TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/30 W132 2170875-1

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Veröffentlicht am 30.11.2018
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Entscheidungsdatum

30.11.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W132 2170875-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und den Richter Mag. Christian DÖLLINGER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich vom XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 04.04.2017 hat die Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:

Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.

Nachstehend angeführte medizinische Beweismittel wurden in Vorlage gebracht:

-

Röntgenbefund, Dr. XXXX vom 05.10.2016

-

Arztbrief, Dr. XXXX vom 27.12.2016 und 21.02.2017

-

MRT Befund, Diagnosezentrum Horn vom 01.02.2017

1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 23.06.2017, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH bewertet wurde.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH festgestellt.

Dem Bescheid wurde das eingeholte Sachverständigengutachten in Kopie beigelegt.

2. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage eines Arztbriefes Dris. XXXX vom 29.08.2017 wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass vor dem Hintergrund der vorliegenden Einschränkungen und der täglichen Schmerzen auch im Ruhezustand, der Grad der Behinderung mit 20 vH zu gering bemessen sei. Sie müsse eine Orthese tragen, es sei ihr nicht möglich, Gegenstände ohne Schmerzen zu greifen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die Beschwerdeführerin mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 vH.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemein: Allgemeinzustand gut. Ernährungszustand vermehrt.

Kopf/Hals: Brillenträgerin, sonst unauffällig. Thorax/Abdomen:

Symmetrisch. Seitengleich belüftet, Vesikuläratmen über beide Lungen. Herztöne rein. Herzaktion rhythmisch, normfrequent. Die Bauchdecken adipös, weich, nicht druckschmerzhaft, ohne pathologische Resistenzen.

Obere Extremitäten: Rechtsdominanz. Die Schultern stehen gerade. Der Muskelmantel ist symmetrisch seitengleich ausgeprägt. Auch im Bereich der Thenarmuskulatur keine wesentlichen Atrophien, jedoch etwas eingefallene erste Zwischenfingerfalte beidseits. Der Schürzen-Nackengriff ist gut ausführbar. Die Beweglichkeit in den Schulter-, Ellbogen- und Handgelenken altersentsprechend unauffällig. Der Faustschluss ist beidseits komplett und kräftig, die Daumenopposition bis zum Kleinfinger möglich, der Feingriff fest. Auffallend ist eine eingeschränkte Beugefähigkeit im MCP-Gelenk beider Daumen. Das IP-Gelenk ist gut beweglich, auch das Daumensattelgelenk ist gut beweglich. Beim Feingriff zeigt sich ebenfalls die eingeschränkte Beweglichkeit mit Überstreckungstendenz.

Untere Extremitäten: Muskulatur symmetrisch ausgeprägt. Becken steht gerade. Zehen-, Fersen- und Einbeinstand beidseits problemlos möglich. Beweglichkeit in den Hüft-, Knie- und Sprunggelenken unauffällig. Zehenbeweglichkeit frei. Durchblutung o.B..

Wirbelsäule: Die Achse im Lot. Streckhaltung der Halswirbelsäule. Kopfrotation nach beiden Seiten 70°. KJA 0/20 cm. Reklination flüssig. Rumpfdrehung und -seitneigung nicht eingeschränkt. FBA 5 cm. Schober 10/15. Lasegue negativ. Paravertebrale Muskulatur mit geringen Myogelosen im Zervikalbereich, sonst symmetrisch ausgeprägt. Mäßig kräftig. Kein Druckschmerz.

Gesamtmobilität - Gangbild am 23.06.2017: Betritt die Ordination gehend. Trägt Orfit-Orthesen im Bereich der Daumen. Das Gangbild ist harmonisch mit ungehinderter Abrollbewegung. Ein selbständiges An- und Auskleiden ist zügig möglich.

Status Psychicus: Allseits orientiert. Gedankengang geordnet, nachvollziehbar, erreicht das Ziel. Mnestik unauffällig. Stimmung ausgeglichen. Antrieb im Normbereich. Affekt stabil. Gute Affizierbarkeit in beiden Skalenbereichen.

Neurologie: MER seitengleich lebhaft auslösbar. Keine sensomotorischen Defizite.

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Funktionseinschränkung beider Daumen Wahl dieser Richtsatzposition mit dem mittleren Rahmensatz, da funktionelle Versteifung im MCP-Gelenk der Daumen in günstiger Stellung.

02.06.26

20 vH

02

Geringgradige Funktionseinschränkung der Wirbelsäule Oberer Rahmensatz, berücksichtigt die wiederholt auftretenden Kopfschmerzen.

02.01.01

20 vH

Gesamtgrad der Behinderung

20 vH

 

 

Die führende Funktionsbeeinträchtigung Nr. 1 wird durch Leiden 2 nicht erhöht, da keine wesentlichen wechselseitigen negativen Leidensbeeinflussungen vorliegen.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

Das von der belangten Behörde eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX ist schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, der befasste Sachverständige hat sich eingehend damit auseinandergesetzt und fasst deren wesentliche Inhalte nachvollziehbar wie folgt zusammen:

-

27.12.2016, Arztbrief Orthopädie Dr. XXXX : MCP-1-Versteifung beidseits seit Geburt. Zervikalsyndrom ohne neurologisches Defizit. Impingement links.

-

21.02.2017, Arztbrief Orthopädie Dr. XXXX : Diagnose: kongenital abgehobene Beugesehne beide Daumen auf Höhe der proximalen Phalanx.

-

05.10.2016. Röntgenbefund Dr. XXXX : HWS: minimale linkskonvexe Skoliose und Streckhaltung. Incipiente Uncovertebralarthrosen C5- C7. Linkes Schultergelenk: keine relevanten arthrotischen Veränderungen.

