TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/10 W168 2197571-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.10.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.10.2018

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W168 2197571-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. MACALKA über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.05.2018, Zl. 18-1184268103 / 180256018 - EAST Ost zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (BF) stellte nach unberechtigter Einreise in das Bundesgebiet am 14.03.2018 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Eine durchgeführte Eurodac - Abfrage ergab eine Asylantragstellung der BF in Frankreich mit Datum 11.08.2015, sowie eine Asylantragstellung in Deutschland mit Datum 30.10.2017.

Bei der durchgeführten Erstbefragung gab die BF befragt zum Reiseweg an, dass sie aus ihrer Heimat kommend über Libyen nach zunächst Italien gereist sei. Von Italien wäre sie weiter nach Frankreich gereist und hätte dort einen Asylantrag gestellt. Im Jahre 2017 wäre sie nach Deutschland gefahren. Später hätte sie sich wieder abwechselnd in Österreich und in Frankreich aufgehalten. Von Frankreich wäre sie letztlich nunmehr nach Österreich gereist. Befragt zu Frankreich führte die BF aus, dass Frankreich in Ordnung wäre, bzw. Marseille in Ordnung wäre. Auch das Asylverfahren wäre dort in Ordnung. Sie hätte jedoch in Frankreich bereits 2 negative Asylbescheide erhalten. Gegen eine Rückkehr nach Frankreich späche, dass sie in Österreich mit dem Vater ihres ungeborenen Kindes ein Leben aufbauen möchte.

Das Bundesamt richtete insbesondere aufgrund des vorliegenden Eurodac - Treffers von Frankreich ein auf Art. 18 Abs. 1 b Dublin III VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Frankreich. Das Führen von Konsultationen wurde der beschwerdeführenden Partei nachweislich mitgeteilt.

Frankreich stimmte daraufhin mit Mitteilung vom 16.03.2018 der Wiederaufnahme der BF gem. 18 Abs. 1 d Dublin III VO ausdrücklich zu.

Am 24.04.2018 wurde nach erfolgter Rechtsberatung eine Einvernahme im Zulassungsverfahren mit der BF seitens des BFA durchgeführt. In der Einvernahme gab die BF im Wesentlichen an, dass sie physisch und psychisch in der Lage sei, an der Einvernahme teilzunehmen. Befragt zum Gesundheitszustand führte die BF aus, dass sie sich nicht in ärztlicher Behandlung befinden würde. Sie wäre jedoch im 6. Monat schwanger und hätte hierzu medizinische Unterlagen. Sie hätte ein besonderes Abhängigkeits- bzw. Naheverhältnis zu dem Vater ihres Babys in Österreich. Sie wäre vor der Schwangerschaft nicht in einer festen Beziehung mit dieser Person gestanden. Doch seit dem sie diesen von der Schwangerschaft erzählt hätte, wären sie in eine Beziehung getreten. Der Vater wäre auch mit der Schwangerschaft einverstanden. Er würde ihr auch manchmal etwas Geld, etwa €40 geben, wenn sie etwas Bestimmtes essen wolle. Sie würde ihren Freund nicht so oft sehen, da sie sich seit dem sie zusammen wären sich nur rund 4 Mal gesehen hätten. Sie würde ja im Camp wohnen. Verheiratet wären sie nicht, sie würden dies jedoch noch machen. Sonstige Personen zu denen ein besonderes Nahe- bzw. Abhängigkeitsverhältnis bestehen würde, würden sich im Bundesgebiet nicht aufhalten. Dem BF mitgeteilt, dass nunmehr aufgrund der erfolgten Zustimmung Frankreichs von der Zuständigkeit dieses Mitgliedsstaates seitens des BFA ausgegangen werde, führte die BF aus, dass sie schwanger wäre und aufgrund dieses Zustandes keinen Stress haben solle. Sie würde Ruhe benötigen, da sie Hämorriden habe. Dem Baby gehe es nicht so besonders. Die Ärzte im AKH hätten ihr mitgeteilt, dass ihr Baby Nierenprobleme hätte und daher das Baby im Spital auf die Welt kommen solle. Die Ärzte würde entscheiden, wann das Kind auf die Welt gebracht werden solle. Sie wolle beim Vater ihres Kindes bleiben. In Frankreich wäre sie ganz alleine. Wie wisse auch nicht wie es mit ihrem Baby weitergehen würde. In Frankreich würde sie wieder von vorne beginnen müssen. Sie hätte im Spital alles gemacht was notwendig gewesen wäre, bzw. würde sie in drei verschiedene Spitäler gehen. In Frankreich wäre ihr Verfahren auch schon zwei Mal negativ entschieden worden. In Vorlage wurde ein Konvolut medizinischer Unterlagen insbesondere die Schwangerschaft betreffend gebracht. Sonstige Ausführungen wurden nicht erstattet.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Frankreich gemäß Art. 18 Abs. 1 d Dublin III VO zuständig ist, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass die Abschiebung nach Frankreich zulässig sei.

