Entscheidungsdatum
12.09.2018Norm
BBG §40Spruch
L501 2171925-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Vorsitzende und den Richter Mag. Hermann LEITNER sowie den fachkundigen Laienrichter Reg. Rat Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von Herrn XXXX, XXXX, gegen den vom Sozialministeriumservice mit Schreiben vom 25.07.2017 versandten Behindertenpass OB XXXX wegen dem Grad der Behinderung und der Zusatzeintragung "Bedarf einer Begleitperson" zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wegen dem Grad der Behinderung wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) und §§ 1 Abs. 2, 40 Abs. 1, 41 Abs. 1, 43 Abs. 1, 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) sowie § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988 idgF als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde wegen Nichtvornahme der Zusatzeintragung "Bedarf einer Begleitperson" in den Behindertenpass wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 (VwGVG) zurückgewiesen.
B)
Die Revision gegen die Spruchpunkte I. und II. ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der nunmehr beschwerdeführenden Partei war aufgrund der Erstellung eines Aktgutachtens mit 24.04.2015 ein bis Ende August 2017 befristeter Behindertenpass mit einem GdB von 100 vH ausgestellt worden. Mit am 22.05.2017 im Sozialministeriumservice (in der Folge belangte Behörde) eingelangten Schreiben beantragte sie unter Beifügung eines Befundkonvolutes die Ausstellung eines neuen Passes.
In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 24.07.2017 aus dem Bereich der Allgemeinmedizin wird basierend auf der klinischen Untersuchung am 17.07.2017 im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Position
GdB
01
Zust.n. Hypopharynxkarzinom- ED: 2012, Zust.n. Chemotherapie, Zust.n. Bestrahlungstherapie. Die Einstufung mit 40 % erfolgt aufgrund des chronischen Fatique-Syndroms und der durch Chemotherapie induzierten Polyneuropathie an beiden unteren Extremitäten.
13.01.02
40
02
Erblindung des rechten Auges. Die Einstufung erfolgt mit den Fixsatz von 30 % laut EVO.
11.02.02
30
03
Degenerative Veränderungen im linken Kniegelenk-Kreuzbandverletzung. Einstufung mit 20 % aufgrund der funktionellen Einschränkung.
02.05.18
20
Gesamtgrad der Behinderung
50 vH
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Position 1 ist nach Ablauf der Heilsbewährung aufgrund der bestehenden Polyneuropathie die Hauptdiagnose- Position 2 steigert aufgrund der zusätzlichen Verschlechterung durch die Erblindung des Auges, um eine Stufe auf den Gesamtgrad der Behinderung von 50 %.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: Derzeit liegen keine weiteren Erkrankungen zur Einstufung vor. 2011: Depression- derzeit keine Therapie und auch keine klinische Symptomatik vorhanden. Bösartiger Hauttumor rechter Unterschenkel (1995)- OP- folgenlos abgeheilt.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Abstufung des Malignoms nach Ablauf der Heilsbewährung von 100% auf 40 %. Ebenso wurde Position 3- degenerative Veränderungen des linken Kniegelenkes-auf 20 % abgestuft. Position 2 bleibt aufgrund des Fixsatzes unverändert bei 30 %.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Aufgrund des Ablaufes der Heilsbewährung wird der Gesamtgrad der Behinderung von 100 % auf 50 % gesenkt.
Gegen den vom Sozialministeriumservice ohne Einhaltung des Parteiengehörs mit Schreiben vom 25.07.2017 versandten Behindertenpass mit einem eingetragenen GdB von 50 vH erhob die bP fristgerecht Beschwerde, in welcher sie eine zu geringe Einschätzung des unter lfd. Nr. 01 angeführten Leidens aufgrund des bestehenden Fatique-Syndroms und der Polyneuropathie sowie des unter lfd. Nr. 03 angeführten Knieleidens aufgrund nicht eingetretener Leidensverbesserung monierte.
Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen wurde von dem bereits im Verwaltungsverfahren mit der Angelegenheit befassten Sachverständigen eine Gutachtensergänzung eingeholt, in der im Wesentlichen wie folgt ausgeführt wird:
"[...]