-

01.02.2017 MRT Befund Diagnosezentrum Horn: MRT Hand beidseits.

Rechts: abgehobene Beugesehne auf Höhe des Caput der proximalen Phalanx am 1. Strahl. Beugestellung am Interphalangealgelenk des 1. Strahles der rechten Hand. Geringe Ulna plus Variante bei intaktem

Discus triangularis und geringem Gelenkserguss radiokarpal. Links:

abgehobene Beugesehne auf Höhe des Caput der proximalen Phalanx am

         1.       Strahl. DD: altes Trauma, kongenital, intakter Befund im Bereich des Handgelenkes und an den Weichteilen.

Es wurden keine Beweismittel vorgelegt, welche im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises stehen, weder wird ein aktuell höheres Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde noch liegen Anhaltspunkte vor, dass Aspekte des Gesamtleidenszustandes unberücksichtigt geblieben sind.

Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Der mit der Beschwerde vorgelegte Befund Dris. XXXX vom 29.08.2017 entspricht hinsichtlich der Diagnosen den bereits durch Dr. XXXX beurteilten Befunden Dris. XXXX vom 27.12.2016 und 21.07.2017. Es wird lediglich ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin über dauerhafte Schmerzen im Bereich der Daumensattelgelenke beidseits berichtet, die Orthesen nach Angaben der Patientin fast immer getragen werden und die Beschwerdeführerin auch in Ruhe beim Liegen stechende Schmerzen der Thenarmuskulatur angibt. Dieser Befund beinhaltet somit keine neuen Aspekte und enthält überdies auch keinen Untersuchungsbefund oder Angaben über die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Funktionseinschränkungen.

Die vorliegenden Funktionseinschränkungen beider Daumen wurden in der Beurteilung Dris. XXXX durch die Einschätzung des Grades der Behinderung in Höhe von 20 vH in Form eingeschränkter Beugefähigkeit im MCP-Gelenk beider Daumen, bei guter Beweglichkeit des IP-Gelenkes und des Daumensattelgelenkes berücksichtigt wobei auch die eingeschränkte Beweglichkeit mit Überstreckungstendenz beim Feingriff in die Beurteilung eingeflossen ist. Eine höhere Einschätzung dieses Leidens ist nicht gerechtfertigt, weil höhergradige Funktionseinschränkungen weder durch aktuelle Beweismittel belegt sind noch im klinischen Befund objektiviert werden konnten.

Auch die Funktionseinschränkung der Wirbelsäule wurden durch den Sachverständigen im Einklang mit der Einschätzungsverordnung beurteilt. Der Streckhaltung der Halswirbelsäule und den daraus resultierenden, wiederholt auftretenden Kopfschmerzen, wurde durch die Heranziehung des oberen Rahmensatzes der Position 02.01.01 Rechnung getragen. Dr. XXXX beschreibt überzeugend, dass die Beurteilung es Wirbelsäulenleidens mit 20 vH zu erfolgen hat, da nur geringgradige Funktionseinschränkungen vorliegen.

Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Die Beschwerdeführerin ist dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten weder auf gleicher fachlicher Ebene noch sonst substantiiert entgegengetreten.

Das Beschwerdevorbringen war nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH vorliegt, zu entkräften. Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(§ 40 Abs. 1 BBG)

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(§ 41 Abs. 1 BBG)

§ 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft. (§ 54 Abs. 12 BBG auszugsweise)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Die Beschwerdeführerin ist den gutachterlichen Beurteilungen - wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt - weder substantiiert noch auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und hat auch sonst keine Beweismittel vorgelegt, welche fundierte Anhaltspunkte enthalten, das Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises zu entkräften.

Für Funktionseinschränkung einzelner Finger sieht die Einschätzungsverordnung unter Position 02.06.26 einen Rahmensatz von 10 vH bis 30 vH vor. Einleitend wird beim Abschnitt Funktionsbehinderung einzelner Finger angeführt, dass die Versteifung beider Daumengelenke in günstiger Stellung mit 20 vH einzuschätzen ist. Da die funktionelle Versteifung im MCP-Gelenk der Daumen in günstiger Stellung objektiviert wurde, ist die Einschätzung dieses Leidens mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH nicht gerechtfertigt.

Zum Vorbringen, die Beschwerdeführerin leide an ständigen Schmerzen ist festzuhalten, dass die Beurteilung anhand der vorliegenden Funktionsdefizite zu erfolgen hat und die aus vorliegenden Funktionseinschränkungen resultierenden Schmerzzustände aus gutachterlicher Sicht immer in der Diagnoseerstellung inkludiert sind. Die dokumentierten Gesundheitsschädigungen sind in Zusammenschau mit dem im Rahmen der persönlichen Untersuchungen erhobenen Status somit vollumfänglich - soweit ein einschätzungsrelevantes Leiden vorliegt - berücksichtigt worden.

Da ein Grad der Behinderung von 20 (zwanzig) vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten geprüft. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Die Beschwerdeführerin hat vom Sachverständigengutachten vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Im Rahmen des Beschwerdevorbringens hatte die Beschwerdeführerin die Möglichkeit sich zu äußern bzw. Beweismittel vorzulegen. Es wurden der Beschwerde jedoch keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II.2. Bzw. II.3.1. bereits ausgeführt - nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Die Beschwerdeführerin wurde im behördlichen Verfahren persönlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind. Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet, vielmehr stehen diese nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass das eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen ist, angeschlossen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W132.2170875.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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