Der Bescheid legt in seiner Begründung und den aktuellen Feststellungen insbesondere ausführlich dar, dass in dem zuständigen Mitgliedstaat die Praxis der asylrechtlichen und subsidiären Schutzgewährung, die Grund- und Gesundheitsversorgung, die aktuelle Unterbringungssituation, den Zugang zu medizinischen Dienstleistungen für Antragsteller, sowie die Sicherheitslage unbedenklich sind und den Grundsätzen des Unionsrechts genügen.

Die Feststellungen zur Lage in Frankreich wurden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (OFPRA 31.10.2017; vgl. AIDA 2.2017, USDOS 3.3.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

OFPRA - Office français de protection des réfugiés et apatrides (31.10.2017): Demander l'asile en France, https://www.ofpra.gouv.fr/fr/asile/la-procedure-de-demande-d-asile/demander-l-asile-en-france, Zugriff 24.1.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Dublin-Rückkehrer

Anträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Kommt der Betreffende aus einem sicheren Herkunftsstaat, wird das beschleunigte Verfahren angewandt. Hat der Rückkehrer bereits eine endgültig negative Entscheidung der 2. Instanz (CNDA) erhalten, kann er einen Folgeantrag stellen, so dieser neue Elemente enthält. Dublin-Rückkehrer werden wie normale Asylwerber behandelt und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese (AIDA 2.2017).

Wenn Dublin-Rückkehrer am Flughafen Roissy - Charles de Gaulle ankommen, erhalten die Rückkehrer von der französischen Polizei ein Schreiben, an welche Präfektur sie sich wegen ihres Asylverfahrens zu wenden haben. Dann werden sie zunächst an die Permanence d'accueil d'urgence humanitaire (PAUH) verwiesen. Das ist eine humanitäre Aufnahmeeinrichtung des französischen Roten Kreuzes, die im Bereich des Flughafens tätig ist. Es kann ein Problem darstellen, wenn die zuständige Präfektur weit entfernt liegt, denn die Rückkehrer müssen die Anfahrt aus eigenem bestreiten. Es gibt dafür keine staatliche Hilfe und auch die PAUH hat nicht die Mittel sie dabei zu unterstützen. In Paris und Umgebung wiederum kann man sich nicht direkt an die Präfekturen wenden, sondern muss den Weg über die sogenannten Orientierungsplattformen gehen, die den Aufwand für die Präfekturen mindern sollen, aber mitunter zu Verzögerungen von einigen Wochen in der Antragsstellung führen können. Viele der Betroffenen wenden sich daher an das PAUH um Hilfe bei der Antragstellung und Unterbringung. Einige andere Präfekturen registrieren die Anträge der Rückkehrer umgehend und veranlassen deren Unterbringung durch das Büros für Immigration und Integration (OFII). In Lyon am Flughafen Saint-Exupéry ankommende Rückkehrer haben dieselben Probleme wie jene, die in Paris ankommen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Übernahme von vulnerablen Dublin-Rückkehrern muss die französische Behörde vom jeweiligen Mitgliedsstaat mindestens einen Monat vor Überstellung informiert werden, um die notwendigen Vorkehrungen treffen zu können. Je nach medizinischem Zustand, kann der Dublin-Rückkehrer mit speziellen Bedürfnissen bei Ankunft medizinische Betreuung erhalten. Auch Dublin-Rückkehrer, haben generell Zugang zur staatlichen medizinischen Versorgung (MDI 10.10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

Ministére de l¿intérieur - Direction générale des étrangers en France - Chef du Département de l'accès à la procédure d'asile (10.10.2017): Auskunft per E-Mail

Non-Refoulement

Menschenrechtsgruppen kritisieren regelmäßig die strikt dem Gesetz folgende Abschiebepraxis Frankreichs (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Versorgung

