Entscheidungsdatum
27.12.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W205 2107228-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2015, Zl. 1049153707/140329525-EAST Ost, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gelangte illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 28.12.2014 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.
Zu seiner Person liegen folgende EURODAC-Treffermeldungen vor: Zu Bulgarien betreffend eine erkennungsdienstliche Behandlung vom 23.09.2014 (Kategorie 2) sowie betreffend eine Asylantragstellung (Kategorie 1) vom 25.11.2014.
Im Verlauf seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 29.12.2014 gab der Beschwerdeführer an, er leide an keinen Beschwerden oder Krankheiten, die ihn an dieser Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen könnten. Zur Reiseroute gab er an, er habe seinen Herkunftsstaat vor ca. drei Monaten legal per Flugzeug in Richtung Iran verlassen und sei damals mit Unterstützung von Schleppern und teils selbstständig über die Länder Türkei, Bulgarien, Serbien und Ungarn bis nach Österreich gereist. Während seiner Reise sei er in Bulgarien von den Behörden aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden, einen Asylantrag habe er in Bulgarien aber nicht gestellt. Über Vorhalt der Asylantragstellung in Bulgarien gab er an, dass er in Bulgarien zwar Schriftstücke erhalten habe, die er unterschreiben habe müssen, der Inhalt sei ihm aber nicht bekannt. Ihm sei von einem Asylantrag gar nichts bekannt. Zu Familienangehörigen im Hoheitsbereich der Mitgliedstaaten befragt gab er an, er kenne den Begriff EU nicht, aber seine Schwester M. lebe in Österreich. In Bulgarien habe er sich mehrere Wochen oder Monate aufgehalten, genau könne er es nicht sagen. Die Lage dort sei sehr schlecht, man werde dort von der Polizei misshandelt. Er wolle in Österreich bleiben, weil da auch schon seine Schwester lebe.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 28.01.2015 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien. Bulgarien stimmte diesem mit Schreiben vom 11.02.2015 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zu und teilte die vom Beschwerdeführer in Bulgarien angegebene Identität (die im Spruch dieses Erkenntnisses angeführte Alias-Identität) mit.
Mit Schreiben vom 16.02.2015, teilte der Beschwerdeführer mit, dass seine Schwester M. und ihr Ehegatte in Österreich aufenthaltsberechtigt seien und hier an einer näher angeführten Adresse in S. leben würden.
Am 12.03.2015 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA nach erfolgter Rechtsberatung in Beisein eines Rechtsberaters. In dieser legte der Beschwerdeführer neben Dokumenten aus dem Herkunftsstaat zu seinen Fluchtgründen und Unterlagen zu Schwester und Schwager folgende medizinischen Unterlagen vor:
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Überweisung einer Fachärztin für Augenheilkunde und Optometrie an den FA für Neurologie vom 17.02.2015 mit dem Ersuchen "MRT, KO erbeten, Rechts blind R-blind, Cat. Compl. nach Trauma" sowie ein Rezept dieser Ärztin für Augentropfen und Augengel.
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Befund eines FA für Psychiatrie und Neurologie vom 02.03.2015, in dem ausgeführt ist, "im NS keine sensomotorischen Defizite erhebbar, Pyramidenzeichen neg., kein Hinweis auf zerebrale Läsion; Diagnose posttraumatische Belastungsreaktion, Spannungskopfschmerz; Therapie Deanxit (erg: Kombinationspräparat zwischen einem Antidepressivum und Neuroleptikum), Saroten (erg: trizyklisches Antidepressivum)".
Zu seinem momentanen Gesundheitszustand befragt gab er an, er habe Depressionen und Schlafstörungen, starke Kopfschmerzen hätte er immer, während dieser Kopfschmerzen hätte er große Schmerzen beim rechten Auge. Er mache eine Therapie mit den Medikamenten und sei beim Arzt gewesen. Es seien jene Ärzte gewesen, von denen er die Unterlagen vorgelegt habe. Neben dem von diesen Ärzten verschriebenen Medikamenten nehme er Mefenam und Paracetamol gegen Kopfschmerzen.
Im Hoheitsbereich der Mitgliedstaaten lebten nur seine Schwester M. und deren Ehegatte, sein Schwager. Mit seiner Schwester könnte er zusammen in einem Haus leben, sie hätte Platz, sie könne ihn aber nur dann aufnehmen, wenn er Leistungen aus der Grundversorgung erhalte. Bisher hätten sie sich nur einmal persönlich getroffen, ansonsten hätten sie zwei bis dreimal pro Woche telefonischen Kontakt. Finanziell werde er von ihr nicht regelmäßig unterstützt. In Afghanistan habe er früher mit ihr unter einem Dach gelebt, nach ihrer Heirat habe sie mit ihrem Ehemann und ihren Kindern im selben Dorf aber in einem anderen Haus gelebt.
Über Vorhalt der Asylantragstellung in Bulgarien gab der Beschwerdeführer an: Es seien ihm Fingerabdrücke abgenommen worden, er habe aber keinen Asylantrag gestellt. Weil er keinen Asylantrag habe stellen wollen, sei er von den Polizisten geschlagen worden. Über Nachfrage, ob er die Schläge angezeigt habe, gab er an, nachdem er zwei Monate eingesperrt worden sei, habe er keine Möglichkeit gehabt, das anzuzeigen. Er sei am Kopf geschlagen worden, deshalb könne er am rechten Auge nicht sehen.
