TE Bvwg Beschluss 2018/12/12 W195 2210335-1

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Veröffentlicht am 12.12.2018
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Entscheidungsdatum

12.12.2018

Norm

B-VG Art.131 Abs1
B-VG Art.131 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
TVG 2012 §2 Z8
VwGVG §14
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W195 2210335-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom XXXX , nach Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , und Stellung eines Vorlageantrags beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I.A. Verfahrensgang:

1) Mit Bescheid des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom XXXX , wurde dem Antrag der XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) auf Genehmigung von Projekten nach dem Tierversuchsgesetz 2012 - TVG 2012, BGBl. I Nr. 114/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 31/2018, insoweit stattgegeben, als er sich auf die Genehmigung des Projektes "Prüfungen auf anomale Toxizität nach Europ. und US-Pharmakopoe/CFR" bezog, wobei die Genehmigung bis zum XXXX befristet erteilt wurde (Spruchpunkt 1.). Zugleich wurde festgestellt, dass die Tierversuche in dem unter Ziffer 1 genannten Projekt den Schweregraden bis zu und einschließlich Schweregrad "mittel" zugeordnet seien und daher eine rückblickende Bewertung nicht erforderlich sei (Spruchpunkt 2.). Dem Projektleiter XXXX wurde die Genehmigung als Projektleiter - beschränkt auf die Durchführung des in Spruchpunkt 1. genannten Projektes - erteilt und ausgesprochen, dass er das Projekt nur im Einklang mit der Genehmigung des Projektes durchzuführen und dafür Sorge zur tragen habe, dass bei einer Nichteinhaltung geeignete Abhilfemaßnahmen ergriffen und aufgezeichnet werden. Er habe weiters Tierversuche zu beenden, wenn unnötige Schmerzen, Leiden, Ängste oder dauerhafte Schäden bei einem Tier im Laufe eines Tierversuches verursacht werden (Spruchpunkt 3.).

Im Übrigen wurde der Antrag abgewiesen.

2) Mit Schriftsatz vom XXXX wurde gegen den Bescheid der belangten Behörde Beschwerde erhoben und beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und beantragte Beweise aufnehmen (1.); der Beschwerde Folge geben und den angefochtenen Bescheid im Umfang der Anfechtung dahingehend abändern, dass der Spruchteil: "Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen." behoben werde (2.a.); der Beschwerdeführerin zusätzlich die Genehmigung zur Durchführung des Projektes "Prüfungen auf Pyrogene nach Europ. und US-Pharmakopoe/CFR" befristet auf ein Jahr ab Genehmigung des Projektes erteilen, wobei der Schweregrad dieses Projektteiles gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 TVG 2012 mit "mittel" festgestellt werde (2.b.); in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides die Beschränkung auf Durchführung des in Ziffer 1 genannten Projektes entfallen zu lassen (2.c.); in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides die Dauer des genehmigten Projektes "Prüfungen auf anomale Toxizität nach Europ. und US-Pharmakopoe/CFR" auf ein Jahr ab Genehmigung des Projektes zu erweitern (2.d.); in eventu den Bescheid im angefochtenen Umfang aufheben und die Angelegenheit in diesem Umfang zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen (3.).

3) Mit Beschwerdevorentscheidung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom XXXX , wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben und die Begründung des Bescheides vom XXXX in im Spruch der Beschwerdevorentscheidung näher bezeichneten Punkten ergänzt sowie ausgesprochen, dass die übrigen Teile des Bescheides vom XXXX , insbesondere dessen Spruch, unberührt blieben.

4) Bezugnehmend auf die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom XXXX beantragte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom XXXX , die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen und stellte bzw. wiederholte (unter Einbeziehung der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX ) unter einem die bereits im Rahmen des Beschwerdeschriftsatzes vom XXXX an das Bundesverwaltungsgericht gestellten Anträge.

5) Mit Schreiben vom XXXX wurde die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde vorgelegt und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung noch am selben Tag zur Entscheidung zugewiesen.

I.B. Feststellungen:

Die unter I.A. erfolgte Darstellung des Verfahrensganges ergibt sich aus der Beschwerde sowie den dem Bundesverwaltungsgericht übermittelten Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere dem angefochtenen Bescheid, der Beschwerdevorentscheidung und dem Vorlageantrag. Ein Widerspruch hinsichtlich des Verfahrensganges zwischen den Schriftsätzen der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde konnte nicht festgestellt werden; es haben sich auch keine Zweifel an der Echtheit von Schriftstücken ergeben oder wäre dies behauptet worden. Es wird somit der dargestellte Verfahrensgang als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1) Gemäß Art. 129 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1); gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2); wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3); gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 2 B-VG (Z 4).

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes, soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

2) Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3) Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

4) Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG - unter anderem - die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

Gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in jeder Lage des Verfahrens seine Zuständigkeit zu prüfen und eine etwaige Unzuständigkeit wahrzunehmen (VwGH 29.10.2015, Ro 2015/07/0019).

Im Zusammenhang mit dem die Verteilung der Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte festlegenden Art. 131 B-VG lässt sich den Erläuterungen zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (ErlRV 1618 BlgNR 24. GP, 15) entnehmen, dass die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes daran anknüpft, ob "eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung (im Sinne des Art. 102 B-VG) besorgt wird; dies unabhängig davon, ob die betreffende Angelegenheit in Art. 102 Abs. 2 B-VG genannt ist oder sich ihre Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung aus anderen Bestimmungen ergibt" (siehe auch Wiederin, Das Bundesverwaltungsgericht: Zuständigkeiten und Aufgabenbesorgung, in Holoubek/Lang [Hrsg.], Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz [2008], 29 [35 ff] bzw. VfGH 04.03.2015, E 923/2014).

Die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte erfolgt im Wesentlichen nach der verfassungsrechtlichen Verbandskompetenz; dies folgt daraus, dass Art. 131 B-VG auf die "Angelegenheiten" - im Wesentlichen der Vollziehung - abstellt, zu der die betreffende "Rechtssache" gehört (Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) Art. 131 B-VG, I.1.).

Unmittelbare Bundesverwaltung - und damit eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes - liegt aber (unter anderem) dann nicht vor, wenn in einer Angelegenheit, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt wird, ausnahmsweise ein Bundesminister mit der Vollziehung betraut wird (vgl. Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit [2013] Art. 131 B-VG, Rz 16 unter Hinweis auf ErlRV 1618 BlgNR 24. GP, 15).

"In Angelegenheiten, die schon von Verfassungs wegen nicht "unmittelbar von Bundesbehörden" - anstelle des nach Art. 102 Abs. 1 B-VG für die Vollziehung des Bundes in den Ländern grundsätzlich vorgesehenen Landeshauptmanns und den ihm unterstellten Landesbehörden - besorgt werden dürfen, kann von vornherein keine Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden iSd. Art. 131 Abs. 2 erster Satz B-VG, der offensichtlich an die Begrifflichkeit des Art. 102 Abs. 2 B-VG (arg. "Folgende Angelegenheiten können ... unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden") anknüpft, vorliegen. Nur dann, wenn eine bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung für die Besorgung einer Angelegenheit der Bundesvollziehung unmittelbar durch Bundesbehörden besteht, kommt es für das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 131 Abs. 2 erster Satz B-VG - und damit der Zuständigkeit des BVwG - zusätzlich darauf an, ob der Bundesgesetzgeber eine solche Besorgung unmittelbar durch (dem Bundesminister unterstellte) Bundesbehörden auch tatsächlich vorgesehen hat" (VwGH 23.11.2017, Ra 2017/11/0259-3 unter Hinweis auf VwGH 26.01.2017, Ra 2016/11/0173, mwN).

Zumal im Tierversuchsgesetz 2012, welches im Übrigen vom Gesetzgeber auf der Kompetenzgrundlage sogenannter "Querschnittsmaterien" erlassen worden ist (vgl. die Anfragebeantwortung durch den damaligen Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr zu 3261/AB XX. GP), explizite Zuständigkeiten der (örtlich) zuständigen Landeshauptfrau bzw. des (örtlich) zuständigen Landeshauptmannes festgelegt sind (vgl. § 2 Z 8 TVG 2012), kann es sich schon allein deshalb um keine Angelegenheit der unmittelbaren Bundesverwaltung handeln (vgl. idZ Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit [2013] Art. 131 B-VG, Rz 11, wonach unmittelbare Bundesverwaltung iSd Art. 102 B-VG gerade durch das Fehlen einer Zuständigkeit des Landeshauptmannes gekennzeichnet ist).

Dementsprechend gehen auch Lechner-Hartlieb/Sembacher/Urban in Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform - Zuständigkeiten von A bis Z (1. Auflage, November 2013), Abschnitt III. Tabellarische Darstellungen, Fußnote 245, davon aus, dass es sich bei der in § 2 Z 8 des Tierversuchsgesetzes 2012 genannten Zuständigkeit des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Zusammenhang mit Tierversuchen im Rahmen des Hochschulwesens oder der wissenschaftlichen Einrichtungen des Bundes um eine "ausnahmsweise Zuständigkeit" [im Sinne der Erläuterungen zu RV 1618 BlgNR 24. GP] im Rahmen der Vollziehung des Tierversuchsgesetzes in mittelbarer Bundesverwaltung handelt.

Im Ergebnis liegt somit im gegenständlichen Fall keine Angelegenheit vor, welche "unmittelbar von Bundesbehörden" im Sinne von Art. 131 Abs. 2 erster Satz B-VG besorgt wird und hat der Rechtszug somit nicht an das Bundesverwaltungsgericht, sondern gemäß der Art. 131 Abs. 1 B-VG inhärenten Generalklausel an das (örtlich zuständige) Landesverwaltungsgericht zu gehen.

Zumal sowohl in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides als auch der Beschwerdevorentscheidung jedoch das Bundesverwaltungsgericht als (vermeintlich) zuständiges Verwaltungsgericht explizit genannt ist und die Beschwerde ausdrücklich eine Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht begehrt (bzw. auch der Vorlageantrag auf eine Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht gerichtet ist), hatte der gegenständliche Zurückweisungsbeschluss wegen Unzuständigkeit zu ergehen (vgl. zB VwGH 18.02.2015, Ko 2015/03/0001, 24.06.2015, Ra 2015/04/0035 bzw. 13.09.2016, Ra 2016/22/0054).

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist im vorliegenden Fall gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, da zur Frage, ob für Beschwerden in Angelegenheiten der Vollziehung des Tierversuchsgesetzes 2012 eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes gegeben ist, noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes existiert.

Schlagworte

Beschwerdevorentscheidung, Hochschule, Landesverwaltungsgericht,
mittelbare Bundesverwaltung, Tierversuche, Unzuständigkeit BVwG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W195.2210335.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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