TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/12 L501 2181723-1

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Veröffentlicht am 12.09.2018
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Entscheidungsdatum

12.09.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L501 2181723-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Vorsitzende und den Richter Mag. Hermann LEITNER sowie den fachkundigen Laienrichter Reg. Rat Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von Herrn XXXX, VSNR. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice vom 28.09.2017, OB XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) und §§ 1 Abs. 2, 42 Abs. 1, 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) sowie § 1 Abs. 4 Z 3 und Abs. 5 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die nunmehr beschwerdeführende Partei (in der Folge bP) beantragte mit am 13.01.2017 bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben unter Beifügung eines onkologischen Befundes die Ausstellung eines Behindertenpasses.

In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage vom 21.04.2017 wird von der Gutachterin Dr. M. aus dem Bereich der Allgemeinmedizin im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB

01

Kleinzellig neuroendokrines Bronchus-CA - ausgedehnte mediastinale Tumorformation mit Einscheidung der großen Gefäße und des zentralen Tracheobronchialsystems, milchglasartige flächige Trübung im Bereich der Lingula mit subpleuralen Plaques, Alveolarzellkarzinom möglich, ED 09/2016; Neoadjuvante Chemotherapie mit Cisplatin und Etoposid, geplant 4 Zyklen, anschließend Reevaluierung der Operabilität - innerhalb der Heilungsbewährung mit weiterführender Behandlungsnotwendigkeit;

13.01.04

100

02

PAVK mit Z. n. mehrmaligen Interventionen - unauffälliger Cross over Bypass und Composit-Bypass; Die Bewertung wird vom Vorgutachten übernommen;

05.03.02

20

03

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule ohne funktionelle Einschränkungen; Die Bewertung wird vom Vorgutachten übernommen;

02.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung

100 vH

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: In Anbetracht der Schwere der Erkrankung sind bis zum Ablauf der Heilungsbewährung 100 % Gesamtgrad der Behinderung gerechtfertigt.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Steigerung des Gesamtgrades der Behinderung von 20 % auf 100 % durch das neu hinzugekommene Leiden Nummer 1. Nachuntersuchung 10/2021 weil Heilungsbewährung abgeschlossen ist.

Die im Hinblick auf die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gestellten Fragen wurden wie folgt beantwortet: Es finden sich keine Hinweise in den Befunden auf Funktionseinschränkungen weshalb öffentliche Verkehrsmittel nicht benützt werden könnten.

Mit Schreiben vom 24.04.2017 wurde der bP der Behindertenpass im Scheckkartenformat ohne Zusatzeintragung übermittelt.

Mit einem am 15.05.2017 bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben beantragte die bP die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass.

In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin vom 07.09.2017 wird von Dr. D. basierend auf der klinischen Untersuchung am 05.07.2017 im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Gesamtmobilität - Gangbild: sicher aufrecht raumgreifend ohne Hilfsmittel

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

01

Lungenkrebserkrankung

02

Arterielle Verschlusskrankheit der linken unteren Extremität

03

Aufbraucherscheinungen der Wirbelsäule

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: keine Veränderung objektivierbar

Die im Hinblick auf die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gestellten Fragen wurden wie folgt beantwortet:

Es lässt sich aus der Befundlage und der klinischen Untersuchung keine Funktionseinschränkung objektivieren, die das Zurücklegen einer Wegstrecke von 300-400 m nicht zulässt, das Einsteigen und Aussteigen in öffentliche Verkehrsmittel sowie der Transport darin ist möglich; aktuell keine Evidenz für Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab. Neben der Zitierung der rechtlichen Grundlagen wurde festgehalten, dass gemäß den dem Bescheid beiliegenden und einen Teil der Begründung bildenden Ergebnissen des ärztlichen Begutachtungsverfahrens die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen.

In ihrer fristgerecht erhobenen Beschwerde gegen die Nichtvornahme der Zusatzeintragung führte die bP ohne Vorlage von Beweismittel aus, dass es für sie bei alltäglichen Aufgaben sowie erforderlichen Spitalsbehandlungen sehr schwer sei, einen weiter entfernten Parkplatz zu erreichen; mangels ausreichendem Parkangebot müsse sie zur Absolvierung ihrer Spitalstermine einen sehr schmerzhaften und anstrengenden Fußweg von mindestens 30 min in Kauf nehmen. Dabei sei sie gezwungen mehrere Pausen einzulegen, da ihr Bein über diese Strecke mehrmals den Dienst versage und ihr aufgrund ihres Lungenproblems die Luft wegbliebe.

