Entscheidungsdatum
20.11.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W217 2182170-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER L.L.M, sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, NÖ und Bgld, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 23.11.2017, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Frau XXXX (in der Folge: BF) war seit 27.10.2016 Inhaberin eines bis 01.11.2017 befristet gültigen Behindertenpasses sowie eines Parkausweises.
Die BF beantragte mit am 28.09.2017 eingelangten Antrag beim Sozialministeriumservice (in der Folge: belangte Behörde) die Neuausstellung des Behindertenpasses.
2. Im von der belangten Behörde hierzu eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 16.11.2017, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF, wurden von Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, folgende Funktionseinschränkungen festgestellt:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Pos.Nr.
GdB %
1
Unterschenkelamputation rechts Fixer Rahmensatz
02.05.44
50
2
Vorhofflimmern Auswahl dieser Position, da gerinnungshemmende Behandlung erforderlich ist, unterer Rahmensatz da keine Hinweise auf höhere höhergradige Einschränkung der Herzleistung. Hypertonie ist in dieser Position erfasst.
05.02.01
30
3
Arterielle Verschlusskrankheit mit Zustand nach mehreren Operationen Unterer Rahmensatz, da an dem verbliebenen Bein ein Stadium II anzunehmen ist, durch pAVK bedingter Verlust des rechten Unterschenkels wurde gesondert eingeschätzt. In dieser Position ist auch die erfolgreiche Carotis-Operation erfasst
05.03.02
20
4
Diabetes mellitus Typ II 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da die Behandlung mit oraler Medikation möglich ist
09.02.01
20
5
Mäßig große Struma ohne klinischen Hinweis auf Trachealeinengung Unterer Rahmensatz, da derzeit kein Hinweis auf Fehlfunktion.
09.01.01
10
Weiters wurden
ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50% sowie ein Dauerzustand festgestellt. Darüber hinaus wurde auf die Frage, welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zulassen, festgehalten:
"Keine. Es liegt ein Zustand nach Unterschenkelamputation links, bei blanden Stumpfverhältnissen vor. Dieser Umstand verursacht eine mäßiggradige Gangstörung, welche jedoch unter Berücksichtigung der objektivierbaren Ausprägung keine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkt. Kurze Gehstrecken sind aus eigener Kraft ohne Unterbrechung möglich, sowie das Ein- und Aussteigen und der sichere Transport ist ohne erhebliche Erschwernis zu bewältigen. Eine höhergradige Einschränkung des Gehvermögens ist durch entsprechende aktuelle Befundberichte nicht belegt. Die behinderungsbedingte Erfordernis des Rollstuhles ist aus gutachterlicher Sicht, bei prothesentauglichem Unterschenkelstumpf, nicht begründbar."
3. Mit Schreiben vom 17.11.2017 wurde der BF von der belangten Behörde der Behindertenpass übermittelt.
Mit Bescheid vom 23.11.2017 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.
Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt worden sei, welches ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.
4. In ihrer Beschwerde vom 02.01.2018 brachte die BF vor, dass bei ihr eine periphere Gefäßerkrankung vorliege, die 2016 schließlich zur Unterschenkelamputation rechts geführt habe. Sie sei von Jänner bis Oktober 2016 im AKH XXXX aufhältig gewesen wegen der Amputation des rechten Unterschenkels. Zu diesem Zeitpunkt sei eine PAVK IV mit ausgeprägtem Ruheschmerz vorgelegen. Die Amputation sei zwar bereits im Jänner 2016 durchgeführt worden, doch sei es infolge der Amputation zu einer Nekrosektomie und Weichteilresektion sowie einem primären Verschluss mit Drainage bei Wundheilungsstörung im Bereich des Stumpfes gekommen, dies infolge eines Sturzes auf den Stumpf. Dies habe zu einer mehrere Wochen dauernden konservativen Wundpflege und einem monatelangen Aufenthalt der BF im AKH geführt. Nach einer ersten Mobilisierung mit einer Behelfsprothese sowie einem Rehab-Aufenthalt sei es im Jänner 2017 wiederum zu einer Öffnung der Wunde sowie einer Absonderung von Sekreten gekommen. Erst im Juni 2017 habe sich die Wunde wieder geschlossen. In einem Klagsverfahren der BF wegen Pflegegeld habe der Sachverständige festgestellt, dass es der BF nicht möglich sei, frei zu stehen und sie selbst mit Unterarmstützkrücken nur sehr geringe Wegstrecken selbständig überwinden könne. Weiters habe er festgestellt, dass bei der BF ein Betreuungsbedarf für die Mobilitätshilfe im weiteren Sinn bestehe. Eine Verbesserung des Gesundheitszustandes sei im Hinblick auf die Folgen der Unterschenkelamputation rechts nicht zu erwarten. Es sei sohin nicht nachvollziehbar, wie der Sachverständige der belangten Behörde zu der Erkenntnis gelange, dass es der BF möglich sei, öffentliche Verkehrsmittel zu erreichen und das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport selbständig zu bewältigen. Seit dem Sturz im Spital habe die BF vor dem Gehen mit der Prothese Angst. Außerdem sei die Gewöhnung an die Prothese durch das fortgeschrittene Alter der BF erschwert. Schließlich würden bei der BF auch eine PAVK II am linken Bein sowie ein Vorhofflimmern vorliegen, was die Gesamtbelastung der BF wesentlich herabsetze.
5. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 09.01.2018 von der belangten Behörde vorgelegt.
6. DDr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, FA für Unfallchirurgie, führt in ihrem Sachverständigengutachten einschließlich unfallchirurgisch/orthopädischer Begutachtung vom 13.04.2018 im Wesentlichen Folgendes aus:
"(...) Vorgeschichte:
Diabetes mellitus Typ 2 seit 2000, medikamentöse Behandlung, bisher keine Insulintherapie Periphere arterielle Verschlusskrankheit seit ca. 2005, vor allem rechte untere Extremität mit Zustand nach mehrfachen Operationen, zuletzt Bypassverschluss und Unterschenkelamputation am 19. 1. 2016, davor 9 Monate AKH mit etagenweiser Amputation, 03/2016 Nekrosektomie bei Wundheilungsstörung, 04/2016 Wunddebridement 09/2016 PTA und Stent der Becken/Bein Gefäße rechts
10-11/2016 RZ XXXX
02-06/2017 Wundmanagement wegen Sekretion
Vorhofflimmern seit 2011
2015 Carotisoperation rechts
Struma, euthyreot
Zwischenanamnese seit 11/2017:
Keine Operationen, kein stationärer Aufenthalt.
Befunde:
Abl. 99, Bericht NotaufnahmeXXXX vom 5. 1. 2017 (chronisches Sekret, abszedierende Wunde Amputationsstumpf rechter Unterschenkel, Wundverband jeden 2.
Tag)
Abl. 96-98, Rechnung Kompetenzzentrum XXXX vom 11. 2. 2017, 7.3. 2017, 11. 4. 2017, 7. 5. 2017 und 6. 6. 2017 (je zehnmal Hausbesuch)
Abl. 92-95, allgemeinmedizinisches SV-Gutachten Dr. XXXXvom 23.11. 2016
Abl. 90, 91, Befund chirurgische Universitätsklinik AKH XXXX vom 3. 10. 2016 (Bypassverschluss bei Zustand nach femorocruralen Bypass rechts (10/2015), PAVK IV rechts mit ausgeprägtem Ruheschmerz, Krankheit des N.facialis, Diabetes mellitus nicht insulinpflichtig, Bluthochdruck, Vorhofflimmern, Maßnahme: Unterschenkelamputation rechts
19.1.2016, 03/2016 Nekrosektomie bei Wundheilungsstörung, 04/1016 Wunddebridement 09/1016 PTA und Stent der Becken/Bein Gefäße rechts)
Abl. 86, Foto: nicht verwertbar
Nachgereichte Befunde: keine
Sozialanamnese: verheiratet, 2 Kinder, lebt in Wohnung im 2.
Stockwerk mit Lift Berufsanamnese: Pensionistin
Medikamente: Xarelto, Pantoloc, Concor, Atorvastatin, Glucophage 500 mg, Tegretol, Trittico, Lendorm, Zanidip, Cymbalta, Oleovit D3, Maxikalz
Allergien: 0
Nikotin: 10
Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. XXXX, XXXX
Derzeitige Beschwerden:
‚Eine Besserung ist nicht eingetreten, ich kann nicht alleine aus dem Haus gehen, kann die 50 Stufen von 2. Stock über die Wendeltreppe ins Erdgeschoss nicht alleine bewältigen, kann nicht zu öffentlichen Verkehrsmitteln 4-5 Gassen weit gehen. Insgesamt ist eine Verschlechterung eingetreten, nach Hause muss ich Bergaufgehen, alleine habe ich da keine Chance. Ich bin 2 Jahre nicht außer Haus gekommen außer mit der Rettung. Die Prothese drückt, die Wunde ist 7 Monate versorgt worden, jetzt ist sie geschlossen. Prothese trage ich kurzfristig zum Üben, etwa eine bis eineinhalb Stunden in der Wohnung, außer Haus war ich noch nie mit Prothese. Habe Phantomschmerzen.
N.facialis - Schwäche hatte ich nur 2 Wochen nach der Operation, jetzt habe ich keine Beschwerden mehr.'
STATUS:
Aligemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.
Größe 160 cm, Gewicht 61 kg, RR 130/70
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind endiagig eingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits nicht durchführbar.
Der Einbeinstand links ist mit Anhalten möglich, Haut geschlossen, Stumpf kühl, Haut am Stumpf etwas dunkler als Umgebung, kein Ulcus.
Die tiefe Hocke ist nicht möglich. Durchblutung: periphere Pulse links nicht sicher tastbar, Akren links kühl, Unterschenkelstumpf rechts kühl, jedoch kein Hinweis für Nekroseareal, kein Ulcus, keine Ödeme, die Sensibilität wird links als ungestört angegeben.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften S 0/100, IR/AR 20/0/30, Knie bds. 0/0/130, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, Klopfschmerz über der unteren LWS.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen frei beweglich
BWS/LWS: FBA: mit Anhalten 30 cm, in allen Ebenen mäßig eingeschränkt beweglich
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt im Rollstuhl in Begleitung des Sohns, Unterschenkelprothese rechts wird mitgebracht, nicht getragen.
Das Aus- und Ankleiden wird mit Hilfe im Sitzen durchgeführt.
Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.
STELLUNGNAHME:
Auf Grundlage des Vorbringens in der Beschwerde und der vorgelegten Befunde und Beweismittel ergibt sich kein einschätzungswürdiger Leidenszustand der BF bzw. keine Änderung der bisherigen Beurteilung (Abl. 48 bis 50).
Sämtliche Leiden werden in der nach der EVO vorgesehenen Höhe eingestuft.
Die Unterschenkelamputation rechts wird in korrekter Höhe mit 50 % eingestuft. Es konnte eine genügende Funktionstüchtigkeit des Stumpfs festgestellt werden, sodass die Versorgung mit Unterschenkelprothese möglich ist. Schlechte Stumpfverhältnisse wie Ulcus oder Ekzem, extremer Kurzstumpf oder sehr langer Unterschenkelstumpf liegen nicht vor. Die Haut über dem Stumpf ist geschlossen und belastbar.
Die weiteren Leiden, Vorhofflimmern, arterielle Verschlusskrankheit bei Zustand nach mehreren Operationen, Diabetes mellitus, Struma, werden in korrekter Höhe eingestuft. Befunde über eine höhergradige Minderdurchblutung der linken unteren Extremität liegen nicht vor.
Befunde über diabetische Spätfolgen, z.B. Polyneuropathiesyndrom, liegen nicht vor.
Stellungnahme zu beantragter Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränkten.
Der 10 cm lange Amputationsstumpf im Bereich des rechten Unterschenkels zeigt eine gute Hautdeckung und ist mit einer gut passenden Unterschenkelprothese belastungsstabil versorgbar.
