TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/27 L504 2207078-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.11.2018
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Entscheidungsdatum

27.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L504 2207078-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Türkei alias Bulgarien, vertreten durch RA Dr. Marcus Januschke, MBA, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2018, ZXXXX zu Recht erkannt:

A)

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005

idgF, §§ 9, 18 BFA-VG idgF, §§ 52 Abs. 2 Z 2 u. Abs 9, 46, 53, 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt".

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. Engel als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, XXXX geb., StA. Türkei alias Bulgarien, vertreten durch RA Dr. Marcus Januschke MBA, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A) Der Antrag der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen,

wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

Aus dem Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:

-

"Erstmalig reisten Sie im Jahr 1979 in das österreichische Bundesgebiet ein.

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Am 07.04.1994 wurden Sie vom Landesgericht für Strafsachen XXXX gemäß § 15 StGB und § 12 Abs. 1 U 3/3 SGG zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren rechtskräftig verurteilt.

-

Ab dem 07.04.1994 traten Sie Ihre Haftstrafe in der Justizanstalt

XXXX an.

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Aufgrund dieser rechtskräftigen Verurteilung wurde mit Bescheiddatum vom 09.06.1994 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gem. § 18 Abs. 1 i. V. m. § 18 Abs. 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz gegen Ihre Person erlassen. Dieses Aufenthaltsverbot war seit dem 16.07.1994 rechtskräftig und durchsetzbar.

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Laut Aktenstand sind Sie am 07.10.1996 aus der Justizanstalt XXXX geflohen und reisten Sie in Ihr Heimatland Türkei zurück.

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Im Jahr 1999 wurden Sie im österreichischen Bundesgebiet wieder betreten, womit Sie Ihre Haftstrafe bis zum Jahr 2001 fortsetzen konnten.

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Am 08.06.1999 wurden Sie ebenfalls vom Landesgericht für Strafsachen XXXX gemäß § 28/2, 27/1 SMG sowie gemäß § 223/2, 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten rechtskräftig verurteilt.

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Nach Ihrer verbüßten Haftstrafe im Jahr 2001 wurden Sie in Ihr Heimatland Türkei abgeschoben.

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Gegen Ihr damaliges Aufenthaltsverbot haben Sie den Rechtsweg im ordentlichen und außerordentlichen administrativen Instanzenzug beschritten und wurde letztlich Ihre Beschwerde vor dem VwGH am 24.05.2002 abgewiesen, da sich die bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes gewürdigten maßgeblichen Gründe anhand einer damals zutreffenden Gefährlichkeitsprognose nicht geändert haben.

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Am 21.11.2002 haben Sie abermals einen Antrag auf Aufhebung gestellt, wobei auch diesem Antrag durch die Berufungsinstanz der damaligen Sicherheitsdirektion XXXX nicht stattgegeben wurde und Ihre Berufung mit 22.07.2003 abgewiesen wurde. Auch hier wiederum erachtete es die Berufungsbehörde als gegeben an, dass sich seit Ihrer letzten Verurteilung und Verhängung des gegen Sie erlassenen Aufenthaltsverbotes maßgebliche Interessen, v.a. an der Aufrechterhaltung gegenständlicher aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht geändert haben und diese Entscheidung daher abermals als spruchgemäß zu Ihrem Nachteil ausfiel.

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Im Zuge Ihrer niederschriftlichen Einvernahme gaben Sie an, dass Sie trotz Problemen in der Türkei im Jahr 2014 für kurze Zeit freiwillig in die Türkei zurückgekehrt sind.

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Der Zeitpunkt Ihrer erneuten Einreise in das österreichische Bundesgebiet war keinesfalls feststellbar, zumal Sie sich seit unbestimmter Zeit, jedenfalls bis zum Jahr 2014 unter der Verwendung einer falschen Identität sowie unter der Vorlage gefälschter Dokumente im Zuge polizeilicher Kontrollen im Bundesgebiet aufgehalten haben.

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Am 30.07.2014 wurden Sie unter anderem aufgrund dieser gefälschten Dokumente und des Verkaufs von Suchtmittel (Heroin) ein weiteres Mal vom Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG, §§ 223 (2), 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, davon zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, bedingt, mit einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Somit hatten Sie sich jedenfalls seit Ihrer letzten Verurteilung nicht wohlverhalten, sondern wurden Sie abermals straffällig.

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Am 10.10.2014 stellten Sie einen neuerlichen Antrag auf Aufhebung des gegen Sie auf unbefristete Dauer erlassenen Aufenthaltsverbots.

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Mit Bescheiddatum vom 19.03.2015 wurde Ihr Antrag auf Aufhebung des unbefristet ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes aufgrund der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes stattgegeben bzw. wurde Ihr Aufenthaltsverbot im Bundesgebiet behoben. Mit amtssignierter Ermahnung der ho. Behörde vom 19.03.2015 wurden Sie jedenfalls ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass Sie im Falle eines erneuten Fehlverhaltens damit zu rechnen haben, dass gegen Sie erneut ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme geführt und eine solche erlassen wird. Die Aufhebung des gegen Sie zuletzt erlassenen Aufenthaltsverbotes erfolgte lediglich aus Gründen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und stehen einer neuerlichen Erlassung eines Einreiseverbots keine Gründe entgegen.

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Am 02.02.2016 wurde Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Familienangehöriger" gem. Nag von der zuständigen Behörde XXXX abgewiesen, da Ihr Aufenthalt den öffentlichen Interessen widerstreitet.

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Am 03.03.2017 wurden Sie erneut vom Landesgericht für Strafsachen

XXXX gemäß § 27 (1) Z 1 u (2) SMG, gemäß § 27 (1) Z 1 u (3 u 5) SMG sowie gemäß § 27 (1) Z 1 SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon sechs monatiger Freiheitsstrafe, bedingt, mit einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

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Am 13.04.2017 wurden Sie von der Beabsichtigung der ho. Behörde, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm. eines Einreiseverbots, im Zuge der Ihnen übermittelten Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt.

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In der von Ihrer rechtlichen Vertretung eingebrachten Stellungnahme vom 30.05.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz für Ihre Person gestellt.

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Im Rahmen Ihrer Erstbefragung haben Sie am 05.07.2017 bei einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der LPD Wien, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug, bezüglich Ihrer Fluchtgründe nachfolgende Angaben gemacht:

-

[...]

Im Jahr 2014 befand ich mich in der Türkei und arbeitete als Taxifahrer. Während dieser Zeit beteiligte ich mich an den Protesten gegen den Präsidenten Erdogan. Außerdem habe ich Informationen über den Präsidenten Erdogan für meine Tochter gesammelt, welche diese in ihrer Master Arbeit verwendete. Der Titel der Masterarbeit lautete:

"XXXX".

Ich wurde von Anhängern des Präsidenten bedroht und geschlagen, mein Taxi wurde beschädigt und man drohte mir mit dem Umbringen. Ich wurde von den Anhängern des Präsidenten Erdogan angefeindet weil ich durch die Informationen dem Ansehen des Präsidenten Schaden zugefügt haben.

Als ich bereits in Österreich war, nahm ich telefonisch Kontakt mit meinem Mitbewohner auf und dieser sagt mir, dass die Polizei bereits nach mir sucht.

Ich habe hiermit alle meine Gründe und die dazugehörenden Ereignisse angegeben, warum ich nach Österreich gereist bin! Ich habe keine weiteren Gründe einer Asylantragstellung."

-

Am 27.07.2018 wurden Sie durch das BFA niederschriftlich einvernommen und machten Sie dabei folgende Angaben:

F: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können. Ich möchte sicher sein können, dass alles, was Sie gesagt haben, auch so gemeint wurde. Bei Bedarf machen wir eine kurze Pause.

A: Passt. Verstanden.

F: Welche Sprachen sprechen Sie?

A: Ich spreche Deutsch und Türkisch.

F: Ist es für Sie in Ordnung, dass die Einvernahme ohne Dolmetscher stattfindet?

A: Ja, das passt.

F: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

A: Mir geht es gut, besser. Ich nehme nur Medikamente für meine Nerven und habe Diabetes mellitus Typ2.

F: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, der Einvernahme zu folgen?

A: Ja.

F: Werden Sie rechtsfreundlich vertreten?

A: Ja. Meine rechtliche Vertretung ist: Rechtsanwaltskanzlei Dr. Hans-Marcus JANUSCHKE

Stand des Ermittlungsverfahrens:

Mit Bescheiddatum vom 09.06.1994 wurde gegen Sie ein unbefristetes Aufenthaltsverbot aus Gründen einer rechtskräftigen Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz vom 07.04.1994 erlassen. Dieses Aufenthaltsverbot war seit 16.07.1994 rechtskräftig und durchsetzbar. Gegen dieses Aufenthaltsverbot haben Sie den Rechtsweg im ordentlichen und außerordentlcihen administrativen Instanzenzug beschritten und wurde Ihre Beschwerde vor dem VwGH am 24.05.2002 abgewiesen, da sich die bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes gewürdigten maßgeblichen Gründe anhand einer damals zutreffenden Gefährlichkeitsprognose nicht geändert haben. Auch Ihr zweiter Antrag auf Aufhebung Ihres Aufenthaltsverbots wurde sowohl nicht stattgegeben, als auch abgewiesen. Begründet wurde dies damit, da Sie sich im Vollzug der Freiheitsstrafe durch Flucht in der Justizanstalt XXXX entzogen haben, trotz bestehenden Aufenthaltsverbots im Jahr 1999 wieder in das Bundesgebiet einreisten und neuerlich wegen Suchtmitteldelinquenz und nach dem Urkundenstrafrecht verurteilt wurden.

Am 10.10.2014 stellten Sie einen dritten Antrag auf Aufhebung Ihres Aufenthaltsvebotes und wurde Ihr Antrag dieses Mal lediglich aufgrund der geänderten Judikatur des Europäischen Gerichtshofes stattgegeben. Sie wurden jedoch ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass Sie im Falle eines weiteren Fehlverhaltens damit zu rechnen haben, dass gegen Sie erneut ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme geführt und eine solche erlassen wird. Ihre familiäre Situation hat sich seit des letzten gegen Sie erlassenen Aufenthaltsverbotes und der zu Ihrem Nachteil ausgefallenen Beschwerde- und Berufungsentscheidungen in den letzten Jahren nicht wesentlich oder ins Gewicht fallend geändert. Bereits damals wurden Ihre familiären Verhältnisse entsprechend durch den VwGH und die damalige Berufungsbehörde der SID Wien berücksichtigt und iS. des Art. 8 EMRK gewürdigt. Wie in der an Ihnen zugestellten amtssignierten Ermahnung vom 19.03.2015 ersichtlich, erfolgte die Aufhebung des gegen Sie zuletzt erlassenen Aufenthaltsverbotes aus Gründen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und steht einer neuerlichen Erlassung eines Einreiseverbots im Falle einer erneuten Straffälligkeit keine Gründe entgegen.

Trotz dieser Ermahnung wurden Sie 03.03.2017 ein weiteres Mal aufgrund eines Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 6 Monate bedingt, mit einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Nachdem Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt wurde, räumte Ihre rechtliche Vertretung, Dr. Marcus Janusche, in dessen Stellungnahme vom 19.05.2017 ein, dass Sie einen Antrag auf internationalen Schutz stellen möchten.

F: Stimmen die Angaben, die Sie in der Erstbefragung gemacht haben?

A: Ja, die Angaben stimmen.

F: Wie heißen Sie, bitte nennen Sie Ihren vollständigen und richtigen Familiennamen und Vornamen?

A: Mein Name ist XXXX.

Vorhalt: Ist das Ihr richtiger Name? Laut Aktenstand haben Sie sich bereits mehrere Male unter einer falschen Identität ausgewiesen, unter anderem als Bulgare, der den Namen XXXX trägt. Was sagen Sie dazu?

A: Der Name XXXX ist meine richtige Identität. Ich lege Ihnen Dokumente vor, die meine Identität beweisen.

F: Wann und wo wurden Sie geboren?

A: Ich wurde am XXXX1962 in XXXX, Türkei, geboren.

F: Haben Sie entsprechende identitätsbezeugende Dokumente oder sonstige Beweismittel die Sie vorlegen können?

A: Ja. Ich kann

-

Einen österreichischen Führerschein im Original mit der Nummer XXXX, gültig bis zum XXXX.

-

Mehrere Arztbefunde

-

Meldezettel

in Vorlage bringen.

F: Wo befindet sich Ihr Reisepass?

A: Meinen Reisepass habe ich verloren.

F: Wann haben Sie Ihren Reisepass verloren?

A: Im vorigen Jahr.

F: Wo haben Sie diesen verloren?

A: Das weiß ich nicht. Ich habe ihn nicht mehr gefunden.

F: Haben Sie schon einen neuen Reisepass beantragt?

A: Nein. Ich habe meinen Reisepass im Jahr 2015 bekommen. Diesen habe ich verloren. Dieser Reisepass ist mir im türkischen Konsulat in XXXX ausgestellt worden.

F: Wieso haben Sie sich keinen neuen Reisepass beantragt?

A: Während eines laufenden Asylverfahrens geht das nicht.

F: Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?

A: Ich bin türkischer Staatsbürger.

F: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

A: Ich bin Türke.

F: Welche Religionszugehörigkeit haben Sie?

A: Ich bin Moslem, Sunnit.

F: Wie lautet Ihr Familienstand?

A: Ich bin verheiratet. Meine Frau heißt XXXX und ist am XXXX geboren. Mit 23 Jahren haben wir in der Türkei geheiratet.

F: Wo lebt Ihre Frau momentan?

A: Gemeinsam mit mir im XXXX Bezirk in Wien. Sie ist österreichische Staatsbürgerin. Auch all meine Kinder sind bereits österreichische Staatsbürger.

F: Wie bestreitet Ihre Frau ihren Lebensunterhalt?

A: Sie ist Laborhelferin in der XXXXXXXX Bezirk.

F: Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?

A: Meine Tochter und meine Frau unterstützen mich. Schwarz möchte ich nicht arbeiten.

F: Haben Sie Kinder?

A: Ja, ich habe drei Kinder namens XXXX, XXXX und XXXX.

Meine älteste Tochter XXXX ist bereits verheiratet und lebt mit Ihrem Ehegatten in einem eigenen Haushalt.

F: Über welchen Aufenthaltstitel verfügen Ihre Frau und Ihre Kinder?

A: Sie sind österreichische Staatsbürger und sind alle in Österreich geboren.

Auff: Geben Sie mir bitte alle Wohnadressen an, an denen Sie bisher gelebt haben?

A: Ich bin im Jahr 1962 in der Türkei geboren. Bis zu meiner Ausreise, im Jahr 1979 habe ich in der Türkei nur in XXXX, gelebt. Ab dem Jahr 1979 lebte ich bis zum Jahr 1993 in Wien. Im Jahr 1993 war ich ungefähr 5 1/2 Jahre im Wiener Gefängnis. Dann wurde ich in die Türkei abgeschoben. Dann lebte ich bis zum Jahr 2013 in Istanbul. Aufgrund Problemen wegen meiner Erdogan-Sympathie kehrte ich im Jahr 2013 wieder zurück nach Wien. Bis zum Jahr 2014 lebte ich mittels gefälschten Dokumente in Wien. Im Jahr 2014 kehrte ich freiwillig in die Türkei zurück. Dann lebte ich bis zum Jahr 2015 in der Türkei. Im Jahr 2015 kehrte ich nach Österreich zurück.

F: Wann reisten Sie erstmals in das österreichische Bundesgebiet ein?

A: Im Jahr 1979.

F: Was war der Zweck Ihrer erstmaligen Einreise in das österreichische Bundesgebiet?

A: Weil meine Eltern bereits in Österreich gelebt haben. Ich wollte zu meinen Eltern. Dann besuchte ich in Österreich die Schule und ging arbeiten.

F: Wann hatten Sie sich bei Ihrem letzten Aufenthalt in der Türkei gedacht, wieder aus der Türkei auszureisen?

A: Im Mai 2015.

F: Wann haben Sie die Türkei letztendlich verlassen?

A: Zwei, drei Wochen später.

F: Wie oft hatten Sie während des Aufenthalts in der Türkei Kontakt mit Ihrer in Österreich lebenden Familie?

A: Wir hatten jeden zweiten Tag telefonischen Kontakt.

F: Geben Sie mir bitte die Daten Ihrer weiteren Familienangehörigen bekannt!

A: Vater: XXXX, 83 Jahre alt, lebt in Wien, ist Pensionist.

Mutter: XXXX, 75 Jahre alt, lebt in Wien, ist Pensionistin.

Bruder: Ich habe drei Brüder und eine Schwester. Ein Bruder lebt in Wien und zwei Brüder leben in der Türkei, in XXXX. Schwester: XXXX.

F: Welche Familienangehörigen Ihrerseits befinden sich weiterhin in der Türkei?

A: All meine Onkel väterlicherseits sind verstorben. Mütterlicherseits habe ich noch drei Onkel. Diese leben in Istanbul.

Väterlicherseits habe ich noch eine Tante. Diese Tante lebt in Samson. Sie ist verheiratet gewesen, aber ist ihr Mann verstorben.

F: Welche Schulen und Ausbildungen haben Sie absolviert?

A: In der Türkei war ich 5 Jahre lang in der Schule. In Österreich war ich 1 Jahr in der Schule.

Auff: Beschreiben Sie bitte Ihren beruflichen Werdegang!

A: Ich war Tischler, arbeitete in der Möbelbranche. Außerdem war ich Obsthändler. Ansonsten war ich auch Taxifahrer in der Türkei.

F: Wie erfolgte Ihre Ausreise aus der Türkei?

A: illegal, über die grüne Grenze. Ich reiste ohne Dokumente aus. Ich reiste schlepperunterstützt aus.

F: Beschreiben Sie mir bitte die Fluchtroute:

A: Von der Türkei ging ich zu Fuß nach Bulgarien. Von Bulgarien reiste ich mittels Autostopp zur nächsten Grenze. Ich fuhr immer mit den LKW's zur nächsten Grenze.

F: Was hat Ihre Flucht gekostet?

A: Nichts. Die LKW-Fahrer haben mich stets kostenlos mitgenommen.

F: Was machen Sie in Ihrer Freizeit hier in Österreich?

A: Ich beschäftige mich mit den Kindern. Ich mache Essen für die Kinder und gehe spazieren.

F: Gehören Sie einem Verein oder einer Organisation an?

A: Nein.

F: Waren Sie in der Türkei Mitglied in einem Verein oder einer Organisation?

A: Nein.

F: Waren Sie je Mitglied einer politischen Partei?

A: Nein.

F: Waren Sie in der Türkei Mitglied einer politischen Partei?

A: Ja. Im Jahr 2012. Aber ganz kurz. Jetzt bin ich dort nicht mehr Mitglied. Ich bin schon längst abgemeldet. Ich war vielleicht für 5 Monate dort Mitglied. Das war die linke Partei.

F: Wie heißt diese Partei?

A: CHP.

F: Informieren Sie sich noch über diese Partei?

A: Ich habe keinen Kontakt mehr.

F: Welche Funktion, welchen Rang hatten Sie in der Partei inne?

A: Ich war einfaches Mitglied.

F: Können Sie einen Mitgliedsausweis in Vorlage bringen?

A: Den habe ich verloren.

F: Was haben sie für diese Partei geleistet?

A: Ich hatte keine Aufgaben innerhalb der Partei inne.

F: Gab es ein Parteibuch, wo die Namen der Mitglieder aufgelistet waren?

A: Nein, ich habe nichts gesehen.

F: Wie viele Mitglieder hatte diese Partei?

A: Millionen.

F: Wie hat der Chef dieser Partei geheißen?

A: KILICDAROGLU

F: Gibt es Vertreter Ihrer Partei im Parlament?

A: Ja.

F: Wie viele Parlamentssitze hat Ihre Partei denn?

A: Keine Ahnung.

F: Wie schätzen Sie Ihre Deutschkenntnisse ein?

A: Perfekt.

F: Waren Sie jemals in Haft oder wurden Sie jemals festgenommen?

A: Ja. Im Jahr 1993, 2014 und im Jahr 2016.

F: Waren Sie in der Türkei auch einmal in Haft?

A: Nein.

F: Wurden Sie jemals festgenommen in der Türkei?

A: Als Kind wegen einer Kleinigkeit.

F: Haben Sie je Probleme mit staatlichen Behörden wie z.B. Gerichten etc. in Ihrem Heimatland gehabt?

A: Nein.

F: Waren Sie in der Türkei religiös aktiv?

A: Nein.

FLUCHTGRUND:

F: Können Sie mir sagen, warum Sie Ihre Heimat verließen und in Österreich einen Asylantrag stellen? Nennen Sie Ihre konkreten und Ihre individuellen Fluchtgründe dafür?

A: Ich verließ die Türkei aufgrund meiner Sympathie zu Erdogan. Ich habe im Taksim-Platz gearbeitet. Wir haben gegen Erdogan protestiert im Jahr 2013. Da hat alles begonnen. Im Jahr 2013 verließ ich das Land. Im Jahr 2014 war ich in Österreich im Gefängnis. Im Jahr 2014 kehrte ich in die Türkei zurück. Da waren fanatische Erdogan-Anhänger. Diese meinten, dass sie mich umbringen werden, sofern ich nochmals gegen Erdogan protestieren werde. Sie schlugen mich so sehr, dass ich ins Spital musste. Sie sagten, dass ich auf Fotos aufgenommen wurde. Bei dem Protest am Taksim-Platz wurde ich vermutlich fotografiert. Erdogan wird mich lebenslang inhaftieren lassen. Ich sitze lieber in Österreich im Gefängnis.

F: Was haben Sie denn genau gemacht, weswegen Erdogan Ihnen mit solchen Repressalien drohen würde?

A: Ich fand keine Arbeit mehr. Wo ich arbeiten möchte, waren Erdogan-Anhänger. Ich habe gegen Erdogan demonstriert. Ich habe oft gegen Erdogan demonstriert, ungefähr 15-20 Mal.

F: Wie viele Leute waren bei den Demonstrationen anwesend?

A: 150 oder mehr.

F: Woher wussten Sie, wann die Demonstrationen stattgefunden haben?

A: Von Freunden. Diese Freunde erzählten mir das.

F: Hatten Sie eine Aufgabe bei den Demonstrationen? Haben Sie etwas gemacht?

A: Ich habe geschrien und ein Plakat/Tafel hochgehalten.

F: Was stand auf dieser Tafel oben?

A: An das kann ich mich nicht erinnern.

F: Passierte Ihnen etwas bei den Demonstrationen gegen Erdogan?

A: Es kam ab und zu Schlägereien mit den Erdogan-Anhängern.

F: Gab es Probleme mit der Polizei während der Demonstrationen?

A: Nein.

F: Wurden Sie seitens des Staates geschlagen oder gefoltert?

A: Nein.

F: Wann kam es zu dem Vorfall, als Sie verprügelt wurden und Ihr Taxi demoliert wurde?

A: Zwischen 2014 und 2015. Genauer weiß ich das nicht. Es gab drei Vorfälle.

Auff: beschreiben Sie mir bitte den ersten Vorfall!

A: Der erste Vorfall war im Februar/März 2014. Das war in Istanbul. Ich befand mich vor dem Taxi. Das waren sechs, sieben Erdogan-Fanatiker. Das waren normale Leute. Die wussten, dass ich gegen Erdogan demonstriert habe. Dann wurde ich von den Leuten geschlagen. Dann haben mich andere Taxifahrer in das Spital gebracht.

Der zweite Vorfall fand im Mai 2014 statt. Ich befand mich im Taxi. Dann kamen ungefähr 6-8 oder 10 Leute vor das Taxi. Sie schlugen gegen das Taxi und forderten mich aus dem Taxi heraus. Die Leute schlugen gegen das Taxi mit Holzstücken und bin ich weggefahren. Ich bin entkommen.

Auch der dritte Vorfall fand in Istanbul statt. Die Leute wussten, wo ich wohne. Nach der Arbeit wurde ich von mehreren Leuten verfolgt. Es fand in der Nähe meiner Wohnung statt. Ein paar Leute waren immer dieselben Personen, ein paar Leute waren neu dabei. Es waren ungefähr 8-10 Personen. Ich konnte die Leute nie zählen. Ich war im Auto und habe einen Parkplatz gesucht. Als ich aus dem Auto aussteigen wollte, hielt mir einer eine Waffe an den Kopf. Diese Leute meinten, dass, wenn sie mich nochmals sehen werde, sie mich umbringen werden. Dann fragte ich einen Freund, ob er mich über Bulgarien nach Europa bringen kann. Ich habe drei bis vier hundert Euro bezahlt, damit ich nach Bulgarien komme.

F: Was war das für Sie fluchtauslösende Ereignis; wann dachten Sie sich, endgültig ausreisen zu müssen?

A: Als mir die Pistole an den Kopf gelegt wurde.

Auff: Ich würde Sie nochmals bitten, mir den Vorfall so genau wie möglich zu beschreiben, mit allen Emotionen und Details, an die Sie sich erinnern können!

A: Ich wollte vom Taxi aussteigen und öffnete die Tür. Als ich die Türe öffnete, die Fahrertür. An der linken Kopfhälfte spürte ich sofort eine Pistole. Dann stand eine Person vor dem Taxi und hielt mir auch eine Pistole vor das Taxi. Daraufhin öffnete eine dritte Person die rechte Türe des Taxis und zielte auch mit der Pistole auf mich. Dann haben sie mir gesagt, ich soll von der Türkei weggehen. Wenn ich hier bleibe, töten sie mich. Ich habe keine Chance. Am ersten Tag danach bat ich meinen Freund, mich weg zu bringen. Gleich am ersten Tag reiste ich aus.

Auff: Bitte gehen Sie genauer darauf ein!

A: Ich habe gesagt, dass ich weg gehe und die Türkei verlasse. Dann haben sie gesagt, dass sie das beobachten. Falls ich nicht gehe, sie haben überall Leute und passen auf. Dann ging ich erst mal nach Hause. Ich nahm nichts mit.

F: Wie viele Leute waren beim dritten Vorfall involviert?

A: 5. 3 mit Pistole und 2 andere passten auf. 2 Personen haben mit mir gesprochen. Der Vorfall dauerte ungefähr 15 Minuten.

F: Wieso waren die Leute so vehement gegen Ihre Person her?

A: Weil ich gegen Erdogan war. Sie dachten, dass ich auch andere Leute aufhetze gegen Erdogan.

F: Kannten Sie die Personen schon vor dem Vorfall?

A: Das waren fremde Personen. Ich kann keine Namen angeben.

F: Woher wussten die Leute von Ihren Aktivitäten gegen Erdogan?

A: Die haben mich auf Fotoaufnahmen erkannt.

F: Wo gab es Fotoaufnahmen Ihrer Person?

A: Keine Ahnung. Vielleicht in Zeitungen.

F: Haben Sie diese Aufnahmen je gesehen?

A: Nein. Ich weiß nicht, wo meine Person abgelichtet war; wo es meine Fotoaufnahmen gab.

F: Wieso wurden ausgerechnet Sie bedroht?

A: Auch die anderen Demonstranten wurden bedroht. Vielleicht weil ich älter war, wurde ich mehr bedroht als die anderen.

F: Was können Sie über die Masterarbeit Ihrer Tochter bekanntgeben?

A: Sie hat über die Gezi-Park Proteste der Türkei geschrieben. Ich habe ihr geholfen. Ich sagte ihr zB, dass Leute gegen Erdogan demonstrieren.

F: Hatten Sie Probleme wegen dieser Masterarbeit?

A: Nein. Das wusste keiner.

F: Haben Sie noch weitere Fluchtgründe?

A: Nein.

F: Hatten Sie je Probleme mit der Polizei gehabt in der Türkei?

A: Nein.

F: Waren Sie jemals bei der Polizei aufgrund Ihrer Probleme?

A: Nein.

F: Wieso nicht?

A: Vielleicht helfen die auch zu Erdogan. Besser nicht.

F: Wurden Sie von der Polizei jemals gesucht?

A: Nein, zu keiner Zeit.

F: Was befürchten Sie im Falle der Rückkehr in die Türkei?

A: Ich befürchte eine lebenslange Gefängnisstrafe.

Vorhalt: Sie wurden bislang nur in Istanbul bedroht, was befürchten Sie bei einer Rückkehr beispielsweise nach Ankara?

A: Die kennen überall Leute. Also Erdogan. Der findet mich so schnell, das kann man sich nicht vorstellen.

F: Wieso sollten Sie die Leute Erdogans sofort finden bzw. erkennen? Lediglich weil Sie vor 4 Jahren gegen ihn demonstriert haben? Als einfacher Demonstrant?

A: Wenn man über die Grenze kommt, wird man erkannt. Man hat keine Chance

F: Haben Sie in Wien an Demonstrationen teilgenommen?

A: Nein. In Wien zeigte ich kein Engagement.

F: Wurde Ihre Familie in der Türkei bedroht?

A: Nein.

F: Wurden Sie jemals aufgrund Ihrer Religion- oder Volksgruppenzugehörigkeit bedroht?

A: nein.

F: Waren Sie jemals religiös oder militärisch aktiv?

A: nein. Ich leistete nur den Wehrdienst ab.

F: Hatten Sie jemals Probleme mit den Behörden Ihres Staates?

A: nein.

Frage der rechtlichen Vertretung:

RV: Wieso hat Ihre Tochter Ihre Masterarbeit sperren lassen?

A: Ich hatte Angst gehabt, dass jemand eine Verbindung zwischen mir und meiner Tochter herstellt und ich deswegen Probleme in der Türkei bekommen könnte.

F: Möchten Sie die Länderfeststellung zu Ihrem Herkunftsstaat Türkei haben und Stellung dazu nehmen?

A: Der rechtlichen Vertretung wird die Länderfeststellung per Mail übermittelt.

Frist zur Abgabe einer Stellungnahme: 10.08.2018.

F: Konnten Sie sich bei dieser Einvernahme konzentrieren? Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden?

A: Ja.

F: Hatten Sie ausreichend die Möglichkeit Ihr Vorbringen rund um Ihre Fluchtgründe darzustellen?

A: Ja.

F: Ich beende jetzt die Befragung. Möchten Sie noch etwas angeben?

A: Nein."

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.

Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zugesprochen.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 und § 55 AsylG wurde nicht erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise.

Gemäß § 53 Absatz 1 i.V.m. Abs. 3 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz wird ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gem. § 18 Abs 1 Z 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ebenso ergebe sich aus allgemeinen Lage im Herkunftsstaat keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende bzw. reale Gefährdung der bP. Ein relevantes, die öffentlichen Interessen übersteigendes, Privat- und Familienleben würde nicht vorliegen.

Gegen den genannten Bescheid wurde innerhalb offener Frist durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde ein einseitig zu Lasten der bP geführtes Beweisverfahren und Rechtswidrigkeit des Inhaltes moniert. Beantragt wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Verwaltungsakt langte am 05.10.2018 beim BVwG und am 08.10.2018 bei der zuständigen Geschäftsabteilung L504 ein.

Mit Aktenvermerk vom 08.10.2018 wurde nach Prüfung der Sach- und Rechtslage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Die Identität steht fest.

Die bP ist Staatsangehöriger der Türkei, gehört der Volksgruppe der Türken an und ist islamischen Glaubens.

Die bP ist verheiratet und hat drei Kinder, wobei das älteste Kind bereits verheiratet ist und mit ihrem Gatten in einem eigenen Haushalt in Österreich lebt. Die Gattin als auch die Kinder haben die österreichische Staatsbürgerschaft und wohnen in Österreich.

Sie kommt aus der Türkei und war bislang in der Lage im Herkunftsstaat ihre Existenz zu sichern. Es kam nicht hervor, dass sie im Falle der Rückkehr nicht die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz decken könnte.

Sie verfügt im Herkunftsstaat noch über ein familiäres bzw. verwandtschaftliches Netz.

Die bP leidet an Diabetes Mellitus II und hat Depressionen, welche medikamentös behandelt werden. Die bP hat nicht behauptet, dass dies nicht auch in der Türkei behandelbar wäre.

Die bP ist zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes in Österreich auf die Zuwendungen ihrer Gattin angewiesen. Zusätzlich ist sie illegalen Beschäftigungen nachgegangen und hat Handel mit Suchtmitteln betrieben. Eine auch für Asylwerber gesetzlich erlaubte und bei entsprechender Motivation und Qualifikation mögliche Teilnahme am Arbeitsmarkt

(http://www.ams.at/_docs/400_Asyl-Folder_DEUTSCH.pdf) zur teilweisen oder gänzlichen wirtschaftlichen Selbsterhaltung wurde nicht dargelegt bzw. nachgewiesen.

Insgesamt wurde die bP viermal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt, wobei sie zuletzt am 27.02.2017 nach dem SMG zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 6 Monate bedingt, auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt wurde.

Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Familienangehöriger" wurde von der zuständigen Behörde (XXXX) am XXXXmit der Begründung - der Aufenthalt sei nicht im öffentlichen Interesse - abgewiesen.

1.2. Zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer glaubhaften, asylrelevanten Verfolgungsgefahr oder einer realen Gefahr von Leib und/oder Leben ausgesetzt wäre.

1.3. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat

Das Bundesamt hat auf Grundlage des im Bescheid angeführten Länderinformationsblattes der Staatendokumentation Feststellungen zum Herkunftsstaat getroffen:

KI vom 18.4.2018, Bericht der Europäischen Kommission zur Türkei (relevant für die Abschnitte: 4. Rechtsschutz/Justizwesen und 11. Allgemeine Menschenrechte)

Die Europäische Kommission (EK) veröffentlichte am 17.4.2018 ihren Länderbericht zur Türkei. Darin anerkennt laut Kommission die EU zwar, dass die Türkei angesichts der Putschversuches rasch und angemessen handeln musste, gleichzeitig zeigt sich die EU angesichts des umfassenden und kollektiven Charakters bzw. die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen besorgt, die seit dem Putschversuch ergriffen wurden. Hierzu gehören etwa die weit verbreiteten Entlassungen, Verhaftungen und Festnahmen. Die Türkei sollte den Ausnahmezustand unverzüglich aufheben.

Gravierende Mängel betreffen laut Bericht die bisher 31 Notstandsdekrete. Sie wurden nicht einer sorgfältigen und wirksamen Kontrolle durch das Parlament unterzogen, wodurch sie der gerichtlichen Überprüfung entzogen sind. Keines der Notstandsdekrete war bisher Gegenstand einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes. Diese Notverordnungen haben insbesondere bestimmte bürgerliche und politische Rechte, einschließlich der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie der Verfahrensrechte, eingeschränkt. Sie haben zudem wichtige bestehende Rechtsakte geändert, die auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustands nach Meinung der EK ihre Wirkung behalten werden.

Die Zivilgesellschaft ist zunehmend unter Druck geraten, insbesondere angesichts einer großen Zahl von Verhaftungen von Aktivisten, einschließlich Menschenrechtsverteidigern, und der wiederholten Anwendung von Demonstrationsverboten, was zu einer raschen Einengung der Grundrechte und -freiheiten geführt hat.

Das türkische Justizsystem ist von weiteren gravierenden Rückschlägen, insbesondere im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Justiz, geprägt. Die Verfassungsänderungen bezüglich des Rates der Richter und Staatsanwälte (CJP) haben dessen Unabhängigkeit von der Exekutive weiter untergraben. Die

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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