TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/18 W266 2170367-1

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Veröffentlicht am 18.12.2018
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Entscheidungsdatum

18.12.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §43
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W266 2170367-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ulrike SCHERZ sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Rudolf HALBAUER, Bakk. Phil. als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX geboren am XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, NÖ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle NÖ, vom 17.5.2017, betreffend Neufestsetzung des Grades der Behinderung in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer am 29.1.2007 einen Behindertenpass ausgestellt und darin einen Grad der Behinderung in Höhe von 50% eingetragen.

Am 4.11.2016 stellte die Beschwerdeführerin unter Vorlage neuer Befunde einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung.

Dieser Antrag wurde am 6.4.2017 zurückgezogen.

Mit dem im Spruch zitierten Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle NÖ (in der Folge: belangte Behörde), wurde in der Folge von Amts wegen der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers mit 30 % neu festgesetzt und der Behindertenpass der Beschwerdeführerin eingezogen.

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass sich aufgrund des medizinischen Beweisverfahrens nunmehr ein Grad der Behinderung in Höhe von 30% ergebe. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen, fristgerechten Beschwerde führt die Beschwerdeführerin - unter Vorlage weiterer Befunde - im Wesentlichen aus, dass das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten nicht ausreichend zur Beurteilung des urologischen Beschwerdebildes sei. Sie leide an einer Mischharninkontinenz mit vorrangiger Drangsymptomatik und Fäkalinkontinenz in Verbindung mit der Laktoseintoleranz. Die Fäkalinkontinenz i.V.m. der Laktoseintoleranz wäre mit einem höheren Grad der Behinderung als mit 30 % einzustufen. Weiters bringt sie vor, dass die mit einem Grad der Behinderung von 30 % eingestuften degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates orthopädisch und nicht nur allgemeinmedizinische zu beurteilen wären. Ferner sei es keinesfalls zu einer Besserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin gekommen und sei die Verringerung des Grades der Behinderung nicht nach zu vollziehen.

Zur Überprüfung des Beschwerdevorbringens wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes ein urologisches Sachverständigengutachten sowie ein zusammenfassendes internistisches und allgemeinmedizinisches Gutachten, beide basierend auf der Aktenlage, eingeholt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens durch Einsicht in den behördlichen Verwaltungsakt, insbesondere in das Gutachten des Sachverständigen für Allgemeinmedizin, welches auf persönlicher Begutachtung der Beschwerdeführerin am 3.10.2016 basiert, Einholung eines urologischen sowie eines zusammenfassenden internistischen bzw. allgemeinmedizinischen Gutachtens, jeweils basierend auf der Aktenlage, sowie eines aktuellen Auszuges aus dem zentralen Melderegister steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin und am XXXX geboren und wohnhaft in XXXX , XXXX .

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes wird folgendes festgestellt:

Klinischer Status - Fachstatus:

Größe 168 cm, Gewicht 59 kg

Kopf und Hals:

Pupillen eng ,isocor, träge; Schleimhäute gut durchblutet;

Halsvenen nicht gestaut. Blande Narbe nach Strumektomie

Thorax:

Pulmo: VA

Cor: Herztöne rein, rhythmisch

Abdomen:

Leber am Rippenbogen, Milz nicht tastbar, kein Druckschmerz, keine Resistenz tastbar; Unterbauchlaparotomienarbe

Wirbelsäule :

Kein Klopfschmerz. Seitneigung funktionell cervical beidseits mittelgradig eingeschränkt.

FBA: 10 cm

Extremitäten:

Fußpulse allseits palpabel, Varizen mäßig beidseits ,keine Ödeme

OE: Abduktion rechtes Schultergelenk 90°. Die anderen großen Gelenke der OE und UE sind funktionell unauffällig.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Unauffällig

Status Psychicus:

Subdepressiv, allseits orientiert

Die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers entsprechen den folgenden Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Laktoseintoleranz, chronische Gastritis, Hiatushernie Unterer Rahmensatz bei normalem Ernährungszustand, allerdings rezidivierender Durchfall.

07.04.05

30

2

Degenerative Veränderungen des Bewegungsapparates Unterer Rahmensatz bei mäßigen Funktionseinschränkungen.

02.02.02

30

3

Zustand nach Eierstockkrebs rechts 2008 Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz nach abgelaufener Heilungsbewährung (OP am 14.7.2008) und unauffälligen onkologischen Nachkontrollen.

13.01.02

20

4

Zustand nach Hepatitis B Unterer Rahmensatz, da fast normale Leberwerte.

07.05.03

10

5

Vorhofflimmern g.Z. Fixer Rahmensatz. Blutverdünnung.

05.01.01

10

und beträgt der Gesamtgrad der Behinderung 30%,

Leiden 1 wird durch die nachfolgenden Leiden nicht erhöht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Die Beurteilung erfolgt nach der Einschätzungsverordnung. Im neuen Leiden 1 werden Leiden 2 und Leiden 3 aus dem Vorgutachten zusammengefasst. Eine Verbesserung ist nicht eingetreten.

Leiden 2 ist ein neues Leiden.

Leiden 3 ist ein neues Leiden.

Leiden 4 (im Vorgutachten Leiden 1) wird wegen Verbesserung um drei Stufen geringer bewertet.

Leiden 5 ist ein neues Leiden.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Einerseits Beurteilung nach der Einschätzungsverordnung, andererseits Verbesserung von Leiden 4.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen betreffend Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft und Wohnadresse auf den glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin am Antragsformular, sowie auf den übereinstimmenden Unterlagen im Verwaltungsakt sowie auf dem eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister.

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes und des Grades der Behinderung beruhen die Feststellungen auf dem bereits von der belangten Behörde eingeholten Gutachten einer Sachverständigen für Innere und Allgemeinmedizin, welches auf einer persönlichen Untersuchung am 11.1.2017 basiert, sowie auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten aktenmäßigen urologischen Gutachten und dem zusammenfassenden Gutachten der bereits von der Behörde beigezogenen Sachverständigen. Diese sind in sich schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Es wird darin vollständig und in nachvollziehbarer Art und Weise auf alle, vom Beschwerdeführer vorgebrachten Leidenszustände unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde eingegangen.

Die Einstufung des Leidens 1 (Laktoseintoleranz, chronische Gastritis, die Hiatushermine) mit dem unteren Rahmensatz der Position 07.04.05 der EVO i.H.v. 30 % entspricht der in der EVO vorgenommenen Beschreibung (Häufige rezidivierende oder länger anhaltende Beschwerden, häufige Durchfälle, mit nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen, geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes) dabei einem normalen Ernährungszustand rezidivierende Durchfälle festgestellt worden sind. Die Allgemeinmedizinerin führt zum vorgebrachten Vorliegen einer Fäkalinkontinenz aus, dass eine solche befundmäßig nicht belegt werden konnte.

Auch das Leiden 2 (degenerative Veränderungen des Bewegungsapparates) wird schlüssig und nachvollziehbar mit dem unteren Rahmensatz der Position 02.02.02 der EVO i.H.v. 30 % eingeschätzt und entspricht auch dies der Beschreibung der EVO (Mäßige Funktionseinschränkungen, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls, geringe Krankheitsaktivität), da mäßige Funktionseinschränkungen vorliegen. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass das Wirbelsäulenleiden von einer orthopädischen Fachärztin untersucht hätte werden müssen ist auszuführen, dass im Rahmen des von der Behörde eingeholten Gutachtens nach einer ausführlichen klinischen Untersuchung sowohl der Wirbelsäule als auch der Gelenke ein Befund erhoben wurde und die dort beschriebenen Einschränkungen nachvollziehbar von der Sachverständigen als mäßiggradig eingestuft werden.

Die Einstufung des Leidens 3 (Zustand nach Eierstockkrebs rechts 2008) mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz der Position 13.01.02 der EVO i.H.v. 20 % entspricht ebenfalls der Beschreibung der EVO (5 Jahre nach Entfernung des Malignoms, (Heilungsbewährung) Maßgeblicher Bezugspunkt für den Beginn der Heilungsbewährung ist der Zeitpunkt der Entfernung des Tumors bei operativer Entfernung der Zeitpunkt der Operation, bei anderen Therapieformen (Chemotherapie, Bestrahlung) nach Abschluss der Behandlung (Entfernung des Malignoms) bei komplikationslosem Verlauf und bei geringfügiger Funktionseinschränkung), da nach abgelaufener Heilungsbewährung (OP am 14.7.2008) kein Hinweis auf ein Rezidiv besteht.

Soweit die Beschwerdeführerin moniert, dass das von der beklagten Behörde eingeholte Gutachten nicht ausreichend auf die urologischen Beschwerden eingegangen ist, ist auszuführen, dass der vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene urologische Sachverständige eine Belastungsinkontinenz 1. bis 2. Grades festgestellt hat, welche als Leiden 4 im zusammenfassenden Gutachten der Allgemeinmedizinerin berücksichtigt wurde. Der urologische Sachverständige führte nachvollziehbar aus, dass die Belastungsinkontinenz mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz i.H.v. 20 % eingeschätzt wird, da eine geringe Belastungsinkontinenz bei behandelter Drangkomponente vorliegt. Dazu führt der Sachverständige weiters aus, dass üblicherweise die Drangkomponente gut medikamentös versorgt werden kann und auch eine entsprechende Therapie eingeleitet wurde. Weitere Therapien wie z.B. eine Beckenbodengymnastik sind jedoch nicht eingeleitet worden. Abschließend führt der urologische Sachverständige aus, dass weitere Aussagen zur urologischen Situation nicht vorliegen. Dies entspricht den Kriterien der EVO (10 - 20 %: geringe Restharnbildung, längeres Nachträufeln; 30 - 40 %:

erhebliche Restharnbildung, manuelle Entleerung notwendig, Blasenschrittmacher).

Das Leiden 5 (Zustand nach Hepatitis B) wird schlüssig mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz der Position 07.05.03 der EVO i. H.v. 10 % eingestuft. Auch dies entspricht der Beschreibung der EVO (Fibrose, Fettleber; ohne Komplikationen), da fast normale Leberwerte vorliegen.

Schließlich wird auch das Leiden 6 (Vorhofflimmern) schlüssig und nachvollziehbar dem fixen Rahmensatz der Position 05.01.01 der EVO i. H.v. 10 % (leichte Hypertonie) zugeordnet.

Ebenso schlüssig und nachvollziehbar hat die Allgemeinmedizinerin den Gesamtgrad der Behinderung i.H.v. 30 % damit begründet, dass das Leiden eins durch die nachfolgenden Leiden nicht erhöht wird, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.

Insgesamt war das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht geeignet, das Sachverständigengutachten in Zweifel zu ziehen und wird dieses daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist,.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 1 Abs. 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 1. Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) ist unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 2 Abs. 1 Einschätzungsverordnung sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Die relevanten Positionen der Anlage zur Einschätzungsverordnung lauten:

07.04.05

Chronische Darmstörungen mittleren Grades mit chronischen Schleimhautveränderungen

30 %: Häufige rezidivierende oder länger anhaltende Beschwerden, häufige Durchfälle, mit nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen, geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes 40 %: Häufige Durchfälle, mit nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen, mittelschwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes

 

02.02

Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates

Es ist die resultierende Gesamtfunktionseinschränkung bei entzündlich rheumatischen

Systemerkrankungen, degenerative rheumatischen Erkrankungen und systemischen

Erkrankungen der Muskulatur einzuschätzen.

Falls sie mit Lähmungserscheinungen einhergehen, sind sie entsprechend den funktionellen

Defiziten nach Abschnitt 04. "Neuromuskuläre Erkrankungen" im Kapitel

"Nervensystem" zu beurteilen.

02.02.02

Mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades

30 - 40 %

Mäßige Funktionseinschränkungen, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls, geringe Krankheitsaktivität

 

 

13.01.02

Entfernte Malignome mit abgeschlossener adjuvanter Behandlung nach Abschluss der Heilungsbewährung

10 - 40 %

5 Jahre nach Entfernung des Malignoms (Heilungsbewährung) Maßgeblicher Bezugspunkt für den Beginn der Heilungsbewährung ist der Zeitpunkt der Entfernung des Tumors - bei operativer Entfernung der Zeitpunkt der Operation - bei anderen Therapieformen (Chemotherapie, Bestrahlung) nach Abschluss der Behandlung (Entfernung des Malignoms) 10 - 20 %: bei komplikationslosem Verlauf und bei geringfügiger Funktionseinschränkung 30 - 40 %: wenn maßgebliche Funktionseinschränkungen als Dauerzustand festgestellt werden Besteht ein darüber hinausgehendes Defizit, so ist eine Einschätzung nach dem zutreffenden Organsystem entsprechend dem funktionellen Defizit (physisch oder psychisch) vorzunehmen

 

 

08.01.06

Entleerungsstörung der Blase und der Harnröhre leichten bis mittleren Grades

10 - 40 %

10 - 20 %: geringe Restharnbildung, längeres Nachträufeln 30 - 40 %: erhebliche Restharnbildung, manuelle Entleerung notwendig, Blasenschrittmacher

 

 

07.05 Leber

Unter dem Begriff "chronische Hepatitis" werden alle chronischen Verlaufsformen von Hepatitiden zusammengefasst. Die gutachterliche Beurteilung beruht auf dem klinischen Befund, den funktionsrelevanten Laborparameter, der Äthiologie und auf den histopathologischen Nachweis des Grades der nekro-inflammatorischen Aktivität

(nach Grading) sowie auf dem Stadium der Fibrose.

Für die Virushepatitis B und C gilt bei fehlender Histologie primär das klinische Gesamtbild des bisherigen Verlaufes.

Zusätzlich kann der ALAT/GPT Wert im Referenzbereich bei nachgewiesener Hepatitis B und C (Virus Replikation zur Einschätzung nach der chronischen Hepatitis) genutzt werden.

Interferontherapie: Auftretende allgemeine Nebenwirkungen erhöhen die funktionelle

Einschätzung um 10 %.

Malignome sind nach Abschnitt 13 einzuschätzen.

07.05.03

Fibrose, Fettleber

10 - 20 %

Ohne Komplikationen

 

 

05.01 Hypertonie

Liegt eine schwerere (über mäßig hinausgehende) Hypertonie vor, stehen die Folgeerkrankungen weit im Vordergrund. Es sind folglich diese Funktionseinschränkungen einzuschätzen.

Die ursächliche Hypertonie ist bei dieser Einschätzung dann mit umfasst

05.01.01

Leichte Hypertonie

10 %

Gemäß § 3 Abs. 1 Einschätzungsverordnung ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß § 3 Abs. 2 Einschätzungsverordnung ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

Gemäß § 3 Abs. 3 Einschätzungsverordnung liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

Gemäß § 3 Abs. 4 Einschätzungsverordnung ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Gemäß § 4 Abs. 1 Einschätzungsverordnung bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

Gemäß § 4 Abs. 2 Einschätzungsverordnung hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Daraus folgt:

Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 11.1.2017 sowie das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten aktenmäßigen Gutachten eines Sachverständigen für Urologie und das zusammenfassende Gutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin entsprechen den formalen und inhaltlichen Voraussetzungen der Einschätzungsverordnung und werden, aus den in Punkt 2 näher ausgeführten Gründen, der Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt, wie festgestellt 30%, da wie bereits oben unter Punkt 2 ausgeführt, von den Amtssachverständigen schlüssig und nachvollziehbar die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen entsprechend der Einschätzungsverordnung eingeschätzt wurden und der Grad des führenden Leidens mangels eines ungünstigen Zusammenwirkens mit den anderen Leiden nicht erhöht wird.

Da bei der Beschwerdeführerin keine weiteren Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt werden konnten, war der Grad der Behinderung mit 30 % festzusetzen.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Wurde - wie im vorliegenden Fall - kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße und zu begründende Ermessen des Verwaltungsgerichtes gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 VwGVG normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH).

Unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) führte der Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Durchführung einer beantragten mündlichen Verhandlung im Erkenntnis vom 16.12.2013, 2011/11/0180 (mit Hinweis auf EGMR 13.10.2011, Fexler gg. Schweden, Beschw. Nr. 36.801/06) aus, dass eine solche unterbleiben kann, wenn der Ausgang des Verfahrens vor allem vom Ergebnis der Gutachten medizinischer Sachverständiger abhängt und der Beschwerdeführer auch nicht behauptet, dass er den von der Behörde eingeholten Gutachten entgegentritt. Dies gilt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes umso mehr für den Fall einer von den Parteien nicht beantragten mündlichen Verhandlung.

In diesem Zusammenhang wird auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) verwiesen, die im Bereich von Entscheidungen, die eher technischer Natur ("rather technical in nature") sind und deren Ausgang von schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachten abhängt ("the outcome depended on the written medical opinions") unter Rücksichtnahme u.a. auf die genannten Umstände von der Zulässigkeit des Absehens einer mündlichen Verhandlung ausgeht, dies nicht nur im Verfahren vor dem jeweils zuständigen Höchstgericht, sondern auch in Verfahren vor dem als erste gerichtliche Tatsacheninstanz zuständigen (Verwaltungs)Gericht, dem die nachprüfende Kontrolle verwaltungsbehördlicher Entscheidungen zukommt (vgl. etwa EGMR [Unzulässigkeitsentscheidung] 22.05.2012, Osorio gg. Schweden, Beschw. Nr. 21.660/09, sowie VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221, mit Hinweis auf EGMR 18.07.2013, Beschw. Nr. 56.422/09, Schädler-Eberle gg. Liechtenstein; EGMR 10.05.2007, Beschw. Nr. 7401/04, Hofbauer gg. Österreich Nr. 2; EGMR 03.05.2007, Beschw. Nr. 17.912/05, Bösch gg. Österreich).

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten - vom erkennenden Gericht als schlüssig erachteten - Gutachten eines medizinischen Sachverständigen sowie den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten aktenmäßigen Gutachten, denen die Beschwerdeführerin weder auf gleicher fachlicher Ebene noch durch ein sonst substantiiertes Vorbringen entgegengetreten ist. Die strittigen Tatsachenfragen gehören ausschließlich dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

ZU B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung im Gegenstand von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Neufestsetzung,
Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W266.2170367.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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