TE Vwgh Beschluss 1999/6/8 AW 97/08/0092

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Veröffentlicht am 08.06.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §49 Abs1;
AlVG 1977 §49 Abs2;
AlVG 1977 §56 Abs2;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Dr. W in W, der gegen den Bescheid des Bundesministers

für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 14. Juli 1997, Zl. 639.697/4-9/97, betreffend Einhaltung von Kontrollmeldungen und Einstellung der Notstandshilfe, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 14. Juli 1997 stellte die belangte Behörde die dem Beschwerdeführer gewährte Notstandshilfe wegen Unterlassung von Kontrollmeldungen für den Zeitraum vom 13.9.1996 bis zum 7.10.1996 ein und wies den Antrag auf gänzliche Nachsicht der Einhaltung von Kontrollmeldungen gemäß § 49 Abs. 1 AlVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Verfügung einer "Sperre" der Auszahlung der Notstandshilfe an den Beschwerdeführer stelle einen Vollzug des angefochtenen Bescheides dar. Durch den angefochtenen Bescheid werde in die Rechtsstellung des Beschwerdeführers, ihm (weiterhin) Notstandshilfe auf Grund der Mitteilung des Arbeitsmarktservices auszuzahlen, eingegriffen. Dadurch erwachse dem Beschwerdeführer insoweit ein unverhältnismäßiger Nachteil, als sein notwendiger Lebensunterhalt gefährdet sei.

Die Ansicht, der angefochtene Bescheid sei einem Vollzug und damit einer Aufschiebung seiner Wirkung zugänglich, habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Einleitungsbeschluss vom 5. Dezember 1998, Zl. B 622/98, bestätigt.

In der Eingabe vom 8. April 1999 machte der Beschwerdeführer schließlich geltend, der angefochtene Bescheid bewirke, dass sein Krankenversicherungsschutz gemäß § 40 AlVG verloren gehe.

2. Gemäß § 30 Abs. 1 VwGG kommt Beschwerden eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu.

a) Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Daraus ergibt sich, dass die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nur gegenüber einem Bescheid in Betracht kommt, der einem Vollzug zugänglich ist, wobei unter "Vollzug" im Sinne dieser Bestimmung die Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit zu verstehen ist (vgl. zB den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, VwSlg. Nr. 10.381/A).

b) Auch ein Vollzug eines Bescheides wäre aber nur dann ein Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG, wenn dadurch der Rechtsschutz der Partei dauernd wesentlich beeinträchtigt würde. Diesbezüglich trifft den Beschwerdeführer eine Konkretisierungspflicht, weil sonst die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung nicht durchgeführt werden kann (vgl. den hg. Beschluss vom 10. Februar 1999, AW 98/08/0074).

3. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist der Ausspruch, dass ihm gemäß § 49 Abs. 2 AlVG für eine bestimmte Zeit keine Notstandshilfe zustehe, keinem Vollzug zugänglich.

Der angefochtene Bescheid gehört zu jener Gruppe von Bescheiden, die die Zuerkennung einer beantragten Geldleistung versagen und deshalb einer Vollziehung nicht zugänglich sind (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 275 ff, wiedergegebene Rechtsprechung), allerdings mit der - die Verneinung der Vollzugstauglichkeit nicht berührenden - Besonderheit, dass dieser Bescheid mit einer Einstellung einer faktischen, d.h. nicht auf einer bescheidmäßigen Feststellung der Rechte des Beschwerdeführers beruhenden, Auszahlung der Notstandshilfe verbunden wird. Die bloß faktische Einstellung der Zahlung der Notstandshilfe, die auch den Zweck verfolgt, ungerechtfertigte Überbezüge zu vermeiden (vgl. § 25 AlVG), ist - bezogen auf den Einstellungszeitpunkt - von einer ursprünglichen Ablehnung eines Anspruchs auf Notstandshilfe (vgl. § 47 Abs. 1 zweiter Satz AlVG), die ebenfalls keinem Vollzug zugänglich ist, nicht zu unterscheiden.

Auch die Abweisung des Antrages auf gänzliche Nachsicht der Einhaltung von Kontrollmeldungen ist keinem Vollzug zugänglich.

4. Mit dem, ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden Prüfungsbeschluss vom 5. Dezember 1998, Zl. B 622/98, hat der Verfassungsgerichtshof in Bezug auf den § 56 Abs. 1 AlVG, nach welchem die Berufung gegen einen Bescheid der regionalen Geschäftsstelle in Angelegenheiten des Arbeitslosengeldes keine aufschiebende Wirkung hat, ausgesprochen, dass auch im Bereich des Leistungsverfahrens der Arbeitslosenversicherung die Möglichkeit der Gewährung einer aufschiebenden Wirkung nicht generell ausgeschlossen werden kann. Einer aufschiebenden Wirkung zugänglich sind insbesondere Rechtsmittel gegen Bescheide, die - wie im vorliegenden Fall - Anträge auf Gewährung von Leistungen abweisen, "soweit nämlich Bindungswirkungen in anderen Zusammenhängen wie zB im Ausländerbeschäftigungs- oder im Aufenthaltsrecht in Betracht kommen."

Der vom Beschwerdeführer angesprochene Wegfall des Krankenversicherungsschutzes gemäß § 40 Abs. 1 AlVG ist nicht Folge einer vom angefochtenen Bescheid ausgehenden Tatbestandswirkung oder rechtlichen Bindungswirkung (vgl. hingegen Bescheide, die eine rechtskräftig zuerkannte Dauerleistung entziehen, wie z.B. nach § 99 Abs. 1 ASVG), sondern Folge des tatsächlichen Umstandes, dass der Beschwerdeführer keine Leistungen nach dem AlVG bezieht. Auch hier besteht - abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer vorübergehend Leistungen bezogen hat - kein Unterschied zur rechtlichen Position desjenigen, dessen Leistungsanspruch von Anfang als nicht berechtigt erachtet wurde.

Es ist daher an dem Grundsatz festzuhalten, dass für Bescheide, die nicht vollzogen werden können (und die keine sonstigen Rechtskraftwirkungen oder Tatbestandswirkungen entfalten), keine aufschiebende Wirkung gewährt werden kann. Wien, am 8. Juni 1999

Schlagworte

Darlegung der Gründe für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung Begründungspflicht Entscheidung über den Anspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:AW1997080092.A00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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