TE Bvwg Beschluss 2018/12/20 W226 2211093-1

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Veröffentlicht am 20.12.2018
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Entscheidungsdatum

20.12.2018

Norm

AsylG 2005 §57
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W226 2211093-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2018, Zl. 1130768101-181099310, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein und wurde am 16.11.2018 wegen Verdachtes der Begehung von "Schwarzarbeit" gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG festgenommen.

Am 16.11.2018 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers betreffend Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. Erlassung der Schubhaft. Der Beschwerdeführer führte aus, russischer Staatsbürger zu sein, er habe auch einen Reisepass, dieser befindet sich bei seinen Effekten. Auf die Frage, ob er ein Visum bzw. einen Aufenthaltstitel oder sonst irgendein Aufenthaltsrecht für Österreich oder die EU besitze, führte der Beschwerdeführer aus, in Polen subsidiär schutzberechtigt zu sein.

In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer mit Treffermeldungen aus Eurodac konfrontiert, er führte dazu aus, seit dem Jahr XXXX subsidiären Schutz in Polen zu haben, er habe weitere Asylanträge gestellt, etwa in Belgien und Deutschland, darüber hinaus auch in Österreich.

Zum geführten Asylverfahren in Österreich führte der Beschwerdeführer aus, dass er die Entscheidung hier nicht abgewartet habe, er sei zuvor "freiwillig nach Russland ausgereist". Der Beschwerdeführer schilderte einen Aufenthalt in Tschetschenien für neun Monate, dort habe er nicht mehr Fuß fassen können, er sei ja als Kind ausgereist und habe sein ganzes Leben immer in Europa verbracht.

Derzeit befinde er sich seit einem halben Jahr in Österreich, er sei aber in dieser Zeit oft nach Polen gependelt. Er werde finanziell auch von Freunden unterstützt und der Vater schicke ihm Geld aus Tschetschenien.

Zu seiner illegalen Tätigkeit im Bundesgebiet befragt, vermeinte der Beschwerdeführer, dass ihm ein Freund diese Stelle vermittelt habe, auf seinem polnischen Ausweis stehe "freier Zugang zum Arbeitsmarkt" und habe er nicht gewusst, dass sich das nur auf Polen beziehe, der Firmenchef habe gesagt, er dürfe in Österreich arbeiten.

Der Beschwerdeführer führte aus, als Kind nach Polen gekommen zu sein, seine Eltern hätten in Polen auch gearbeitet, seien unlängst aber wieder nach Russland zurückgekehrt.

Der Beschwerdeführer gab ausdrücklich an, in seine Abschiebung einzuwilligen, er werde sich der Abschiebung nicht widersetzen.

Gegen den Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge mit Bescheid vom 16.11.2018 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung erlassen.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 16.11.2018, Zl. 1130768101-181099310, erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG und erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.). Ferner wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.) und gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.).

Nur gegen Spruchpunkt III. (Einreiseverbot) erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Schubhaft wurde am XXXX aufgehoben, da der Beschwerdeführer am selben Tag freiwillig auf dem Luftweg nach Polen ausgereist ist, dies mit Unterstützung durch den "Verein Menschenrechte".

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 13.12.2018 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird der soeben dargelegte Verfahrensgang.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm 11, S 153). § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.

Ausführlich hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, (ebenso VwGH, 27.01.2015, Ro 2014/22/0087) mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es liegen die Voraussetzungen von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zusammengefasst dann vor, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht feststeht, insbesondere weil

1. die Behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat,

2. die Behörde zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat

3. konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde Ermittlungen unterließ, damit diese im Sinn einer "Delegierung" dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden oder

4. ähnlich schwerwiegende Ermittlungsmängel zu erkennen sind und

die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht - hier: das Bundesverwaltungsgericht - selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren erweist sich als grob mangelhaft. Wie dargestellt hat die belangte Behörde durch die Aussage des Beschwerdeführers und die vorliegenden Eurodac-Treffer sowie das vorangehende Asylverfahren Kenntnis davon erlangt, dass der Beschwerdeführer offensichtlich im Besitz einer polnischen Aufenthaltsberechtigung ist. Der Beschwerdeführer schildert, seit vielen Jahren subsidiär schutzberechtigt in Polen zu sein.