Position 1 wurde nach der Positionsnummer 13.01.02 laut EVO bewertet. Der Rahmensatz liegt zwischen 10%- 40 %. Aufgrund des chronischen Müdigkeitssyndroms und der durch die Chemotherapie induzierten Polyneuropathie wurde der obere Wert des Rahmensatzes angeführt. Die Einstufung mit 40 % wurde auch in meinem Vorgutachten begründet. Hier ist laut EVO keine Möglichkeit gegeben eine höhere Bewertung vorzunehmen.
Position 3 wurde mit einer Einstufung von 20 % angeführt- im Vorgutachten - mit 30 %. Laut den Richtlinien der EVO würde die Positionsnummer 02.05.20 eine Beugehemmung bei 90° aufweisen und ein Streckdefizit von 10°. Wie in meinem Gutachten angegeben kann der Patient das linke Kniegelenk bis 110° beugen- eine Instabilität durch die Kreuzbandruptur liegt nicht in einem höhergradigen Ausmaß vor- ebenso keine Streckhemmung. Die Abstufung auf 20 % erfolgte daher nach den Richtlinien der EVO zu Recht, die Einstufung vom 04.02.2015- war demgemäß zu hoch angesetzt.
Begleitperson: Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Begleitperson" ist eine Mobilitätseinschränkung im engeren- und weiterem Sinn. Diese Mobilitätseinschränkung kann sowohl aus psychischen Gründen als auch physischen Gründen vorliegen. Diese Gründe liegen aber beim Patienten nicht vor, da er sich sowohl zu Hause als auch im öffentlichen Raum alleine gefahrlos bewegen kann. Es liegen beim Patienten keinerlei Mobilitätseinschränkungen für diese Zusatzeintragungen vor. Ein chronisches Fatique- Syndrom ist keine Indikation, diese Zusatzeintragung zu gewähren.
Zusammenfassung: Sowohl die Höhe des Grades der Behinderung, als auch die Nichteintragung der "Begleitperson" wurden nach den vorliegenden Richtlinien der EVO durchgeführt. Einer Höherbewertung des Gesamtgrades der Behinderung sowie der Eintragung der ‚Begleitperson' kann daher aufgrund der vorliegenden Richtlinien nicht nachgekommen werden.
[...] Der Gesamtgrad setzt sich aus Position 1- Zust.n. Hypopharynxkarzinom (40 %)- und Position 2- Erblindung des rechten Auges (30 %) - zusammen. Position 1 wird durch Position 2 um eine Stufe auf den Gesamtgrad der Behinderung von 50 % gesteigert, da durch die Erblindung des rechten Auges eine zusätzliche, maßgebliche Verschlechterung der Gesamtsituation eintritt. Position 3 hat mit einer Einstufung von 20 % keine steigernde Wirkung. Die Einstufung wurde mit 20 % vorgenommen- siehe unten- und der funktionelle Zusammenhang der Erkrankung mit den Positionen 1 und 2 ist medizinisch nicht gegeben. [...]".
Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wurden der bP sowie der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich hierzu zu äußern. In ihrer am 29.12.2017 eingelangten Stellungnahme führte die bP aus, dass sie aufgrund des chronischen Fatique-Syndroms an ständiger Müdigkeit und Erschöpfungszustände leide, die Polyneuropathie zu wesentlichen Einschränkungen heim Gehen und Stiegensteigen führe und es durch das Taubheitsgefühl an den Füßen trotz größter Vorsicht wiederholt zu meist leichten Verletzungen durch Ausrutschen oder ‚Anschlagen' an Hindernissen komme, wobei dieses Problem durch die Einschränkungen im linken Kniegelenk (Pos. 3) noch wesentlich gesteigert werde. Zwischen den Positionen 1 und 3 bestünde daher ein funktioneller Zusammenhang, wobei die durch Position 1 bestehende Einschränkung durch Pos. 3 wesentlich gesteigert werde. Mit Schreiben vom 04.02.2018 wurde ein psychiatrischer Befundbericht übermittelt.
In der hierauf eingeholten Gutachtensergänzung wird im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:
"[...]
Ad Position 1: Zust.n. Hypopharynxkarzinom- Ablauf der Heilsbewährung.
Die Einstufung eines Karzinoms, wird nach Ablauf der Heilsbewährung mit einem Rahmensatz von 10-40 % festgelegt. Inkludiert in diesem Rahmensatz sind die Residualzustände, also jene Beschwerden die nach Ablauf der Heilsbewährung (5 Jahre) aufgrund der Karzinomerkrankung noch vorliegen- bei der bP die Polyneuropathie an den Händen und an den Füßen und das Chronische Fatique-Syndrom. Die Einstufung mit dem oberen Wert des Rahmensatzes von 40 % ist daher nach den Richtlinien der EVO (Einschätzungsverordnung) korrekt und bleibt weiter aufrecht.
Ad Position 3: Degenerative Veränderungen im linken Kniegelenk.
Wie schon in meiner Stellungnahme vom 02.11.2017 ausgeführt, war die Einstufung mit der Positionsnummer 02.05.20- 30% aufgrund der vorliegenden klinischen Symptome und des Bewegungsumfanges (Beugung:
110°, keine Streckhemmung, keine Reizzeichen, Bandstabilität weitgehend vorhanden) zu hoch angesetzt. Auch diese Abstufung von 30 % auf nunmehr 20 % besteht zu Recht und bleibt ebenfalls weiterhin aufrecht.
Der funktionelle Zusammenhang zwischen Position 1 - Zust.n. Hypopharynxkarzinom-und Position 3- Degenerative Veränderungen im linken Kniegelenk - kann ebenfalls nach den Richtlinien der EVO nicht nachvollzogen werden. [...] Die Festlegung des Grades der Behinderung von 50 % ergibt sich aus Position 1 und Position 2- Erblindung des rechten Auges. Dies wurde auch im Gutachten schlüssig begründet - die Erblindung eines Auges ist eine erhebliche Einschränkung bzw. Verschlechterung des gesundheitlichen Gesamtzustandes.
Befundbericht, [...], Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, 29.01.2018.
Bzgl. der "Depressiven Phasen":
Die bP, hatte zum Zeitpunkt der Untersuchung am 17.07.2017 weder eine antidepressive Therapie, noch gab es Hinweise für eine psychotherapeutische Behandlung. Auszug aus dem Befundbericht:" er hat einen Freundeskreis- derzeit arbeite er an einem Theaterstück für die Theatergruppe und sei sozial integriert". Die Einstufung der Depression mit 30 % müsste laut EVO folgende Voraussetzungen erfüllen: Unter Medikation stabil, fallweise beginnende soziale Rückzugstendenzen, aber noch integriert. Eventuell stationäre Aufenthalte in den letzten 2 Jahren. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor - daher wurde auch keine Einstufung der "Depression" vorgenommen.
Bzgl. der ‚Polyneuropathie' und des ‚Chronischen Fatique-Syndroms' gibt es im Befundbericht keine neuen Erkenntnisse - außerdem bereits wie oben ausgeführt in Position 1 als Residualzustand nach Hypopharynxkarzinom inkludiert.
Bzgl. "Begleitperson":
Die Voraussetzungen für die Eintragung dieser Zusatzeintragung wären laut EVO eine Mobilitätseinschränkung im engeren bzw. weiteren Sinne (Zuhause und im öffentlichen Raum). Hier müsste eine dauerhafte bzw. vorübergehende (> 6 Monate), erhebliche Mobilitätseinschränkung vorliegen, um diese Eintragung zu rechtfertigen. Eine Mobilitätseinschränkung bei der bP resultiert laut den vorliegenden Befunden aus dem Abnützungserscheinungen im linken Kniegelenk- eine Gehstrecke von 300-400 m kann er jedoch ohne erhebliche Schmerzsymptomatik zurücklegen."
Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wurden der bP sowie der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich hierzu zu äußern. Eine Stellungnahme langte nicht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die bP erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses, sie hat ihren Wohnsitz im Inland.
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Position
GdB
01
Zustand nach Hypopharynxkarzinom- ED: 2012, Zustand nach Chemotherapie, Zustand nach Bestrahlungstherapie. Die Einstufung mit 40 % erfolgt aufgrund des chronischen Fatique-Syndroms und der durch Chemotherapie induzierten Polyneuropathie
13.01.02
40
02
Erblindung des rechten Auges. Die Einstufung erfolgt mit den Fixsatz von 30 % laut EVO.
11.02.02
30
03
Degenerative Veränderungen im linken Kniegelenk-Kreuzbandverletzung. Einstufung mit 20 % aufgrund der funktionellen Einschränkung.
02.05.18
20
04
Depressive Störung - leichten Grades Unter Medikation stabil, sozial integriert
03.06.02
20
Gesamtgrad der Behinderung
50 vH
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: die Funktionseinschränkung unter Lfd. Nr. 01 ist nach Ablauf der Heilsbewährung die Hauptdiagnose; die Funktionseinschränkung unter lfd. Nr. 02 steigert um eine Stufe auf den Gesamtgrad der Behinderung von 50 %, da durch sie eine maßgebliche Verschlechterung der Gesamtsituation eintritt. Keine Steigerung erfolgt durch das Leiden unter lfd. Nr. 03, da der funktionelle Zusammenhang mit der Funktionseinschränkung unter lfd. Nr. 01 fehlt und das Leiden nur eine geringe Funktionsstörung verursacht; auch ist eine ungünstige Auswirkung auf das Gesamtbild zu verneinen. Die Funktionsbeeinträchtigung unter lfd. Nr. 04 bewirkt aufgrund der Überschneidung der funktionellen Auswirkungen keine Erhöhung der lfd. Nr. 01.
Folgende Gesundheitsschädigung erreicht keinen Grad der Behinderung:
Bösartiger Hauttumor rechter Unterschenkel (1995)- OP- folgenlos abgeheilt.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde sowie des Gerichtsaktes.
Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten ist ausführlich begründet, schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Die vorliegenden Funktionseinschränkungen wurden von dem Sachverständigen im Rahmen der klinischen Untersuchung unter Berücksichtigung der im Akt einliegenden Befunde sowie dem Vorgutachten erhoben und den entsprechenden Positionsnummern der Einschätzungsverordnung zugeordnet. Die im Vergleich zum Vorgutachten abweichenden Einschätzungen wurde schlüssig und nachvollziehbar erklärt, wobei zwecks Vermeidung von Wiederholungen grundsätzlich auf die diesbezüglichen unter Punkt I. wiedergegebenen sachverständigen Ausführungen zu verweisen ist.
Die im Vergleich zum Vorgutachten geänderte Einstufung der unter lfd. Nr. 01 angeführten Funktionseinschränkung mit 13.01.02 ‚Entfernte Malignome mit abgeschlossener adjuvanter Behandlung nach Abschluss der Heilungsbewährung' (Rahmensatz 10 - 40%) erfolgte entsprechend der Vorgabe der Anlage zur Einschätzungsverordnung im Hinblick auf den Ablauf der fünfjährigen Heilungsbewährung, d.h. dem Fehlen eines Hinweises auf ein Krebsrezidiv innerhalb dieses Zeitraumes. Ein GdB von 10-20% liegt nach 13.01.02 bei komplikationslosem Verlauf und geringfügiger Funktionseinschränkung vor. Da das chronische Fatique-Syndroms und die durch Chemotherapie induzierte Polyneuropathie jedoch vom Sachverständigen als maßgebliche Funktionseinschränkungen beurteilt und als Dauerzustand festgestellt wurden, war folgerichtig eine Einschätzung mit einem GdB von 40 vH vorzunehmen. Ein darüber hinausgehendes Defizit ist weder der klinischen Untersuchung noch den vorgelegten Befunden zu entnehmen.
Die im Vergleich zum Vorgutachten abweichende Zuordnung der lfd. Nr. 03 zur Pos. Nr. 02.05.18 wurde nachvollziehbar mit den vorliegenden klinischen Symptomen und dem Bewegungsumfang (Beugung: 110°, keine Streckhemmung, keine Reizzeichen, Bandstabilität nach Kreuzbandruptur weitgehend vorhanden) erklärt. Die einen höheren GdB bewirkende Positionsnummer 02.05.20 sieht dagegen eine Beugehemmung bereits bei 90° vor und ein Streckdefizit von 10°. Die nicht steigernde Wirkung der lfd. Nr. 03 wurde schlüssig mit dem fehlenden funktionellen Zusammenhang mit der Funktionseinschränkung unter lfd. Nr. 01 begründet, wobei sich die Einstufung der durch das Knieleiden bewirkten Funktionsstörung als gering bereits durch die Zuordnung zur Pos.Nr. 02.05.18 ‚Funktionseinschränkung geringen Grades' bzw. des festgestellten Ausmaßes der Bewegungseinschränkung ergibt.
Im Hinblick auf den zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht vorliegenden Befundbericht des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie wurde das psychische Leiden nunmehr aufgrund der dortigen Ausführungen der Pos.Nr. 03.06.01 zugeordnet. Die Einschätzung innerhalb des Rahmensatzes erfolgte im Hinblick auf die angegebene
soziale Integration mit 20 vH (vgl. Befundebericht ... er hat einen
Freundeskreis - derzeit arbeitet er an einem Theaterstück für die Theatergruppe und sei sozial integriert.). Eine höhere Einschätzung würde soziale Rückzugstendenzen oder auch stationäre Aufenthalte in den letzten zwei Jahren bedingen; dies liegt unstrittig nicht vor.
Die bP zeigt mit ihren Beschwerdeausführungen keine Widersprüche, Ungereimtheiten oder Mängel des Sachverständigengutachtens auf, die die Annahme zulassen würde, die Schlussfolgerungen des Sachverständigen seien unzutreffend. Da das Sachverständigengutachten auch mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch steht, wird es in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Zu A)
Spruchpunkt I:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG) Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).
Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen. (§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)
Hinsichtlich der in Beschwer gezogenen Einschätzungen enthält die Einschätzungsverordnung folgende Pos. Nr.:
13.01.02
Entfernte Malignome mit abgeschlossener adjuvanter Behandlung nach Abschluss der Heilungsbewährung
10 - 40 %
5 Jahre nach Entfernung des Malignoms (Heilungsbewährung) Maßgeblicher Bezugspunkt für den Beginn der Heilungsbewährung ist der Zeitpunkt der Entfernung des Tumors - bei operativer Entfernung der Zeitpunkt der Operation - bei anderen Therapieformen (Chemotherapie, Bestrahlung) nach Abschluss der Behandlung (Entfernung des Malignoms) 10 - 20 %: bei komplikationslosem Verlauf und bei geringfügiger Funktionseinschränkung 30 - 40 %: wenn maßgebliche Funktionseinschränkungen als Dauerzustand festgestellt werden
03.06.01
Depressive Störung - Dysthymie - leichten Grades Manische Störung - Hypomanie - leichten Grades
10 - 40 %
Keine psychotischen Symptome, Phasen mindestens 2 Wochen andauernd 20 %: Unter Medikation stabil, soziale Integration 30 % Unter Medikation stabil, fallweise beginnende soziale Rückzugstendenz, aber noch integriert 40 % Trotz Medikation instabil, mäßige soziale Beeinträchtigung
02.05.18
Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig
10 - 20 %
Streckung/Beugung bis 0-0-90°
02.05.20
Funktionseinschränkung mittleren Grades einseitig
30 %
Streckung/Beugung 0-10-90
Da im Hinblick auf den - wie gezeigt unbedenklichen - Inhalt des Sachverständigengutachtens ein Grad der Behinderung von fünfzig (50) von Hundert (vH) festzustellen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.
Spruchpunkt II.:
Gemäß Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die zur "Sache des Berufungsverfahrens" ergangene Rechtsprechung auch auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu übertragen. "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist sohin - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat. Die in Beschwerde gezogene Nichteintragung des begehrten Zusatzeintrags ist gemäß obiger Darlegung nicht von der gegenständlichen behördlichen Entscheidung mit umfasst. Das Bundesverwaltungsgericht war aufgrund dieser Beschränkung nicht befugt, den von der bP beantragten Zusatzvermerk zum Gegenstand seiner Entscheidung zu machen.
Zu B) Spruchpunkt I. und II.
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Absehen von einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie unter Punkt II. 2. ausgeführt, wurde das hierzu eingeholte Gutachten als nachvollziehbar und schlüssig erachtet. Die von der bP vorgebrachten Einwendungen waren nicht geeignet, die Feststellungen und Einschätzungen der Sachverständigen zu entkräften oder relevante Bedenken an den gutachterlichen Aussagen hervorzurufen bzw. irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich gemacht hätte (vgl. das Urteil des EGMR 19.2.1998, 8/1997/792/993, Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41). Dies lässt die Einschätzung zu, dass von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist. Da dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen, wurde gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, Kognitionsbefugnis,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L501.2171925.1.00Zuletzt aktualisiert am
25.02.2019