Laut Asylgesetz sind die materiellen Aufnahmebedingungen allen Asylwerbern (inkl. beschleunigtes und Dublin-Verfahren) anzubieten. Die Verteilung von Asylwerbern erfolgt zentral, parallel werden regionale Vorschriften definiert und von den Präfekten in jeder Region umgesetzt. Asylwerber im Dublin-Verfahren unterliegen jedoch einer Einschränkung: sie haben keinen Zugang zu CADA-Einrichtungen und leben in der Praxis oft auf der Straße oder in besetzten Häusern. Dublin-Rückkehrer hingegen werden behandelt wie reguläre Asylwerber und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese. Die nationalen Aufnahmestrukturen liegen in der Zuständigkeit des Französischen Büros für Immigration und Integration (Office français de l'immigration et de l'intégration - OFII). Es wurde eine Beihilfe für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d'asile - ADA) eingeführt, welche die vorherige monatliche Zahlung (Allocation Mensuelle de Subsistance - AMS) bzw. die temporäre Wartezeitzulage (Allocation Temporaire d'Attente - ATA) ersetzt (AIDA 2.2017). Die Höhe der ADA hängt von verschiedenen Faktoren wie die Art der Unterkunft, Alter, Anzahl der Kinder usw. ab. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine in der Höhe von 204 Euro. Ein zusätzlicher Tagessatz wird an Asylwerber ausgezahlt, die Unterbringungsbedarf haben, aber nicht über das nationale Aufnahmesystem aufgenommen werden können (AIDA 2.2017). Seit April 2017 beträgt der tägliche Kostenzuschuss für Unterkunft 5,40 Euro (FTA 4.4.2017). Es wird jedoch kritisiert, dass die Empfänger der ADA in der Praxis mit Problemen (z.B. Verzögerungen bei der Auszahlung, intransparente Berechnung usw.) konfrontiert sind (AIDA 2.2017).

Asylwerber haben Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn OFPRA ihren Asylantrag innerhalb von neun Monaten nicht entschieden und diese Verzögerung nicht vom Antragssteller verschuldet wurde (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf , Zugriff 24.1.2018

-

FTA - France terre d'asile (4.4.2017): L'Allocation pour demandeur d'asile revalorisée de 1,20?,

http://www.france-terre-asile.org/actualites/actualites/actualites-choisies/l-allocation-pour-demandeur-d-asile-revalorisee-de-1-20, Zugriff 24.1.2018

Unterbringung

In Frankreich gibt es 303 Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d'Accueil pour Demandeurs d'Asile - CADA) mit rund 34.000 Plätzen, ein spezielles Zentrum für UMA, zwei Transitzentren mit 600 Plätzen, 262 Notunterbringungen mit rund 18.000 Plätzen, sowie eine nicht näher genannte Anzahl an privaten Unterbringungsplätzen. Damit verfügt das Land über etwa 56.000 Unterbringungsplätze (AIDA 2.2017).

Der Zugang zu Unterbringung erweist sich in der Praxis jedoch als sehr kompliziert. Bei der Zuweisung zur CADA muss mit längerer Wartezeit gerechnet werden, die je nach Region zwischen 51 bis 101 Tage beträgt. In Paris gibt es auch Beispiele dafür, dass Asyl gewährt wurde, ohne dass die Personen jemals Zugang zu Unterbringung gehabt hätten. Berichten zufolge reichen die derzeitigen Unterbringungsplätze der CADA nicht aus (AIDA 2.2017). Die Schaffung weiterer Unterbringungsplätze (insgesamt 12.500 Plätze davon 7.500 in CADA) ist in den nächsten zwei Jahren geplant (FRC 12.1.2018; vgl. FRC 22.12.2017).

Im Oktober 2016 wurde die informelle Siedlung in Calais, der sog. Dschungel, geräumt, in der tausende von Migranten und Asylsuchende (laut AI mehr als 6.500 Personen, laut USDOS 5.600) lebten. Man brachte 5.243 Bewohner in Erstaufnahmelager (CAO) in ganz Frankreich und stellte ihnen Informationen über das Asylverfahren zur Verfügung (AI 2.22.2017; vgl. AI 1.6.2017, USDOS 3.3.2017, AIDA 2.2017). Trotzdem leben noch etwa 350 bis 600 Migranten unter prekären Bedingungen in und um Calais. Großbritannien und Frankreich wollen die Sicherheit an der gemeinsamen Grenze jedoch verbessern. Der französische Präsident und die britische Premierministerin unterzeichneten dazu im Januar 2018 ein neues Abkommen (Zeit 19.1.2018).