Der belangten Behörde muss auch bewusst sein, dass der Beschwerdeführer - wie von ihm selbst im Zuge der Einvernahme ausgeführt - im Bundesgebiet bereits internationalen Schutz beantragt hat. Auch diesem Verfahren (Zl. 1130768101-161295585) lag zugrunde, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers gem. § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen wurde, da der Beschwerdeführer bereits in Polen Schutz vor Verfolgung habe. Der Beschwerdeführer schildert darüber hinaus, dass er mit seinem eigenen Reisepass im Bundesgebiet aufhältig sei, aus welchem sich wiederum der Aufenthalt in Polen an sich ableiten lassen müsste, diesbezüglich hat die belangte Behörde jedoch nicht einmal Kopien des Dokumentes angefertigt und sich somit mit der Frage des Aufenthaltsrechtes des Beschwerdeführers in Polen nicht mehr weiter befasst.

Unzweifelhaft gibt es auch betreffend den Beschwerdeführer eine Vielzahl von vorangehenden Asylverfahren, die in mehreren Staaten der Europäischen Union geführt wurden und die jeweils damit endeten, dass der Beschwerdeführer freiwillig nach Polen zurückgekehrt ist, diesbezüglich hat die belangte Behörde keine weiteren Feststellungen getroffen.

Dieses völlige Ignorieren der Angaben des Beschwerdeführers führt jedoch zu einer weitgehenden Mangelhaftigkeit des behördlichen Verfahrens, wobei folgendes auszuführen ist:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der in der behördlichen Entscheidung nicht berücksichtigte § 52 Abs. 6 FPG vor dem Hintergrund von Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 2008/115/EG zu lesen ist. Dort wird angeordnet, dass ein nicht rechtmäßig auf haltiger Drittstaatsangehöriger mit einem Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates zunächst zu verpflichten ist, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben. Nur wenn dieser Verpflichtung nicht entsprochen wird, hat es zu einer Rückkehrentscheidung zu kommen. Demnach bedarf es also vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung einer "Verpflichtung" des Drittstaatsangehörigen, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben (vgl. VwGH vom 10.04.2014, 2013/22/0310 und VwGH vom 21.12.2017, 2017/21/0234). Die Frage der "Unverzüglichkeit" stellt sich dann in Bezug auf die Zeitspanne, die seit Ausspruch der Verpflichtung ergangen ist. Wird ihr "unverzüglich" entsprochen, hat eine Rückkehrentscheidung zu unterbleiben, andernfalls ist sie zu verhängen.

Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen betreffend die Person des Beschwerdeführers greifen demzufolge zu kurz, zumal sich die belangte Behörde eingehender mit der Frage zu befassen gehabt hätte, ob dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht in Polen zukommt oder nicht. Ohne genaue Kenntnis davon, ob dem Beschwerdeführer somit tatsächlich ein Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedsstaates (im konkreten Fall: Polen) zukommt oder nicht, war es der belangten Behörde nicht möglich, zu beurteilen, ob ein Vorgehen gemäß § 52 Abs. 6 FPG geboten ist, oder ob sofort eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist.

Da somit die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht ausreichend geprüft sind und das erlassene - und einzig bekämpfte - Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 FPG nur gemeinsam mit einer bestehenden Rückkehrentscheidung erlassen werden kann, erweist sich die Behebung der angefochtenen Entscheidung als unumgänglich (zu einem gleichgelagerten Fall vgl. auch BVwG vom 23.07.2018, GZ I412 2200816-1/3E, weiters vom 01.08.2018, W163 2006039-2/19E und vom 02.08.2018, W103 2201512-1/2E).

Die belangte Behörde wird sich somit umfassend Kenntnis vom allenfalls bestehenden Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers in einem Mitgliedsstaat, nämlich Polen, zu verschaffen haben.

Wenn die Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt sehr unzureichend festgestellt hat, indem sie keine für die Entscheidung in der Sache brauchbaren Ermittlungsergebnisse geliefert hat (vgl. VwGH, 20.10.2015, Ra 2015/09/0088; VwGH, 23.02.2017, Ra 2016/09/0103 und VwGH, 28.03.2017, Ro 2016/09/0009), ist eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG zulässig.

Die Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst besteht aber nicht nur dann, wenn der maßgebliche Sachverhalt (schon) feststeht (§ 28 Abs 2 Z 1 VwGVG), sondern auch dann, wenn dessen Feststellung durch das VwG selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 28 Abs 2 Z 2 VwGVG) (VwGH, 30.03.2017, Ro 2015/03/0036).

Vom Bundesverwaltungsgericht wird entsprechend auch nicht verkannt, dass die österreichische Rechtsordnung der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte eindeutig den Vorrang gibt und eine kassatorische Entscheidung nur unter den engen Rahmenbedingungen der vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Rahmenbedingungen zu § 28 Abs. 3 VwGVG möglich ist. Der VwGH hat betont, dass mit dem (engen) Verständnis der Ausnahmen von der den VwG grundsätzlich zukommenden Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache selbst der der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 insofern zu Grunde gelegten normsetzerischen Zielsetzung entsprochen wurde, einen Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung vorzunehmen (vgl insbesondere VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063). Hintergrund dieses Systems ist der (aus Gründen der Rechtssicherheit nachvollziehbare) Wunsch nach einer Verfahrensbeschleunigung, welcher gerade in sensiblen Verfahren wie im Bereich des Asylrechts hohe Bedeutung zukommt. So wird vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, dass etwa die Einholung eines Sachverständigengutachtens generell nicht eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG rechtfertigt; im "Interesse der Raschheit" sei dieses vom Verwaltungsgericht einzuholen (vgl. zuletzt VwGH, 22.03.2018, Ra 2017/01/0287).

Sind lediglich ergänzende Ermittlungen vorzunehmen, liegt die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das VwG im Interesse der Raschheit iSd § 28 Abs 2 Z 2 erster Fall VwGVG, zumal diesbezüglich nicht lediglich auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen ist (VwGH, 22.06.2017, Ra 2017/20/0011). Nur mit dieser Sichtweise kann ein dem Ausbau des Rechtsschutzes im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung Rechnung tragendes Ergebnis erzielt werden, führt doch die mit der verwaltungsgerichtlichen Kassation einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines neuerlichen Rechtszugs gegen die abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung an ein VwG insgesamt zu einer Verfahrensverlängerung (vgl VwGH, 26.04.2016, Ro 2015/03/0038).

Auch die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung stellt für sich genommen keinen Grund für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG dar (VwGH, 26.04.2016, Ro 2015/03/0038). Dasselbe gilt für das Erfordernis ergänzender Einvernahmen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung (VwGH, 22.06.2016, Ra 2016/03/0027, mwN).

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes liegt im vorliegenden Fall eine meritorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes aber nicht im "Interesse der Raschheit" bzw. der Verfahrensbeschleunigung. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, legte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass eine Verhandlung unterbleiben kann, wenn die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt hat und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilt. Dies ist gegenständlich unmöglich, da die Verwaltungsbehörde schlichtweg keine eindeutigen Feststellungen und keine Beweiswürdigung zu einem möglichen Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers in Polen vorgenommen hat. Durch diese Vorgehensweise zwingt die belangte Behörde das Bundesverwaltungsgericht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung und delegiert somit die Ermittlungstätigkeit. Die Notwendigkeit der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht würde - wie oben ausgeführt - generell noch nicht dazu führen, dass von einer Sachentscheidung abgesehen werden kann. Allerdings kann die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall aber nicht im Interesse der Verfahrensbeschleunigung liegen.

Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens wäre daher im gegenständlichen Fall nicht als Ergänzung anzusehen, sondern würde nun anstelle der belangten Behörde das Bundesverwaltungsgericht als Erstbehörde ermitteln. Eine solche Vorgehensweise kann nicht im Sinne des Gesetzes und v.a. auch nicht im Sinne der intendierten Verfahrensbeschleunigung liegen kann. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit nicht gegeben.

Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid der belangten Behörde gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen, wobei erneut festzuhalten ist, dass die belangte Behörde erkennbar in einer Vielzahl von Verfahren die Bestimmung des § 52 Abs. 6 FPG nicht anwendet und demzufolge auch keine Recherchen und Feststellungen zu einem zu prüfenden Aufenthaltsrecht in einem anderen Mitgliedstaat tätigt.

Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren Ermittlungen und Feststellungen zum Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers in Polen anstellen und sich beweiswürdigend und rechtlich damit auseinanderzusetzen haben.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W226.2211093.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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