Entscheidungsdatum
31.10.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I403 2144530-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX), geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch "Diakonie Flüchtlingsdienst - ARGE Rechtsberatung", gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.12.2016, Zl. 1066203202-150429158/BMI-BFA_SZB_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.10.2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsbürger, stellte am 27.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 29.04.2015 stattfindenden Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, er sei in seiner Heimat Irak als Polizist tätig gewesen und habe Geldtransporte bewacht. Im Zuge seiner dienstlichen Tätigkeit sei er von Angehörigen einer Miliz bedroht worden; diese hätten immer Geld von ihm verlangt. Daraufhin sei er geflüchtet.
Der Beschwerdeführer wurde am 12.07.2016 niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt führte er an, im Irak als Polizist gearbeitet zu haben. Er sei sunnitischer Moslem. 17 Männer der schiitischen Milizen hätten sich der Polizeieinheit des Beschwerdeführers, welche bezirksübergreifende Geldtransporte überwacht habe, angeschlossen. Es habe Spannungen zwischen den Sunniten und den Schiiten innerhalb der Polizeieinheit gegeben. Eines Tages habe der Beschwerdeführer einen Drohbrief von einem unbekannten Absender erhalten, wonach er ein sunnitischer Verräter sei und man ihn umbringen werde, wenn er nicht weggehen sollte. Von seinem Kommandanten habe der Beschwerdeführer auch keine Hilfe erfahren, sodass er nicht mehr zum Dienst erschienen und etwa drei Wochen später geflohen sei.
Mit Bescheid des BFA vom 21.12.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Gegen den am 27.12.2016 zugestellten Bescheid wurde fristgerecht mit Schreiben vom 05.01.2017 in vollem Umfang Beschwerde erhoben. Es wurde vorgebracht, das Ermittlungsverfahren sowie die Beweiswürdigung der belangten Behörde seien mangelhaft und die Länderfeststellungen zum Irak veraltet. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen, den angefochtenen Bescheid beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zu erkennen, in eventu dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen, die gegen den Beschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklären und dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilen, in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und zur neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen.
Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 12.01.2017 vorgelegt und der Gerichtsabteilung L524 der Kammer L zugewiesen. Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 27.06.2018 wurde der Akt der Gerichtsabteilung I403 der Kammer I neu zugewiesen und dieser am 04.07.2018 vorgelegt.
Am 23.10.2018 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, im Zuge derer der Beschwerdeführer im Beisein seines Rechtsvertreters unter Heranziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache sein Fluchtvorbringen im Wesentlichen wiederholte. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm ebenfalls an der Verhandlung teil.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und hält sich seit 27.04.2015 in Österreich auf. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er ist Staatsangehöriger des Irak, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitisch-muslimischen Glaubens.
Der Beschwerdeführer hat in seinem Herkunftsland in der Stadt Bagdad, im Viertel XXXX, gelebt und 13 Jahre lang die Schule besucht. Er hat Arabisch sowie Soziologie (Lehramt) studiert.
Der Beschwerdeführer erlitt am 31.07.2017 im Zuge eines Fahrradunfalls eine Jochbeinfraktur rechts und leidet an einer herabgesetzten Empfindlichkeit (Hypästhesie) in der rechten Gesichtshälfte. Dagegen bekommt er Vitaminpräparate. Dadurch ist seine Erwerbsfähigkeit allerdings nicht gemindert.
Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. Zwei Brüder leben in der Türkei, drei Brüder und zwei Schwestern befinden sich noch in Bagdad. Ein Bruder arbeitet als Polizist, einer im Bereich "Import/Export", der dritte bezieht eine Pension.
Der Beschwerdeführer hat keine maßgeblichen privaten sowie keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Er hat begonnen Deutsch zu lernen und die A1-Prüfung abgelegt. Darüber hinaus war er in seiner Flüchtlingsunterkunft ehrenamtlich tätig. Daraus ergibt sich aber keine nachhaltige Aufenthaltsverfestigung.
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten und bestreitet seinen Lebensunterhalt seit der Ankunft in Österreich über die Grundversorgung.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers konnte nicht festgestellt werden, dass dieser im Irak einer Verfolgung durch staatliche Behörden oder Privatpersonen ausgesetzt ist. Es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer durch eine schiitische Miliz verfolgt wird; sein entsprechendes Vorbringen kann nicht festgestellt werden.
Es sind keine Gründe ersichtlich, warum es dem Beschwerdeführer nicht zumutbar wäre, in sein Heimatland zurückzukehren. Er ist jung, gesund und erwerbsfähig, hat 13 Jahre Schulbildung sowie 4 Jahre akademische Bildung genossen. Er gibt zudem an, jahrelange Berufserfahrung als Polizist zu haben.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.
1.3. Zur Situation im Irak:
Die folgenden Feststellungen sind dem aktuellen "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zum Irak entnommen.
1.3.1. Zur allgemeinen Lage
Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, z.B. den sogenannten Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite geprägt. Der IS versuchte durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Südirak und im Zentralirak seine - wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte - Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.
Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premierminister Haider AL-ABADI die Stadt Mossul für vom IS befreit, im Dezember 2017 gab er bekannt, dass der IS besiegt sei.
Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad ist im Wesentlichen nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die genannten Ereignisse. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu dienen solle, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte zu richten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden.
Offiziell ist nach wie vor das ca. 70.000 Mitglieder umfassende und sich aus Soldaten aus der regulären Armee, der Militärpolizei, der normalen Polizei und den Geheimdiensten zusammensetzende "Baghdad Operations Command" (BOC) für die Sicherheit in der Stadt zuständig. Seitdem der IS im Juli 2017 zurückgedrängt wurde, nahmen die auf Bagdad gerichteten Anschläge kontinuierlich ab. Dennoch kommt es immer wieder zu Selbstmordanschlägen, vor allem in schiitisch dominierten Viertel, wie Sadr City, Shula und Hay Al-Amel als auch an Checkpoints und bei militärischen Einrichtungen. Bagdad erlebte im Jahr 2017 einen Rückgang der Gewalt. Diese Entwicklung wird vor allem der Boc zugeschrieben.
Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht, allerdings wird berichtet, dass Gewalt gegen sunnitische Araber in Bagdad seit 2014 zugenommen hat und dass es teilweise auch zu gewaltsamen Vertreibungen von Sunniten aus mehrheitlich von Schiiten bewohnten Vierteln Bagdads gekommen war; auch von Seiten der PMF-Milizen würde es zu Kidnappings und Morden an der sunnitischen Bevölkerung kommen und würden diese unzureichend von den Behörden verfolgt werden. Bagdad ist entlang konfessioneller Linien gespalten.
Dies steht in Einklang mit den in der Beschwerde vorgelegten Berichten, unter anderem des Finnish Immigration Service, "Security Situation in Baghdadh - The Shia Militias" vom 29.04.2015, des UN Human Rights Council, "Iraq: the Grave Humanitarian Crisis Continues" vom 31.05.2016, der Neuen Züricher Zeitung, "Die Rache der schiitischen Milizen" vom 04.03.2015 und des Magazins Spiegel, "Schiiten Milizen vor Ramadi: Aufmarsch der Todes-Schwadronen" vom 22.05.2015. In diesen Quellen wird von Menschenrechtsverletzungen durch die schiitischen Milizen, insbesondere an sunnitischen Bürgern, berichtet. Im Großraum von Bagdad seien 2015 durch schiitische Milizen Zehntausende Sunniten vertrieben worden.
1.3.2. Zu den schiitischen Milizen:
Zu den schiitischen Milizen wird im Länderinformationsblatt festgehalten:
Genese und Entwicklung seit 2014
Der Name "Volksmobilisierungseinheiten" bzw. Al-Hashd al-Shaabi, englisch: Popular Mobilization Units (PMU) oder Popular Mobilization Forces bzw. Front (PMF)) bezeichnet eine Dachorganisation für etwa vierzig bis siebzig fast ausschließlich schiitische Milizen und demzufolge ein loses Bündnis paramilitärischer Formationen. Schätzungen zufolge haben die Volksmobilisierungseinheiten zwischen 60.000 und 140.000 Mann unter Waffen. Die Entstehung des Milizenbündnisses kann als Reaktion auf die irakische Offensive des sog. "Islamischen Staates" (IS) verstanden werden und ist somit eng mit dessen militärischen Erfolgen und territorialen Gewinnen verquickt: Im Sommer 2014 drang die Terrororganisation in den Irak ein und nahm am 10. Juni erst Mossul und danach weite Teile der Provinzen Ninewah, Salahuddin, Anbar, Diyala und Kirkuk ein; wenig später waren auch die Städte Erbil und Bagdad in Gefahr (Süß 21.8.2017).