Über Vorhalt der Zuständigkeit Bulgariens und der erfolgten Zustimmung gab der Beschwerdeführer an: Er sei in Bulgarien geschlagen, unmenschlich behandelt und eingesperrt worden. Aus diesem Grund habe er jetzt Kopfschmerzen und Augenschmerzen könne nicht mehr gut sehen. Wenn er nochmal in Bulgarien auftauchen sollte, würde er für ein Jahr eingesperrt, so hätten es die Polizisten gesagt.
Beweise habe er für die Schläge nicht, die Medikamente nehme er aber aufgrund der Ereignisse, die in Bulgarien passiert seien.
Nach Übergabe der Länderfeststellungen (Stand: 05.12.2014) gab der Beschwerdeführer über Befragen an, er habe alles gesagt, was ihm wichtig erscheine.
Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme zu Bulgarien eingeräumt.
Mit Schreiben vom 23.03.2015 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme, in der er - zusammengefasst - vorbrachte, er stamme aus "Syrien" und habe "in den letzten Jahren bereits unter der Bürgerkriegssituation zu leiden" gehabt, er sei in Bulgarien nach seinem Aufgriff von der dortigen Polizei geschlagen, misshandelt und mit Gewalt zur Mitwirkung am Verfahren gezwungen worden, so insbesondere gegen seinen Willen zur Abgabe seiner Fingerabdrücke. Nach der Festnahme sei er zunächst in der Kälte frierend im Schnee gelassen, geschlagen, mit den Füßen getreten, eingeschüchtert und nach Erledigung der organisatorischen Abläufe für mehrere Tage in Haft genommen worden. Der Vollzug der Haft sei in einer schmutzigen Zelle, in der ein WC im Zimmer gewesen sei, wodurch es übel gestunken hätte, erfolgt. In weitere Folge sei der Beschwerdeführer aufgrund der schlechten hygienischen Bedingungen auch erkrankt und er habe erbrechen müssen. Die Behandlung sei äußerst menschenunwürdig gewesen, der Umgang mit ihm persönlich sei durch Feindlichkeit und Respektlosigkeit geprägt gewesen. Das Essen und das Wasser seien unbeschreiblich und ungenießbar gewesen. Insgesamt seien die Zustände katastrophal. Nach der Haft sei er in ein Flüchtlingslager verlegt worden, in dem er in einem Zelt untergebracht worden sei, nicht einmal eine warme Decke bekommen habe und sich -anstelle einer Heizung- mit anderen zum Wärmen ein Lagerfeuer habe machen müssen. Insgesamt sei die Situation schlimmer gewesen, "als in Syrien". Vor dem Hintergrund der UNHCR-Berichte des heurigen Jahres zur Situation von Schutzsuchenden in Bulgarien seien die Ausführungen des Beschwerdeführers nachvollziehbar. Auch wenn sich die Situation mittlerweile etwas verbessert haben möge (zu Beginn des Jahres sei ein absoluter Rückführungsstopp angeraten gewesen) und die Missstände im bulgarischen Asylverfahren und im Umgang mit Asylwerbern minimal und nur punktuell entschärft worden seien, würden dem bulgarischen Asylverfahren - näher angeführte - systemische Mängel anhaften. Die Empfehlung des UNHCR zu einer generellen Suspendierung der Dublin-Überstellungen nach Bulgarien vom Jänner 2014 sei mittlerweile zwar abgeschwächt worden, von einer grundlegenden Änderung der Einstellung der Beamten, wie im Falle der Schilderungen des Antragstellers, und einer nachhaltigen tiefgreifenden Verbesserung des Systems, sei allerdings nicht auszugehen. In Bezug auf die Grundversorgung mit Unterkunft und Verpflegung seien zwar Verbesserungen erzielt worden, inwiefern die Versorgung auf die einzelnen Gruppen von Asylwerbern abgestimmt sei, lasse sich den Beschreibungen allerdings nicht entnehmen. Die dem Antragsteller vorgestellten Mahlzeiten, sowie das angebotene Wasser zum Trinken seien in einer Qualität und Form gewesen, die einer angemessenen Verpflegung, die Asylwerbern zustehe, nicht gerecht würden. Es ergebe sich aus den Länderfeststellungen auch nicht, welche konkreten Rechtsschutzmöglichkeiten ein Asylwerber bei Übergriffen von Sicherheitskräften habe und wie effektiv sich diese gestalten würden. Der Antragsteller sei in erniedrigender Weise behandelt, misshandelt, unter schlimmsten Umständen untergebracht und mit Zwang zur Teilnahme an Verfahrensschritten und Maßnahmen genötigt worden. Zudem bestehe ein Mangel an Dolmetschern für "Arabisch", was die Situation einmal mehr erschwere, insbesondere im vorliegenden Fall, da der Antragsteller keiner anderen Sprache mächtig sei.
Das Asylsystem Bulgariens sei essenziell von Leistungen von NGO¿s, privater Unterstützung und sonstigen unterstützenden Organisationen abhängig, die Betroffenen würden regelmäßig in ausweglose Situationen geraten. Das gesamte Asylsystem sei nicht auf die bestehende Anzahl von Asylwerbern und Schutzberechtigten ausgelegt, wobei ein Abriss des Flüchtlingsstroms in nächster Zeit nicht zu erwarten sein werde. Es bleibe zu hoffen, dass sich die Situation bald ändere. In Zusammenfassung werde die Behörde ersucht, im vorliegenden Fall vom Selbsteintrittsrechts Gebrauch zu machen.