In Hinblick auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde die bP mit Schreiben vom 06.12.2017 aufgefordert, aktuelle medizinische Unterlagen zu übermitteln. Am 29.12.2017 langte ein onkologischer Befundbericht 2017/08 ein.

Da das Beschwerdevorentscheidungsverfahren nicht in der gesetzlich vorgesehenen Zeit beendet werden konnte, wurde die Beschwerde samt Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen wurde die bP mit Schreiben vom 08.01.2018 aufgefordert, aktuelle medizinische Unterlagen - insbesondere zu den Beingefäßen bzw. dem Bronchialkarzinom - zu übermitteln, die die vorgebrachten Auswirkungen belegen. Am 15.01.2018 langten ein onkologischer Ambulanzbefund 12/2017 sowie ein Spitalsbefund vom 06.02.2014 betreffend Bypass-Anlage bei PVAK IIb.

Seitens des Verwaltungsgerichts wurde sodann von dem bereits im Verwaltungsverfahren mit der Rechtssache befassten Sachverständigen eine Gutachtensergänzung eingeholt, die am 23.02.2018 erstellt, am 16.05.2018 im Bundesverwaltungsgericht einlangte und in der wie folgt ausgeführt wird:

"Entscheidend für die Fähigkeit, eine Wegstrecke von 300-400 m zurücklegen zu können, ist die Beschaffenheit des Bewegungsapparates, vor allem der unteren Extremitäten, sowie die Belastbarkeit des Kreislaufsystems. Während der Untersuchung am 5.7.2017 präsentierte sich die bP in einem ausreichenden Allgemeinzustand sowie in einem stabilen cardiorespiratorischem Zustand, es lag keine Atemnot und keine Cyanose vor, der Lungenbefund war bis auf ein leichtes Giemen auskultatorisch unauffällig. Bezüglich Herz-Kreislaufsystem war die Fähigkeit, eine Wegstecke von 300-400 m zurückzulegen, auf jeden Fall gegeben.

Arterielle Verschlußkrankheit der linken unteren Extremität: Im Vorgutachten vom 19.4.2017 sowie im Befund vom 18.8.2017 wird diesbezüglich beschrieben :PAVK mit Z.n.mehrmaligen Interventionen-unauffälliger Cross over Bypass und Composit-Bypass. Im Rahmen der Begutachtung am 5.7.2017 war das Gangbild der Partei sicher aufrecht raumgreifend ohne Hilfsmittel, subjektiv wurde ein Kältegefühl des Beines beschrieben, das Auftreten von starken Schmerzzuständen beim Gehen wurde nicht beschrieben, im neuen Befund vom 21.12.2017 liegt kein aktueller Gefässchirurgischer Befund vor, daher lässt sich weiterhin kein Befund obektivieren, welcher das Zurücklegen einer Wegstrecke von 300-400 m aus diesem Leiden unmöglich macht. Es wird die Einholung eines aktuellen Gefässchirurgischen Befundes bzw. die Einholung einer entsprechenden Stellungnahme empfohlen.

Aufbraucherscheinungen der Wirbelsäule: Es liegen keine aktuellen orthopädischen Befunde vor, während der Untersuchung am 5.7.2017 war die Wirbelsäule weitgehend physiologisch beweglich, Drehung/Rotation der Brustlendenwirbelsäule war endlagig eingeschränkt, Finger-Bodenabstand war 10 cm, Auftreten von starken Schmerzen an der Wirbelsäule wurde im Rahmen der Untersuchung nicht artikuliert. Die oberen Extremtitäten waren weitgehend frei beweglich, die Benutzung von Haltegriffen war jedenfalls möglich, Standsicherheit war gegeben, Knieheben auf Hüfthöhe war beiderseits gegeben, damit war auch die Überwindung von Höhendifferenzen, wie sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel auftreten und beim Einnehmen und Verlassen eines Sitzplatzes auftreten, möglich.

