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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1997 §37 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des RV, (geboren am 30. Juli 1978), vertreten durch Dr. Marcella Zauner-Grois und Dr. Christof Dunst, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rathausstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 10. Februar 1999, Zl. SD 807/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 10. Februar 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei im April 1991 nach Österreich gekommen und nach zweieinhalb Jahren wegen Diebstahls bei der Staatsanwaltschaft des Jugendgerichtshofes Wien zur Anzeige gebracht worden. Das Verfahren sei von diesem am 24. Jänner 1994 gemäß § 4 Abs. 2 Z. 3 JGG erledigt worden. Am 17. April 1997 sei der Beschwerdeführer vom Jugendgerichtshof Wien wegen des Vergehens der (vorsätzlichen) Körperverletzung zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Wochen rechtskräftig verurteilt worden. Zuletzt sei seine rechtskräftige Verurteilung durch den Jugendgerichtshof Wien am 18. Februar 1998 wegen des Verbrechens des Raubes zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten erfolgt. Dieser Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass er am 9. August 1997 mit zwei Komplizen einen Mann überfallen und beraubt habe. Der Beschwerdeführer habe dem Opfer einen Stoß versetzt und es, während sein Komplize die Hand des Opfers festgehalten und ihm gleichzeitig einen Geldbetrag aus der hinteren Hosentasche entnommen habe, gewürgt. Es könne kein Zweifel bestehen, dass vor allem auf Grund der zuletzt erfolgten Verurteilung der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei. Die Voraussetzung für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei daher - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - im Grunde des § 36 Abs. 1 leg. cit. gegeben.
Was die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes gemäß § 37 Abs. 1 leg. cit. betreffe, so sei zunächst auf den siebeneinhalbjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet Bedacht zu nehmen. In Österreich lebten seine Eltern, er habe hier zweieinhalb Jahre die Schule besucht und sei laut seinen eigenen Angaben bis vor kurzem berufstätig gewesen. Es sei daher von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen. Dessen ungeachtet sei die gegen ihn gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte Dritter - dringend geboten. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche sehr augenfällig, dass er nicht in der Lage oder nicht willens sei, die zum Schutz fremden Vermögens und die zum Schutz der körperlichen Integrität anderer Personen aufgestellten Normen einzuhalten. Eine Zukunftsprognose könne für ihn nicht positiv ausfallen, zumal er sich trotz seiner Verurteilung wegen Körperverletzung nicht davon habe abhalten lassen, neuerlich, und diesmal in einem viel erheblicheren Ausmaß und wieder unter Gewaltanwendung gegen Menschen, straffällig zu werden. Somit erweise sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes als dringend geboten und zulässig iS des § 37 Abs. 1 FrG.
Im Rahmen der nach § 37 Abs. 2 FrG erforderlichen Interessenabwägung sei auf den mehrjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen gewesen. Gleichzeitig sei aber zu berücksichtigen gewesen, dass die daraus ableitbare Integration stark vermindert sei, weil die dafür erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich beeinträchtigt werde. Diesen - solcherart verminderten - privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers stehe das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität entgegen. Bei Abwägung dieser Interessenlagen gelange die belangte Behörde zur Auffassung, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme. Deshalb könne ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers auch nicht im Rahmen des der Behörde zukommenden Ermessens in Kauf genommen werden.
Ein Sachverhalt gemäß § 38 FrG, der die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unzulässig erscheinen ließe, liege nicht vor.
Obwohl ein unbefristetes Aufenthaltsverbot im vorliegenden Fall zulässig sei, habe sich die belangte Behörde entschlossen, das Aufenthaltsverbot im Hinblick auf das Alter des Beschwerdeführers und die Möglichkeit, dass er seine Einstellung zur Rechtsordnung doch noch innerhalb dieser Zeit ändern könnte, mit einer Gültigkeitsdauer von zehn Jahren festzulegen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und auch die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, unbekämpft. Auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen begegnet diese Beurteilung keinem Einwand.
2.1. Die Beschwerde hält indes den angefochtenen Bescheid im Grunde des § 37 FrG für rechtswidrig und vertritt die Ansicht, dass in Anbetracht der Begehung der Straftaten durch den Beschwerdeführer unter dem Einfluss "einer gewissen jugendlichen Unreife", der ihm vom Jugendgerichtshof Wien gewährten bedingten Strafnachsicht und des Umstandes, dass er bereits seit einem Jahr nicht mehr straffällig geworden sei, die von der belangten Behörde vorgenommene Zukunftsprognose unrichtig sei.
2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
Die belangte Behörde hat im Hinblick auf den siebeneinhalbjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich und der daraus ableitbaren Integration sowie seiner Beziehung zu seinen in Österreich lebenden Eltern zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Sie hat aber - unter Bedachtnahme auf diese persönliche Interessenlage - ebenso zutreffend den Standpunkt vertreten, dass diese Maßnahme zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte Dritter (Art. 8 Abs. 2 EMRK) dringend geboten sei. Dieser Beurteilung ist beizupflichten, hat doch der Beschwerdeführer dadurch, dass er nur vier Monate nach seiner Verurteilung wegen Körperverletzung erneut straffällig wurde und ein weit gravierenderes Gewaltdelikt, nämlich das Verbrechen des Raubes, verübte, zu erkennen gegeben, dass er offensichtlich nicht gewillt ist, die österreichischen strafrechtlichen Vorschriften zu respektieren. Entgegen der Beschwerdeansicht hatte die belangte Behörde ihre Beurteilung auch eigenständig aus dem Blickwinkel des FrG - unabhängig von den durch das Strafgericht für die Gewährung der bedingten Strafnachsicht angestellten Erwägungen - vorzunehmen (vgl. in diesem Sinn etwa das hg. Erkenntnis vom 16. April 1999, Zl. 98/18/0373, mwN). Dass der Beschwerdeführer, wie die Beschwerde vorbringt, seit einem Jahr nicht straffällig geworden sei, vermag nicht zu seinen Gunsten auszuschlagen, liegt doch das für seine zuletzt erfolgte Verurteilung ausschlaggebende Fehlverhalten noch viel zu kurz zurück, um auf Grund des seither verstrichenen Zeitraumes eine (wesentliche) Verringerung der von ihm ausgehenden Gefahr für das besagte öffentliche Interesse im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides annehmen zu können.
Im Lichte dieser Erwägungen erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Beurteilung als unbedenklich. Wenngleich die für einen Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich sprechenden Interessen - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - schwer wiegen, kommt ihnen doch kein größeres Gewicht zu als dem durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers nachhaltig gefährdeten Allgemeininteresse.
3. Soweit die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde "im Lichte des § 37 Abs. 1 FrG" die "Ermessensabwägung" unrichtig vorgenommen habe und hiebei - wie sich aus § 38 Abs. 1 Z. 4 iVm Abs. 2 FrG ableiten lasse - das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers nicht als Grund für eine Minderung seiner privaten Interessen hätte heranziehen dürfen, ist ihr zu entgegnen, dass mit der von der belangten Behörde angenommenen Minderung der Integration in ihrer sozialen Komponente nichts anderes zum Ausdruck gebracht wird, als dass das große Gewicht des öffentlichen Interesses an der Erlassung des Aufenthaltsverbots gegen den Beschwerdeführer durch seine aus seiner Integration (die neben der Dauer seines Aufenthaltes auch von seinem Verhalten in Österreich abhängt) ableitbaren persönlichen Interessen nicht wesentlich reduziert wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. April 1999, Zl. 99/18/0123).
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 1. Juni 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999180120.X00Im RIS seit
05.09.2001