Trotz der Bestrebungen der lokalen Behörden und Interessenvertreter bleiben viele Migranten und Asylwerber weiterhin obdachlos und leben landesweit in illegalen Camps (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (2.22.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - France, http://www.ecoi.net/local_link/336482/479137_de.html, Zugriff 24.1.2018

-

AI - Amnesty International (1.6.2017): France: At a crossroads:

Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review, 29th session of the UPR Working Group, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1503902006_eur2167922017english.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

FRC - Forum Réfugiés Cosi (12.1.2018): Réforme de l'asile : le raccourcissement des délais ne doit pas se faire au détriment des conditions d'accès à la protection, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/reforme-de-l-asile-le-raccourcissement-des-delais-ne-doit-pas-se-faire-au-detriment-des-conditions-d-acces-a-la-protection, Zugriff 24.1.2018

-

FRC - Forum Réfugiés Cosi (22.12.2017): Asile et Immigration :

Forum réfugiés-Cosi salue l'ouverture par le Premier ministre d'une consultation et alerte sur plusieurs enjeux, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/asile-et-immigration-forum-refugies-cosi-salue-l-ouverture-par-le-premier-ministre-d-une-consultation-et-alerte-sur-plusieurs-enjeux, Zugriff 24.1.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

-

Zeit (19.1.2018): May und Macron verschärfen Grenzschutz, http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/grossbritannien-theresa-may-emmanuel-macron-calais-frankreich-grenzschutz-sandhurst, Zugriff 29.1.2018

Medizinische Versorgung

Am 1. Januar 2016 wurde in Frankreich der neue allgemeine Krankenversicherungsschutz (protection universelle maladie - PUMA) eingeführt. Deren medizinischen Leistungen können Asylwerber im ordentlichen, aber auch im Schnell- und im Dublinverfahren in Anspruch nehmen, sobald sie die Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren erhalten (Cleiss 2017; vgl. AIDA 2.2017, Ameli 12.10.2017). Bei PUMA besteht Beitragsfreiheit, wenn das jährliche Einkommen pro Haushalt unter 9.534 Euro liegt (AIDA 2.2017). In Frankreich besteht generell die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung abzuschließen, um die Gesundheitsausgaben zu decken, die nicht von der Pflichtversicherung übernommen werden. Einkommensschwachen Personen kommt jedoch kostenfrei ein Allgemeiner Zusatzkrankenschutz (couverture maladie universelle complémentaire - CMU-C) zu, der die vollständige Kostenübernahme von Leistungen sichert (Cleiss 2017; vgl. Ameli 15.11.2017, RSB o.D.). Dies kann auch von Asylwerbern in Anspruch genommen werden (Ameli 12.10.2017). Weiters besteht die Möglichkeit für illegale Einwanderer nach drei Monaten Aufenthalt in Frankreich, von der sogenannten staatlichen medizinische Hilfe (aide médicale de l'état - AME) zu profitieren, selbst wenn andere Sozialleistungen reduziert oder entzogen worden sein sollten (AIDA 2.2017; vgl. Le Fonds CMU 2.5.2017, Ameli 13.10.2017). Neben Personen mit einem niedrigen Einkommen können auch Asylwerber die in Krankenhäusern eingerichteten Bereitschaftsdienste zur ärztlichen Versorgung der Bedürftigsten (permanences d'accès aux soins de santé - PASS) in Anspruch nehmen, während sie auf den Zugang zu CMU oder AME warten. Obwohl gesetzlich vorgeschrieben ist, dass alle Krankenhäuser die PASS anbieten müssen, ist das in der Praxis nicht immer der Fall (AIDA 2.2017).