Die reguläre irakische Armee war dem IS nicht gewachsen, weshalb der damalige Ministerpräsident Nuri al-Maliki am 11. Juni zur Mobilisierung einer "Reservearmee" aufrief. Außerdem ließ der führende irakische schiitische Gelehrte Ayatollah Ali Sistani am 13. Juni ein islamisches Rechtsgutachten (fatwa) verlautbaren, in dem er alle jungen Männer dazu aufrief, sich den Sicherheitskräften zum Schutz von Land, Volk und heiligen Stätten des Irak anzuschließen. Infolge der Fatwa schrieben sich tausende junge schiitische Männer auf Freiwilligenlisten ein, schlossen sich jedoch nicht Armee oder Polizei, sondern bereits existierenden oder neu formierten schiitischen Milizen an. Zwei Tage später bildete die irakische Regierung ein Komitee der Volksmobilisierung, das dem Ministerpräsident Haidar al-Abadi untersteht und vom Nationalen Sicherheitsberater Falih al-Fayyad geleitet wird. Die wahren Kräfteverhältnisse sind allerdings schon daran abzusehen, dass die Gründung durch das irakische Innenministerium verkündet wurde:
Dieses unterstand bis Juli 2016 der Führung des "Badr-Politikers" Muhammad al-Ghabban, die dominante Kraft im Innenministerium und damit der eigentliche irakische Führer des Milizenbündnisses ist jedoch Hadi al-Amiri. Mehrere Milizen stehen außerdem politischen Parteien nahe.
Innerhalb der zahlreichen, meist lokal organisierten Gruppen innerhalb der Volksmobilisierungseinheiten können im Wesentlichen drei Gruppen ausgemacht werden: Erstens schon länger aktive Milizen, die infolge der Fatwa tausende neue Rekruten hinzugewannen (Badr-Organisation, Asa'ib Ahl al-Haqq, Kata'ib Hizbullah und Saraya as-Salam). Zweitens gibt es solche schiitischen Formationen, die ab Juni 2014 entstanden (bspw. Kata'ib al-Imam Ali) und drittens einige kleinere sunnitische Milizen (Süß 21.8.2017).
Die wichtigsten Milizen innerhalb der PMF
Die Badr-Organisation ist die älteste schiitische Miliz im Irak und gleichermaßen die mit den längsten und engsten Beziehungen zum Iran. Sie orientiert sich an der Tradition Khomeinis und der Staatsdoktrin Irans. Hervorgegangen ist sie aus dem Badr-Korps, das 1983/84 als bewaffneter Arm des "Hohen Rates für die Islamische Revolution im Irak" gegründet wurde und von Beginn an den iranischen Revolutionsgarden (Pasdaran) unterstellt war. Mit der Namensänderung in Badr-Organisation wurde das Korps zum politischen Akteur. Als sich der Rat in "Irakischer Islamischer Hoher Rat" umbenannte und sich gleichzeitig vom Iran distanzierte, gelang es Badr, sich als wichtigster Verbündeter Irans im Irak zu etablieren und trennte sich 2009 schließlich vom Hohen Rat. Die Badr-Organisation wird von Hadi al-Amiri angeführt und gilt heute als die bedeutendste Teilorganisation und dominierende Kraft des Milizenbündnisses. Sie ist besonders mächtig, weil sie Kontrolle über das irakische Innenministerium und damit auch über die Polizeikräfte besitzt; ein Großteil der bewaffneten Kräfte der Organisation wurde ab 2005 in die irakische Polizei aufgenommen. Sie soll über etwa 20.000 bis 50.000 Mann verfügen und arbeitet mit Kata'ib Hizbullah zusammen. Unklar ist jedoch, ob die genannten Zahlen ausschließlich Kämpfer oder auch sonstiges Personal umfassen, denn die Badr-Organisation ist Miliz und politische Partei in einem. Badr war bisher an allen wichtigen militärischen Auseinandersetzungen in den Provinzen Diyala, Salah ad-Din, Anbar und Ninewah beteiligt; ihr militärisches Hauptquartier befindet sich im Militärlager Camp Ashraf nördlich von Bagdad. In Diyala verfügt Badr außerdem über ein Territorium, das sich zu einer eigenständigen Machtbasis im Sinne eines "Staates im Staate" ausbauen lässt (Süß 21.8.2017).