Durch die Unterschenkelamputation besteht eine Einschränkung der Steh- und Gehleistung, das Überwinden von Niveauunterschieden ist aber durch den vorhandenen Bewegungsumfang der großen Gelenke der unteren Extremitäten ausreichend möglich, das sichere Aus- und Einsteigen in öffentliche Verkehrsmittel ist gegeben.
An der Wirbelsäule und den oberen Extremitäten finden sich keine Funktionsbehinderungen, welche die Steh-, Geh- und Sitzleistung und die Verwendung von Haltegriffen einschränkten, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist zumutbar.
Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, können nur indirekt erfasst werden.
Anhand des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit belastungsstabil versorgbarem Zustand nach Unterschenkelamputation rechts, ausreichender Beweglichkeit der großen Gelenke der unteren Extremitäten und der derzeitigen Therapieerfordernis (keine analgetische Dauermedikation) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und den Transport mit öffentlichen Verkehrsmitteln erheblich erschwerten."
7. Im Rahmen des hierzu eingeräumten Parteiengehörs brachte die BF vor, wie sich aus dem allgemeinmedizinischen Gutachten vom 08.11.2017 ergebe, liege bei ihr nicht nur eine Unterschenkelamputation rechts, sondern auch eine arterielle Verschlusskrankheit mit Z.n. mehreren Operationen (PAVK II) vor. Bei Vorliegen einer arteriellen Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option sei jedenfalls die beantragte Zusatzeintragung zu gewähren.
8. Die bereits befasste Ärztin für Allgemeinmedizin, FÄ für Unfallchirurgie, führt in ihrer hierzu eingeholten Stellungnahme vom 03.07.2018 aus:
"SACHVERHALT:
Gegen den Bescheid des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen vom 23.11.2017, mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass abgewiesen wird, wird Beschwerde vorgebracht.
In einer weiteren Stellungnahme der BF, vertreten durch den KOBV, Abl. 135-136, 18.5.2018, wird vorgebracht, dass nicht nur eine Unterschenkelamputation rechts sondern auch eine arterielle Verschlusskrankheit bei Zustand nach mehreren Operationen (pAVK Il) und damit jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vorliege.
Befunde:
Es werden keine weiteren Befunde vorgelegt.
STELLUNGNAHME:
Auf Grundlage des Vorbringens in der Stellungnahme vom 18.5.2018 ergibt sich kein zusätzlicher einschätzungswürdiger Leidenszustand der BF bzw. keine Änderung der bisherigen Beurteilung (Abl. 48 bis 50).
Sämtliche Leiden werden in korrekter Höhe eingestuft.
Die arterielle Verschlusskrankheit bei Zustand nach mehreren Operationen wird in korrekter Höhe eingestuft.
Aktuelle Befunde über eine höhergradige Minderdurchblutung der linken unteren Extremität liegen nicht vor. Bei den bisher durchgeführten klinischen Untersuchungen im Rahmen der Begutachtungen (Abl. 53 RS, Abl. 50 RS, Abl. 123) konnte jeweils kein Hinweis für trophische Störungen dokumentiert werden, die geringgradig herabgesetzte periphere Durchblutung links wird in der herangezogenen Position in korrekter Höhe eingestuft.
Eine arterielle Verschlusskrankheit Il b ohne Therapieoption liegt nicht vor und ist auch nicht durch entsprechende Spitalsbefunde dokumentiert."
9. Hierzu verwies die BF auf dem bereits vorgelegten Patientenbrief des AKH vom 03.10.2016, wo als Aufnahmegrund PAVK IV angeführt sei. Sie beantragte die Einholung eines internistischen Gutachtens sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF war Inhaberin eines bis 01.11.2017 befristet gültigen Behindertenpasses sowie eines Parkausweises.
Am 28.09.2017 langte bei der belangten Behörde der Antrag auf Neuausstellung eines Behindertenpasses sowie der gegenständliche Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ein.
Mit Schreiben vom 17.11.2017 wurde der BF von der belangten Behörde ein unbefristet gültiger Behindertenpass übermittelt.
Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen nicht vor.
Bei der BF liegen folgende Funktionseinschränkungen vor:
-
Unterschenkelamputation rechts
-
Vorhofflimmern
-
Arterielle Verschlusskrankheit mit Zustand nach mehreren Operationen
-
Diabetes mellitus Typ II
-
Mäßig große Struma ohne klinischen Hinweis auf Trachealeinengung
Bei der BF liegt keine arterielle Verschlusskrankheit II b ohne Therapieoption vor und ist auch nicht durch entsprechende Spitalsbefunde dokumentiert.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" führen, gründen sich auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin, FÄ für Unfallchirurgie, vom 13.04.2018 sowie auf deren Stellungnahme vom 03.07.2018. Unter Berücksichtigung der von der BF ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen und nach persönlicher Untersuchung der BF wurde von der medizinischen Sachverständigen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die BF zumutbar ist.
Die Sachverständige gelangte unter den von ihr geprüften Gesichtspunkten auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Untersuchung der BF am 01.03.2018 zu dem Schluss, dass im Fall der BF öffentliche Verkehrsmittel zumutbar sind, da bei der BF - trotz ihrer anerkannten Gesundheitsschädigungen - keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vorliegen, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken würden. Die Sachverständige konnte eine genügende Funktionstüchtigkeit des Stumpfes feststellen, sodass die Versorgung mit der Unterschenkelprothese möglich ist. Der 10 cm lange Amputationsstumpf im Bereich des rechten Unterschenkels zeige eine gute Hautdeckung und sei mit einer gut passenden Unterschenkelprothese belastungsstabil versorgbar. Durch die Unterschenkelamputation bestehe zwar eine Einschränkung der Steh- und Gehleistung, das Überwinden von Niveauunterschieden sei aber durch den vorhandenen Bewegungsumfang der großen Gelenke der unteren Extremitäten ausreichend möglich, das sichere Aus-und Einsteigen in öffentliche Verkehrsmittel gegeben. Auch an der Wirbelsäule und den oberen Extremitäten würden sich keine Funktionsbehinderungen finden, welche die Steh-, Geh- und Sitzleistung und die Verwendung von Haltegriffen einschränken würden, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei zumutbar. Auch wenn die Art und das Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, nur indirekt erfasst werden könnten, ergebe sich anhand des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit belastungsstabil versorgbarem Zustand nach Unterschenkelamputation rechts, ausreichender Beweglichkeit der großen Gelenke der unteren Extremitäten und der derzeitigen Therapieerfordernis (keine analgetische Dauermedikation) kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und den Transport mit öffentlichen Verkehrsmitteln erheblich erschweren würden.
Diese Schlussfolgerungen der medizinischen Sachverständigen finden insbesondere Bestätigung in ihren Aufzeichnungen bei der persönlichen Untersuchung am 01.03.2018 im Rahmen des oben wiedergegebenen Untersuchungsbefundes zu den oberen und unteren Extremitäten bzw. zum Gangbild ("Schultergürtel und beide oberen Extremitäten: Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar. Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits nicht durchführbar. Der Einbeinstand links ist mit Anhalten möglich, Haut geschlossen, Stumpf kühl, Haut am Stumpf etwas dunkler als Umgebung, kein Ulcus. Die tiefe Hocke ist nicht möglich. Durchblutung: periphere Pulse links nicht sicher tastbar, Akren links kühl, Unterschenkelstumpf rechts kühl, jedoch kein Hinweis für Nekroseareal, kein Ulcus, keine Ödeme, die Sensibilität wird links als ungestört angegeben. Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Hüften S 0/100, IR/AR 20/0/30, Knie bds. 0/0/130, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich. Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, Klopfschmerz über der unteren LWS. Aktive Beweglichkeit: HWS: in allen Ebenen frei beweglich. BWS/LWS: FBA: mit Anhalten 30 cm, in allen Ebenen mäßig eingeschränkt beweglich. Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar."), aus denen sich - auch unter Berücksichtigung der bei der BF tatsächlich vorliegenden Funktionseinschränkungen - ergibt, dass die von der BF subjektiv empfundenen, in der Beschwerde angegebenen Leidenszustände nicht in entsprechendem Ausmaß - im Sinne des Vorliegens erheblicher Einschränkungen der Funktionen der oberen oder unteren Extremitäten nach dem Maßstab des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und vom Parkausweisen - objektiviert werden konnten. Aus diesen Befundungen ergibt sich aber auch, dass die BF in der Lage ist, sich beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei der Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsmittel während der Fahrt festzuhalten.
In ihrer Stellungnahme vom 03.07.2018 wiederholte die bereits befasste Sachverständige, dass aktuelle Befunde über eine höhergradige Minderdurchblutung der linken unteren Extremität nicht vorliegen. Bei den bisher durchgeführten klinischen Untersuchungen im Rahmen der Begutachtungen habe kein Hinweis für trophische Störungen dokumentiert werden können, die geringgradig herabgesetzte periphere Durchblutung links wurde in der herangezogenen Position in korrekter Höhe eingestuft. Abschließend betonte die Sachverständige, dass eine arterielle Verschlusskrankheit Il b ohne Therapieoption nicht vorliegt und auch nicht durch entsprechende Spitalsbefunde dokumentiert wurde. Von der Einholung eines internistischen Gutachtens konnte sohin Abstand genommen werden.
Soweit die BF vorbringt, in dem bereits vorgelegten Patientenbrief vom 03.10.2016 sei als Aufnahmegrund sogar PAVK IV angeführt, ist darauf hinzuweisen, dass darin zwar als Aufnahmegrund eine PAVK IV rechts mit ausgeprägtem Ruheschmerz, als Diagnose bei Entlassung jedoch lediglich eine Periphere Gefäßkrankheit, nicht näher bezeichnet (I73.9), angeführt ist.
Somit waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwände nicht geeignet, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften, da sie nicht ausreichend substantiiert waren.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichts bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des gegenständlichen medizinischen Sachverständigengutachtens.
Das medizinische Sachverständigengutachten der Ärztin für Allgemeinmedizin, Fachärztin für Unfallchirurgie, wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu Spruchpunkt A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hierzu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
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§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
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In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)
Wie bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde seitens des vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten, auf einer persönlichen Untersuchung der BF basierenden Sachverständigengutachtens einer Ärztin für Allgemeinmedizin, FÄ für Unfallchirurgie vom 13.04.2018 nachvollziehbar ausgeführt, dass im Fall der BF - trotz der bei ihr vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen - die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen. Bei der BF sind, wie bereits in den beweiswürdigenden Ausführungen ausgeführt wurde, ausgehend von diesem Sachverständigengutachten aktuell keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert; im Rahmen der persönlichen Begutachtung haben sich auch keinerlei Hinweise darauf ergeben, dass die BF nicht in der Lage wäre, 300-400 m ohne Pause und ohne Auftreten starker Schmerzen, ohne Unterbrechung und ohne fremde Hilfe zurückzulegen. Auch unter Berücksichtigung der bei der BF bestehenden Einschränkungen und den in der Beschwerde erwähnten damit verbundenen Erschwernissen und Mühen vermag die BF noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.
Die BF ist den Ausführungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten, sie hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine Sachverständigenaussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.
Was den im Zuge des Beschwerdeverfahrens gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachrichtung innere Medizin betrifft, so hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem (wenngleich zum Behinderteneinstellungsgesetz ergangenen) Erkenntnis vom 24.06.1997, 96/08/0114, ausgeführt, dass die Behörden im Zusammenhang mit der Einschätzung des Grades der Behinderung nach dem BEinstG verpflichtet sind, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen. Das Gesetz enthält aber keine Regelung, aus der erschlossen werden kann, dass ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten bestimmter Richtung bestünde. Es besteht demnach kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an. Dieses Erfordernis ist im gegenständlichen Fall erfüllt, die Einholung weiterer Sachverständigengutachten ist wegen Entscheidungsreife der Sache daher nicht erforderlich.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or hig