Zugang zu mentaler Gesundheitsversorgung wird von der Gesetzgebung nicht explizit erwähnt, Asylwerber können aber im Rahmen der PUMA oder AME theoretisch psychiatrische oder psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Viele Therapeuten nehmen jedoch keine nicht-frankophonen Patienten. Traumatisierte oder Opfer von Folter können sich von einigen NGOs betreuen lassen, die sich speziell diesen Themen widmen, z.B. Primo Levi in Paris oder die Osiris-Zentren in Marseille, Mana in Bordeaux, das Forum réfugiés-Cosi Essor-Zentrum in Lyon oder Awel in La Rochelle. Die Zahl dieser spezialisierten Zentren in Frankreich ist aber gering und ungleich verteilt und kann den wachsenden Bedarf nicht decken (AIDA 2.2017).

Die Mitarbeiter der CADA sind verpflichtet, innerhalb von 15 Tagen nach Ankunft im Unterbringungszentrum eine ärztliche Untersuchung durchzuführen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Ablehnung des Asylantrags haben Personen ein Jahr lang ab der Ausstellung des negativen Beschieds Anspruch auf medizinische Versorgung bei Krankheiten oder Mutterschaft, solange sie sich weiterhin in Frankreich aufhalten (Ameli 12.10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (12.10.2017): Vous êtes demandeur d'asile,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/europe-international/protection-sociale-france/demandeur-dasile, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (13.10.2017): Aide médicale de l'État (AME) : vos démarches,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/situations-particulieres/situation-irreguliere-ame, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (15.11.2017): CMU complémentaire :

conditions et démarches,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/difficultes-financieres/complementaire-sante/cmu-complementaire, Zugriff 24.1.2018

-

Cleiss - Centre des liaisons européennes et internationales de sécurité sociale (2017): Das französische Sozialversicherungssystem, http://www.cleiss.fr/docs/regimes/regime_france/al_1.html, Zugrif 24.1.2018

-

Le Fonds CMU - Fonds de financement de la protection complémentaire de la couverture universelle du risque maladi (2.5.2017): Are you an undocumented immigrant?, http://www.cmu.fr/undocumented-immigrant.php, Zugriff 24.1.2018

-

RSB - Rosny sous-Bois (o.D.): ACS - AME - CMU-C - PUMA, http://www.rosny93.fr/ACS-AME-CMU-C-PUMA, Zugriff 24.1.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Begründend wurde ausgeführt, dass der Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen sei, da gemäß Art. 18 Abs. 1 d Dublin III-VO Frankreich für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des BF ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden. In einer Gesamtbetrachtung habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidungen gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass nicht festgestellt hätte werden können, dass die Überstellung der beschwerdeführenden Partei nach Frankreich eine Verletzung des Art. 3 bzw. Art. 8 EMRK bedeuten würde. Es würde kein besonderes Abhängigkeits- bzw. Naheverhältnis zu sich im Bundesgebiet befindlichen Personen bestehen. Die auch insbesondere nicht zu dem Vater des noch ungeborenen Kindes der BF. Das Vorliegen von akut schweren, bzw. besonders berücksichtigungswerten Krankheiten wäre nicht vorgebracht worden. Dass eine Überstellung nach Frankreich unzumutbar wäre, würde sich aus dem vorliegenden Akteninhalt nicht ableiten lassen. Ob eine Überstellung nach Frankreich eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde, hätte bei der Abschiebung der Amtsarzt zu beurteilen. Im Verfahren sei kein im besonderen Maße substantiiertes glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung des Art. 4 Grundrechte - Charta bzw. Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen lassen, hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Frankeich sei bereit, die Antragstellerin einreisen zu lassen und ihren Antrag auf internationalen Schutz weiter zu prüfen bzw. die sonstigen ihn aus der Dublinverordnung und anderen einschlägigen unionsrechtlichen Rechtsakten treffenden Verpflichtungen dem Antragstellerin gegenüber zu erfüllen. Es sei festzustellen, dass in Frankreich, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als einer Rechts- und Wertegemeinschaft und des Europarates mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Auch aus der Rechtsprechung des EGMR oder aus sonstigem Amtswissen lasse sich eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Frankreich keinesfalls erkennen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. In dieser wird zusammenfassend ausgeführt, dass die BF in Österreich mit dem Vater ihres ungeborenen Kindes nunmehr seit 1. Juni 2018 in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Ein emotionales bzw. finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu diesem stehe somit fest. Weiters bestehe Mutterschutz nach dem MSchG und eine Überstellung der BF wird erst 8 Wochen nach der Entbindung möglich sein. Laut Mutter Kind Pass wurde als voraussichtlicher Entbindungstermin der 15.08.2018 errechnet. Es wäre somit von einem besonderen Schonungsbedarf der BF als auch des Kindes für rund 8 Wochen nach der Geburt auszugehen. Eine Überstellung nach Frankreich stelle nach subjektiven als auch objektiven Kriterien eine reale Gefahr der Verletzung der in Art. 3 und Art. 8 EMRK gewährten Rechte dar. In Summe würde ersucht vom Selbsteintrittsrecht Österreichs Gebrauch zu machen und das Verfahren zur inhaltlichen Entscheidung in Österreich zuzulassen.