Die Kata'ib Hizbullah (Bataillone der Partei Gottes, Hizbullah Brigades) entstanden im Zuge der Umbenennung des Badr-Korps in Badr-Organisation und bekämpften im Gegensatz zu diesem die US-Truppen. Sie wurden 2007 von Abu Mahdi al-Muhandis gegründet und werden auch von diesem angeführt. Die Miliz kann als Eliteeinheit begriffen werden, die häufig die gefährlichsten Operationen übernimmt und vor allem westlich und nördlich von Bagdad aktiv ist. Ihre Personalstärke ist umstritten, teilweise ist die Rede von bis zu 30.000 Mann. Die Ausrüstung und militärische Ausbildung ihrer Mitglieder sind besser als die der anderen Milizen innerhalb der Volksmobilisierungseinheiten. Kata'ib Hizbullah arbeiten intensiv mit Badr und der libanesischen Hizbullah zusammen und gelten als Instrument der iranischen Politik im Irak. Die Miliz wird von den USA seit 2009 als Terrororganisation geführt (Süß 21.8.2017).
Die Asa'ib Ahl al-Haqq (Liga der Rechtschaffenen oder Khaz'ali-Netzwerk, League of the Righteous) wurde 2006 von Qais al-Khaz'ali gegründet und bekämpfte zu jener Zeit die US-amerikanischen Truppen im Irak. Asa'ib Ahl al-Haqq unternahm den Versuch, sich als politische Kraft zu etablieren, konnte bei den Parlamentswahlen 2014 allerdings nur ein einziges Mandat gewinnen. Ausgegangen wird von einer Gruppengröße von mindestens 3.000 Mann; einige Quellen sprechen von 10.000 bis 15.000 Kämpfern. Die Miliz erhält starke Unterstützung vom Iran und ist wie die Badr-Oganisation und Kata'ib Hizbullah vor allem westlich und nördlich von Bagdad aktiv. Sie gilt heute als gefürchtetste, weil besonders gewalttätige Gruppierung innerhalb der Volksmobilisierung, die religiös-politische mit kriminellen Motiven verbindet. Ihr Befehlshaber Khaz'ali ist einer der bekanntesten Anführer der Volksmobilisierungseinheiten (Süß 21.8.2017).
Saraya as-Salam (Schwadronen des Friedens, Peace Brigades) wurden im Juni 2014 nach der Fatwa Sistanis auf Anweisung von Muqtada as-Sadr gegründet und sollten möglichst viele der Freiwilligen vereinigen. Die Gruppierung kann de facto als eine Fortführung der ehemaligen Mahdi-Armee bezeichnet werden. Diese ist zwar 2008 offiziell aufgelöst worden, viele ihrer Kader und Netzwerke blieben jedoch aktiv und konnten 2014 leicht wieder mobilisiert werden. Quellen sprechen von einer Gruppengröße von 50.000, teilweise sogar 100.000 Mann, ihre Schlagkraft ist jedoch mangels ausreichender finanzieller Ausstattung und militärischer Ausrüstung begrenzt. Dies liegt darin begründet, dass Sadr politische Distanz zu Teheran wahren will, was in einer nicht ganz so großzügigen Unterstützung Irans resultiert. Das Haupteinsatzgebiet der Miliz liegt im südlichen Zentrum des Irak, wo sie vorgibt, die schiitischen heiligen Stätten zu schützen. Ebenso waren Saraya as-Salam aber auch mehrfach an Kämpfen nördlich von Bagdad beteiligt (Süß 21.8.2017).
Auch Kata'ib al-Imam Ali (Bataillone des Imam Ali, Imam Ali Batallions) ist eine der Milizen, die im Juni 2014 neu gebildet wurden. Sie sticht hervor, weil sie sich rasant zu einer schlagkräftigen Gruppe entwickelte, die an den meisten wichtigen Auseinandersetzungen im Kampf gegen den IS beteiligt war. Dies lässt auf eine beträchtliche Kämpferzahl schließen. Die Funktion des Generalsekretärs hat Shibl az-Zaidi inne, ein früherer Angehöriger der Sadr-Bewegung. Zaidi steht in engem Kontakt zu Muhandis und den Pasdaran, weshalb die Miliz intensive Beziehungen zur Badr-Organisation, Kata'ib Hizbullah und den iranischen Revolutionsgarden unterhält. Die Miliz betreibt außerdem wirkungsvolle Öffentlichkeitsarbeit, wodurch ihr Bekanntheitsgrad schnell gestiegen ist. Vor allem der Feld-kommandeur Abu Azrael erlangte durch Videos mit äußerst brutalen Inhalten zweifelhafte Berühmtheit. Die Gruppe scheint Gefangene routinemäßig zu foltern und hinzurichten (Süß 21.8.2017).
Überblick über die wichtigsten PMF:
Anm.: Die folgende Darstellung ist nicht als abschließende Liste aufzufassen. Die angegebenen regionalen Eingrenzungen stellen lediglich eine Momentaufnahme dar, sind laufenden Änderungen unterworfen und ebenfalls nicht als abschließend anzusehen.
Name *Gründung
Anführer und Gruppengröße
Verbindungen, Zusammenarbeit
Bekannte regionale Aktivität
1
Badr-Organisation *1983/84
Hadi al-Amiri 20.000 - 50.000
Kata'ib Hizbullah
stark in Kirkuk, Tuzkhurmato, Amerli, Salah ad-Din, Diyala; milit. Hauptquartier im Militärlager Camp Ashraf nördlich von Bagdad
2
Kata'ib Hizbullah (Bataillone der Partei Gottes, Hizbullah Brigades) *2007
Abu Mahdi al-Muhandis ca. 30.000
Badr, Kata'ib Sayyid Shuhada, Kata'ib al-Imam Ali, Haraqat al-Nujaba
vor allem westlich und nördlich von Bagdad aktiv
3
Asa'ib Ahl al-Haqq (Liga der Rechtschaffenen oder Khaz'ali-Netzwerk, League of the Righteous) *2006
Qaiz al-Khaz'ali mind. 3.000
unbekannt
Einfluss in neun Provinzen, u.a. Bagdad, Siyala, Tuzkhurmato, Südirak; einflussreichste Gruppe in Basra, Najaf, Kerbela, Muthanna
4
Saraya as-Salam (Schwadronen des Friedens, Peace Brigades) *2014
Muqtada as-Sadr mind. 50.000
unbekannt
Haupteinsatzgebiet im südlichen Zentrum des Irak
5
Kata'ib al-Imam Ali (Bataillone des Imam Ali, Imam Ali Batallions) *2014
Shibl az-Zaidi
Badr, Kata'ib Hizbullah
bedeutend um Tuzkhurmato
6
Saraya Tali'a al-Khorasani (Khorasan Brigade) *2013
Ali Yasiri mind. 3.000
unbekannt
Kommandozentrum in Qadir Kerem, aktiv in Kirkuk und Salah ad-Din
7
Kata'ib Sayyid ash-Shuhada (Bataillone der Märtyrer Sayyids, Martyrs of Sayyid Batallions) *2013
Hajj Abu Ala
Badr, Kata'ib Hizbullah, Asa'ib Ahl al-Haqq
Unterstützungsbasis vor allem im Südirak, aktiv in Salah ad-Din
8
Harakat (Hizbullah) an-Nujaba (Bewegung der Edlen) *2013
Eqrem al-Qaibi
Asa'ib Ahl al-Haqq, Kata'ib Hizbullah
aktiv in Babel, Samarra und um Bagdad
9
Liwa Abu al-Fadel al-Abbas (Abu Fadel Abbas Brigade) *2012
10.000
unbekannt
Kommandozentrum in Kerbela; aktiv in Bagdad und Umgebung sowie Salah ad-Din
10
Hizbullah al-Mujahidun f-il Iraq (Kämpfer der Partei Gottes im Irak) *2014
Abbas al-Muhammadawi
unbekannt
unbekannt
11
Faylaq al-Wa'ad as-Sadiq (Legion des wahren Versprechens)
Mohammad Hamza at-Tamimi
unbekannt
unbekannt
12
Kata'ib al-Imam al-Hussein (Bataillone des Imam Hussein) *2014
unbekannt
unbekannt
aktiv in Salah ad-Din
13
Kata'ib al-Imam al-Gha'ib (Bataillone des abwesenden Imam)
unbekannt
Splittergruppe von Kata'ib Hizbullah
aktiv in Falluja und Samarra
14
Kata'ib Ansar al-Hijja (Bataillone der Unterstützer von al-Hijja)
Mohammad al-Qinani
Kata'ib Martyr Sadr
aktiv in Salah ad-Din und Anbar
15
Kata'ib al-Ghadab (Bataillone der Wut) *2014
Abu Fakkar ash-Shammari
unbekannt
aktiv in Bagdad, Tikrit und Samarra
16
Kata'ib Ruhallah (Bataillone der Seele Allahs)
Abu Talib al-Mayahi
Kata'ib Ahrar al-Iraq
aktiv im Norden Bagdads und in Salah ad-Din
17
Kata'ib Ahrar al-Iraq (Bataillone der freien Männer Iraks) *2014
Abbas al-Maliki
Kata'ib Ruhallah
unbekannt
18
Saraya Ansar al-Aqida Brigade der Unterstützer des Glaubensbekenntnisses) *2014
Jalal ad-Din Sagir
unbekannt
um Bagdad und Samarra, am aktivsten in Dhi Qar and Kerbela
19
Saraya al-Jihad (Brigade des Heiligen Krieges) *2014
Hasan as-Sari
unbekannt
Kommandozentrum in Wasit
20
Liwa Youm al-Qaim (Brigade des Tages des Auferstehenden)
unbekannt
Kata'ib al-Mawt al-Istishariyya
Bagdad
21
Liwa Dhu al-Fiqar (Zulfiqar-Brigade) *2013
Abu Shahad al-Juburi
unbekannt
Schutz eines Heiligen Schreins in Syrien
22
Liwa Assadullah al-Ghalip (Brigade der erobernden Löwen Gottes)
Suhail al-Araji
unbekannt
aktiv in Wasit und Bagdad
23
Liwa al-Muntadar (Brigade der Erwarteten)
Daghir al-Musavi
Kata'ib Sayyid al-Shuhada
Kommandozentrum in Basra
24
Liwa al-Youm al-Mau'ud (Brigade des versprochenen Tages) *2008
unbekannt
Saraya as-Salam
unbekannt
Weitere Milizen: Harakat al-Abdal, Hizbollah as-Sairun, Hizbullah al-Abrar, Kata'ib ad-Difa al-Muqaddas/Quwwa Shaheed al-Sadr, Kata'ib al-Fatah al-Mobin, Kata'ib al-Shaheed al-Awal, Kata'ib al-Shaheed al-Awal: Quw w-al-Buraq, Kata'ib at-Tayyar ar-Risali, Liwa al-Imam al-Hasan al-Mujtaba, Liwa al-Imam al-Qaim, Liwa al-Qa'im, Liwa al-Qaria, Saraya Ashura, Liwa Ammar ibn Yasir, Liwa ash-Shabab ar-Risali, Liwa as-Sadeqeyn, Saraya az-Zahra.
(Süß 21.8.2017)
Führung und Rechtsstellung der PMF
Generell kann innerhalb der Volksmobilisierung eine Dominanz der älteren Milizen und ihrer Anführer Amiri, Muhandis und Khaz'ali ausgemacht werden. Die personelle Führung des Milizenbündnisses übernimmt dabei eine Trias: Anführer ist Abu Mahdi al-Muhandis, Kommandeur der Kata'ib Hizbullah und enger Verbündeter Badrs und der iranischen Revolutionsgarden. Als eigentlicher starker Mann hinter Muhandis gilt allerdings Hadi al-Amiri, Anführer der Badr-Organisation. Einfluss übt außerdem Qasim Suleimani aus, umstrittener Kommandeur der zu den iranischen Revolutionsgarden gehörigen Quds-Brigaden. Der Iran versorgt die irakischen Milizen mit Geld und Waffen und bildet ihre Kämpfer gemeinsam mit der libanesischen Hizbullah im Iran, im Irak und im Libanon aus. Viele der Milizen vertreten deshalb folgerichtig eine islamistische Ideologie, die sich an jener des Irans orientiert. Der Iran nutzte die Gründung der Volksmobilisierung 2014 auf diese Weise dafür, ihren Einfluss im Irak erheblich zu steigern. Die größten Milizen innerhalb der Volksmobilisierung hängen dabei so stark vom Iran bzw. den iranischen Revolutionsgarden ab, dass sie als Instrument des Nachbarstaates bezeichnet werden können. Auch eine personelle Verbundenheit ist vorhanden: Muhandis und Amiri haben ihre engen Beziehungen zum Iran mehrmals selbst bestätigt. Allerdings gibt es neben besonders eng an den Iran angebundenen Milizen (Badr-Organisation und Kata'ib Hizbullah) auch solche, die zwar ressourcenmäßig vom Iran abhängig sind, aber eine gewisse Distanz zum Iran aufweisen (Saraya as-Salam).
Obwohl das Milizenbündnis unter der Aufsicht des 2014 gegründeten Volksmobilisierungskomitees steht und Ende 2016 ein Gesetz in Kraft trat, das die Volksmobilisierung dem regulären irakischen Militär in allen Belangen gleichstellt und somit der Weisung des Ministerpräsidenten als Oberkommandierendem unterstellt, hat der irakische Staat nur mäßige Kontrolle über die Milizen. In diesem Zusammenhang kommt vor allem Badr eine große Bedeutung zu: Die Milizen werden zwar von der irakischen Regierung in großem Umfang mit finanziellen Mitteln und Waffen unterstützt, unterstehen aber formal dem von Badr dominierten Innenministerium, wodurch keine Rede von umfassender staatlicher Kontrolle sein kann. Die einzelnen Teilorganisationen agieren größtenteils eigenständig und weisen eigene Kommandostrukturen auf, was zu Koordinationsproblemen führt und letztendlich eine institutionelle Integrität verhindert (Süß 21.8.2017).
In der Tat scheint es sich so zu verhalten, dass innerhalb der PMF die radikal-schiitischen Gruppen mit Bindungen zum Iran die dominierenden Kräfte sind (Posch 8.2017).
Konfessionelle Zusammensetzung der PMF
Der absolute Großteil der PMF- Milizen besteht aus Schiiten, es gibt jedoch durchaus auch Sunniten, Christen oder sogar Jesiden in den Reihen der schiitischen Milizen [abhängig von der jeweiligen Miliz], bzw. gibt es auch gemischte Milizen, oder auch eigene Sunniten- oder Christen-Milizen (Lattimer 26.4.2017; Al-Monitor 21.8.2017).
PMF-Milizen und organisierte Kriminalität
Neben der Finanzierung durch den irakischen, sowie den iranischen Staat bringen die Milizen einen wichtigen Teil der Finanzmittel selbst auf - mit Hilfe der organisierten Kriminalität. Ein Naheverhältnis zu dieser war den Milizen quasi von Beginn an in die Wiege gelegt. Vor allem bei Stammesmilizen waren Schmuggel und Mafiatum weit verbreitet. Die 2003/4 neu gegründeten Milizen kooperierten zwangsläufig mit den Mafiabanden ihrer Stadtviertel. Kriminelle Elemente wurden aber nicht nur kooptiert, die Milizen sind selbst in einem dermaßen hohen Ausmaß in kriminelle Aktivitäten verwickelt, dass manche Experten sie nicht mehr von der organisierten Kriminalität unterscheiden, sondern von Warlords sprechen, die in ihren Organisationen Politik und Sozialwesen für ihre Klientel und Milizentum vereinen - oft noch in Kombination mit offiziellen Positionen im irakischen Sicherheitsapparat. Die Einkünfte kommen hauptsächlich aus dem Ölschmuggel im großen Stil, Schutzgelderpressungen, Amtsmissbrauch, Entführungen, Waffen- und Menschenhandel, Antiquitäten- und Drogenschmuggel. Entführungen waren ein wichtiges Geschäft aller Gruppen, dessen hauptsächliche Opfer zahlungsfähige Iraker waren. So lassen sich politische Streitigkeiten innerhalb der schiitischen Milizen ebenso gut als Allokations- und Revierkämpfe von Mafiabanden interpretieren, die sich auch auf parlamentarischer Ebene wiederfinden (Posch 8.2017).
Quellen:
-
Al-Monitor (21.8.2017):Turkey fumes as Sinjar Yazidis declare 'democratic autonomy',
http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2017/08/independence-iraqi-kurdistan-referendum-opposition.html#ixzz4qlVEYvfy, Zugriff 25.8.2017
-
Lattimer, Mark - Director of the Ceasefire Cetre for Civilian Rights (26.4.2017): EASO COI Meeting Report Iraq, Practical Cooperation Meeting 25.- 26. April, Brussels, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/IRQ_Meeting_Report.pdf, Zugriff 24.7.2017
-
Posch, Walter (8.2017): Schiitische Milizen im Irak und in Syrien
-
Volksmobilisierungseinheiten und andere, per Email
-
Süß, Clara-Auguste (21.8.2017): Fact Finding Mission Report Syrien mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1504517740_bfa-staatendokumentation-ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31.pdf
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zum Irak. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) sowie der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt. Darüber hinaus wurde am 23.10.2018 im Beisein des Beschwerdeführers und der belangten Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen hinsichtlich der Lebensumstände, des Gesundheitszustandes, der Arbeitsfähigkeit, der Herkunft, der Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf dessen diesbezüglich glaubhafte Angaben vor der belangten Behörde (Protokoll vom 12.07.2016) und in der mündlichen Verhandlung (Niederschrift vom 23.10.2018). Berücksichtigt wurde auch der Entlassungsbrief des Uniklinikums XXXX vom 21.08.2017.
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines vorgelegten irakischen Personalausweises mit der Nr. XXXX fest. Allerdings gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung einen völlig anderen Namen zu Protokoll.
Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 19.07.2018.
Die Feststellungen zu seinem Privat- und Familienleben ergeben sich aus seinen Angaben vor der belangten Behörde (Protokoll vom 12.07.2016) und in der mündlichen Verhandlung (Niederschrift vom 23.10.2018) und den folgenden vorgelegten Dokumenten:
* Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses vom 10.02.2016 und vom 02.07.2016 und vom 25.01.2017
* ÖSD-Zertifikat A1 vom 08.03.2017
* Empfehlungsschreiben des Österreichischen Roten Kreuzes vom 07.02.2017 und vom 22.10.2018
2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer hatte - auf das Wesentlichste zusammengefasst - behauptet, im Irak als Polizist gearbeitet zu haben; er sei dann von einer Miliz mittels eines Drohbriefes bedroht worden und habe seinen Dienst verlassen. Eine Verfolgung des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid allerdings für nicht glaubhaft befunden und dies unter anderem damit begründet, dass ein einziger Drohbrief noch nicht "das von der Genfer Flüchtlingskonvention geforderte Ausmaß einer Verfolgung" erreiche und dass das Fernbleiben vom Dienst für einen Polizisten im Irak maximal zu einer Geldstrafe oder einer unehrenhaften Entlassung führen würde.
Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer gegenüber dem BFA in der Einvernahme vom 12.07.2016 erklärt hatte, bereits im Jahr 2010 den Entschluss zur Ausreise gefasst zu haben. In der mündlichen Verhandlung konnte er dies aber nicht wirklich begründen, er meinte, bis 2013, bis zum Erscheinen des Islamischen Staates (IS), sei die Situation gut gewesen. Auch wenn nicht klar herausgearbeitet werden kann, wann genau der Beschwerdeführer beschlossen hat auszureisen, scheint festzustehen, dass er diesen Plan nicht erst im Februar 2015 fasste, sondern bereits Jahre vorher aufgrund der allgemeinen Situation den Irak verlassen wollte. So gab der Beschwerdeführer gegenüber dem BFA auch explizit an, 5 Jahre für die Ausreise gespart zu haben. Die Ausreise war daher unabhängig von den Ereignissen, die sich laut dem Beschwerdeführer im Februar bzw. März 2015 abgespielt haben sollen, geplant.
Darüber hinaus ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, was ihn dann im Februar, März 2015 konkret zur Ausreise bewegt haben will, aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch nicht glaubhaft, dies aus den folgenden Erwägungen:
Es existieren etwa Unstimmigkeiten in den Angaben des Beschwerdeführers, wenn es um seine Tätigkeit als Polizist geht: In der Einvernahme durch das BFA am 12.07.2016 erklärte er (im Wesentlichen in Übereinstimmung mit der Erstbefragung, wo von drei bis vier Jahren die Rede war), von 2010 bis 2015 als Polizist gearbeitet zu haben; er sei einer von 70 Polizisten im Irak gewesen, denen die Aufgabe zugekommen sei, Geldtransporte zu bewachen. Dem BFA sagte er, dass er zuvor ein Kleidergeschäft geführt habe. In der mündlichen Verhandlung am 23.10.2018 meinte der Beschwerdeführer dann plötzlich, er sei von 2003 bis 2015 Polizist gewesen; er habe zwei Tage im Geschäft und zwei Tage als Polizist gearbeitet. Von 2003 bis 2010 habe er als Teil der Zivilwache öffentliche Institutionen bewacht, danach als Polizist die Geldtransporte der Zentralbank. Abgesehen davon, dass es verwundert, dass er seine