Stellungnahme bezüglich neu vorgelegter Befunde vom 21.12.2017: In dem neu vorgelegten Befund ergibt sich keine Erweiterung der vorbestehenden Diagnosen. Im Befund wird findet sich keine Einschätzung der cardiorespiratorischen Belastungsbreite , keine Beschreibung des Allgemeinzustandes, es wird beschrieben, dass der Patient über Appetitlosigkeit sowie rasches Sättigungsgefühl klagt, im Thorax-CT wird beschrieben: "weiterhin kein sicherer Tumoranhalt intrapulmonal" (Seite 3 von 4, Zeile 14 von oben), es findet sich auch kein aktueller Gefässchirurgischer Befund.. Bezüglich Beweglichkeit/Belastarkeit des Bewegungsapparates findet sich in diesem Befund keine aktuelle Beschreibung oder Einschätzung. Insofern ergeben sich daher aus dem vorgelegten Befund vom 21.12.2017 keine relevanten Erweiterungen der vorbestehenden Einschätzungskriterien. Gutachterlicherseits erscheint diesbezüglich die Durchführung einer Ergometrie sinnvoll zu sein, da damit die cardiorespiratorische Belastungsbreite quantifiziert werden kann."

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wurden der bP sowie der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich hierzu zu äußern. In ihrer am 21.06.2018 eingelangten Stellungnahme führte die bP aus, dass sie eine neuerliche Untersuchung wünsche, da sich ihr Gesundheitszustand weiter verschlechtert habe. Um ihre Krankenhaustermine abwickeln zu können, müsse sie mehr als 1000m gehen, wofür sie ca. 15 - 20 Minuten mit zwei Pausen brauche.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die bP hat ihren Wohnsitz im Inland, sie ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 100 vH.

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

01

Lungenkrebserkrankung

02

Arterielle Verschlusskrankheit der linken unteren Extremität

03

Aufbraucherscheinungen der Wirbelsäule

Die bP kann eine kurze Wegstrecke von 300 m bis 400 m ohne fremde Hilfe und ohne Hilfsmittel zurücklegen, das Gangbild ist dabei sicher, aufrecht und raumgreifend. Das Aus- und Einsteigen in öffentliche Verkehrsmittel ist unter Berücksichtigung üblicher Niveauunterschiede ohne fremde Hilfe ebenso gewährleistet wie das Anhalten an Haltegriffen und der sichere Stand unter Berücksichtigung transporttypischer Bewegungen.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang sowie die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde sowie des Gerichtsaktes.

Die Feststellungen basieren auf dem von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 07.09.2017 samt der vom Verwaltungsgericht beauftragten Ergänzung. Die Einschätzungen des Sachverständigen beruhen auf einer klinischen Untersuchung, sind ausführlich begründet, schlüssig und nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Es wird auf die Art der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Ausmaß eingegangen sowie insbesondere die Auswirkungen auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel beurteilt. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird grundsätzlich auf die unter Punkt I. wiedergegeben Ausführungen des Sachverständigen verwiesen.

Die in der Beschwerde beschriebene Luftnot als Folge der Lungenkrebsbehandlung konnte im Rahmen der klinischen Untersuchung nicht verifiziert werden; so präsentierte sich die bP in einem ausreichenden Allgemeinzustand sowie in einem stabilen cardiorespiratorischem Zustand, es lag keine Atemnot und keine Cyanose vor, der Lungenbefund war bis auf ein leichtes Giemen auskultatorisch unauffällig. Auch dem über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts vorgelegten Ambulanzbefund Onkologie ist keine Beeinträchtigung des Herz-Kreislaufsystems zu entnehmen; so wird über eine Appetitlosigkeit und ein rasches Sättigungsgefühl berichtet sowie ein Thorax-CT beschrieben: "weiterhin kein sicherer Tumoranhalt intrapulmonal".

Hinsichtlich der monierten Beinbeschwerden ist zunächst auf die gutachterlichen Ausführungen zu verweisen, wonach sich das Gangbild der bP als sicher, aufrecht, raumgreifend und ohne Hilfsmittel darstellt sowie erneut auf den Ambulanzbefund Onkologie, der diesbezüglich wie folgt beschreibt: PAVK mit Z.n. mehrmaligen Interventionen - unauffälliger Cross over Bypass und Composit-Bypass. Die bP hat trotz Aufforderung im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht keine aktuellen medizinische Unterlagen die Gefäßsituation betreffend in Vorlage gebracht. Die von ihr übermittelten Gefäßchirurgischen Krankenhausbefunde stammen aus dem Jahr 2014, sie berichten u.a. von der komplikationslos durchgeführten Bypass-Anlage.

