TE Bvwg Beschluss 2018/9/12 L501 2201843-1

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Veröffentlicht am 12.09.2018
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Entscheidungsdatum

12.09.2018

Norm

BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

L501 2201843-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Vorsitzende und den Richter Mag. Hermann LEITNER sowie den fachkundigen Laienrichter Reg. Rat. Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von Frau XXXX, XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice vom 03.05.2017, OB XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

Mit dem am 20.02.2017 beim Sozialministeriumservice (in der Folge belangte Behörde) eingelangten Schreiben beantragte die beschwerdeführende Partei (in der Folge bP) die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass.

In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin vom 03.05.2017 wird basierend auf der klinischen Untersuchung am 27.04.2017 im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Derzeitige Beschwerden: Im Vordergrund der Beschwerden steht die Atemnot bei Asthma bronchiale - bekommt keine " Luft". Die Gehstrecke wird von der Patientin mit 200 m angegeben-sie können nur zwei Stufen überwinden. Sie wohne am Land, könne daher zur nächsten Haltestelle nicht so weit gehen. Außerdem berichtet sie über Schmerzen im Bereich des Achsenskelettes und in mehreren Gelenken (Kniegelenke, Wirbelsäule, Sprunggelenk links).

Gesamtmobilität - Gangbild: Mobilität: Die Gehstrecke wird von der Patientin mit ca. 200 m angegeben, Einbeinstand, Zehen-und Fersengang relativ unsicher durchführbar, das Gangbild ist kleinschrittig, relativ sicher

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

01

Degenerative Veränderungen des Bewegungsapparates-Kniegelenk links, Hüftgelenk links>rechts, Sprunggelenk links- Zust.n. Hüft-Totralendoprothese links.

02

Asthma bronchiale-mittelschwere Form, mit Therapie weitgehend stabil.

03

Tinnitus bds.

04

Arterielle Hypertonie.

05

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule- Bewegungseinschränkung.

06

Depressio.

Die im Hinblick auf die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gestellten Fragen wurden wie folgt beantwortet:

Derzeit bestehen Schmerzen in mehreren großen Gelenken und im Achsenskelett- eine Gehstrecke von 300-400 m ist aber derzeit der Patienten noch zumutbar, da keine erheblichen Bewegungseinschränkungen vorliegen. Auch die Überwindung von Stufen zum Ein-und Aussteigen sowie die Standfestigkeit in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist derzeit gegeben. Die Eintragung der Unzumutbarkeit bzw. Ausstellung eines Parkausweises kann derzeit nach den Bestimmungen der EVO nicht vorgenommen werden.

Gutachterliche Stellungnahme: Patientin ist derzeit in der Lage ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen-Bewegungseinschränkungen liegen vor, jedoch nicht in einem erheblichen Ausmaß, um die Eintragung der Unzumutbarkeit bzw. Ausstellung eines Parkausweises zu rechtfertigen.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wies die belangte Behörde ohne Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab. Neben der Zitierung der rechtlichen Grundlagen wurde festgehalten, dass gemäß den dem Bescheid beiliegenden und einen Teil der Begründung bildenden Ergebnissen des ärztlichen Begutachtungsverfahrens die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen.

In ihrer fristgerecht erhobenen Beschwerde verwies die bP auf der belangten Behörde bekannte Befunde, aus denen eine deutliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit und der zumutbaren Wegstrecke hervorginge und sie aufgrund ihrer Lungenfunktion keine Wegstrecke ohne Pause von 300m zurücklegen könne. Der Beschwerde angeschlossen war ein Befundbericht von einem Lungenfacharzt, wonach die zurücklegbare Wegstrecke deutlich unter 300 m liege.

Mit Schreiben vom 26.07.2018 legte die belangte Behörde ohne weitere Ermittlungen oder Verfahrensschritte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Im gegenständlichen Verfahren wurden die notwendigen Ermittlungen bzw. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes unterlassen.

Beim ho. Verwaltungsgericht geht laufend eine Vielzahl von Rechtssachen ein, in denen die belangte Behörde die Gewährung des Parteiengehörs unterließ und der/die Antragsteller/in vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erst durch das/die dem Bescheid beigefügte/n Gutachten in Kenntnis gesetzt wurde.

II.2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde sowie des Bundesverwaltungsgerichtes.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Zu A) Aufhebung und Zurückverweisung

II.3.1 zu ermittelnder Sachverhalt/gebotene Vorgehensweise

Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist in den Behindertenpass auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

Die zur Rechtslage vor Erlassung der Verordnung BGBl. II Nr. 495/2013 ergangene Rechtsprechung ist zur Beurteilung der Voraussetzungen der Zusatzeintragung nach § 1 Abs. 4 Z 3 unverändert von Bedeutung. Zu prüfen ist daher, ob die bP an einer dauerhaften Mobilitätseinschränkung leidet und wie sich diese nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt.

Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien in diesen Verfahren Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich hierzu zu äußern. Die gegenständlich anzuwendenden Rechtsvorschriften sehen keine Ausnahme von dieser Obliegenheit vor. Die Möglichkeit der Partei, sich durch Akteneinsicht Kenntnis von den relevanten Tatsachen zu verschaffen, entbindet die Behörde nicht von ihrer Verpflichtung Parteiengehör zu gewähren. Im Verwaltungsverfahren ist zudem das Überraschungsverbot zu beachten, d. h. es ist der Behörde verwehrt, in ihrer rechtlichen Würdigung Sachverhaltselemente einzubeziehen, die der Partei unbekannt sind (vgl. VwGH vom 29.10.2015, Ro 2015/07/0032 mwN).

II.3.2. Kassation

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte darstellt. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt insbesondere dann in Betracht, wenn diese jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinne einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Nach der Rechtsprechung genügt es nicht, in den ärztlichen Sachverständigengutachten bloß die dauernde Gesundheitsschädigung darzustellen, vielmehr müssen in dem Gutachten die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt werden.

Im konkreten Fall hätte daher mit Hilfe der ärztlichen Sachverständigen u.a. festgestellt werden müssen, ob die bP - aus objektiver Sicht - über die erforderliche Beweglichkeit (aktive und passive Gelenksfunktion, zielgerichtete Durchführung wiederkehrender Bewegungen, Faustschluss,..) verfügt, um öffentliche Verkehrsmittel (Hingehen zur Haltestelle, Einsteigen, längeres Stehen, Anhalten an Einsteigegriffen und Haltestangen und Aussteigen) zu benützen sowie insbesondere ab welcher Gehstrecke bzw. bei welchen Bewegungsabläufen Schmerzen welchen Ausmaßes (vgl. zur rechtlichen Bedeutung der Art und des Ausmaßes von Schmerzen im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auch das Erkenntnis des VwGH vom 20. Oktober 2011, 2009/11/0032) oder andere Leidenszustände auftreten. Die Aussage im Gutachten "Derzeit bestehen Schmerzen in mehreren großen Gelenken und im Achsenskelett- eine Gehstrecke von 300-400 m ist aber derzeit der Patienten noch zumutbar" genügt nicht, zumal die bP im Rahmen der Anamnese angegeben hat, dass sie Schmerzen im Bereich des Achsenskelettes und in mehreren Gelenken (Kniegelenke, Wirbelsäule, Sprunggelenk links) habe.

Des Weiteren wurden bei der festgestellten Funktionseinschränkung "Asthma bronchiale" weder deren konkrete Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beschrieben noch ob die Erkrankung die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tatsächlich verhindere. Dies, obwohl im Gutachten unter Punkt "Derzeitige Beschwerden" wie folgt ausgeführt wird: "Im Vordergrund der Beschwerden steht die Atemnot bei Asthma bronchiale-bekommt keine " Luft". Die Gehstrecke wird von der Patientin mit 200 m angegeben-sie können nur zwei Stufen überwinden."

Der für eine rechtlich einwandfreie Entscheidung notwendige maßgebliche Sachverhalt ist daher in der erforderlichen Gesamtschau als nur im Ansatz - nämlich welche Beeinträchtigungen vorliegen - ermittelt anzusehen.

Der verfahrensgegenständliche Bescheid erging des Weiteren ohne Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG und wurde das in der Begründung zum Bestandteil des Bescheides erklärte Sachverständigengutachten in Kopie angehängt.

Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird der Mangel des Parteiengehörs im Beschwerdeverfahren durch die mit der Beschwerde gegebenen Möglichkeit der Stellungnahme zu einem Beweismittel saniert. In diesem Zusammenhang ist jedoch auch beachtlich, dass seitens der belangten Behörde in einer gehäuften Anzahl von Fällen auf die Einhaltung dieses fundamentalen Verfahrensgrundsatzes verzichtet wird. Die Verwaltungsbehörde unterlässt letztlich offensichtlich gezielt und systematisch Ermittlungen, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden müssen (vgl. das bereits zitierte Erk. d. VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063). Es kommt zu einer wesentlichen Verlagerung des Ermittlungsverfahrens auf die Verwaltungsgerichte, zumal den Parteien zu Kenntnis gebrachte Sachverständigengutachten in der Regel umfangreiche Stellungnahmen nach sich ziehen und das Verwaltungsgericht sodann nicht bloß Ergänzungen von bereits im behördlichen Verfahren eingeholten - wenn auch unvollständigen - Sachverständigengutachten vorzunehmen, sondern vielmehr weitere, neue Gutachten einzuholen hat.

Durch das beschriebene Vorgehen der belangten Behörde wurden gegenständlich in der Beschwerde unter Vorlage bzw. Hinweis von Befunden sowohl Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit als auch der Lungenfunktion moniert.

Das Verwaltungsgericht hätte daher nicht nur Ergänzungen des im behördlichen Verfahren erhobenen Sachverhalts vorzunehmen, sondern sehr viel weitreichendere Erhebungen zu pflegen, insbesondere - auch im Hinblick auf die lange Dauer bis zur Vorlage - ein weiteres Gutachten einzuholen. Der für eine rechtlich einwandfreie Entscheidung notwendige maßgebliche Sachverhalt ist daher in der erforderlichen Gesamtschau als nur im Ansatz ermittelt anzusehen und wurden verpflichtende Verfahrensschritte bewusst nicht gesetzt, sondern an das Verwaltungsgericht delegiert.

Eine Heranziehung des § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG verbietet sich des Weiteren unter Effizienzgesichtspunkten, zumal die Verwaltungsbehörde die erforderlichen Ermittlungsschritte und damit die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes im Sinne des Gesetzes zumindest mit der gleichen Raschheit und mit niedrigeren Kosten als das Verwaltungsgericht bewerkstelligen wird können. Es ist vielmehr sogar davon auszugehen, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht keinesfalls mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre, zumal die belangte Behörde über einen auf die Einholung von ärztlichen Gutachten geschulten sowie spezialisierten Verwaltungsapparat verfügt, welcher sowohl bei der Auswahl der Fachrichtung der Sachverständigen als auch bei auftretenden medizinischen Fragestellungen sowie allenfalls erforderlichen Zusammenfassungen von Gutachten auf das Fachwissen des in die Behörde integrierten sowie unmittelbar im Haus lokalisierten ärztlichen Dienst zurückgreifen kann. Bei der Beurteilung der Kostenersparnis und Raschheit kommt es darüber hinaus nicht auf die Auswirkungen auf das Gesamtverfahren, sondern nur auf die Ersparnis an Zeit und Kosten für die jeweilige konkrete Amtshandlung an. Dass die Zurückverweisung den gesamten Verfahrensverlauf verlängert, ist bei der Zeit- und Kostenersparnis nicht in Rechnung zu stellen, weil ansonsten eine kassatorische Entscheidung nie in Frage käme (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG [2007], § 66 Rz 20 mwN).

Ausgehend von diesen Überlegungen ist daher im gegenständlichen Fall das dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumte Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung auszuüben und das Verfahren an die belangte Behörde zurückzuverweisen, welches das Ermittlungsverfahrens unter Beachtung obiger Ausführungen durchzuführen und sodann neuerlich in der Sache zu entscheiden hat.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,
Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L501.2201843.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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