Anhebung führt.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Im Vergleich zum Vorgutachten ist insgesamt von einer Verbesserung auszugehen. Frau Dickstein führt selbständig viele Physiotherapien durch und nimmt regelmäßig Schmerztabletten ein. Eine Besserung hinsichtlich Funktion und Belastung des KG ist eingetreten, entsprechender Befund REHA Bad Hofgestein liegt vor, aktuelle orthopädische Befunde liegen seit der letzten Begutachtung nicht vor. Punkt 1 gleichbleibend bzgl. herabgesetztes Hörvermögen; Punkt 2 10% da keine sensomotorische Defizite erkennbar

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung: Das Vorgutachten wurde noch nach der RVO erstellt, dieses Gutachten nach der EVO wodurch es zu unterschiedlichen Würdigung der Leiden kommen kann.

Gegen den vom Sozialministeriumservice ohne Einhaltung des Parteiengehörs mit Schreiben vom 14.03.2018 versandten Behindertenpass mit einem eingetragenen GdB von 50 vH erhob die bP fristgerecht Beschwerde, in welcher sie die Herabsetzung ihres Behindertengrades von 80 auf 50 vH monierte; ihr Gesundheitszustand habe sich nicht verbessert, sondern sowohl subjektiv als auch objektiv verschlechtert.

In dem von der belangten Behörde im Hinblick auf die geplante Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 30.05.2018 aus dem Bereich der Orthopädie wird basierend auf der klinischen Untersuchung am 15.05.2018 im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB

01

Funktionseinschränkung linkes Kniegelenk nach Revisionsendoprothese 2013 Schmerzen und Bewegungseinschränkung unter regelmäßiger Schmerzmedikation

02.05.20

30

02

Funktionseinschränkung Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenvorwölbungen belastungsabhängige Schmerzen, Schmerzmedikation wird eingenommen.

02.01.02

30

03

Abnützung Daumensattelgelenk und Bindegewebsverhärtung in der Hohlhand (Dupuytren¿sche Kontraktur) rechts geringgradige Funktionseinschränkung

02.06.26

10

Gesamtgrad der Behinderung

30 vH

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Hauptleiden ist das Leiden in Position 1 durch fehlende zusätzliche erhebliche Einschränkung und Geringfügigkeit erhöhen die weiteren Leiden den GdB nicht.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Das beeinspruchte Vorgutachten wurde bereits nach der EVO eingeschätzt, das Erstgutachten aus 1996 nach der RVO, wodurch es zu einer unterschiedlichen Würdigung der Leiden kommen kann. In diesem Gutachten nur die orthopädisch relevanten Leiden eingeschätzt, bei gesondert vorhandenem allgemeinmedizinischen Gutachten, die übrigen Leiden herausgenommen. Wirbelsäulenleiden bei entsprechender Klinik höher als Vorgutachten.

In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 17.06.2018 aus dem Bereich der Allgemeinmedizinerin wird basierend auf der klinischen Untersuchung am 15.05.2018 im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB

01

Taubheit links und Schwerhörigkeit rechts Entsprechend der klinischen Hörweite und vorgelegtem Audiogramm vom 03.06.2016 liegt deutliche Taubheit links und eine mittelgradig bis höhergradige Schwerhörigkeit rechts vor, Versorgung mit Hörgerät rechts. Laut Anamnese wird mit Hörgerät eine Hörleistung von 25 % erzielt. Keine Kommunikationsprobleme

12.02.01

50

02

Zustand nach Kniegelenksprothese-Implantierung links bei Gonarthrose links Reizzustand des linken Kniegelenkes und Einschränkung der Beweglichkeit bei der Flexion und Extension

02.05.20

30

03

Zustand nach Teilentfernung des Kopftumors mit Trigeminusneuralgie Zustand nach 3-malige Schädeloperation und Neurinomteilentfernung, postoperativ Halbseitenlähmung, Taubheit links und Trigeminusneuralgie links. Besserung der Lähmungserscheinungen. Wegen der persistenten Trigeminusneuralgie links werden 30 % angenommen

04.01.01

30

04

Fehlhaltung der Wirbelsäule und degenerative Veränderungen Entsprechend den mäßigen radiologischen Veränderungen und rezidivierenden Schmerzen, mit Ausstrahlung in den Beinen, links mehr als rechts, und fraglichen Dysästhesien S1 links wird die MdE auf 30 % angehoben

02.01.02

30

05

Dupuytrenische Kontraktur rechts, Arthrose der Finger- und Zehengelenke, Rhizarthrose rechts Entsprechend den zunehmenden radiologischen Veränderungen, Wetterfühligkeit und rezidivierenden Beschwerden eingeschätzt

02.02.01

20

Gesamtgrad der Behinderung

60 vH

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Pkt. 1 steht nach wie vor im Vordergrund wegen der anhaltenden, massiven Beeinträchtigung im Alltag. Pkt. 2 und 4 betreffen andere Organsystems, wirken sich jedoch auf die Mobilität, Belastbarkeit und Schmerzsituation ungünstig aus und erhöhen um 1 Stufe auf 60 %. Pkt.3 erhöht wegen d. Überschneidung mit Pkt.1 nicht weiter. Pkt 5 ist zu gering und steigert nicht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: Schilddrüsenknoten, Geringgradige Harninkontinenz, Zustand nach Kleinfingerfraktur links, Senkspreizfuß beidseits

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Entsprechend den radiologischen Veränderungen, klinischem Befund und rezidivierenden Beschwerden wird der Gesamtgrad der Behinderung auf 60 % angehoben

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

-

Zustand nach Akustikusneurinom-Operation mit Trigeminusneuralgie wird, entsprechend der Intensität der Schmerzen und notwendiger Therapie, mit 30 % eingeschätzt

-

Entsprechend dem vorgebrachten radiologischen Befund der Wirbelsäule ist die Einschätzung mit 30 % gerechtfertigt

-

Zunehmende degenerative Veränderungen der Finger- und Zehengelenke; deshalb Erhöhung der MdE bei Pkt. 5 auf 20 %

-

Gesamtgrad der Behinderung wird auf 60 % angehoben, entsprechend der höhergradigen MdE bei Pkt. 3 u.4

In der von der belangten Behörde eingeholten Gesamtbeurteilung vom 25.07.2018 aus dem Bereich der Allgemeinmedizinerin wird im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB

01

Taubheit links und Schwerhörigkeit rechts Entsprechend der klinischen Hörweite und vorgelegtem Audiogramm vom 03.06.2016 liegt deutliche Taubheit links und eine mittelgradig bis höhergradige Schwerhörigkeit rechts vor, Versorgung mit Hörgerät rechts. Laut Anamnese wird mit Hörgerät eine Hörleistung von 25 % erzielt. Keine Kommunikationsprobleme

12.02.01

50

02

Zustand nach Kniegelenksprothese-Implantierung links bei Gonarthrose links Reizzustand des linken Kniegelenkes und Einschränkung der Beweglichkeit bei der Flexion und Extension

02.05.20

30

03

Zustand nach Teilentfernung des Kopftumors mit Trigeminusneuralgie Zustand nach 3-malige Schädeloperation und Neurinomteilentfernung, postoperativ Halbseitenlähmung, Taubheit links und Trigeminusneuralgie links. Besserung der Lähmungserscheinungen. Wegen der persistenten Trigeminusneuralgie links werden 30 % angenommen

04.01.01

30

04

Fehlhaltung der Wirbelsäule und degenerative Veränderungen Entsprechend den mäßigen radiologischen Veränderungen und rezidivierenden Schmerzen, mit Ausstrahlung in den Beinen, links mehr als rechts, und fraglichen Dysästhesien S1 links wird die MdE auf 30 % angehoben

02.01.02

30

05

Dupuytrenische Kontraktur rechts, Arthrose der Finger- und Zehengelenke, Rhizarthrose rechts Entsprechend den zunehmenden radiologischen Veränderungen, Wetterfühligkeit und rezidivierenden Beschwerden eingeschätzt

02.02.01

20

06

Funktionseinschränkung linkes Kniegelenk nach Revisionsendoprothese 2013 Schmerzen und Bewegungseinschränkung unter regelmäßiger Schmerzmedikation

