TE Vwgh Erkenntnis 1999/6/2 98/04/0051

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.06.1999
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §1 Abs4 impl;
GewO 1994 §1 Abs4;
GewO 1994 §366 Abs1 Z1;
VStG §44a Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des GH in A, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 9. Dezember 1997, Zl. 1997/15/216-6, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinen Spruchpunkten 1) und 2) einschließlich des Ausspruches über die Kosten des Verwaltungsverfahrens und über den Verfall gemäß § 369 GewO 1994 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem am 27. Juni 1997 verkündeten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, im amtlichen Telefonbuch in der Zeit vom 15. November 1996 bis zum 26. Juni 1997 gewerbsmäßig und in Ertragsabsicht mit dem Wortlaut "H, Autolackiererei und Spenglerei, A, Tel.Nr. 00, Mobilnetz 11" im Ortstelefonverzeichnis A Dienstleistungen bzw. Tätigkeiten (im Sinne des § 1 Abs. 4 GewO 1994) angeboten zu haben, welche

1) gemäß § 94 lit. a Z. 10 GewO 1994 dem Handwerk des Lackierergewerbes und

2) gemäß § 94 lit. b Z. 16 GewO 1994 dem Handwerk des Karosseriebauergewerbes zuzuordnen seien. Darüber hinaus habe er an der angeführten Adresse am 16. April 1997 bei dem auf B aus A zugelassenen Fahrzeug Alfa mit dem Kennzeichen XY, dunkelgrün-metallic oder onyxfarben, an der linken vorderen und hinteren Türe

a) die Behebung von Blechschäden, welche dem Handwerk des Karosseriebauers zuzuordnen seien und

b) Lackierarbeiten, welche dem Handwerk Autolackierer zuzuordnen seien, gewerbsmäßig und in Ertragsabsicht durchgeführt.

Der weitere Ausspruch wegen der unbefugten Errichtung und Betreibung einer gewerblichen Betriebsanlage ist infolge Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in diesem Punkt nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens.

Der Beschwerdeführer habe daher

1) eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 iVm § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 sowie § 94 lit. a Z. 10 GewO 1994, und

2) eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 sowie iVm § 94 lit. b Z. 16 GewO 1994 begangen, weshalb über ihn gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 zu

1) eine Geldstrafe im Betrag von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstr afe 10 Tage), und zu

2) eine Geldstrafe im Betrag von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt sowie

gemäß § 369 GewO 1994 die mit Bestätigung des GPK A, Blatt 8, beschlagnahmten Gegenstände für verfallen erklärt wurden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 und § 51 VStG mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass dem Berufungswerber vorgeworfen werde, er habe

1) im amtlichen Telefonbuch, Ausgabe 1997/98, in der Zeit vom 15.11.1996 bis zum 26.6.1997 gewerbsmäßig und in Ertragsabsicht mit dem Wortlaut "H - Autolackiererei und Spenglerei, A", mit der Tel.Nr. 00 Mobilnetz 11 im Ortstelefonverzeichnis A Leistungen angeboten, welche dem Handwerk des Karosseriebauers zuzuordnen seien und an der dortigen Adresse am 16. April 1997 bei dem auf Herrn B in A zugelassenen Fahrzeug Alfa mit dem Kennzeichen XY dunkelgrün-metallic bzw. onyxfarben an der linken vorderen und hinteren Tür die Behebung von Kraftfahrzeugblechschäden vorgenommen und somit Arbeiten, welche dem Handwerk des Karosseriebauers zuzuordnen seien, gewerbsmäßig und in Ertragsabsicht durchgeführt und hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 iVm § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 sowie § 94 lit. a Z. 16 iVm § 1 Abs. 4 GewO 1994 begangen;

2) im amtlichen Telefonbuch in der Zeit vom 15.4. (gemeint wohl: 15. 11.) 1996 bis 26.6.1997 gewerbsmäßig und in Ertragsabsicht mit dem Wortlaut "H - Autolackiererei und Spenglerei, A", Tel.Nr. 00 Mobilnetz 11 im Ortstelefonverzeichnis A Dienstleistungen bzw. Tätigkeiten angeboten, welche gemäß § 94 lit. b Z. 10 GewO 1994 dem Handwerk des Autolackierers zuzuordnen seien und darüber hinaus an der dortigen Adresse am 16. April 1997 an dem auf Herrn B, A, zugelassenen Fahrzeug Alfa mit dem Kennzeichen XY dunkelgrün-metallic bzw. onyxfarben an der linken vorderen und hinteren Türe Kraftfahrzeuglackierarbeiten vorgenommen, welche dem Handwerk Autolackierer zuzuordnen seien, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 iVm § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm § 94 lit. b Z. 10 iVm § 1 Abs. 4 GewO 1994 begangen.

Die Berufung hinsichtlich des Verfalles der mit Bestätigung des GPK A, Blatt 8, beschlagnahmten Gegenstände wurde als unbegründet abgewiesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen als nicht schuldig erkannt und dafür nicht bestraft zu werden.

Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte aufgrund der ihr vorliegenden Inserate keinesfalls ein gewerbsmäßiges Anbieten von Leistungen in Ertragsabsicht, welche dem Handwerk des Karosseriebauers und des Autolackierers zuzuordnen seien, erblicken dürfen, denn die Einschaltung sei im Namensteil (und nicht unter der Bezeichnung "Spenglerei - Lackiererei") des amtlichen Telefonbuches, die Einschaltung in der Broschüre des örtlichen Radklubs aufgrund einer Spende für ein Radrennen erfolgt. Darüber hinaus handle es sich bei den Namenszusätzen "Spenglerei - Lackiererei bzw. Autospengler und Lackierer" um eine Berufsbezeichnung bzw. um einen Schreibfehler.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Auffassung, dass es beim Tatbestandsmerkmal des "Anbietens" einer den Gegenstand des Gewerbes bildenden Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 4 zweiter Satz GewO 1994 nicht auf die Absicht des Anbietenden, sondern auf den objektiv zu prüfenden Wortlaut der Ankündigung ankommt. Dieser Tatbestand ist dann erfüllt, wenn einer an einen größeren Kreis von Personen gerichteten Ankündigung die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass eine unter den Wortlaut der Ankündigung fallende gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird (vgl. hiezu unter anderem das hg. Erkenntnis vom 31. März 1992, Zl. 91/04/0299). Es ist daher in diesem Zusammenhang ohne Belang, ob die Einschaltung im Namens- oder Inseratenteil des Telefonbuches unter "Spenglerei - Lackiererei" aufgenommen wurde bzw. ob eine Berufsbezeichnung oder ein Schreibfehler vorliegt oder nicht. Der Beschwerdeführer hat auch nicht dargetan, warum es ihm nicht möglich gewesen sein sollte, einen behaupteten Schreibfehler entsprechend korrigieren zu lassen. Die Einschaltung in die Broschüre des örtlichen Radklubs wurde dem Beschwerdeführer in der Tatumschreibung gar nicht angelastet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. April 1987, Zl. 86/04/0170 und die darin angegebene Vorjudikatur).

Der Beschwerde kommt im Ergebnis dennoch Berechtigung zu.

Nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000,-- S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Nach § 94 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1997 zählten zu den Gewerben, die Handwerke sind, u.a. das Handwerk des Lackierers (§ 94 lit. a Z. 10) und das Handwerk des Karosseriebauers (§ 94 lit. a Z. 16). Gemäß § 5 Abs. 1 GewO 1994 dürfen Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der etwa vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen (nur) aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden, soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nichts anderes bestimmt.

Nach § 1 Abs. 4 GewO 1994 gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

Gemäß § 369 GewO 1994 kann die Strafe des Verfalls u.a. von Werkzeugen ausgesprochen werden, wenn diese Gegenstände u.a. mit einer Verwaltungsübertretung nach § 366 leg. cit. im Zusammenhang stehen.

Sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde gehen davon aus, dass der Beschwerdeführer mit den unter den Spruchpunkten 1 und 2 umschriebenen Tatbildhandlungen jeweils nur eine Verwaltungsübertretung begangen habe. Während die Behörde erster Instanz im Sinne des § 44 a Z. 2 VStG die Verwaltungsübertretung nach "§ 366 Abs. 1 Z. 1 iVm § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 sowie § 94 lit. a Z. 10 GewO 1994" bzw. § 366 Abs. 1 iVm § 94 lit. b Z. 16 leg. cit. also die unbefugte tatsächliche Ausübung der Gewerbe des Lackierers und Karosseriebauers, als verwirklicht ansah, subsumierte die belangte Behörde die spruchmäßige Tatbildumschreibung unter die Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 iVm § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm § 94 lit. b Z. 10" (bzw. § 94 lit. b Z. 16) und "§1 Abs. 4 GewO 1994". Damit führte die belangte Behörde die Normen, die das nach der Tatumschreibung vom Beschwerdeführer unbefugt ausgeübte Gewerbe regeln, an, sie warf ihm aber nicht das Verwaltungsdelikt der unbefugten tatsächlichen Ausübung dieses Gewerbes vor, sondern das unbefugte Anbieten dieser Tätigkeiten. Bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 durch Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen ist nämlich § 366 Abs. 1 Z. 1 iVm § 1 Abs. 4 zweiter Satz leg. cit. Strafnorm im Sinne des § 44 a Z. 2 VStG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1994, Zl. 93/04/0224). Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei dem Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit durch einen zur Ausübung des betreffenden Gewerbes nicht Berechtigten um eine eigene Verwaltungsübertretung, weshalb die Strafnorm des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 als solche nicht auch schon diese Verwaltungsübertretung erfasst. Erst im Hinblick auf das nach § 1 Abs. 4 zweiter Satz leg. cit. gebotene Gleichhalten ergibt sich die - gegenüber einer unbefugten Gewerbeausübung - gesonderte Strafbarkeit eines solchen Anbietens (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1984, Zl. 84/04/0070 und vom 31. März 1992, Zl. 91/04/0299). Im vorliegenden Fall lässt sich letztlich aber weder dem erstinstanzlichen Straferkenntnis noch dem angefochtenen Bescheid eindeutig entnehmen, ob der Beschwerdeführer wegen des Anbietens einer gewerblichen Tätigkeit oder wegen der tatsächlichen Ausübung der angebotenen Tätigkeit bestraft wurde.

Ginge man nämlich davon aus, dass die Behörde erster Instanz im Hinblick auf die angenommene unbefugte tatsächliche Ausübung der bezeichneten Handwerke eine Konsumation der Verwaltungsübertretung des § 366 Abs. 1 Z. 1 iVm § 1 Abs. 4 zweiter Satz GewO 1994 (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 10. September 1991, Zl. 91/04/0066) angenommen hatte, so wäre diesfalls in dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nur die Tatbildumschreibung der unbefugten Gewerbeausübung aufzunehmen gewesen. Demgegenüber befinden sich in den dem Beschwerdeführer in erster Instanz vorgeworfenen Tatbestandssachverhalten im Spruch auch Ausführungen betreffend das Anbieten von gewerblichen Tätigkeiten durch eine Eintragung im Telefonbuch.

Indem die belangte Behörde das erstinstanzliche Straferkenntnis in Bezug auf die dem Beschwerdeführer spruchmäßig angelasteten Tathandlungen betreffend zwei Verwaltungsübertretungen (das Anbieten und die (tatsächliche) Gewerbeausübung) bestätigt hat, dies allerdings letztlich wieder mit der Maßgabe, dass der Beschwerdeführer (nur) die Verwaltungsübertretung des § 366 Abs. 1 Z. 1 iVm § 1 Abs. 4 zweiter Satz GewO 1994 verwirklicht habe (welche Strafnorm dem Beschwerdeführer - wie ausgeführt - im Straferkenntnis erster Instanz als nicht verletzt vorgeworfen worden war), hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Aus diesem Grund war auch der Ausspruch über den Verfall gem. § 369 GewO 1994 als rechtswidrig aufzuheben, weil dieser Ausspruch mit dem Vorliegen einer Verwaltungsübertretung im Sinne des § 369 leg. cit. in einem untrennbaren Zusammenhang steht.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens ergibt sich daraus, dass die begehrte Umsatzsteuer in den Pauschalsätzen der zitierten Verordnung bereits beinhaltet ist.

Wien, am 2. Juni 1999

Schlagworte

Verwaltungsvorschrift Verantwortlicheneigenschaft Beteiligungsformen (VStG §7)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998040051.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten