TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/27 W265 2185917-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.11.2018
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Entscheidungsdatum

27.11.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W265 2185917-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tania KOENIG-LACKNER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 08.01.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist aufgrund des festgestellten Leidens "Periphere arterielle Verschlusskrankheit rechts > links" seit 21.06.2000 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 von Hundert (v.H.).

Am 16.08.2017 beantragte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und vom Beschwerdeführer ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag.

In dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 23.11.2017 basierenden Gutachten vom 06.01.2018 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"Anamnese:

Vorgutachten vom 19.6.2000, Gesamt-GdB 60%.

Intercurrent laut eigenen Angaben Prostataentfernung, Zustand nach Neoblase, periphere arterielle Verschlußkrankheit, Zustand nach OP einer Schenkelhalsfraktur links 07/17, COPD, Zustand nach Herzinfarkt (NSTEMI) mit Dehnung und Stentsetzung 2017.

Derzeitige Beschwerden:

"Ich habe eine Gehbehinderung, deswegen kann ich die öffentlichen Verkehrsmittel nicht mehr benützen. Bei schlechtem Wetter bekomme ich Krämpfe in den Beinen. Heute bin ich selbst mit dem PKW gekommen, ich bin selbst gefahren, dabei hatte ich keine Probleme".

In der Nacht könne er den Harn nicht halten, er verwende Einlagen.

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

ASS, Lovenox, Plavix, Ramipril, Nomexor, Baypress, Atorvattatin, Nephrotrans, Levetiracetam, Maxi Kalz, Oleovit.

Sozialanamnese:

Pensionist

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

24.7.2017 AKH: OP Schenkelhalsfraktur links 10.7.2017, rasche Mobilisierung. NSTEMI bei KHK mit Dehnung und Stentsetzung 07/17, Z.n. n. vesicae, Z.n. n. prostatae mit Neoblase, COPD, cAVK.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

normal

Ernährungszustand:

normal

Größe: 176 cm Gewicht: 76 kg Blutdruck: 140/85

Klinischer Status - Fachstatus:

KOPF, HALS:

Keine Stauungszeichen, keine Atemnot, keine Lippencyanose, Pupillen isocor, seitengleich. Sprache normal.

THORAX / LUNGE / HERZ:

Sonorer Klopfschall, Vesiculäratmen, normale Atemfrequenz. Reine, rhythmische Herzaktion, keine pathologischen Geräusche.

ABDOMEN:

Weich, kein Druckschmerz, keine Klopfdolenz, Peristaltik auskultierbar. Blande Narbe med. Unterbauch, Hämatomverfärbung im Bereich des rechten unteren Abdomenbereiches. WIRBELSÄULE:

Erreicht im Sitzen mit beiden Händen Boden, kann im Sitzen flüssig und unbehindert beide Schuhe aus/anziehen.

EXTREMITÄTEN:

Kreuz / Nacken / Pinzetten / Spitzgriff beidseits regelrecht, vollständiger Faustschluß beidseits, keine Muskelverschmächtigungen. Kann einen Ausweis zielgerichtet vorlegen und wieder sicher verstauen.

Hüftgelenk rechts beweglich, links endlagig bei Rotation eingeschränkt, blande Narbe. Kniegelenke frei beweglich, Sprunggelenke frei beweglich. Stehen und Gehen im Untersuchungszimmer ohne Hilfsmittel möglich. Zehen / Fersengang beidseits nicht durchgeführt. Keine Ödeme, Fußpulse beidseits tastbar. Blande Narben beidseitig äußerer und innerer Unterschenkelbereich.

GROB NEUROLOGISCH:

Keine relevanten motorischen Defizite, Keine Sensibilitätsstörungen angegeben, grobe Kraft seitengleich, kein Rigor, kein Tremor, Feinmotorik regelrecht.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Unauffällig, sicher, keine Hilfsmittel, Setzen selbstständig und ohne Hilfsmittel.

Status Psychicus:

Voll orientiert, Ductus kohärent, Antrieb normal.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1

Periphere arterielle Verschlußkrankheit, Zustand nach operativem Eingriff wegen Bauchaortenaneurysma

2

Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Herzinfarkt mit Dehnung und Stentsetzung 07/17

3

Zustand nach bösartiger Neubildung im Bereich von Prostata und Harnblase mit operativer Entfernung und Anlegen einer Neoblase (g.Z.)

4

Funktionseinschränkung im linken Hüftgelenk bei operierter Schenkelhalsfraktur 07/17

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Gegenüber Vorgutachten Neuaufnahme der Leiden 2-4. Betreffend Leiden 1 des Vorgutachtens liegen zum Untersuchungszeitpunkt keine aktuellen, aussagekräftigen Facharztbefunde vor.

[x] Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Gutachterliche Stellungnahme:

Zu Frage 1: Keine.

Unter Berücksichtigung der im Rahmen der Untersuchung festgestellten Defizite, insbesonders erfolgter operativer Interventionen wegen bösartigen Geschehens, einem intervenierten Herzinfarkt ohne wesentliche kardiorespiratorische Leistungseinschränkung, mit erhaltener Kraft aller Extremitäten, sind weder die Gehleistung noch die Beweglichkeit der Arme maßgeblich eingeschränkt, sodass das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein/Aussteigen sowie die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar und möglich ist. Betreffend Leiden 1 des Vorgutachtens liegen zum Untersuchungszeitpunkt keine aktuellen, aussagekräftigen Facharztbefunde vor, klinisch sind die peripheren Pulse tastbar. Eine COPD ist im Befund des AKH vom 10.7.2017 zwar beschrieben, es liegen jedoch diesbezüglich keinerlei nähere Spezifikationen vor (aktuelle Lungenfunktion, Stadium, etc.), sodass eine Auflistung mangels relevanter Untermauerung derzeit nicht erfolgen kann.

Zu Frage 2: Nein.

..."

Mit angefochtenem Bescheid vom 08.01.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab. In der Begründung des Bescheides werden im Wesentlichen die Ausführungen des ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 06.01.2018, welches als schlüssig erachtet werde, wiedergebgeben. Mit dem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer das ärztliche Sachverständigengutachten übermittelt.

Über den Antrag auf Ausstellung eines § 29b-Ausweises nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) wurde nicht abgesprochen werde, da festgestellt wurde, dass die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würden.

Mit E-Mail vom 24.01.2018 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dabei brachte er vor, aufgrund seiner schweren Operationen, insbesondere der vom 09.01.1995, 12.01.1995 und 13.01.1995 (Aneurysma und Compartsyndrom beidseitig im Fußbereich) benötige er die beantragte Zusatzeintragung. Er habe große Schwierigkeiten beim Aufstehen und Hinsetzen, beim Stiegensteigen, vor allem beim Hinuntergehen und stürze deshalb öfters. Aus diesem Grund habe er sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen. Der Beschwerdeführer schloss der Beschwerde mehrere medizinische Befunde an.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde zusammen mit dem Verwaltungsakt am 12.02.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Mit E-Mail vom 03.04.2018 übermittelte der Beschwerdeführer einen neuen Befund vom 22.03.2018 und führte dazu aus, dass er bei Entlassung aus der stationären Pflege nur mit Rollator mobil gewesen sei.

Aufgrund der Einwendungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde ersuchte das Bundesverwaltungsgericht um Erstellung eines Sachverständigengutachtens. In dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 06.09.2018 basierenden Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 10.09.2018 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"SACHVERHALT:

Gegen den Bescheid des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen vom 8.1.2018 mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass abgewiesen wird, wird Beschwerde vorgebracht.

Im Beschwerdevorbringen des BF vom 24.1.2018, Abl. 35, wird eingewendet, dass die Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beantragt werde aufgrund der diversen schweren Operationen, insbesondere vom 9. 1. 1995, 12.1.1995 und 13.1.1995 (Aneurysma und Kompartment-Syndrom beidseits im Fußbereich).

Er habe nun starke Schwierigkeiten beim Aufstehen und Niedersitzen, beim Stiegensteigen und falle dadurch öfters nieder, habe sich daher jetzt einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen.

Vorgeschichte:

1995 Periphere arterielle Verschlusskrankheit bds., operative Versorgung, Zustand nach Bauchaortenaneurysma und Kompartment-Syndrom beider Unterschenkel

2009 Radikale Zystoprostatektomie mit orthotopem Blasenersatz bei N. vesicae und N. prostatae

07/2017 Schenkelhalsfraktur links, OP

COPD

07/2017 Herzinfarkt (NSTEMI) mit Dehnung und 2 Stentsetzungen

Dupuytren'sche Kontraktur beider Hände, Zustand nach 3-maliger Operation

Zwischenanamnese seit 11/2017:

Stat. Therapie Urologie SMZ Ost, 22.3.2018 (DJ Wechsel rechts, Nephrostomie links mit DJ Wechsel links)

Sozialanamnese

verheiratet, 2 Kinder, lebt in Wohnung im 3. Stockwerk mit Lift

Berufsanamnese: Pensionist, Hochbauingenieur

Medikamente

Thrombo ASS, Ramipril Nomexor, Baypress, Atorvastatin, Nephrotrans, Levetiracetam, Maxikalz, Oleovit D3

Allergien: 0

Nikotin: 0

Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. S., 1100, Urologie SMZOst

Derzeitige Beschwerden:

"Schwierigkeiten habe ich vor allem beim Hinuntergehen über Stufen, mehr als beim

Hinaufgehen, habe mir daher eine Schenkelhalsfraktur links zugezogen. Habe manchmal Krämpfe in der Nacht. Im Bereich der Füße habe ich ein etwas anderes Gefühl. Lähmungen habe ich nicht, gehe aber komisch, kann die Vor-füße nicht richtig anheben und es wird zunehmend schlechter.

Bzgl. Blasenerkrankung bin ich alle 3 Monate zur Kontrolle, Harnleiterschienenwechsel werden durchgeführt. Nachts bin ich inkontinent und trage Einlagen, tagsüber habe ich keine Probleme, die Neoblase funktioniert."

STATUS:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.

Größe 176 cm, Gewicht 86 kg, RR 140/90, 76 a

Caput/Collum: klinisch unauffalliges Hör- und Sehvermögen Thorax:

symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Hand rechts: Dupuytren'sche Kontraktur, Narben im Bereich des 1.-4. Strahls der Handflächen und Finger, Zeigefinger komplett streckfähig, Mittelfinger endlagig eingeschränkte Streckfähigkeit, Ringfinger und Kleinfinger im Grundgelenk frei streckfähig im PIP-Gelenk im Ringfinger mäßig eingeschränkt, im Kleinfinger bis 90 0 eingeschränkte Streckfähigkeit

Hand links: Dupuytren'sche Kontraktur mit Narben im Bereich des 1. und 3. Strahls, 3. Strahl komplett streckfähig, Zeigefinger im Grundgelenk freie Streckfähigkeit, im PIP-Gelenk bis 90° streckfahig

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen seitengleich frei beweglich, Langfinger siehe oben. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 1/3 möglich

Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlange ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird im Bereich der Füße als herabgesetzt angegeben.

Die Beschwielung ist in etwa seitengleich. Hüftgelenke rechts:

unauffällig, Hüftgelenk links: Narbe nach Verschraubung einer Schenkelhalsfraktur, keine Stauchungsschmerzen, kein Rotationsschmerz.

Kniegelenke: unauffällig

Unterschenkel beidseits: medial und lateral nahezu im gesamten Verlauf Narbe jeweils von einer Länge von etwa 25 cm und Breite bis zu 6 cm bei Zustand nach plastischer Deckung nach Kompartmentspaltung. Narbe in Hautniveau, verschieblich.

Sprunggelenk links: geringgradige Umfangsvermehrung im Seitenvergleich, achsengerechte Stellung, stabil

Sprunggelenk rechts: unauffällig

Großzehe links in ggr. Dorsalflexion, jedoch nicht versteift, Vorfüße und Zehen aktiv beweglich KG 5/5, Kraft proximal und distal KG 5/5

Sämtliche weitere Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften rechts 0/110, links 0/100, JR/AR rechts 10/0/35, links 10/0/30, Knie frei, Sprunggelenke: OSG rechts 5/0/5, links 5/0/20, USG rechts versteift, links 10/0/10

Zehen sind seitengleich mäßig eingeschränkt beweglich

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 600 bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Kein Hartspann. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: O cm, in allen Ebenen frei beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit turnschuhähnlichen Freizeitschuhen ohne Gehhilfe, das Gangbild mit Schuhen ist etwas unelastisch mit ausreichender Bodenfreiheit und Verkürzung der Schrittlänge und zügig. Barfußgang zeigt eine eingeschränkte Bodenfreiheit, teilweise Schleifen der Füße, leicht breitspurig, keine wesentliche Verkürzung der Schrittlänge.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

STELLUNGNAHME:

ad 1) Diagnosenliste

1) Periphere arterielle Verschlusskrankheit, Zustand nach operativem Eingriff wegen Bauchaortenaneurysma und Restsymptomatik nach Kompartment-Syndrom beider unterer Extremitäten

2) Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Herzinfarkt mit Dehnung und Stentsetzung 07/2017, Bluthochdruck

3) Zustand nach bösartiger Neubildung im Bereich von Prostata und Harnblase mit operativer Entfernung und Anlegen einer Neoblase

4) Geringgradige Funktionseinschränkung im linken Hüftgelenk bei operierter Schenkelhalsfraktur 07/2017

5) Dupuytrensche Kontraktur beide Hände mit geringradigen Funktionseinschränkungen

ad 2) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?

Nein.

Es konnte zwar eine geringgradige Gangbildbeeinträchtigung mit Schwäche beim Anheben beider Füße und leicht breitspuriges Gehen als Ausdruck der Restsymptomatik nach Kompartmentsyndrom festgestellt werden, die Bodenfreiheit mit angelegten Schulen ist jedoch ausreichend, sodass keine erhebliche Funktionseinschränkung der unteren Extremitäten festgestellt werden konnte. Eine Gehhilfe wird nicht verwendet. Der Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten ist ausreichend, um Niveauunterschiede überwinden zu können, das sichere Einsteigen und Aussteigen ist nicht erheblich erschwert. Es konnte eine ausreichende Trittsicherheit mit Schuhen festgestellt werden, sodass der Transport in öffentlichen Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert ist.

Eine relevante Komorbidität der oberen Extremitäten liegt nicht vor, die Greiffunktion beider Hände ist bei geringgradigen Funktionseinschränkungen bei Dupuytrenscher Kontraktur nicht erheblich eingeschränkt.

ad 3) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?

Nein.

Die festgestellte Herzerkrankung führt zu keiner höhergradigen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit. Weder konnten klinische Zeichen der kardialen Dekompensation festgestellt werden noch liegt ein Befund über eine höhergradige Herzleistungseinschränkung vor. Die durchgeführten Gefäßdehnungen und Stentsetzungen 07/2017 waren erfolgreich.

Bei Zustand nach bösartiger Neubildung im Bereich von Prostata und Harnblase und operativer Behandlung liegt keine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor, kein Hinweis für Fortschreiten der Erkrankung.

ad 4) Stellungnahme zu Einwendungen des BF Abl. 35:

Vorgebracht wird, dass nach Kompartmentsyndrom 1995 Schwierigkeiten beim Aufstehen und Niedersetzen und beim Stiegensteigen bestünden und der BF daher öfters stürze und sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen habe.

Dem wird entgegengehalten, dass zwar mäßige Funktionseinschränkungen im Bereich beider unterer Extremitäten entsprechend der Restsymptomatik nach Kompartmentsyndrom vor mehr als 20 Jahren festgestellt werden konnten, es jedoch zumutbar und möglich ist, eine kurze Wegstrecke von 300-400 m allein ohne Unterbrechung zurücklegen zu können. Weder werden orthopädische Schuhe getragen noch wird eine Gehhilfe verwendet, es konnte mit angelegten Freizeitschuhen eine ausreichende Trittsicherheit festgestellt werden.

Stellungnahme zu Befunden:

Abl. 36, Befund Urologie Donauspital vom 22.7.2009 (Multilokuläres N. vesicae und Prostatae, radikale Zystoprostatektomie und Orthotope Neoblase, unkomplizierter Verlauf) - Befund wird in der Beurteilung berücksichtigt.

Abl. 30, Bericht chirurgische Abteilung WGKK vom 17.3.1995 (inflammiertes Aneurysma der Aorta abdominalis, symptomlos, Fibrose des Retroperitoneums. Operation: Aorta-Aorta Interposition.

Postoperativer Verlauf: Kompartment-Syndrom in der Regio cruris anterior, posterior und medialis beidseits, zweimal Fasciotomie beidseits und Meshgraftdeckung beidseits) - Befund wird in der Beurteilung berücksichtigt.

Abl.38, Entlassungsbericht chirurgische Abteilung Hanusch Krankenhaus vom 21.12.2005

(zerebrale Durchblutungsstörung Stadium l, thrombosiertes Aneurysma im Bereich der Kopfschlagader rechts, Implantation einer Carotisprothese rechts) - Befund wird in der Beurteilung berücksichtigt.

Abl.39, 40, Bericht angiologische Ambulanz Hanusch Krankenhaus vom 15.3.2017

(Verlaufskontrolle bei Stenose der Arteria carotis interna von 50-70 % links, Zustand nach TEA der carotis interna rechts, Zustand nach Bifurkations-Prothesenimplantation bei abdominellem Aortenaneurysma im Jahr 1999, der Patient ist beschwerdefrei.

Duplexsonographie der extracraniellen Gefäße: Befundprogression) - Befund wird in der

Beurteilung berücksichtigt

Abl. 43-44, Bericht Urologie SMZ Ost vom 22.3.2018 (geplante Aufnahme zum DJ Wechsel beidseits, Zustand nach radikaler Zystoprostatektomie mit orthotopem Blasenersatz 2009 chronische Niereninsuffizienz, Bluthochdruck, KHK, Zustand nach PTCA mit Stent Behandlung: DJ Wechsel rechts, Nephrostomie links mit DJ Wechsel links) - Befund bestätigt Richtigkeit der getroffenen Beurteilung, eine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit aufgrund des urologischen Leidens ist nicht nachvollziehbar.

ad 5) Stellungnahme zu allf. von angefochtenen Gutachten Abl. 22-26 abweichenden Beurteilungen

Keine abweichende Beurteilung

ad 6) Feststellung ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.

ad 7) Wurden im Rahmen der nunmehrigen Begutachtung Befunde vorgelegt, welche der Neuerungsbeschränkung unterliegen?

Wenn ja, Stellungnahme, ob aus den neu vorgelegten Befunden eine andere medizinische Beurteilung abzuleiten wäre.

Im Rahmen der nunmehrigen Begutachtung vorgelegte Befunde:

Herzkatheterbefund vom 20.7.2017 (Indikation: ACS NSTEMI, Koronare Dreigefäßerkrankung, signifikante Stenosen)

Herzkatheterbefund vom 23.7.2017 (Koronare Dreigefäßerkrankung, erfolgreiche mehrfache Stentsetzung) - Befunde bestätigen Richtigkeit der getroffenen Beurteilung, nach erfolgreicher Stentsetzung liegt kein Nachweis einer höhergradigen Einschränkung der kardialen Leistungsfähigkeit vor."

Mit Schreiben vom 02.10.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde das genannte Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs und räumte diesen die Möglichkeit ein, innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Beide Parteien gaben keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 60 v.H.

Er stellte am 16.08.2017 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO, welcher auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

-

Periphere arterielle Verschlusskrankheit, Zustand nach operativem Eingriff wegen Bauchaortenaneurysma und Restsymptomatik nach Kompartment-Syndrom beider unterer Extremitäten

-

Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Herzinfarkt mit Dehnung und Stentsetzung 07/2017, Bluthochdruck

-

Zustand nach bösartiger Neubildung im Bereich von Prostata und Harnblase mit operativer Entfernung und Anlegen einer Neoblase

-

Geringgradige Funktionseinschränkung im linken Hüftgelenk bei operierter Schenkelhalsfraktur 07/2017

-

Dupuytrensche Kontraktur beider Hände mit geringgradigen Funktionseinschränkungen

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zumutbar.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, der wechselseitigen Leidensbeeinflussung und der Auswirkungen der Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen Sachverständigengutachten eine Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 10.09.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung am 06.09.2018, zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" führte, gründet sich auf das durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 10.09.2018. Dieses Gutachten bestätigt betreffend die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auch das seitens der belangten Behörde eingeholte und dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten vom 06.01.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 23.11.2017.

Insoweit der Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde Einschränkungen nach Operationen im Jahr 1995 wegen eines Aneurysmas und beidseitigen Kompartmentsyndroms im Fußbereich vorbringt, ist festzuhalten, dass zwar mäßige Funktionseinschränkungen in den unteren Extremitäten festgestellt werden konnten, diese jedoch kein Ausmaß erreichen, das zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führen würde. Der Beschwerdeführer ist in der Lage eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 Metern allein ohne Unterbrechung zurückzulegen, er trägt keine orthopädischen Schuhe und benötigt keine Gehhilfe. Insofern der Beschwerdeführer im Email vom 03.04.2018 auf den Befund vom 22.03.2018 hinwies, wonach er bei Entlassung aus der stationären Pflege nur mit Rollator mobil gewesen sei, ist zunächst auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG hinzuweisen, wonach ab dem Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht - im vorliegenden Fall am 12.02.2018 - keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden dürfen. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle jedoch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in der persönlichen Untersuchung durch die Sachverständige am 06.09.2018 ohne Rollator oder sonstige Gehhilfe erschien und sich das Gangbild zwar etwas unelastisch mit teilweise Schleifen der Füße, jedoch zügig und ohne wesentliche Verkürzung der Schrittlänge zeigte. Der Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten ist ausreichend, um Niveauunterschiede überwinden zu können und damit das sichere Ein- und Aussteigen in öffentliche Verkehrsmittel zu gewährleisten. Es konnte auch eine ausreichende Trittsicherheit mit Schuhen festgestellt werden, sodass der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erheblich erschwert ist. Die geschilderten Probleme beim Stiegen steigen, vor allem beim hinuntergehen, sind daher ebenfalls nicht in dem für die Vornahme der Zusatzeintragung geforderten Ausmaß gegeben. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar, der Faustschluss ist komplett und die grobe Kraft in etwa seitengleich, wodurch auch das Festhalten in einem öffentlichen Verkehrsmittel möglich sind.

Eine dermaßen schwere Inkontinenzerkrankung, welche allenfalls zu einer Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führen könnte, kann den Beweismitteln nicht entnommen werden und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht. Auch das Herzleiden betreffend konnten keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit festgestellt werden, in der Statuserhebung konnten eine seitengleiche Atemexkursion, sonorer Klopfschall, Vasikuläratmung und reine, rhythmische Herztöne festgestellt werden. Die durchgeführten Gefäßdehnungen und Stentsetzungen im Juli 2017 waren erfolgreich und die vorgelegten Befunde bestätigen die Richtigkeit der getroffenen Beurteilung.

Der Beschwerdeführer gab im Rahmen des Parteiengehörs keine Stellungnahme zum seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholten Sachverständigengutachten ab.

Er ist damit dem auf einer persönlichen Untersuchung basierenden Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 10.09.2018 im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholten und auf einer persönlichen Untersuchung am 06.09.2018 basierenden Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 10.09.2018 und wird dieses Gutachten in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

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§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, idg F BGBl II Nr. 263/2016 lautet - soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:

"§ 1 ....

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. .......

2. ......

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller

Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1

Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)......"

In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 wird unter anderem - soweit im gegenständlichen Fall relevant - Folgendes ausgeführt:

"Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (neu nunmehr § 1 Abs. 4 Z. 3, BGBl. II Nr. 263/2016):

...

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

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Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

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Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

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hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

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COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

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Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

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mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-

Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

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hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

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schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

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nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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