02.05.20

30

07

Funktionseinschränkung Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenvorwölbungen belastungsabhängige Schmerzen, Schmerzmedikation wird eingenommen

02.01.02

30

08

Abnützung Daumensattelgelenk und Bindegewebsverhärtung in der Hohlhand (Dupuytren¿sche Kontraktur) rechts geringgradige Funktionseinschränkung

02.06.26

10

Gesamtgrad der Behinderung

60 vH

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Pkt. 1 ist das Hauptleiden, mit deutlicher Beeinträchtigung des Alltages. Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und Kniegelenke sind als zusätzliche Erschwernis im Alltag anzusehen und erhöhen um 1 Stufe auf 60 %. Pkt.3 erhöht wegen der Überschneidung mit Pkt.1 nicht weiter. Pkt. 6 und 7 sind mit Pkt. 2 und 4 identisch und können außer Acht gelassen werden. Die Gesundheitsschädigungen unter Pos. 02.06.26 sind in der Pos. 02.02.01 (Pkt. 5) inkludiert. Somit wird Pkt. 8 nicht mehr berücksichtigt. Gesamtgrad der Behinderung: 60 %

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: Senkspreizfuß beidseits, Geringgradige Harninkontinenz, Schilddrüsenvergrößerung, Zustand nach Fraktur des 5. Fingers links, Leichte Facialisbeeinträchtigung links ist in der Pos. 04.01.01, bei Zustand nach mehreren Operationen, mitbewertet

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

-

Reduzierung der MdE bei Zustand nach Neurinomteilentfernung vor Jahren. Diese wurde, entsprechend den Restbeschwerden und Verminderung des Hörvermögens, unter Pos. 04.01.01 und Pos. 12.02.01 bewertet

-

Der Reizzustand des linken Kniegelenkes und degenerative Wirbelsäulenveränderungen wurden weiterhin mit 30 % bewertet

-

Zunahme der degenerativen Veränderungen im Bereich der Finger- und Zehengelenke. Somit wird die Pos. 02.02.01, mit 20 % gewählt

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung: -

Durch die Reduzierung der MdE, bei vor Jahren operiertem Akustikusneurinom und Einschätzung entsprechend den Restbeschwerden und Verminderung des Hörvermögens, reduziert sich der Gesamtgrad der Behinderung auf 60 %, da die orthopädischen Leiden um 1 Stufe steigern.

Da das Beschwerdevorentscheidungsverfahren nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist beendet werden konnte, wurde die Beschwerde samt Akt dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 03.08.2018 zur Entscheidung vorgelegt.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wurden hierauf der bP gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich hierzu zu äußern. Eine Stellungnahme langte nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die bP erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses, sie hat ihren Wohnsitz im Inland.

Aufgrund eines nach der Richtsatzverordnung erstellten Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Neurologie und Psychiatrie (Gesundheitsschädigungen: Trigeminusneuralgie betreffend den 2. Trigeminusast links nach operiertem großem Akustikusneurinom links (Teilentfernung) und partielle periphere Facialisparese links) vom 30.12.1996 wurde von der belangten Behörde die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten bei einem GdB von 80 vH festgestellt. Bei einer von Amts wegen durchgeführten Nachuntersuchung wurde keine Änderung des GdB erkannt und die im Behindertenpass aufscheinende Befristung in der Folge gestrichen. 2014 wurde aufgrund eines Antrags der nunmehr beschwerdeführenden Partei (in der Folge bP) auf Vornahme einer Zusatzeintragung ein Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Unfallchirurgie eingeholt, in dem ohne Zuordnung von Funktionseinschränkungen zu Positionsnummern der Anlage der Einschätzungsverordnung die "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" aufgrund eines Zustandes nach Knieprothesenwechsel links mit anhaltendem Reiszustand und Bewegungseinschränkung beschrieben wird. Im Hinblick auf die empfohlene Nachuntersuchung wurde der Behindertenpass nach Vornahme der Zusatzeintragung bis 31.03.2018 befristet.