Mit Information des BFA vom 21.08.2018 wurde dem BVwG ein Konvolut von weiteren medizinischen Unterlagen, bzw. Artzbefunden des AKH übermittelt. Diesen Unterlagen konnte insbesondere entnommen werden, dass die Geburt des Kindes der BF bereits mit 10.08.2018 erfolgt wäre, bzw. eine weitere Facharztkontrolle der BF und des Kindes terminisiert wurde.

Mit Beschluss des BVwG vom 27.08.2018 wurde der Beschwerde gem. §17 BFA - VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Schreiben des BFA vom 12.09.2018 wurden dem BVwG der Entlassungsbrief der BF aus dem AKH vom 16.08.2018, sowie das Schwangerschaftsjournal, sowie die Geburtsurkunde des Kindes übermittelt. Betreffend des Kindes wären dem BFA bis dato keine Unterlagen vorgelegt worden. Auch wurde dem BVwG mitgeteilt, dass die AW seit dem 03.09.2018 unbekannten Aufenthaltes wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die beschwerdeführende Partei begab sich unberechtigt in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 14.03.2018gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Es wird weiters festgestellt, dass das Bundesamt aufgrund der vorliegenden Informationen begründet ein auf Art. 18 Abs. 1 b Dublin III VO gestütztes Ersuchen an Frankreich richtete. Daraufhin stimmte die französische Dublinbehörde ihre Zuständigkeit ausdrücklich anerkennend der Wiederaufnahme der beschwerdeführenden Partei gem. Art. 18 Abs. 1 d Dublin III VO zu.

Besondere in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Frankreich sprechen, liegen nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den aktuellen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren, oder akut lebensbedrohenden Krankheiten. Die Überstellung der beschwerdeführenden Partei nach Frankreich stellt keinen unzulässigen Eingriff in durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar.

Die Beschwerdeführerin hat außer ihren neugeborenen Kind keine weiteren Verwandten in Bundesgebiet. Das Bestehen eines besonderen Abhängigkeits- bzw. Naheverhältnisses weiteren zu sich im Bundesgebiet befindlichen Personen, insbesondere auch zu dem Vater des Neugeborenen Kindes der BF, konnte nicht nachgewiesen werden. Eine gemeinsame Überstellung des neugeborenen Kindes mit der beschwerdeführenden Partei nach Frankreich stellt unter Berücksichtigung der bewusst unberechtigt vorgenommenen Einreise verbunden mit der kurzen Dauer des Aufenthaltes in Abwägung der privaten mit den öffentlichen Interessen keinen unzulässigen Eingriff in durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte dar.

Besondere individuelle Gründe, die für ein Verbleiben der Beschwerdeführerin in Österreich sprechen, wurden während sämtlicher Befragungen und in der Beschwerde nicht vorgebracht bzw. konnten glaubhaft nicht dargelegt werden.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, insbesondere aus den Einvernahmen und dem Ergebnis der Eurodac - Abfrage.

Die Feststellungen zum Reiseweg der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen in Zusammenschau mit der Eurodac - Abfrage, dem durchgeführten Konsultationsverfahren, sowie aus dem weiteren Akteninhalt.

Die Feststellung bezüglich der Zuständigkeit des zuständigen Mitgliedsstaates Frankreich ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen den österreichischen und den französichen Dublin-Behörden, sowie der ausdrücklich erteilten Zustimmung zur Wiederaufnahme seitens der französischen Behörde.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus der Aktenlage. Diesbezüglich wurde kein konkretes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren. Dem vorliegenden Akteninhalt, insbesondere den aktuell vorgelegten medizinischen Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin keiner stationären weiteren Behandlung bedarf und nach der Entbindung ihres Kindes am 10.08.2016 in Folge in ambulante Pflege entlassen worden ist. Nicht kann dem Akteninhalt entnommen werden, dass die BF unter akut und unmittelbar lebensbedrohlichen Erkrankungen leidet, bzw. einer durchgehenden stationären Behandlung bedarf. Hinsichtlich der allenfalls weiter erforderlichen medizinischen Versorgung ist festzuhalten, dass Antragsteller aufgrund der vorliegenden Länderinformationen auch in Frankreich Anspruch auf eine entsprechende medizinische Versorgung haben und der Zugang zu dieser jedenfalls auch in Frankreich gewährleistet ist. Auch ist festzuhalten, dass vor einer Überstellung jedenfalls eine amtsärztliche, bzw. medizinische Untersuchung betreffend der Transportfähigkeit vorgenommen wird. Sollten sich hierbei konkrete Hinweise auf das Vorliegen von gravierenden aktuell vorliegenden gesundheitlichen Erkrankungen ergeben, so würde von einer Überstellung Abstand genommen. Weiters ist festzuhalten, dass Überstellungen stets nur unter größtmöglicher Schonung der Person durchgeführt werden. Eine gemeinsame Überstellung der beschwerdeführenden Partei mir ihrem Kind nach Frankreich stellt somit aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes im gegenständlichen Verfahren keinen unzumutbaren Eingriff in besonders durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar.

Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei ergeben sich aus ihrer eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage. Wenn die BF angibt nunmehr seit 1.Juni 2018 mit dem Vater ihres Kindes einen gemeinsamen Haushalt eingegangen zu sein, so ist diesbezüglich festzuhalten, dass die BF die Beziehung mit dem Vater ihres Kindes jedenfalls zu einem Zeitpunkt eingegangen ist, als ihr bewusst sein musste, dass sie über kein sicheres Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt. Auch ist aus sämtlichen Ausführungen der BF nicht zu entnehmen, dass zu dem Vater ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis bestehen würde. Die BF selbst führt diesbezüglich aus, dass sie von diesem nur manchesmal rund €40 bekommen würde. Die BF hat Anspruch auf die Leistungen aus der Grundversorgung in Österreich, bzw. wird auch in Frankreich Zugang zu einer ausreichenden Versorgung haben. Eine ergänzende Versorgung durch den Vater des Kindes ist somit nicht erforderlich. Die BF führt selbst aus, dass sie mit dem Vater vor der Mitteilung ihrer Schwangerschaft noch keine feste Beziehung geführt hat, bzw. diesen im Zeitraum von Februar bis Ende April 2018 nur rund 4 Mal gesehen hätte. Das Vorliegen eines rechtlich relevanten Naheverhältnisses kann somit aus sämtlichen Ausführungen nicht erkannt werden. Eine Überstellung der BF nach Frankreich kann nur gemeinsam mit ihren neugeborenen Kind erfolgen. Bis zu einer mittelfristig möglichen Legalisierung des Aufenthaltes der Mutter und ihres Kindes in Bundesgebiet ist eine Trennung dieser vom Freund der Mutter bzw. dem Vater des Kindes zumutbar und damit zulässig. Dieser kann zudem das Kind und die Mutter in Frankreich besuchen und mit der Mutter bis zu einer Legalisierung des Aufenthaltes in Österreich auch über Telefon und Internet in Kontakt bleiben. Eine somit anzunehmend nur mittelfristige Trennung der Mutter von ihren in Österreich aufhältigen Freund ist somit in Abwägung des hohen öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremden und Asylwesen mit den privaten Interessen der BF am Verbleib in Österreich zulässig. Eine gemeinsame Überstellung der BF mit ihrem Kind nach Frankreich stellt somit keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte dar.

Eine die Beschwerdeführer konkret treffende reale, sowie aktuelle und ihnen unmittelbar drohende Bedrohungssituation in Frankreich wurde insgesamt nicht, bzw. nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.

Die unbedenkliche Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat Frankreich ergibt sich aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetztes 2005 (AsylG 2005) lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. (2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Im vorliegenden Fall ist gemäß ihres Art. 49 (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) die Dublin III-VO anzuwenden:

Art. 49

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.

Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 603/2013, Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000, Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG.

Da die Dublin III-VO am 29.06.2013 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, trat sie am 19.07.2013 in Kraft und gilt jedenfalls für Anträge wie den vorliegenden, die nach dem 01.01.2014 (nach dem ersten Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten der VO) gestellt wurden.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zust

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten