TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/18 G310 2172768-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.12.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.12.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G310 2172768-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Gaby WALTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, rumänischer Staatsangehöriger, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ) in 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2017, Zahl XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der aktuell XXXX-jährige Beschwerdeführer (BF) wurde in Österreich seit November 2015 insgesamt mehrmals wegen Gewalt- und Suchtgiftdelikten strafgerichtlich verurteilt. Zuletzt wurde er im Juni 2017 wegen Suchtgifthandels zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Im November 2016 wurde der BF fest- und anschließend in Untersuchungshaft genommen. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 17.07.2017 wurde dem BF die Möglichkeit gegeben, sich zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu äußern. Am 06.09.2017 wurde er vom BFA zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes einvernommen.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein siebenjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.). Das Aufenthaltsverbot wurde im Wesentlichen mit seiner strafgerichtlichen Delinquenz und der damit einhergehenden massiven Gefährdung der öffentlichen Sicherheit begründet.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des BF mit den Anträgen den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und das damit gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot aufzuheben, in eventu die Dauer des verhängten Aufenthaltsverbotes zu verringern, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen. Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass der BF seit 2007 (mit geringfügiger Unterbrechung) in Österreich gemeldet und die gesamte Dauer seines Aufenthaltes aufenthaltsberechtigt (Aufenthaltstitel für Familienangehörige und Anmeldebescheinigung) war. Der BF habe sich zunächst seiner Pflichtschulausbildung gewidmet und sei ab 2008 bei unterschiedlichen Firmen beschäftigt gewesen. Österreich sei unbestritten sein Lebensmittelpunkt, da sich im Bundesgebiet rechtmäßig die Eltern, die Großmutter, zwei Tanten und eine Nichte aufhalten. Zu Rumänien bestehen keine privaten und familiären Bezugspunkte. Es bedürfe einer Gesamtbeurteilung bzw. einer ausführlichen Interessensabwägung zwischen den privaten und den öffentlichen Interessen. Die Strafhaft habe beim BF zu großer Einsicht über das Unrechtbewusstsein seines Handelns geführt und könne von einer "positiv verwerteten Erkenntnis des Urteils gesprochen werden".

Nach Abschluss der Einvernahme am 06.09.2017 habe der zuständige Referent des BFA dem BF mitgeteilt, dass von aufenthaltsbeendeten Maßnahmen abgesehen und letztmalig eine Ermahnung erteilt werde und erscheine es nicht nachvollziehbar, dass mündlich etwas gänzlich Gegenteiliges zugesagt als schlussendlich per Bescheid ausgesprochen werde. Das verfügte Aufenthaltsverbot sei im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens unverhältnismäßig.

Die Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 09.10.2017 einlangten. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 16.10.2018 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung G302 abgenommen und der Gerichtsabteilung G310 zugewiesen (Einlangen in der Gerichtsabteilung: 05.11.2018).

Feststellungen:

Der BF wurde am XXXX im rumänischen XXXX geboren, ist rumänischer Staatsangehöriger und spricht rumänisch. Der BF hat auch Kenntnisse der deutschen Sprache. In seinem Herkunftsstaat besuchte er acht Jahre die Grundschule.

Im Jahr 2007 übersiedelte der damals minderjährige BF mit seiner Familie nach Österreich. Mit XXXX.2007 wurde die Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet vorgenommen. Am 23.01.2007 wurde dem BF eine Anmeldebescheinigung (Familienangehöriger) ausgestellt. Der BF besuchte in Österreich ein Jahr einen polytechnischen Lehrgang und ein Jahr die Vorbereitungsklasse, XXXX, an der privaten Fachschule für wirtschaftliche Berufe der XXXX.

Der BF weist in Österreich die folgenden rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen auf:

01) LG XXXX XXXX vom XXXX.2015 (RK XXXX.2015)

§ 15 StGB § 83 (1) StGB

§107 (1, 2) StGB

§ 125 StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX.2015

Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX XXXX vom XXXX.2017

02) BG XXXX XXXX vom XXXX.2016 (RK XXXX.2017)

§ 27 (1) Z 1 2. Fall (2) SMG

§ 27 (1) Z 1 2. Fall SMG

Datum der (letzten) Tat XXXX.2015

Keine Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf LG XXXX XXXX (RK XXXX.2015)

03) LG XXXX XXXX vom XXXX.2017 (RK XXXX.2017)

§§ 28a (1) 5. Fall, 28a (4) Z 3 SMG

§§ 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG

§§ 28a (1) 2. Fall, 28a (4) Z 3 SMG § 12. 2. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX.2016

Freiheitsstrafe 3 Jahre und 10 Monate

Festgestellt wird, dass der BF die mit den oben genannten Urteilen festgestellten strafbaren Handlungen begangen und das in den Urteilen jeweils näher umschriebene strafbare Verhalten gesetzt hat.

Von XXXX.2009 bis XXXX.2009 wurde der BF in Untersuchungshaft angehalten. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 10.03.2010, XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des teils versuchten teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch teils im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 2. Fall und 15 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB - unter Anwendung der §§ 28, 29 StGB und § 5 Z 4 JGG - unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren - zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Diese Verurteilung ist bereits getilgt und scheint im Strafregister der Republik Österreich nicht mehr auf (§ 2 Abs 2 iVm § 3 Abs 1 Z 1 Tilgungsgesetz 1972). Der Verurteilung liegt zugrunde, dass der BF im Oktober 2009 gemeinsam mit seinen Komplizen als Mitglied einer kriminellen Vereinigung eine Vielzahl von Einbruchsdiebstählen begangen hat, indem sie sich durch Aufzwängen bzw. Aufbrechen von Fenstern und Türen Zugang in die Objekte verschafften und teilweise innerhalb der Objekte Behältnisse (Tresor, Handkasse, Geldwechselautomaten) aufbrachen. Neben Bargeld nahmen die Täter den Verfügungsberechtigten auch Schmuck, Zigarettenpackungen, Getränke und Feuerzeuge weg, wobei Diebesgut in einem EUR 3.000,00 übersteigenden Wert erbeutet wurde. Zusätzlich beging der BF im Oktober 2009 eine - nicht im Zusammenhang mit der Einbruchsserie stehende - Sachbeschädigung.

Mit Schreiben des BFA vom 14.01.2016 wurde dem BF mitgeteilt, dass aufgrund der Verurteilung des Landesgerichtes XXXX vom 11.11.2015 ein Aufenthaltsverbot möglich, jedoch von diesem abgesehen werde.

Mit dem oben zuletzt genannten Urteil des XXXX, XXXX, vom 13.06.2017, wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG teils als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG und den Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, Abs. 2 SMG - unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB - gemäß § 28a Abs. 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Überdies wurde beim BF ein Betrag iHv EUR 105.000,- für verfallen erklärt, da er diesen Betrag durch den Verkauf von Suchtmittel erzielt hat.

Der BF konsumiert im Bundesgebiet seit einigen Jahren Cannabiskraut und andere Suchtgifte. Spätestens ab Herbst 2014 begann der BF bei dem ihm bereits seit Sommer 2013 bekannten Dealer/Lieferanten größere Mengen an Cannabiskraut zu kaufen, um dieses gewinnbringend weiter zu veräußern. Bis zu diesem Zeitpunkt kaufte der BF Suchtmittel lediglich zum Eigengebrauch. Ab Herbst 2014 beauftragte der BF die Mutter eines Bekannten mit der Abholung des Suchtgiftes in Slowenien, der Einfuhr nach Österreich und dem Weitertransport nach Graz. Auf diese Art und Weise bezog der BF im Zeitraum September 2014 bis Februar 2015 rund 8.000 Gramm Cannabiskraut und verkaufte davon zumindest 6.500 Gramm Cannabiskraut mit Gewinnaufschlägen an verschiedene Abnehmer weiter. Den Rest des Suchtgiftes konsumierte der BF selbst. Nach erfolgter Kündigung durch seinen Arbeitgeber Im Februar 2015 wurde der BF mit Suchtmittel im Auto angehalten und in der Folge von seinem Arbeitgeber gekündigt und kaufte der BF daraufhin eine Zeitlang nur für den Eigenbedarf Cannabiskraut. Anfang 2016 traf der BF seinen Komplizen und unterbreitete ihm das Angebot gemeinsam - in arbeitsteiligem Vorgehen - den Handel von Cannabiskraut zu beginnen, wobei der BF den Kontakt zum Lieferanten herstellte und der Komplize für die Kundenakquise zuständig war. Der BF und sein Komplize bestellten in weiterer Folge zwei- bis dreimal pro Woche Lieferungen und verwendeten (zur Verschleierung) Codewörter. Zwischen April und Ende Juli 2016 kauften der BF und sein Komplize zumindest 23.000 Gramm Cannabiskraut, wobei sie pro Lieferung bzw. Treffen rund ein Kilogramm Cannabiskraut von ihrem Lieferanten übernahmen. Zumindest 4.000 Gramm Cannabiskraut wurden vom BF und seinem Komplizen dabei von Slowenien nach Österreich eingeführt, wobei sie nicht bei jedem der grenzüberschreitenden Transporte anwesend waren, sondern teils Dritte zum Import des Suchtmittels ins Bundesgebiet bestimmten. Da der BF selbst keinen Führerschein besaß engagierte er für den Weg nach Slowenien bzw. bis zum Grenzübergang und zurück bzw. für die Zustellungen des Lieferanten mehrere Fahrer, die als Lohn Cannabiskraut oder Bargeld erhielten. Neben dem Cannabishandel, kauften der BF und sein Komplize auch mehrfach kleinere Mengen an Amphetamin, Kokain und MDMA-haltige Ecstasy-Tabletten von ihrem Lieferanten. Dieses Suchtgift war primär zum Eigenbedarf gedacht. Der BF und sein Komplize kauften insgesamt 23.000 Gramm Cannabiskraut und verkauften rund 22.000 Gramm davon mit Gewinn weiter.

Konkret liegt der Verurteilung zugrunde, dass der BF mit seinem (mit demselben Urteil abgeurteilten) Komplizen vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge nach Österreich einführte, indem er zwischen April und Ende Juli 2016 in XXXX und anderen Orten im Bundesgebiet zumindest 4.000 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 7,3% (292 Gramm Delta-9-THC in Reinsubstanz, 14,6 Grenzmengen) in Slowenien von einem Dritten bzw. dessen Komplizen übernahm und im Auto versteckt über die österreichische Grenze brachte, teils auch einen abgesondert verfolgten Mittäter dazu bestimmte (§ 12 zweiter Fall StGB), das Cannabiskraut mit dem Auto aus Slowenien zu holen und zwischen Anfang April und Ende Juli 2016 in XXXX zumindest 22.000 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 7,3% (1.500 Gramm Delta-9-THC in Reinsubstanz, 80 Grenzmengen), das sie zuvor von einem Dritten gekauft hatten, gewinnbringend an zehn bekannte Abnehmer sowie an eine Vielzahl unbekannter Abnehmer verkauften. Weiters liegt der Verurteilung zugrunde, dass der BF alleine zwischen September 2014 und Februar 2015 in XXXX und anderen Orten des Bundesgebietes die abgesondert verfolgte Mutter eines Bekannten dazu bestimmte zumindest 8.000 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 7,3% (580 Gramm Delta-9-THC in Reinsubstanz, 29 Grenzmengen) von seinem Lieferanten bzw. dessen Komplizen in Slowenien zu übernehmen, in ihrem Auto versteckt über die österreichische Grenze zu bringen und ihm zu übergeben. Der BF hat vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er und sein Komplize zwischen Anfang April und Ende Juli 2016 in XXXX zumindest 22.000 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 7,3% (1.500 Gramm Delta-9-THC in Reinsubstanz, 80 Grenzmengen), das sie zuvor von ihrem Lieferanten gekauft hatten, gewinnbringend an zehn bekannte Abnehmer sowie an eine Vielzahl unbekannter Abnehmer. Außerdem hat der BF alleine zwischen Juni 2013 und Mai 2015 in Graz zumindest 6.500 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 7,3 % (470 Gramm Delta-9-THC in Reinsubstanz, 23,5 Grenzmengen) an unbekannte Abnehmer verkauft. Zwischen 25.05.2015 und November 2016 hat der BF unbekannte - über die oben genannten Mengen - hinausgehende Mengen an Delta-9-THC-haltigem Cannabiskraut sowie zumindest zehn Gramm Kokain, zehn MDMA-haltige Ecstasy Tabletten und geringe Mengen an Amphetamin zum ausschließlich persönlichen Gebrauch (Konsum) besessen.

Als mildernd wurden das umfassende und reumütige Geständnis, das wesentlich zur Wahrheitsforschung beitrug und der Umstand, dass der BF überdies auch einen Beitrag dazu leistete, dass eine abgesondert verfolgte Komplizin des Verbrechens des Suchtgifthandels überführt werden konnte, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen mit mehreren Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz, das durch eine einschlägige Vorstrafe belastete Vorleben und die Tatbegehung während offener Probezeit und während anhängig gewesenen Strafverfahrens XXXXdes BG XXXX gewertet. Überdies war im Rahmen der Strafbemessung der pönalisierende Charakter des ausgesprochenen Verfalls zu berücksichtigen.

Der BF befindet sich seit XXXX.2016 in Untersuchungs- bzw. Strafhaft, die derzeit in der Justizanstalt XXXX vollzogen wird. Das urteilsmäßige Haftende ist der XXXX.2020. Eine bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe wurde nicht ausgesprochen.

Der BF konsumiert seit einigen Jahren (Delta-9-THC-haltiges) Cannabiskraut und andere Suchtgifte. Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Der BF ist alleinstehend, für keine Person im Bundesgebiet sorgepflichtig und pflegt im Übrigen normale soziale Kontakte. Im Bundesgebiet leben die Eltern, die Großmutter, Tanten und eine Nichte des BF. Ein gemeinsamer Haushalt zwischen dem BF und seinen Verwandten besteht nicht. Es konnte weder ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis noch ein besonderes Naheverhältnis zwischen dem volljährigen BF und seinen (erwachsenen) Verwandten festgestellt werden.

Der BF verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Er verfügt über kein Vermögen und keine Schulden und war vor seiner Inhaftierung im November 2016 beschäftigungslos. Der BF war seit Oktober 2008 mehrmals (teils geringfügig) bei verschiedenen Arbeitgebern erwerbstätig. Die Beschäftigungsverhältnisse des BF dauerten zwischen 1 Tag und 20 Monaten. Zuletzt war der BF von 01.02.2016 bis 29.06.2016 als Arbeiter erwerbstätig. Davor bezog er von 26.11.2015 bis 09.11.2016 Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe bzw. von 28.03.2015 bis 25.11.2015 Arbeitslosengeld. Vor Bezug des Arbeitslosengeldes wurde der nach 20 Monaten bei demselben Arbeitgeber am XXXX.2015 gekündigt, da er mit Drogen in seinem Auto betreten wurde.

Weitere wesentliche familiäre oder soziale Bindungen des BF in Österreich können nicht festgestellt werden, ebenso wenig eine berufliche oder gesellschaftliche Integration.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG. Entscheidungswesentliche Widersprüche bestehen nicht.

Die Feststellungen zur Identität des BF und zu seinen persönlichen und finanziellen Verhältnissen beruhen auf seinen Angaben vor der belangten Behörde und den entsprechenden Feststellungen im vorliegenden Strafurteil vom 13.06.2017.

Die Sprachkenntnisse des BF folgen aus seiner Herkunft und Staatsangehörigkeit sowie aus dem Schulbesuch in Rumänien und Österreich, der in der Einvernahme vom 06.09.2017 (AS 89), plausibel und nachvollziehbar geschildert wird. Auch konnte die Einvernahme des BF vor dem BFA problemlos in deutscher Sprache ohne Beiziehung eines Dolmetschers durchgeführt werden.

Der seit 2007 angegebene Aufenthalt des BF im Bundesgebiet wird durch durchgehende Hauptwohnsitzmeldungen seit damals und die vorgelegte Schulbesuchsbestätigung für das Schuljahr 2007/08 (AS 77) untermauert. Die Anmeldebescheinigung geht aus dem Zentralen Fremdenregister hervor.

Die festgestellten familiären Verhältnisse des BF stimmen mit den Angaben in seiner Stellungnahme und vor dem BFA sowie mit den Feststellungen im Strafurteil überein.

Insoweit der BF in der Beschwerde ergänzende Ausführungen zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen und Lebensumständen tätigte, so waren diese glaubhaft und konnten als Sachverhalt festgestellt werden.

Anhaltspunkte für ein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis des BF zu seinen erwachsenen Verwandten liegen nicht vor, zumal zumindest seit XXXX kein gemeinsamer Haushalt mehr bestand und der BF sich - urteilsmäßig - noch bis Mitte XXXX in Haft befindet. Der fehlende enge Kontakt lässt sich auch daraus schließen, dass der BF keine näheren Angaben zu seinem Verhältnis zu seiner Familie und machte und lediglich angab, dass sie sich (rechtmäßig) im Bundesgebiet aufhalten. Der BF machte keine konkreten Angaben zur Häufigkeit und Intensität des Kontaktes zu seinen Verwandten und legte auch keine Unterlagen vor.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF und die zugrundeliegenden strafbaren Handlungen ergeben sich aus der Einsicht in das Strafregister. Die der letzten Verurteilung zugrundeliegenden Handlungen sowie die Strafzumessungsgründe können anhand des vorliegenden Strafurteiles festgestellt werden. Aus letzterem ergibt sich - übereinstimmend mit den Wohnsitzmeldungen des BF in Justizanstalten - auch die Anhaltung in Strafhaft.