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB

01

Taubheit links und Schwerhörigkeit rechts Entsprechend der klinischen Hörweite und vorgelegtem Audiogramm vom 03.06.2016 liegt deutliche Taubheit links und eine mittelgradig bis höhergradige Schwerhörigkeit rechts vor, Versorgung mit Hörgerät rechts. Laut Anamnese wird mit Hörgerät eine Hörleistung von 25 % erzielt. Keine Kommunikationsprobleme

12.02.01

50

02

Zustand nach Kniegelenksprothese-Implantierung links bei Gonarthrose links Reizzustand des linken Kniegelenkes, Einschränkung der Beweglichkeit bei der Flexion und Extension, Schmerzmedikation

02.05.20

30

03

Zustand nach Teilentfernung des Kopftumors mit Trigeminusneuralgie Zustand nach 3-malige Schädeloperation und Neurinomteilentfernung, postoperativ Halbseitenlähmung, Taubheit links und Trigeminusneuralgie links. Besserung der Lähmungserscheinungen. Wegen der persistenten Trigeminusneuralgie links werden 30 % angenommen

04.01.01

30

04

Fehlhaltung der Wirbelsäule und degenerative Veränderungen Entsprechend den mäßigen radiologischen Veränderungen und rezidivierenden Schmerzen mit Ausstrahlung in den Beinen, links mehr als rechts, und fraglichen Dysästhesien S1 links , Schmerzmedikation

02.01.02

30

05

Dupuytren'sche Kontraktur rechts, Arthrose der Finger- und Zehengelenke, Rhizarthrose rechts Entsprechend den zunehmenden radiologischen Veränderungen, Wetterfühligkeit und rezidivierenden Beschwerden eingeschätzt

02.02.01

20

Gesamtgrad der Behinderung

60 vH

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Die Funktionseinschränkung unter lfd. Nr. 01 ist wegen der anhaltenden massiven Beeinträchtigung im Alltag das führende Leiden. Die unter lfd. Nr. 02 und 04 gelisteten Leiden betreffen andere Organsysteme, wirken sich jedoch ungünstig auf die Mobilität, Belastbarkeit und Schmerzsituation aus, was zu einer maßgeblichen Verschlechterung der Gesamtsituation führt, und erhöhen deshalb um eine Stufe auf 60 vH. Die Funktionsbeeinträchtigung unter lfd. Nr. 03 bewirkt aufgrund der Überschneidung der funktionellen Auswirkungen (Taubheit links) keine weitere Erhöhung der lfd. Nr. 01. Die unter lfd. Nr. 05 angeführte Beeinträchtigung steigert aufgrund ihrer Geringfügigkeit nicht.

Folgende Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: Senkspreizfuß beidseits, geringgradige Harninkontinenz, Schilddrüsenvergrößerung, Zustand nach Fraktur des 5. Fingers links, leichte Facialisbeeinträchtigung links ist in der Pos. 04.01.01 - bei Zustand nach mehreren Operationen - mitbewertet

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde sowie des Gerichtsaktes.

Die von der belangten Behörde eingeholte sachverständige Gesamtbeurteilung beruht auf zwei ausführlich begründeten und schlüssigen Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Orthopädie vom 30.05.2018 und der Allgemeinen Medizin vom 17.06.2018, ist nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Die vorliegenden Funktionseinschränkungen wurden von den Sachverständigen jeweils im Rahmen einer klinischen Untersuchung unter Berücksichtigung der im Akt einliegenden Befunde sowie Vorgutachten erhoben und den entsprechenden Positionsnummern der Einschätzungsverordnung zugeordnet. Die im Vergleich zu den Vorgutachten abweichenden Einschätzungen wurde schlüssig und nachvollziehbar erklärt, wobei zwecks Vermeidung von Wiederholungen grundsätzlich auf die diesbezüglichen unter Punkt I. wiedergegebenen sachverständigen Ausführungen zu verweisen ist.

Die im Vergleich zum Vorgutachten vom 30.12.1996 geänderte Einstufung des Zustandes nach Akustikusneurinomteilentfernung vor Jahren ist einerseits der nach § 41 Abs. 1 BBG nunmehr anzuwendenden Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) an Stelle der Richtsatzverordnung (BGBl. Nr. 150/1965) geschuldet sowie andererseits der von der Sachverständigen festgestellten Verbesserung des Krankheitsbildes (vgl. lfd. Nr. 03), welche sich u. a. auch bei einer vergleichenden Befundbetrachtung zeigt:

"Befund aus 1996: Kopf Blickbewegungen frei, kein pathologischer Nystagmus, seitengleiche normale Pupillenreaktionen, Lidschluß beidseits vollständig, Facialis: deutliche Unterinnervation des linken Mundwinkels, geringfügig abgeschwächter Lidschluß links, der linke Musculus frontalis wird zumindest teilinnerviert, leichte Kontrakturneigung der mimischen Muskulatur linksseitig. Hypästhesie im Bereich des 1. und 2. Trigeminusastes rechts, Triggerung eines typischen Neuralgieschmerzes, ausgehend von der Oberkieferregion links.

Befund aus 2018: CAPUT u. COLLUM: Augen unauffällig, Pupillen reagieren prompt auf Licht und Konvergenz, keine Doppelbilder, kein Nystagmus; Ohren: Taubheit links, hochgradige Schwerhörigkeit rechts bei Zustand nach mehrmaliger Kopftumoroperation, Trigeminusneuralgie links, keine Sprachstörung, mehrere kleine Narben am Hinterkopf und occipital sichtbar, reaktionslos"

Der Zustand nach Neurinomteilentfernung wurde daher entsprechend der Restbeschwerden, insbesondere der persistenten Trigeminusneuralgie sowie der Schmerzintensität samt der notwendigen Therapie und der Taubheit links der Pos. Nr. 04.01.01 mit einem GdB von 30 vH zugeordnet, die Taubheit links zudem mitsamt der Schwerhörigkeit rechts der Pos. Nr. 12.02.01. mit 50 vH.

Das Knieleiden wurde als Funktionseinschränkung mittleren Grades der Pos. Nr. 02.05.20 zugeordnet und stimmt dies nachvollziehbar mit den vorliegenden klinischen Symptomen und dem Bewegungsumfang (blande Narbe, bandstabil, Reizzustand, Extension/Flexion S: 0-90°/80°; Streckdefizit ca. 5-10 Grad) überein. Die einen höheren GdB bewirkende Positionsnummer 02.05.22 sieht dagegen ein Streckdefizit von zumindest 30° vor.

Das Wirbelsäulenleiden wurde als Funktionseinschränkung mittleren Grades der Pos. Nr. 02.01.02 zugeordnet und aufgrund der mäßigen radiologischen Veränderungen und rezidivierenden Schmerzen mit Ausstrahlung in die Beine nachvollziehbar mit dem unteren Grenzwert eingeschätzt; durch das Leiden bedingte Dauerschmerzen oder maßgebliche Einschränkungen im Alltag werden nicht beschrieben.

Eingang in das Begutachtungsergebnis fanden auch die unter lfd. Nr. 05 aufgelisteten Funktionseinschränkungen, wobei die Einschätzung mit dem höheren Rahmensatz aufgrund der zunehmenden radiologischen Veränderungen und den rezidivierenden Beschwerden erfolgte. Die im Hinblick auf den GesamtGdB nicht steigernde Wirkung aufgrund Geringfügigkeit ergibt sich schlüssig bereits aus der Zuordnung zur Pos.Nr. 02.02.01 ‚mit funktionellen Auswirkungen geringen Grades'.

Die bP hatte ausreichend Gelegenheit die begründeten Darlegungen der Sachverständigen in geeigneter Weise, etwa mit einem von ihr selbst in Auftrag gegebenen Gutachten oder durch Vorlage von Beweismittel zu entkräften; dies hat sie jedoch unterlassen. Die Vorbringen der bP waren zudem nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung zu entkräften, auch weil sie nicht konkret und mit näherer Begründung die Unschlüssigkeit des Gutachtens dargelegten (vgl. VwGH vom 05.10.2016, Ro 2014/06/0044). Soweit eine willkürliche Herabsetzung des GdB behauptet wird, ist auf die obigen Ausführungen zu den vorgenommenen Einschätzungen zu verweisen.

Da die der Entscheidung zu Grunde gelegten Sachverständigengutachten zudem mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch steht, werden sie in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG) Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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