Am 26.03.1018 wurde der Beschwerdeführer einer Untersuchung für eine gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren unterzogen. In ihrem Gutachten vom 31.03.2015 kam die begutachtende Ärztin für Allgemeinmedizin, für psychosomatische und psychotherapeutische Medizin und Psychotherapeutin nach der Eigenanamnese, wobei bei der Eigenanamnese die Beeinträchtigung des rechten Auges des Beschwerdeführers als Folge einer Verletzung des Auges des Antragstellers als Kind angegeben wurde, der Darstellung der medizinischen Vorgeschichte unter Einbeziehung der vom Beschwerdeführer im Verfahren bereits vorgelegten medizinischen Befunde sowie den subjektiven Beschwerden des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer an folgender belastungsabhängigen krankheitswertigen psychischen Störung leide:
"Milde Anpassungsstörung-F 43.2", sonstige psychische Krankheitssymptome würden keine vorliegen. In der Schlussfolgerung führt die Ärztin an: "Zum Zeitpunkt der Befundaufnahme finden sich rel. milde Symptome einer Anpassungsstörung F.43.2. Getrübte Stimmung, in den neg. SKB verschobener Affekt bei Fehlen traumatypischer Symptome, bei erhaltener Auffassung und eher einfach strukturierter Persönlichkeit. Die Anpassungsstörung vermutlich als Reaktion auf die Flucht, die allgemein schwierige Lage des AW und Heimweh mit Sehnsucht nach den Kindern. Dies nachvollziehbar. Zur Zeit der Befundaufnahme keine suizidale Einengung. Die Diagnose erfolgt symptom-und kriterienorientiert nach ICD-10 in Anlehnung an das AMDP-System unter Einbeziehung der aktuellen Forschungsergebnisse der Psychotraumatologie."
Therapeutische oder medizinische Maßnahmen wären - so die gutachterliche Stellungnahme weiter- keine anzuraten, auf die Frage, welche Auswirkungen eine Überstellung auf den psychischen oder physischen Zustand des Beschwerdeführers hätte, ist im Gutachten ausgeführt: "Eine vorübergehende Verschlechterung kann nicht sicher ausgeschlossen werden, eine akute Suizidalität besteht zum Zeitpunkt der Befundaufnahme nicht."
Die gutachterliche Stellungnahme wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben des BFA vom 03.04.2015 zum Parteiengehör übermittelt, er gab hierzu keine Stellungnahme ab.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Das BFA traf Länderfeststellungen zur Lage in Bulgarien und führte aus, dass kein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Partei ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, im Verfahren erstattet worden sei. Zugrunde gelegt wurde, dass der Beschwerdeführer an Depressionen, Schlafstörungen, an Augenschmerzen (Katarakt) sowie Kopfschmerzen leide, weswegen er medikamentös behandelt werde. Es sei PTSD und Spannungskopfschmerz diagnostiziert worden, weswegen er ebenfalls medikamentös behandelt würde, weiters leide er an einer milden Anpassungsstörung. Es könne nicht festgestellt werden, dass im Beschwerdefall sonstige schwere psychische Störungen oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen würden. Als familiäre Anknüpfungspunkte wurde seine volljährige Schwester und deren Ehegatte angeführt, mit diesen bestünde-so die Bescheidbegründung weiter -kein gemeinsamer Haushalt und es habe ein solcher auch bisher nicht bestanden. Zu diesen Angehörigen bestehe weder ein finanzielles noch ein sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Zu Bulgarien wurde - zusammengefasst - ausgeführt, dass die Situation dort unionsrechtlichen Vorgaben entspreche. Dem Vorbringen, der Beschwerdeführer sei in Bulgarien unmenschlich behandelt und von der Polizei am Kopf geschlagen worden, wurde entgegnet, diese Angaben seien jedenfalls nicht geeignet, die "Integrität Bulgariens in Zweifel zu ziehen". Sollte es tatsächlich zu den vom Beschwerdeführer behaupteten Misshandlungen durch die bulgarische Polizei gekommen sein, so stellte dies ein Fehlverhalten von Einzelpersonen dar, das dem Staat nicht zurechenbar und somit auch nicht geeignet sei, eine Verletzung durch Art. 3 EMRK gewährleistete Rechte aufzuzeigen. Der Beschwerdeführer habe auch nicht behauptet, wegen der Vorfälle Anzeige erstattet oder versucht zu haben, diese Vorfälle bei den staatlichen Behörden zur Anzeige zu bringen. Übergriffe von einzelnen Beamten, die sicher zu verurteilen seien, würden für sich allein betrachtet nicht ausreichen, um eine konkrete Verletzung von durch Art. 3 EMRK geschützten Rechten zu bewirken.
Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 05.05.2015 persönlich ausgefolgt.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholte. Er führt an, er sei in Bulgarien schwer misshandelt worden, weshalb er "mit dem rechten Auge nicht mehr sehen kann. Er ist am Kopf geschlagen worden und dann für längere Zeit eingesperrt" worden, in Bezug auf dieses Ereignis müsse der Beschwerdeführer gegen Depressionen, Kopfschmerzen und Augenschmerzen bestimmte Medikamente einnehmen.
Es bestünden Mängel in Bulgarien, obwohl es im Jänner 2014 einen Aufruf des UNHCR gegeben habe, Überstellungen im Rahmen der Dublin VO nach Bulgarien zu stoppen, komme die belangte Behörde zur Ansicht, dass in Bulgarien nunmehr alles menschenrechtskonform sei. Die Behörde habe keine Einzelfallprüfung vorgenommen, sie sei auf das konkrete Vorbringen des Beschwerdeführers nicht eingegangen und habe die vom Beschwerdeführer angegebenen Vorfälle überhaupt nicht untersucht. Verwiesen wird auf die Empfehlung des Menschenrechtskommissars des Europarates vom 20.12.2013 ("Syrian refugees: a neglected human crisis in Europe"), von Überstellungen in Mitgliedstaaten abzusehen, deren Asylsysteme überfordert seien, die Beschwerde verweist weiters auf systemische Mängel in Bulgarien, Ungarn und Italien. Eine Abschiebung "sowohl nach Ungarn als auch nach Bulgarien" stelle eine Verletzung von Art. 3 EMRK dar, Österreich müsse die Zuständigkeit zur Führung des Verfahrens anerkennen.