Die von der bP vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens, vielmehr wurden sie von dem Sachverständigen eingesehen und in seine Einschätzung miteinbezogen, wonach sich keine Funktionseinschränkung objektivieren lässt, die das Zurücklegen einer Wegstrecke von 300-400 m nicht zulässt. Des Weiteren ist zu bemerken, dass die bP nicht nur in ihrer Beschwerde, sondern auch in ihrer am 21.06.2018 eingelangten Stellungnahme von der Zurücklegung weiterer Strecken spricht. So bewältigt sie nach eigener Angabe mehr als 1000 Meter in ca. 15 - 20 Minuten mit zweimaliger Pause; dies entspricht etwa einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 m ohne Pause.

Die bP hatte ausreichend Gelegenheit, die Darlegungen des Sachverständigen in geeigneter Weise, etwa mit einem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten oder durch Vorlage aktueller aussagekräftiger Beweismittel (u.a. Gefäßsituation) zu widerlegen; dies hat sie jedoch unterlassen. Mit ihren Beschwerdeausführungen zeigt die bP auch keine Widersprüche, Ungereimtheiten oder Mängel des Sachverständigengutachtens auf, die eine Beeinspruchung auch ohne einem Entgegentreten auf gleichem fachlichen Niveau ermöglicht hätten (vgl. VwGH vom 20.10.2008, 2005/07/0108).

Der Wunsch nach einer weiteren Untersuchung ist als Erkundungsbeweis im Sinne der Rechtsprechung zu werten, zumal eine solche Untersuchung nicht dazu dient, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern ihr erst ermöglichen soll, ein solches zu erstatten (vgl. VwGH vom 16.10.2002, 2002/03/0026, vom 09.09.2016, Ra 2014/02/0059). Der Pflicht der Behörde zur amtswegigen Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes ist jedoch die Mitwirkungspflicht der Partei gegenübergestellt, der insbesondere dort Gewicht zukommt, wo ihr eine bessere Kenntnis der Sachlage zuzumuten ist (vgl. VwGH vom25.05.2005, 2004/09/0030). Die bP ist dieser Mitwirkungsverpflichtung trotz wiederholter Aufforderung nicht nachgekommen und auch in den beinahe zwei Monaten nach Übermittlung des Ergänzungsgutachten keine Befunde nachgereicht.

Die Vorbringen sind daher nicht geeignet, die Feststellungen des Sachverständigen zu entkräften bzw. eine weitere Beweisaufnahme zu bedingen, weshalb das Gutachten in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt wird. Da das Sachverständigengutachten samt Ergänzung auch mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch steht, wird es in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen (§ 47 BBG).

Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes [...]

2. die Feststellung, dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes [...]

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)

Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservices. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)

Die bP kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen und ist das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke zu Fuß aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe ebenso gegeben wie das Überwinden üblicher Niveauunterschiede und die sichere Beförderung im öffentlichen Verkehrsmittel.

Dem Vorbringen, sie müsse weitere Wegstrecken zurücklegen, da die Parkplatzsituation beim Krankenhaus schlecht sei, ist zu entgegen, dass es bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entscheidend auf die Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ankommt, nicht aber auf andere Umstände (vgl. VwGH vom 22.10.2002, 2001/11/0258). Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass die festgestellte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Voraussetzung für die Ausstellung des Parkausweis ist.

Die Auswirkungen der bestehenden Funktionseinschränkungen bedingen daher gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs nicht die Unzumutbarkeit, zumal die Erreichung des mit der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels angestrebten Ziels gewährleistet ist.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen. Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Maßgebend für die Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Wie unter Punkt II. 2. ausgeführt, wurde das der Entscheidung zu Grunde gelegte - auf Basis einer klinischen Untersuchung erstellte - Gutachten samt Ergänzung als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet, auch wurde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht kein substantiiertes Vorbringen erstattet. Es wurde keine Rechts- oder Tatfrage aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Dies lässt die Einschätzung zu, dass von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L501.2181723.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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