Die bereits getilgte und daher nicht mehr im Strafregister aufscheinende Verurteilung konnte anhand des im Akt erliegenden Urteiles des Landesgerichtes XXXX (AS 105 ff) festgestellt werden. Die Anhaltung in Untersuchungshaft im XXXX 2009 ergibt sich aus der Vorhaftanrechnung gemäß dem Strafurteil (AS 110).

Die Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit und zum Gesundheitszustand des BF beruhen darauf, dass keine Hinweise auf gesundheitliche Einschränkungen hervorgekommen sind. Die Feststellung, dass der BF Suchtmittel konsumiert, beruht auf dem Strafurteil vom 13.06.2017. Eine Gewöhnung an Suchtgift konnte nicht festgestellt werden. Der Konsum von Suchtmittel stellt per se keine Gesundheitsschädigung dar, die auf mangelnde Arbeitsfähigkeit schließen lässt.

Die Feststellung zur Anhaltung des BF in Untersuchungs- bzw. Strafhaft ergibt sich aus den unzweifelhaften Eintragungen im Strafregister der Republik Österreich und im Zentralen Melderegister

(ZMR).

Aus dem Versicherungsdatenauszug ergeben sich die festgestellten Beschäftigungszeiten des BF im Inland. Die fehlende Berufsausbildung ergibt sich aus seinen Angaben im Strafverfahren und im Administrativverfahren sowie den Feststellungen im Strafurteil vom 13.06.2017.

Das Verfahren hat keine Anhaltspunkte für eine über die Feststellungen hinausgehende Integration oder Anbindung des BF in Österreich ergeben.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Der BF ist Staatsangehöriger von Rumänien und somit als Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union EWR-Bürger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (so etwa, wenn der EWR-Bürger zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist [Abs. 3 Z 1]), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei kann zur Begründung einer Gefährdung auch das einer bereits getilgten Verurteilung zugrundeliegende Verhalten herangezogen werden (Hinweis E 22. Mai 2013, 2013/18/0074) (VwGH 20.08.2013, 2013/22/0113).

§ 67 FPG setzt Art. 28 der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG; vgl § 2 Abs 4 Z 18 FPG) um. Art. 28 der Freizügigkeitsrichtlinie - "Schutz vor Ausweisung" - lautet:

"(1) Bevor der Aufnahmemitgliedstaat eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt, berücksichtigt er insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat.

(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.

(3) Gegen Unionsbürger darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, wenn sie

a) ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben oder

b) minderjährig sind, es sei denn, die Ausweisung ist zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist."

Nach dem 24. Erwägungsgrund der Freizügigkeitsrichtlinie soll der Schutz vor Ausweisung in dem Maße zunehmen, wie Unionsbürger und ihre Familienangehörigen in den Aufnahmemitgliedstaat stärker integriert sind.

Bei Unionsbürgern, die nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Daueraufenthaltsrecht iSd § 53a NAG und Art. 16 Freizügigkeitsrichtlinie erworben haben, ist nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots der in Art. 28 Abs. 2 Freizügigkeitsrichtlinie und § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Maßstab - der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FPG angesiedelt ist - heranzuziehen (VwGH 19.05.2015, Ra 2014/21/0057). Ein Aufenthaltsverbot gegen Personen, denen das Recht auf Daueraufenthalt zukommt, setzt demnach voraus, dass ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Art. 28 Abs. 3 lit a der Freizügigkeitsrichtlinie dahin auszulegen, dass der darin vorgesehene Schutz vor Ausweisung an die Voraussetzung geknüpft ist, dass der Betroffene über ein Recht auf Daueraufenthalt iSd Art. 16 und Art. 28 Abs. 2 dieser RL verfügt (vgl. EuGH 17.04.2018, [verbundene Rechtssachen] C-316/16, B gegen Land Baden-Württemberg, und C-424/16, Secretary of State for the Home Department gegen Franco Vomero, RN 96).

Die zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit werden nach Art. 28 Abs. 3 der Freizügigkeitsrichtlinie "von den Mitgliedstaaten festgelegt". Den Mitgliedstaaten steht es frei, Straftaten wie die in Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV angeführten (also Terrorismus, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, Geldwäsche, Korruption, Fälschung von Zahlungsmitteln, Computerkriminalität und organisierte Kriminalität) als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet sind, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, und die damit unter den Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit fallen können, mit denen gemäß Art. 28 Abs. 3 der Freizügigkeitsrichtlinie eine Ausweisungsverfügung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung solcher Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist. Das zuständige nationale Gericht hat anhand der spezifischen Werte der Rechtsordnung des Mitgliedstaats, dem es angehört, festzustellen, ob die vom Fremden verübten Straftaten die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar bedrohen und damit eine Ausweisungsverfügung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung solcher Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist (vgl. EuGH 22.05.2012, C-348/09, P.I. gegen Oberbürgermeisterin der Stadt Remscheid, RN 28 ff).

Der auch in Art. 83 Abs. 1 AEUV angeführte illegale Drogenhandel ist als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet ist, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, und kann damit unter den Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit fallen, mit denen nach der Freizügigkeitsrichtlinie eine Ausweisung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung besonders schwerwiegende Merkmale aufweist. Dies ist aufgrund einer individuellen Prüfung des konkreten Falls zu klären. Auch Straftaten, die die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar bedrohen, führen nicht zwangsläufig zur Ausweisung des Betroffenen. Eine Ausweisungsverfügung setzt voraus, dass das persönliche Verhalten des Betroffenen eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Im Allgemeinen muss daher eine Neigung des Betroffenen bestehen, sein Verhalten in Zukunft beizubehalten (EuGH 22.05.2012, Rs C-348/09).

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, zu berücksichtigen.

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs. 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Da die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch den Verbleib des BF im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde und daher der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG erfüllt ist, kann dahingestellt bleiben, ob es durch den Vollzug der mehrjährigen Freiheitsstrafe (seit November 2016) zum Abreißen der hier geknüpften Integrationsbande und damit zur Unterbrechung seines inzwischen bereits knapp über zehnjährigen Aufenthalts gekommen ist bzw. ob der BF bereits über ein Recht zum Daueraufenthalt (Aufenthalt seit 2007, erstmalig straffällig bereits 2009) verfügt (vgl EuGH 17.04.2018, C-316/16 und C-424/16).

Die Erfüllung des Gefährdungsmaßstabs des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG ergibt sich aus der hohen Sozialschädlichkeit des Verhaltens des BF, zumal er sich weder durch bedingte Freiheitsstrafen (8 Monate im Jahr 2009, 6 Monate im Jahr 2015) noch dem Verspüren des Haftübels durch die Anhaltung in Untersuchungshaft (XXXX 2009) noch durch die offene Probezeit gemäß Urteil des LGS XXXX vom 11.11.2015 von der Begehung weiterer Straftaten abhalten ließ, sondern sogar während anhängigem Strafverfahren (beim BG XXXX) über einen längeren Zeitraum weiter delinquierte und neben dem sozialschädlichen Verkauf von Suchtmittel an eine Vielzahl von Abnehmer zuletzt auch Suchtmittel von Slowenien nach Österreich einführte bzw. Dritte damit beauftragte und das Suchtgift in Österreich gewinnbringend verkaufte. Seine beträchtliche kriminelle Energie zeigt sich schon daran, dass er trotz seines jungen Alters mit seinem Lieferanten seit 2013 bekannt ist bzw. "in einer Geschäftsbeziehung" steht, er seinem Komplizen den Vorschlag zum Suchtmittelhandel machte und den Kontakt zum Lieferanten herstellte sowie dem Umstand, dass er Dritte mit der Einfuhr des Suchtmittels beauftragte und diese für ihre Dienste teilweise mit Suchtmittel bezahlte. Die professionelle Vorgehensweise des BF und seiner Komplizen zeigt sich auch in der Verwendung von Codewörtern bei der Abwicklung der Geschäfte (Strafurteil vom 13.06.2017, Seite 7).

Nach der Rechtsprechung des VwGH handelt es sich bei Suchtgiftdelinquenz um ein besonders verpöntes Fehlverhalten, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist (vgl VwGH 01.03.2018, Ra 2018/19/0014), zumal es sich bei Delikten iSd § 28a SMG, auf denen die letzte Verurteilung des BF beruht, um qualifizierte Formen der Suchtgiftdelinquenz handelt.

Aufgrund der Steigerung der strafrechtlichen Verhaltens des BF, des raschen Rückfalls nach einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorverurteilung während offener Probezeit und der Wirkungslosigkeit der bisherigen strafrechtlichen Sanktionen und der Androhung fremdenpolizeilicher Maßnahmen im Jänner 2016 sowie des eigenen Suchtmittelmissbrauches des BF in Zusammenschau mit dem nicht vorhandenen stabilen sozialen und finanziellen Umfeld des BF, ist davon auszugehen, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde und ein Aufenthaltsverbot aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit notwendig ist.

Die nunmehr in der Beschwerde bekundete Reue führt nicht zu einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit, zumal der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (siehe z.B. VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Er wird den Wegfall der durch seine strafgerichtlichen Verurteilungen indizierten Gefährlichkeit erst durch einen längeren Zeitraum des Wohlverhaltens in Freiheit nach dem Strafvollzug unter Beweis stellen müssen.

Es ist angesichts der Wirkungslosigkeit der bisherigen Sanktionen und der raschen Rückfälle konkret zu befürchten, dass der BF sein sozialschädliches Verhalten in Zukunft beibehalten wird. Dabei ist auch die bei Suchtmitteldelinquenz generell hohe Wiederholungsgefahr zu berücksichtigen. Aufgrund des Fehlens einer abgeschlossenen Ausbildung und dem Umstand, dass der BF zuletzt im Februar 2015 für knapp ein Monat erwerbstätig war, besteht nach seiner Haftentlassung eine signifikante Gefahr neuerlicher Arbeitslosigkeit und damit verbundener finanzieller Schwierigkeiten, was ebenfalls befürchten lässt, dass er sich in Freiheit wieder zu Gewalt-, Vermögens- oder Suchtgiftdelikten hinreißen lassen wird, zumal keine Anhaltspunkte für eine Stabilisierung seiner Einkommenssituation nach dem Strafvollzug vorliegen.

Die Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, ist angesichts der massiven negativen Konsequenzen des Konsums illegaler Drogen ein Grundinteresse der Gesellschaft, insbesondere zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung. Das gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot ist daher zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit und der Rechte und Freiheiten anderer dringend geboten. Aufgrund des persönlichen Verhaltens des BF, das zuletzt die Verhängung einer unbedingten Freiheitstrafe notwendig machte in Zusammenschau mit dem Umstand, dass eine bedingte Entlassung des BF nach Verbüßung der Hälfte des Freiheitsstrafe gemäß § 46 Abs. 1 StGB im Oktober 2018 nicht erfolgte, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots unerlässlich, zumal dem BF die Gefährlichkeit von Suchtgift aufgrund seiner Vorverurteilung wegen eines SMG-Delikts und des eigenen (jahrelangen) Konsums daran bekannt sein musste. Dennoch hat der BF nicht nur weiter gegen die Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes verstoßen, sondern zusätzlich Dritte zur Tatbegehung bestimmt und diese überdies mit Suchtmittel bezahlt. Der BF wurde zuletzt wegen zunehmend schwerwiegenderer Delikte während offener Probezeit verurteilt, weshalb diese Maßnahme angesichts der Schwere seiner Verstöße gegen österreichische Rechtsnormen und seiner Gefährlichkeit zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend notwendig ist.

Das Aufenthaltsverbot greift in das Privat- und Familienleben des BF ein. Bei der nach § 9 BFA-VG gebotenen Interessensabwägung sind neben seinem langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet, wo er einen Teil seiner Jugend verbrachte, auch die Beziehungen zu seinen in Österreich lebenden nahen Verwandten (Eltern, Großmutter, Tanten und Nichte), die zum Teil hier absolvierte Schulausbildung, die im Inland geknüpften Freundschaften und die - bereits länger zurückliegende - Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen. Das daraus resultierende erhebliche Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich wird allerdings dadurch relativiert, dass er zumindest seit seiner Inhaftierung nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt mit seinen Verwandten zusammenlebte und ab 2009 wiederholt straffällig wurde. Die Kontakte zu seinen Verwandten sind durch den Strafvollzug ohnehin eingeschränkt. Der BF ist der deutschen Sprache zwar mächtig, verfügt aber weder über einen Bildungsabschluss noch über eine Berufsausbildung und war mit Ausnahme eines knapp ein Monat dauernden Beschäftigungsverhältnisses zuletzt im Februar 2015 erwerbstätig. Dem Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich steht das Fehlen der strafgerichtlichen Unbescholtenheit und das große öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von (grenzüberschreitenden) Suchtgiftdelikten wie den vom BF begangenen, gegenüber.

Es bestehen auch noch Bindungen des BF zu seinem Herkunftsstaat. Er hat dort zwar keine nahen Bezugspersonen, lebte aber bis zu seinem 15. Lebensjahr in Rumänien, kennt die Gepflogenheiten, absolvierte dort den überwiegenden Teil seiner Schulbildung und spricht die übliche Sprache. Es wird ihm daher ohne unüberwindliche Probleme möglich sein, sich wieder in die dortige Gesellschaft zu integrieren, auch wenn er seit 2007 nicht mehr in Rumänien lebte.