4. Mit hg. Beschluss vom 20.05.2015 wurde der Beschwerde gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
5. Im Zuge des Verfahrens wurden ua. Folgende Unterlagen vorgelegt:
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Bericht einer österreichischen Augenklinik vom 24.08.2015, aus dem eine Amaurose (erg: Blindheit) am rechten Auge wegen eines Traumas "vor 4 Jahren" sowie ein Glaukom, hervorgehen, als Therapie werden die Verabreichung handelsüblicher Arzneien sowie Untersuchungen für das linke Auge (der Sehbahn und zum Ausschluss eines Tumors) empfohlen.
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Aktualisierte Antworten auf Fragen von UNHCR Deutschland iZm Überstellungen nach dem Dublinverfahren von UNHCR Bulgarien vom Juni 2015
6. Mit hg. Schreiben vom 28.05.2018 wurden dem Beschwerdeführer aktualisierte Feststellungen zur Lage in Bulgarien mit Stand vom 13.12.2017, zusammengestellt von der Staatendokumentation, übermittelt und ihm Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme abzugeben. Ausdrücklich wurde ihm auch die Gelegenheit eingeräumt, Zweckdienliches zur Frage der Beurteilung der Zuständigkeit Österreichs zur Behandlung seines Antrages auf internationalen Schutz vorzubringen, beispielsweise, ob sich an seiner persönlichen (privaten) Situation in Österreich bzw. allenfalls an seinem Gesundheitszustand seit Beschwerdeeinbringung gravierende Veränderungen ergeben hätten und allfällige damit im Zusammenhang stehende Beweismittel (Dokumente und Unterlagen in Original oder in Kopie) vorzulegen.
7. Mit Schreiben vom 17.06.2018 brachte der Beschwerdeführer vor, erstens ersuche er allenfalls im Hinblick auf die Vulnerabilität des Beschwerdeführers vom Selbsteintrittsrechts Österreichs aus humanitären Gründen Gebrauch zu machen. Der Beschwerdeführer sei ein Flüchtling aus Afghanistan, der aus konventionsrelevanten Gründen aus seiner Heimat habe flüchten müssen. Nach den tragischen Erlebnissen in seiner Heimat und der langen Flucht hat er nunmehr in Österreich Ruhe gefunden und große Anstrengungen gemacht, sich hier anzupassen. Ein Herausreißen aus der ihm nunmehr gewohnt gewordenen Umgebung, vier Jahre nach seiner Ankunft hier, und eine damit verbundene Retraumatisierung wäre unzumutbar. Zweitens werde festgestellt, dass die humanitären Verhältnisse in Bulgarien ungenügend seien und regelmäßig die in Art. 3 EMRK garantierten Rechte bedrohen würden. Dazu kämen notorisch mangelhafte Asylverfahren, was besonders für den Beschwerdeführer relevant sei, da er als Flüchtling aus Afghanistan mit asylrelevanten Fluchtgründen als besonders vulnerabel anzusehen sei. Insbesondere sei auf die Entscheidung des EuGH, C-79/13, zu verweisen, in dem festgestellt worden sei, dass Mitgliedstaaten verpflichtet seien, Asylwerbern eine staatliche Unterstützung zur Verfügung zu stellen, die ein menschenwürdiges Leben, Gesundheit und Lebensunterhalt decken müsse. Dies wäre für den Beschwerdeführer in Bulgarien jedenfalls nicht der Fall.
Eine Abschiebung des Antragstellers nach Bulgarien wäre auch nicht zumutbar im Hinblick auf die eklatante Gleichgültigkeit, die Bulgarien gegenüber den Flüchtlingen zeige, der Beschwerdeführer könne nicht erwarten, von Bulgarien Unterstützung irgendeiner Art zu erhalten. Auch die Länderberichte zeigten deutlich, dass Gewalttätigkeiten gegenüber Flüchtlingen in Bulgarien von den Behörden zumindest toleriert würden.
Drittens wäre eine Abschiebung des Antragstellers in Hinblick auf sein Privat- und Familienleben unzulässig. Der Beschwerdeführer habe sich in der Zeit seines Aufenthaltes bereits intensiv darum bemüht, die deutsche Sprache zu erlernen und habe soziale Kontakte geknüpft. Es werde daher um Zulassung der Führung des inhaltlichen Verfahrens ersucht.
Beigelegt wurden folgende Befürwortungsschreiben:
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Schreiben eines Yogalehrers, der darlegt, dass der Beschwerdeführer 2016 und 2017 regelmäßig am Deutschunterricht teilgenommen habe und sichtlich bemüht sei, die Sprache zu lernen. Der Beschwerdeführer sei in Bulgarien misshandelt worden und habe Angst, dorthin zurückgeschickt zu werden und lebe in der Ungewissheit, in Österreich aufgenommen zu werden; nach der Quartierverlegung habe er für kurze Zeit in einem Bauhof arbeiten können, der Beschwerdeführer sei ein ruhiger zurückgezogener Mann der unter der Familientrennung leide;
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Schreiben eines Vereins, in dem ausgeführt ist, der Beschwerdeführer habe mit besonderem Lerneifer am Deutschkurs und bei sportlichen und anderen Aktivitäten des Vereins teilgenommen, weiters sei er ehrenamtlich am Bauhof tätig gewesen.
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Teilnahmebestätigungen über die Teilnahme des Beschwerdeführers an Deutsch- bzw. Alphabetisierungskursen im Juli 2015 sowie Juli und November 2017.
8. Einer aktuellen ZMR-Auszug zufolge lebt der Beschwerdeführer seit April 2016 eschwerdeführer sen linverfahren von UNHCR BulgarienJuni 2015rnrates vom 20.12.2013 zur Überstellung von syrischen Flnicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit seiner erwachsenen Schwester und deren Ehegatten.
9. Mit Schreiben vom 19.09.2018 legte der Beschwerdeführer die Vollmacht eines neuen Beschwerdevertreters vor, eine inhaltliche Stellungnahme oder die Vorlage weitere Beweismittel erfolgte nicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer reiste aus einem Drittsatt kommend über Bulgarien illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein, stellte dort am 25.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz und begab sich - ohne das Verfahren dort abzuwarten - nach Österreich weiter, wo er am 28.12.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Das BFA richtete am 28.01.2015 ein Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien, welchem die bulgarischen Behörden mit am 11.02.2015 übermitteltem Schreiben auf Grundlage des Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zustimmten.
Aufgrund der dem Beschwerdeführer zum Parteiengehör übermittelten Länderfeststellungen werden folgende Feststellungen zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Bulgarien getroffen:
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 13.12.2017, Dublin . Charterüberstellungen (relevant für Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer und Abschnitt 7/Schutzberechtigte)
Im Zuge eines bilateralen Arbeitstreffens des BFA mit Bulgarien Ende November 2017 hat sich Bulgarien sehr kooperativ gezeigt und erklärt, dass aufgrund der derzeitigen Kapazitäten Charterüberstellungen nach Sofia weiterhin möglich wären. Der etablierte Prozess (individuelle Anfrage für ein bestimmtes Datum und Bestätigung durch BG) funktioniere gut (BFA 11.12.2017).
Zur Rücküberstellung von Personen mit aufrechtem Asylstatus bzw. subsidiärem Schutz in Bulgarien wurde nochmals betont, dass Schutzberechtigte dieselben Rechte wie bulgarische Staatsbürger genießen (bis auf die Teilnahme an Wahlen). Die Zuständigkeit zur Aufnahme ("Readmission") besteht bei der Direktion für Migration. Mit Ablauf des jeweiligen Aufenthaltstitels bzw. der jeweiligen Aufenthaltskarte geht der Schutzstatus der Person nicht automatisch unter. Die Person muss persönlich in Bulgarien einen Antrag auf Verlängerung stellen (BFA 11.12.2017).
Quellen:
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BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (11.12.2017):
Arbeitstreffen mit SAR, per E-Mail
2. Allgemeines zum Asylverfahren
Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR). Es existiert ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten:
(AIDA 2.2017; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)
99,8% der betretenen illegalen Migranten geben an, dass Bulgarien nicht ihr Zielland ist. Ende 2016 stieg die Quote der Antragsteller, die ihr Verfahren nicht zu Ende führen, auf 84%. 44% der Asylverfahren wurden eingestellt (discontinued) und 41% in Abwesenheit entschieden. Nur 15% der Asylwerber blieben lange genug im Land, um eine inhaltliche Entscheidung zu erhalten (AIDA 2.2017). Illegale Ausreise ist eine Straftat und kann zu Haftstrafen von über einem Jahr führen (AI 2.2017). In Bulgarien gab es 2017 bis 16.11.2017 3.334 Asylanträge (VB 22.11.2017).
Es gibt weiterhin Berichte über Gewalt gegen Migranten und Asylwerber durch Mitglieder ziviler "Bürgerwehren" und Beamte an den Landesgrenzen. Menschenrechtsorganisationen zufolge wendet Bulgarien Gewalt und sogenannte "Pushbacks" an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten. Dabei soll in hunderten Fällen vonseiten der Polizei und Grenzwache körperliche Gewalt zum Einsatz gekommen und die Migranten bisweilen auch beraubt und erniedrigend behandelt worden sein. Im November 2016 wurde im Zuge der Niederschlagung eines gewaltsamen Aufstandes im Unterbringungszentrum Harmanli von der Polizei angeblich übertriebene Gewalt angewendet. Im Juni 2016 wurden zwei Männer wegen versuchten Mordes angeklagt, die einen Asylwerber aus fremdenfeindlichen Motiven niedergestochen hatten (USDOS 3.3.2017; vgl. BHC 25.1.2017). Die Handlungen der zivilen "Bürgerwehren", welche Migranten an den Grenzen bis zum Eintreffen der Polizei festhielten und bisweilen auch misshandelten, wurden von Teilen von Politik und Gesellschaft zunächst begrüßt. Nach formellen Beschwerden von NGOs wurden einige Mitglieder dieser Gruppen verhaftet und das bulgarische Innenministerium rief dazu auf, von der eigenmächtigen Anhaltung von Migranten Abstand zu nehmen (AI 2.2017). Die NGO Ärzte ohne Grenzen (MSF) betreibt in Serbien eine mental health clinic. MSF berichtet, dass von den verletzten Minderjährigen, die sich zwischen Jänner und Juni 2017 an diese Klinik wandten, nach Eigenangaben der Betroffenen, 48% der Verletzungen auf verschiedene bulgarische Behörden zurückgingen und ihnen in den Grenzregionen, in Lagern, Polizeistationen, Hafteinrichtungen u.a. Einrichtungen beigebracht worden seien (MSF 3.10.2017). Einzelne Übergriffe von staatlichen Organen auf Migranten und Asylwerber in Bulgarien sind - wie überall - nicht völlig auszuschließen. Ein systematisches Vorgehen von Misshandlungen und/oder herabwürdigender Behandlung durch die bulgarischen Sicherheitskräfte besteht laut Einschätzung des BM.I-Verbindungsbeamten jedoch nicht. Das Disziplinarsystem innerhalb des Innenministeriums wird strikt ausgelegt, und die Täter hätten mit sofortiger Entlassung zu rechnen (VB 31.1.2017). Asylwerber und Schutzberechtigte haben dieselben gesetzlichen Beschwerdemöglichkeiten wie bulgarische Staatsbürger. Sie können die Behörden informieren. Die Zuständigkeit ergibt sich aus dem Charakter der Beschwerde. Ansprechbar sind der Direktor der jeweiligen Institution; der Vorsitzende der SAR über den Direktor der jeweiligen territorialen SAR-Einheit oder über NGOs; UNHCR; das Bulgarische Rote Kreuz; das Bulgarische Helsinki Komitee und andere NGOs welche reguläre Vertreter bei den territorialen Einheiten der SAR haben; der Direktor des jeweiligen Unterbringungszentrums (VB 9.7.2015).
Quellen:
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AI - Amnesty International (2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bulgaria, https://www.ecoi.net/local_link/336454/479095_de.html, Zugriff 27.6.2017
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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017
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BHC - Bulgarian Helsinki Committee et al. (25.1.2017): Pushed Back at the Door. Denial of Access to Asylum in Eastern EU Member States, http://www.helsinki.hu/wp-content/uploads/pushed_back.pdf, Zugriff 29.6.2017
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MSF - Médecins Sans Frontières (3.10.2017): Serbia; Games of violence; Unaccompanied children and young people repeatedly abused by EU member state border authorities, https://ecoi3.ecoi.net/en/file/local/1410135/1226_1507125161_serbia-games-of-violence-3-10-17.pdf, Zugriff 24.11.2017
-
USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bulgaria, https://www.ecoi.net/local_link/337129/479890_de.html, Zugriff 27.6.2017
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VB des BM.I Bulgarien (9.7.2015): Auskunft SAR, per E-Mail
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VB des BM.I Bulgarien (31.1.2017): Bericht des VB, per E-Mail
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VB des BM.I Bulgarien (22.11.2017): Bericht des VB, per E-Mail
3. Dublin-Rückkehrer
Ein Verfahren ist zu suspendieren, wenn sich der Antragsteller diesem für mehr als zehn Arbeitstage entzieht oder seine Adresse ändert ohne dies zu melden. Nach weiteren drei Monaten des Nichterscheinens ist das Verfahren zu beenden (Act Art. 14f.; vgl. AIDA 2.2017; EASO 24.10.2017).
Wurde der zugrundeliegende Asylantrag bereits inhaltlich behandelt hat der Antragsteller ab Beendigung sechs Monate Zeit, triftige Gründe für sein Fernbleiben vorzubringen und somit das Verfahren wiederzueröffnen. Kann er keine triftigen Gründe vorbringen oder ist die 6-Monats-Frist verstrichen, kommt nur noch ein neuerlicher Asylantrag infrage, der jedoch neue Elemente enthalten muss um zulässig zu sein (Act Art. 77; vgl. AIDA 2.2017; EASO 24.10.2017).
Wurde der zugrundeliegende Asylantrag vor Beendigung noch nicht inhaltlich behandelt, ist das Verfahren im Falle einer Dublin-Rückkehr jedenfalls wiederzueröffnen und der Antrag inhaltlich zu behandeln (Act Art. 77; vgl. AIDA 2.2017; EASO 24.10.2017; VB 13.11.2017). Wenn in einem solchen Fall die 6-Monats-Frist verstrichen ist, kann der Rückkehrer einen erneuten Asylantrag stellen, welcher als Erstantrag gewertet wird (und nicht als Folgeantrag) (SAR 17.5.2016b).
Wurde der zugrundeliegende Asylantrag bereits rechtskräftig negativ entschieden, werden Schritte zur Außerlandesbringung des Rückkehrers gesetzt. Auch hier besteht die Möglichkeit einen neuen Asylantrag einzubringen, der jedoch neue Elemente enthalten muss um zulässig zu sein (EASO 24.10.2017; vgl. VB 13.11.2017).
Dublin-Rückkehrer haben bis zum Vorliegen einer inhaltlich rechtskräftigen Entscheidung dieselben Unterbringungsrechte wie andere Asylwerber und auch ihre Krankenversicherungen werden erneuert (EASO 24.10.2017).
Folgeantragsteller (außer Vulnerable) haben während der Zulässigkeitsprüfung ihres Folgeantrags (de jure 14 Tage) kein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe, Krankenversicherung/-versorgung und psychologische Hilfe (Act Art. 29 und 76b; vgl. AIDA 2.2017). Bei Antragstellern, deren suspendiertes Verfahren wiedereröffnet wird, weil es triftige Gründe für Ihr Fernbleiben gibt, ist laut Gesetz das Recht auf Krankenversicherung als fortdauernd (continuous) zu betrachten (Act Art. 29).
Bezüglich der Anschlussversorgung depressiver Dublin-Rückkehrer teilt SAR mit, dass bei vulnerablen Personen mit spezifischen Bedürfnissen, einschließlich Personen mit psychischen und psychiatrischen Problemen, deren spezifischer Zustand berücksichtigt wird. Gegenwärtig entsprechen das nationale System für internationalen Schutz in Bulgarien und die nationale Gesetzgebung im Bereich des Asyls der Gesetzgebung der EU mit sämtlichen Mindeststandards, einschließlich für die Aufnahmebedingungen. Als EU-Mitglied hält sich Bulgarien an die EU-Asylpolitik und -Gesetzgebung und folgt diesen sehr streng. Im Falle eines depressiven Dublin-Rückkehrers wird das Verfahren wieder aufgenommen und die Person hat alle in der Gesetzgebung vorgesehenen Rechte eines Asylwerbers, einschließlich das Recht auf psychologische Hilfe. Bei der Aufnahme einer Person mit speziellen Bedürfnissen werden Experten mit der jeweiligen medizinischen Qualifikation zugezogen und die betroffene Person wird von denen medizinisch, bzw. psychologisch betreut. Die Psychologen von SAR und die NGOs Zentrum "Nadya", IOM und das Bulgarische Rote Kreuz leisten selbstmordgefährdeten Dublin-Rückkehrer in Bulgarien Hilfe. Folgende Dienstleistungen werden angeboten: psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Beratung, individuelle Einschätzung des psychologischen Verhaltens, Erstellen von Zertifikaten für psychologische und psychisch-gesundheitliche Folgen eines Traumas (VB 20.6.2017a).
Quellen:
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Act - Asylum and Refugees Act (amend. 22.12.2015), per E-Mail
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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017
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EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.
Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail
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SAR - State Agency for Refugees with the Council of Ministers (17.5.2016b): Auskunft SAR, per E-Mail
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VB des BM.I Bulgarien (20.6.2017a): Auskunft SAR, per E-Mail
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VB des BM.I Bulgarien (13.11.2017): Auskunft SAR, per E-Mail
4. Non-Refoulement
Schutz vor Refoulement ist eine Erwägung in der Zulässigkeitsprüfung und unerlässlich für sichere Dritt- und Herkunftsstaaten (AIDA 2.2017).
Menschenrechtsorganisationen zufolge wendet Bulgarien Gewalt und sogenannte "pushbacks" an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten (USDOS 3.3.2017; vgl. BHC 25.1.2017).
Die Regierung garantiert einen gewissen Schutz vor Ausweisung oder Rückkehr von Migranten und Asylwerbern in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017
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BHC - Bulgarian Helsinki Committee et al. (25.1.2017): Pushed Back at the Door. Denial of Access to Asylum in Eastern EU Member States, http://www.helsinki.hu/wp-content/uploads/pushed_back.pdf, Zugriff 29.6.2017
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bulgaria, https://www.ecoi.net/local_link/337129/479890_de.html, Zugriff 27.6.2017
5. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable
Das bulgarische Asylgesetz definiert als vulnerable Gruppen: Kinder, Schwangere, Alte, alleinstehende Elternteile in Begleitung ihrer minderjährigen Kinder, Behinderte und Opfer schwerer Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt Die Gesetze sehen keine spezifischen Identifikationsmechanismen für Vulnerable vor, weswegen sich NGOs besorgt über den Mangel an Verfahrensgarantien für Vulnerable zeigen (AIDA 2.2017).
Im Gesetz ist eine medizinische Untersuchung vorgesehen um spezielle Bedürfnisse von Antragstellern festzustellen. Die genaue Prozedur dieses Identifikationsmechanismus ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern basiert auf internen Regulierungen. So ist schon seit Ende 2012 ein mit Mitteln des Europäischen Flüchtlingsfonds ko-finanzierter Fragebogen anzuwenden (PROTECT Questionnaire). Die regelmäßige praktische Umsetzung dieser Bestimmungen ist aber zweifelhaft. SAR selbst gibt an, dass die Identifizierung von Ärzten, Psychologen und NGO-Sozialarbeitern in den Zentren vorgenommen wird. Da aber eine der beiden beteiligten NGOs nicht mehr operativ ist, soll dies nicht mehr auf alle Zentren zutreffen. Meist wird die Untersuchung angeblich von Rechtsvertretern initiiert und die Kosten von NGOs getragen (HHC 5.2017).
Die Feststellung einer etwaigen Vulnerabilität wird vor der Registrierung durch Gruppenbefragungen vorgenommen. In der Praxis werden bestimmte Maßnahmen zur Sicherstellung der Medikation bzw. Ernährung bei bestimmten schweren chronischen Krankheiten gesetzt, z. B. Diabetes, Epilepsie, etc.) (AIDA 2.2017).
Bei Zweifeln an der Minderjährigkeit eines Antragstellers ist eine medizinische Altersfeststellung vorgesehen. Eine bestimmte Methode ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, Standardverfahren ist aber das Handwurzelröntgen. Im Zweifel ist die Minderjährigkeit anzunehmen. Sozialarbeiter haben in jedem Fall eine Einschätzung des besten Interesses des Minderjährigen abzugeben. Seit Oktober 2015 fungiert nach einer Gesetzesänderung ein Repräsentant der zuständigen lokalen Gemeinde als Vertreter von unbegleiteten Minderjährigen (UM). Dieser hat darauf zu achten, dass das beste Interesse des Kindes im Verfahren berücksichtigt wird, und er muss den UM in allen Arten von Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren vertreten bzw. dessen rechtliche Vertretung sicherstellen. Die Vertretung der UM durch Sozialarbeiter, die früher in der Praxis üblich (aber nach der Auffassung von NGOs nicht rechtskonform) war, wurde abgeschafft. Kritiker meinen aber, die neue Regelung wäre noch schlechter, da es den Gemeinden an geeignetem Personal mangle. Erst Ende 2016 rangen sich die zuständigen Gemeinden, auf deren Gebiet sich die Unterbringungszentren befinden, dazu durch pro Zentrum einen Vertreter zu benennen. Diese werden von NGOs als unerfahren und schlicht ungeeignet bezeichnet, außerdem sei ein Vertreter für UM pro Zentrum zu wenig. 2016 stellten in Bulgarien insgesamt 2.772 unbegleitete Minderjährige einen Asylantrag. Eine gesetzliche Neuregelung der Vormundschaft für UM unter Beteiligung der Zivilgesellschaft wird angestrebt (AIDA 2.2017).
Laut Gesetz ist Vulnerabilität nur bei der Unterbringung zu berücksichtigen. Aufgrund mangelnder Kapazitäten und schlechter Unterbringungsbedingungen, wird das in der Praxis aber selten umgesetzt. In den Unterbringungszentren existieren keine separaten Bereiche für Familien, alleinstehende Frauen, unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) oder Traumatisierte (zumindest nicht permanent) (EASO 2.2016; vgl. HHC 5.2017). Gemäß Ombudsmann mangelt es einigen Unterbringungszentren weiterhin an Infrastruktur für Behinderte (FRA 10.2017). Unbegleitete Minderjährige müssen bei Verwandten, in Pflegefamilien, Kinderheimen oder anderen für unbegleitete Minderjährige geeigneten Einrichtungen untergebracht werden. Laut Angaben der bulgarischen Behörden ist ein Unterbringungszentrum (70 Plätze) für die Unterbringung von UMA spezialisiert (EASO 2.2016). Nichtstaatlichen Quellen zufolge werden in der Praxis aber in allen Unterbringungszentren auch UM untergebracht, weswegen NGOs angeben, dass die sichere und angemessene Unterbringung von UM in Bulgarien nicht gewährleistet sei, nicht zuletzt wegen der fehlenden Trennung von erwachsenen Antragstellern. Minderjährige dürfen nur in Ausnahmefällen und in eigenen Bereichen geschlossen untergebracht werden (AIDA 2.2017).
2016 erhielten bis 28. September sechs unbegleitete Minderjährige einen Flüchtlingsstatus und sechs weitere einen humanitären Status. Es waren zu jeder Zeit geschätzte 150 UM in Unterbringungszentren untergebracht. Dem Ombudsmann zufolge umgehen die Behörden regelmäßig das Verbot UM alleine zu inhaftieren, indem sie sie als Verwandte anderer Personen oder Familien registrieren, wodurch immer wieder UM in Haftzentren für Erwachsene landen. Außerdem kritisiert der Ombudsmann, dass die Unterbringungszentren für Asylwerber nicht die Mindestanforderungen für die Unterbringung von UM erfüllen. Da spezifische Unterbringungseinrichtungen für UM fehlen, werden diese oft zusammen mit Erwachsenen und ohne angemessene Aufsicht untergebracht (USDOS 3.3.2016; vgl. AI 2.2017, AIDA 2.2017; FRA 4.2017).
Asylwerbende Minderjährige haben laut Gesetz ohne Altersbeschränkung Zugang zu Bildung, das umfasst Schulen und Berufsausbildung, analog zu bulgarischen Minderjährigen. In der Praxis gibt es gewisse Hindernisse bei der Einstufung der Minderjährigen. Im Zentrum Pastrogor haben Minderjährige keinen Zugang zu Bildung, da für diese entlegene Gegend keine Arrangements für ihren Schulbesuch getroffen wurden (AIDA 2.2017). Im Ort Harmanli kümmert sich ein örtlicher Lehrer seit einem Jahr um die Integration syrischer Minderjähriger, die an keiner anderen Schule akzeptiert wurden. Er veranstaltet folkloristische und ethnologische Veranstaltungen, um Toleranz und Respekt zu fördern. Die Toleranz im Ort für die Fremden wurde dadurch merklich erhöht. Das Council of Refugee Women in Bulgaria (CRWB) informierte weiterhin im Rahmen einer Aktion zur Bewusstseinsbildung und Vorurteilsbekämpfung bulgarische Schüler über die Situation von Asylwerbern (FRA 4.2017). NGOs bieten Kindern von Flüchtlingen weiterhin organisierte Freizeitaktivitäten, Sprachkurse und Hilfe bei den Hausübungen an (FRA 11.2017). Zu Beginn des neuen Schuljahres erhielten in den Zentren untergebrachte Schulkinder u.a. Schultaschen, Bücher und andere Schulartikel durch SAREF und andere Beteiligte (FRA 10.2017).
Das Council of Refugee Women in Bulgaria (CRWB) startete ein Projekt zur psychosozialen Unterstützung von Asylwerbern, speziell Frauen und Kindern, die Opfer von genderbasierter und anderer Gewalt wurden. Als Teil des Projektes wurden fünf neue Sozialmediatoren in die Unterbringungszentren entsendet. Das CRWB unterstützt das von der Communitas Foundation geführte "1000 Stipendien"-Projekt, ein Wettbewerb für Schüler aus bedürftigen Familien bzw. Kinder mit Behinderungen und Kinder unter internationalem Schutz. Seit 2017 richtet sich das Projekt auch an Asylwerber-Kinder in bulgarischen Schulen. CRWB feierte im März 2017 im Zentrum Vrazhdebna das iranische Neujahrsfest Nowruz, organisierte Workshops zum Internationalen Frauentag und sammelte ebenfalls im März Babynahrung für Asylwerber (FRA 4.2017).
Quellen:
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AI - Amnesty International (2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bulgaria, https://www.ecoi.net/local_link/336454/479095_de.html, Zugriff 27.6.2017
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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017
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EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix Report: Reception conditions, per E-Mail
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FRA - Fundamental Rights Agency (4.2017): Monthly data collection on the migration situation in the EU. April 2017 monthly report. 1-31 May 2017,
http://fra.europa.eu/en/theme/asylum-migra