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50/01 Gewerbeordnung;Norm
BFV §116 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der W GmbH in B, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 18. August 1997, Zl. 317.870/2-III/A/2a/97, betreffend Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich des Verwaltungsgeschehens wird zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 23. April 1996, Zl. 95/04/0211, verwiesen, mit dem der Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 29. August 1995 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die belangte Behörde habe zwar zu Recht ein 30 m von der Tankstelle entferntes Wohnhaus, das von dieser überdies durch eine Straße getrennt sei, als nicht zum "Tankstellenbereich" im Sinne des § 116 Abs. 1 der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten (VbF) gezählt, sie habe es allerdings in Verkennung der Rechtslage unterlassen zu prüfen, ob im Sinne des § 82 Abs. 3 erster Satz GewO 1994, durch von der Anordnung der genannten Verordnung, es müsse im Falle der Selbstbedienung durch Kunden eine verantwortliche Person im Tankstellenbereich anwesend sein, abweichende Maßnahmen der gleiche Schutz erreicht werde.
Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 18. August 1997 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 24. Jänner 1995 neuerlich als unbegründet abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dem eingeholten Gutachten eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen folgend sei festzustellen, dass bei etwaigen Vorfällen eine sofortige Alarmierung einer im Tankstellenbereich anwesenden verantwortlichen Person nicht nur durch technische Hilfsmittel - wie von der Beschwerdeführerin vorgeschlagen - sondern auch durch Geräusche, Rufe etc. gewährleistet sei und dass die in einem solchen Fall zur Hilfeleistung zurückzulegenden Wege sehr kurz seien. Demgegenüber entspreche es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine in einem 30 m entfernten und durch eine Landesstraße getrennten Wohnhaus aufhältige Person an einer sofortigen Hilfeleistung nicht nur wegen der zurückzulegenden Entfernung, sondern auch wegen der Notwendigkeit, die Straße unter Bedachtnahme auf den herrschenden Straßenverkehr zu überqueren, gehindert sei. Die von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Maßnahmen seien daher nicht geeignet, den gleichen Schutz zu gewährleisten wie die Anwesenheit einer verantwortlichen Person im Tankstellenbereich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich - ihrem gesamten Vorbringen zufolge - im Recht auf Erteilung der beantragten Genehmigung verletzt. Sie bringt hiezu im Wesentlichen vor, die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden sachverständigen Aussagen seien - wie bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht - unvollständig, mangelhaft und im Wesentlichen nicht begründet. Der Sachverständige habe keine Kenntnis von den Örtlichkeiten gehabt. Bei der Beurteilung, ob ein Kunde im Gefahrenfall noch eine Alarmierung auslösen könne, sei die Plazierung des Überwachungspersonals nicht relevant. Die belangte Behörde übersehe, dass im Wohnhaus, von wo aus die Überwachung durchgeführt werden solle, ein Monitor sowie eine Alarmeinrichtung installiert sei. Im Gefahrenfall sei es daher keineswegs erforderlich, dass das Überwachungspersonal zuerst eine - möglicherweise stark frequentierte - Straße überqueren müsse, um den Alarm auszulösen. Auch übersehe die belangte Behörde, dass eine Wegstrecke von 30 m in kurzer Zeit zurückgelegt werden könne und dadurch eine allenfalls notwendige Hilfeleistung nur um "eine kurze Zeitspanne" verzögert werde. Diese kurze Zeitspanne sei bei einem Gefahrenfall - beispielsweise Brand - wohl nicht mehr von wesentlicher Bedeutung. Die belangte Behörde übersehe schließlich, dass die vorgesehenen Maßnahmen nicht gleich, sondern nur gleichwertig sein müssten. Aus technischer Sicht sei aber kein wesentlicher Unterschied gegeben, ob das Überwachungspersonal in einem ca. 30 m entfernten Wohnhaus mit freier Sicht auf das Tankstellenareal oder in einem geschlossenen Raum direkt auf dem Tankstellengelände sitze. Die wesentlichen Erfordernisse im Falle eines Unglücksereignisses - insbesondere Alarmierung - seien praktisch im selben Umfang gewährleistet.
Gemäß § 116 Abs. 1 der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten (VbF) ist das Abfüllen von brennbaren Flüssigkeiten an Tankstellen nur dann gestattet, wenn diese Tätigkeit von einer im Tankstellenbereich verantwortlichen Person vorgenommen wird, oder, wenn im Falle der Selbstbedienung durch Kunden - abgesehen von den im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Voraussetzungen des Abs. 2 -, eine solche verantwortliche Person im Tankstellenbereich anwesend ist.
Von diesen Bestimmungen abweichende Maßnahmen dürfen nach § 82 Abs. 3 GewO 1994 auf Antrag mit Bescheid zugelassen werden, wenn hiedurch der gleiche Schutz erreicht wird.
Die belangte Behörde hat ihre Auffassung, die von der Beschwerdeführerin vorgesehenen Maßnahmen (Überwachung von einem 30 m entfernten und durch eine Straße von der Tankstelle getrennten Wohnhaus aus mittels Überwachungsbildschirm, Not-Aus-Steuerung für die Tankstelle, Klingel und Gegensprechanlage zum Tankplatz) würden nicht den gleichen Schutz bieten wie die Anwesenheit einer verantwortlichen Person im Tankstellenbereich, auf das Gutachten eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen gestützt. Dieser Sachverständige ist in seinem Gutachten zum Ergebnis gelangt, durch die von der Beschwerdeführerin vorgesehenen Maßnahmen werde insbesondere eine sofortige Hilfeleistung nicht im gleichen Maße gewährleistet wie durch die persönliche Anwesenheit einer verantwortlichen Person im Tankstellenbereich. Er hat dies in nicht als unschlüssig zu erkennender Weise damit begründet, dass einerseits eine größere Entfernung zum Ort der Hilfeleistung zurückgelegt werden müsste und dass andererseits der auf der dabei zu querenden Straße gegebenenfalls herrschende Straßenverkehr eine Behinderung darstellen könnte.
Die Beschwerdeführerin hat im Rahmen des Parteiengehörs zwar angekündigt, ein Privatgutachten betreffend die Gleichwertigkeit der von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen vorzulegen. Sie ist dem Gutachten des Amtssachverständigen jedoch weder im Verwaltungsverfahren noch selbst in der vorliegenden Beschwerde auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten; das angekündigte Privatgutachten wurde nicht vorgelegt.
Wenn die belangte Behörde daher, dem Gutachten des Amtssachverständigen folgend, verneinte, dass durch die von der Beschwerdeführerin vorgesehenen Maßnahmen der gleiche Schutz erreicht werde, wie durch die Bestimmungen des § 116 Abs. 1 VbF, so ist das nicht zu beanstanden.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 2. Juni 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997040200.X00Im RIS seit
20.11.2000