Unter Bedachtnahme auf Art und Schwere der Straftaten des BF und auf das Persönlichkeitsbild, das sich daraus ergibt, insbesondere der Steigerung seiner kriminellen Energie und der Wirkungslosigkeit der bisherigen Sanktionen, überwiegt trotz der starken Verankerung des BF in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung sein persönliches Interesse an einem Verbleib. Allfällige damit verbundene Schwierigkeiten bei der Gestaltung seiner Lebensverhältnisse sind im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Verhinderung des (grenzüberschreitenden) Suchtgifthandels hinzunehmen. Es ist dem volljährigen BF zumutbar, während der Dauer des Aufenthaltsverbots die Kontakte zu seinen Eltern, den Tanten und der Nichte und zu in Österreich lebenden Freunden durch Besuche in Rumänien, Treffen in anderen Staaten, Telefonate und andere Kommunikationsmittel (Internet, E-Mail) zu pflegen.

Es bedarf in Hinblick auf die schwerwiegende Delinquenz des BF eines angemessenen Zeitraumes der Beobachtung seines Wohlverhaltens, um sicherzustellen, dass er im Bundesgebiet keine Straftaten mehr begehen wird. Aufgrund seiner Gewalt- und Suchtmitteldelinquenz, der zuletzt über ihn verhängten mehrjährigen Haftstrafe, der großen Wiederholungsgefahr, die mit (gewerbsmäßiger) gewinnorientierter Suchtgiftkriminalität, dem eigenen Suchtgiftkonsum des BF und seiner aufgrund fehlender Ausbildung und länger zurückliegenden Berufstätigkeit schlechten Beschäftigungschancen verbunden ist, und Delinquenz während anhängigem Strafverfahrens und innerhalb offener Probezeit kommt unter Berücksichtigung der Wirkungslosigkeit der bisherigen Sanktionen in einer Gesamtbetrachtung unter Bedachtnahme auf die in § 67 Abs. 1 FPG iVm § 9 BFA-VG und Art. 28 Abs. 1 RL 2004/38/EG festgelegten Kriterien weder eine Aufhebung des Aufenthaltsverbots noch eine Reduktion der Dauer in Betracht, zumal dem BF vom BFA schon Anfang 2016 die Erlassung eines Aufenthaltsverbots angekündigt wurde und er trotzdem bis zu seiner Festnahme im November 2016 weiter delinquierte. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots von weniger als sieben Jahren ist vor allem angesichts der Gefahren von gemeinschaftlich organisiertem grenzüberschreitenden Suchtgifthandel trotz der privaten und familiären Anknüpfungspunkte des BF nicht möglich. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.

Der guten Ordnung halber ist festzuhalten, dass aus der Ankündigung des zuständigen Organwalters am Ende der Einvernahme am 06.09.2017 kein Recht des BF auf Absehen von einem Aufenthaltsverbot bzw. Nichterlassung des Aufenthaltsverbotes ableitbar ist.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ist vor diesem gesetzlichen Hintergrund nicht zu beanstanden, da - trotz der negativen Gefährdungsprognose und der massiven Wiederholungsgefahr in Bezug auf Suchtmitteldelinquenz des BF - nicht davon ausgegangen werden kann, dass er in diesem kurzen Zeitraum unmittelbar nach Verbüßung einer längeren Haftstrafe gleich wieder ein Verhalten setzen wird, das die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

§ 21 Abs. 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung, und zwar selbst dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Eine Beschwerdeverhandlung muss daher nur dann durchgeführt werden, wenn ein entscheidungswesentlicher Sachverhalt klärungsbedürftig ist. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt zwar der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen wie hier, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (vgl. VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).

Da hier der Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt erscheint und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine Herabsetzung oder gar ein Entfall des Aufenthaltsverbots möglich wäre, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal von der Richtigkeit der ergänzenden Tatsachenbehauptungen des BF ausgegangen wird bzw. auch bei deren Zutreffen keine andere, für ihn günstigere Entscheidung möglich wäre.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung ist im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0033). Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose (VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0022; 20.10.2016, Ra 2016/21/0284). Die Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG dabei an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, EU-Bürger, öffentliche Interessen,
strafrechtliche Verurteilung, Suchtmitteldelikt, Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G310.2172768.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten