TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/2 W209 2003565-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

02.01.2019

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W209 2003565-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch Dr. Rudolf SCHALLER, Rechtsanwalt in 7350 Oberpullendorf, gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vom 12.03.2013, GZ: II-Mag.Eis-Sch-13, betreffend Einbeziehung des XXXX in die Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG sowie Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit bekämpftem Bescheid vom 12.03.2013 bezog die Burgenländische Gebietskrankenkasse (im Folgenden die belangte Kasse) den ungarischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , für den Zeitraum von 08.05.2012 bis 09.05.2012 rückwirkend als Dienstnehmer des Beschwerdeführers in die Pflichtversicherung nach dem ASVG und nach dem AlVG ein und verpflichtete den Beschwerdeführer zur Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen in der Höhe von €

56,19. Begründend führte die belangte Kasse aus, dass im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei auf einer privaten Baustelle an der Adresse des Beschwerdeführers am 09.05.2012 gegen 15:05 Uhr vier ungarische Staatsangehörige betreten worden seien, ohne dass die Beschäftigung vor Arbeitsantritt dem zuständigen Krankenversicherungsträger gemeldet worden sei. Der Beschwerdeführer habe selbst eingeräumt, mit einem gewissen XXXX vereinbart zu haben, dass dieser vier Arbeiter besorge, die für € 60 pro Tag die vereinbarten Arbeiten durchführen. Weiters habe der Beschwerdeführer eingeräumt, dass er die Arbeiten täglich kontrolliert habe und auch Anweisungen bezüglich der durchzuführenden Arbeiten erteilt habe. Der Betretene habe gegenüber der Behörde angegeben, dass für die Tätigkeit ein Entgelt von sechs Euro pro Stunde vereinbart worden sei und es sich bei dem genannten XXXX nur um einen Dolmetscher gehandelt habe. Darüber hinaus habe er angegeben, dass das notwendige Baumaterial vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellt worden sei. Der zuständige ungarische Sozialversicherungsträger habe der Kasse mit Schreiben vom 21.06.2012 mitgeteilt, dass der Betretene in Ungarn als Selbstständiger zur Sozialversicherung gemeldet sei, für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum aber kein gültiges A1-Entsendeformulare verfüge. Dementsprechend sei davon auszugehen, dass der Betretene der Weisungsbefugnis des Beschwerdeführers unterlegen sei und die Tätigkeit in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt ausgeübt habe, sodass er als Dienstnehmer im Sinne des ASVG anzusehen sei. Die Berechnung der Beitragsgrundlage basiere auf dem im entsprechenden Kollektivvertrag für das Baugewerbe angegebenen Stundenlohn in Höhe von € 12,50 brutto unter Zugrundelegung einer 39-Stunden-Woche.

2. Mit Schriftsatz vom 11.04.2013 legte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter binnen offener Rechtsmittelfrist gegen den oben angeführten Bescheid Einspruch (nunmehr Beschwerde) ein, der im Wesentlichen damit begründet wird, dass der Beschwerdeführer mit besagtem XXXX , der sich als selbständiger Unternehmer vorgestellt habe, die Fertigstellung von Arbeiten auf der Baustelle des Beschwerdeführers vereinbart habe. Am vereinbarten Tag (09.05.2012) seien dann vier ungarisch sprechende Arbeiter, darunter der Betretene, auf der Baustelle erschienen. Diese hätten gegenüber dem Beschwerdeführer dargelegt, dass sie selbständige Unternehmer seien, und entsprechende Dokumente vorgezeigt. Der Beschwerdeführer habe keinen Grund gehabt, an den vorgelegten Dokumenten zu zweifeln, und sei daher davon ausgegangen, mit selbstständigen Unternehmern einen Werkvertrag zu schließen. Den im Verwaltungsverfahren getätigten Angaben des Beschwerdeführers sowie der Betretenen komme keine besondere Bedeutung zu, da diese auf Fangfragen basieren würden, die bewusst missverständlich formuliert seien und von den Befragten in ihrem tatsächlichen Gehalt gar nicht erfasst werden hätten können. Darüber hinaus sei es auch bei einem Werkvertrag so, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer sage, was zu tun sei, und werde das Werk nach Fertigstellung auf allfällige Mängel hin kontrolliert. Daraus könne kein Abhängigkeitsverhältnis abgeleitet werden. Darüber hinaus habe keine persönliche Arbeitspflicht bestanden. Es sei dem Beschwerdeführer, der die Arbeiter überhaupt nicht gekannt habe, vielmehr völlig egal gewesen, wer im Auftrag des XXXX die Werkleistungen erbringe. Des Weiteren sei vereinbarungsgemäß auch kein Werklohn fällig geworden, da die Fertigstellung des Werkes unterblieben sei. Zur herangezogenen Beitragsgrundlage wurde ausgeführt, dass die Betretenen lediglich Hilfstätigkeiten verrichtet hätten. Da die Baustelle dem beabsichtigten Betrieb einer Frühstückspension gedient habe, komme auch nur der entsprechende Kollektivvertrag (offenbar gemeint: für das Hotel- und Gastgewerbe) zur Anwendung. Somit hätte die belangte Kasse lediglich den Lohn einer ungelernten Hilfskraft für einen einzigen Arbeitstag als Grundlage für die Sozialversicherungsbeiträge heranziehen dürfen. Dadurch werde die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten, sodass keine Sozialversicherungspflicht bestehe.

3. Am 18.06.2013 einlangend legte die belangte Kasse den Einspruch unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Landeshauptmann für das Burgenland vor und legte in einer beigefügten Stellungnahme unter Verweis auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens noch einmal ihre Rechtsansicht dar, wonach es sich gegenständlich um ein der Vollversicherungspflicht nach dem ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht nach dem AlVG unterliegendes Dienstverhältnis handle.

4. Mit Bescheid des Landeshauptmanns für das Burgenland vom 28.06.2013 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf aufschiebende Wirkung des Einspruchs vom 11.04.2013 gegen den bekämpften Bescheid Folge gegeben und die Rechtswirksamkeit des Bescheides bis zur rechtskräftigen Entscheidung ausgesetzt.

5. Mit aufgetragener Stellungnahme vom 23.10.2013 bekräftigte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die seiner Ansicht nach fehlende persönliche Abhängigkeit und persönliche Arbeitspflicht seine Rechtsansicht, dass im gegenständlichen Fall - die Versicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG ausschließende - Werkverträge vorlägen.

6. In ihrer Stellungnahme zur aufgetragenen Stellungnahme vom 03.09.2013 verwies die belangte Kasse auf ihr bisheriges Vorbringen und verteidigte ihre Verfahrensführung, die vom Beschwerdeführer in der aufgetragenen Stellungnahme als inquisitorisch bezeichnet wurde.

7. Am 10.03.2014 einlangend legte der Landeshauptmann für das Burgenland, bei dem das Einspruchsverfahren seit 21.06.2013 anhängig war, die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo die gegenständliche Rechtssache aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses mit Wirkung vom 03.09.2018 der Gerichtsabteilung W209 neu zugewiesen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Bei einer am 09.05.2012 gegen 15:05 Uhr durchgeführten Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei wurden vier ungarische Staatsangehörige, darunter der am XXXX geborene XXXX , bei Pflasterungsarbeiten auf dem Privatgrundstück des Beschwerdeführers angetroffen, ohne vorher zur Pflichtversicherung gemeldet worden zu sein.

Der Beschwerdeführer beauftragte einen gewissen XXXX , der sich ihm als selbständiger Bauunternehmer vorstellte, mit der Fertigstellung der Arbeiten, da diese in Verzug geraten waren und dies der geplanten Eröffnung einer Frühstückspension entgegenstand.

Der Betretene war im beschwerdegegenständliche Zeitraum in Ungarn als Selbständiger zur Pflichtversicherung angemeldet und gemäß einer vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend ausgestellten Mitteilung gemäß § 373a Abs. 5 Z 2 GewO 1994 zur Ausübung des Baumeistergewerbes, eingeschränkt auf ausführende Maurermeistertätigkeiten berechtigt. Eine A1-Entsendebestätigung als Selbständiger liegt ab 22.05.2012 vor.

Der Betretene fing über Vermittlung des XXXX am 08.05.2012 gemeinsam mit drei weiteren ungarischen Staatsangehörigen gegen ca. 8:00 Uhr auf der beschwerdegegenständlichen Baustelle zu arbeiten an. Die Arbeiten dauerten täglich von 8:00 bis 16:00 Uhr und sollten bis 14.05.2012 dauern.

Mit dem Beschwerdeführer wurde ein Stundenlohn von sechs Euro vereinbart, wobei die Auszahlung bar erfolgen sollte. Zur Auszahlung kam es jedoch nicht mehr.

Ein Pauschalhonorar für die Arbeiten wurde nicht vereinbart.

Das Baumaterial wurde vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellt.

Die Arbeitsanweisungen erfolgten durch den Beschwerdeführer, der regelmäßig auf der Baustelle anwesend war und die Arbeiten kontrollierte.

2. Beweiswürdigung:

Die Betretung unter den oben angeführten Umständen steht auf Grund der Aktenlage als unstrittig fest.

Die Dauer der Beschäftigung ergibt sich aus den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers (in Punkt 1. und 2. seiner Stellungnahme vom 07.08.2012) und des betretenen XXXX (im Zuge dessen niederschriftlichen Einvernahme am 09.05.2012) sowie aus den von der belangten Kasse im Zuge des Verwaltungsverfahrens eingeholten schriftlichen Stellungnahmen der übrigen Betretenen.

Soweit der Beschwerdeführer später ausführt, dass die Arbeiten erst am 09.05.2012 begonnen hätten, widerspricht dies seinen im Zuge der Kontrolle getätigten Angaben. Letzteren kommt jedoch ein höherer Stellenwert zu, zumal es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass die bei der ersten Vernehmung gemachten Angaben, insbesondere wenn sie noch in einem unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit den relevanten Ereignis stehen, der Wahrheit entsprechen (s. Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 9).

Die Feststellungen zum vereinbarten Stundenlohn gründen auf den Angaben des Betretenen in der oben angeführten Niederschrift, die mit den Angaben der drei weiteren Betretenen übereinstimmen und vom Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Befragung am 09.05.2012 grundsätzlich bestätigt wurden, indem er einräumte, dass ein Arbeitslohn (von € 60 pro Tag) vereinbart worden sei.

Daraus folgt auch, dass für die zu verrichtenden Tätigkeiten kein Pauschalhonorar vereinbart wurde.

Dass der Beschwerdeführer die Arbeiten regelmäßig kontrolliert und das Baumaterial zur Verfügung gestellt hat, ergeht ebenfalls aus seinen niederschriftlichen Angaben am 09.05.2012.

Die Feststellungen zur Erteilung von Arbeitsanweisungen durch den Beschwerdeführer gründen auf den übereinstimmenden Angaben der Betretenen, denen der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Befragung zunächst gar nicht und später nur insofern entgegengetreten ist, als er darlegte, dass es sich hierbei lediglich um fachliche Anweisungen zur Konkretisierung des "Werkes" gehandelt hätte.

Die Feststellungen zur Anmeldung des Betretenen zur Sozialversicherung in Ungarn sowie zum Vorliegen einer A1-Entsendebestätigung ergeben sich aus einer entsprechenden Mitteilung des ungarischen Sozialversicherungsträgers vom 21.06.2012.

Die vorliegende Mitteilung gemäß § 373a Abs. 5 Z 2 GewO 1994 ist im Akt dokumentiert.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde mit 01.01.2014 (Art. 151 Abs. 51 Z 6 B-VG) das Bundesverwaltungsgericht (Art. 129 B-VG) eingerichtet.

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde, auf die Verwaltungsgerichte über. Im konkreten Fall ist somit die Zuständigkeit des Landeshauptmannes für das Burgenland, bei welchem das gegenständliche Verfahren mit Ablauf des 31. Dezember 2013 anhängig war, mit 1. Jänner 2014 auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.

Im vorliegenden Fall stellt die Frage der Versicherungspflicht die Hauptfrage dar und liegt somit eine Angelegenheit vor, die auf Antrag eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter begründet. Mangels Stellung eines entsprechenden Antrages hat die Entscheidung jedoch mittels Einzelrichter zu erfolgen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Im vorliegenden Fall kommen folgende maßgebenden Rechtsvorschriften zur Anwendung:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 35 Abs. 1 1. Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält (§ 49 ASVG).

Für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a ASVG).

Gemäß § 1 AlVG sind Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, (...) für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert) soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert sind oder Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeanstalt haben.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Die Beschwerde gegen die Einbeziehung des Betretenen in die (Voll-)Versicherungspflicht nach dem ASVG sowie in die Arbeitslosenversicherung nach dem AlVG erweist sich aus folgenden Gründen als unbegründet:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Durfte die Behörde von einem solchen Dienstverhältnis ausgehen, dann ergibt sich der Entgeltanspruch - sofern dieser nicht ohnehin in Kollektivverträgen oder Mindestlohntarifen geregelt ist - im Zweifel aus § 1152 ABGB (VwGH 27.04.2011, 2010/08/0091).

Der Betretene wurde im Zuge einer Kontrolle der Finanzpolizei zusammen mit drei weiteren ungarischen Staatsangehörigen bei einfachen Pflasterungsarbeiten auf einem im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstück angetroffen. Dabei handelt es sich zweifellos um eine Tätigkeit unter solchen Umständen, die im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung die Annahme eines entgeltlichen Dienstverhältnisses rechtfertigt, sofern nicht atypische Umstände gegen eine solche Deutung sprechen.

Anhaltspunkte für das Vorliegen derartiger, gegen das Vorliegen von entgeltlichen Dienstverhältnissen sprechenden Gründe liegen im gegenständlichen Fall nicht vor.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Tätigkeit sei auf Basis von Werkverträgen erfolgt, ist ihm zunächst entgegenzuhalten, dass das vereinbarte Bepflastern des Hofes und eines Weges zwar ein Werk im oben genannten Sinne darstellen kann. Den Feststellungen zufolge verpflichtete sich der Betretene jedoch, die Arbeiten gegen eine Entlohnung von sechs Euro pro Stunde durchzuführen, wobei er die Arbeitsanweisungen vom Beschwerdeführer erhielt. Bei der Erbringung einzelner manueller Beiträge zu einem Werk nimmt der VwGH in ständiger Rechtsprechung (vgl. VwGH 17.01.1995, 93/08/0092) an, dass deren Erbringung keine selbständige Herstellung eines Werkes als eine in sich geschlossene Leistung darstellt. Bei einer solchen Tätigkeit handelt es sich nicht um ein Endprodukt im genannten Sinn, sondern um laufend zu erbringende (Dienst)leistungen eines Erwerbstätigen, der - mag er sich für seine Arbeit auch eigener Betriebsmittel bedienen - über keine unternehmerische Organisation verfügt und letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponiert.

Aus einem solchen Erwerbstätigen wird auch dann kein selbständiger Erbringer von Werkleistungen, wenn die genannten Dienstleistungen gedanklich in einzelne zeitlich bzw. mengenmäßig bestimmte Abschnitte zerlegt und diese Abschnitte sodann zu "Werken" mit einer "gewährleistungstauglichen Leistungsverpflichtung" erklärt werden (VwGH 24.04.2014, 2013/08/0258, mwN; zu "atomisierten Werkverträgen" vgl. Mosler, Die sozialversicherungsrechtliche Stellung freier Dienstnehmer, DRdA 2005, 487 ff).

Soweit der Beschwerdeführer bestreitet, Dienstgeber der Betretenen gewesen zu sein, und darauf verweist, dass er einen gewissen XXXX , der sich ihm gegenüber als selbstständiger Unternehmer vorgestellt habe, mit den Arbeiten beauftragt habe, und somit dieser XXXX bzw. einer der Betretenen Dienstgeber der übrigen Betretenen gewesen sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass als Dienstgeber im Sinne des ASVG gemäß § 35 Abs. 1 ASVG derjenige gilt, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgeltes verweist.

Zwar begründet der Umstand allein, dass ein Beschäftiger Eigentümer eines Grundstückes ist, auf dem Bauarbeiten durchgeführt werden, noch keinen Betrieb (VwGH 13.11.2013, 2013/08/0146; 31.07.2014, 2012/08/0253). Die im vorliegenden Fall durchgeführten Arbeiten dienten jedoch den unstrittigen Angaben im Verwaltungsverfahren zufolge der Eröffnung einer Frühstückspension und wurden unter Heranziehung über einen Mittelsmann "beauftragter" Arbeiter durchgeführt, was die Schaffung einer einem Betrieb entsprechenden organisatorischen Einheit erfordert, weshalb die Baustelle auch als Betrieb im genannten Sinn anzusehen ist (vgl. VwGH 09.06.2015, Ra 2014/08/0069).

Da gegenständlich auch keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Tätigkeit nicht auf Gefahr und Rechnung des Beschwerdeführers betrieben worden wäre, zumal den Feststellungen zufolge für die durchzuführenden Arbeiten kein Pauschalhonorar vereinbart worden war und auch das Baumaterial nicht von den Betretenen bzw. vom genannten Mittelsmann zur Verfügung gestellt wurde, wodurch der Beschwerdeführer alleine das Risiko unvorhersehbarer Verzögerungen bei den Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte (VwGH 07.09.2011, 2008/08/0165), ist im Lichte der oben angeführten Judikatur der Beschwerdeführer als Dienstgeber der betretenen Arbeiter zu qualifizieren.

Daran vermag auch nichts zu ändern, wenn die Indienstnahme der Betretenen durch einen Dritten erfolgt wäre (VwGH 19.02.2016, 2013/08/0287).

Zur behaupteten fehlenden persönlichen Abhängigkeit der Betretenen ist festzuhalten, dass bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfsarbeiten, die - wie im vorliegenden Fall - in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte auch das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitere Untersuchungen vorausgesetzt werden kann (vgl. VwGH 20.09.2006, 2003/08/0274).

Schließlich ist zum Vorbringen, der Dienstnehmer sei hinsichtlich der ausgeübten Tätigkeit Inhaber einer Gewerbeberechtigung gewesen, auszuführen, dass auch dieser Einwand ins Leere geht, da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes diesem formalen Umstand keinerlei Bedeutung für die Entscheidung der Frage zukommt, ob der Dienstnehmer bei der konkreten Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt war (VwGH 03.11.2004, 2001/18/0129).

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die belangte Kasse zu Recht von einem Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ausgegangen ist und dieser Beurteilung auch die vorliegende A1-Entsendebestätigung, die erst ab 22.05.2012 gültig war und darüber hinaus lediglich eine Versicherung als Selbständiger ausweist, nicht entgegensteht.

Da das Dienstverhältnis den Feststellungen zufolge von 08.05.2012 bis 09.05.2012 gedauert hat und der belangten Kasse beizupflichten ist, dass im vorliegenden Fall der Kollektivvertrag für das Baugewerbe zur Anwendung gelangt, ergibt sich aufgrund des Anspruchslohnprinzips die im Bescheid festgestellte Beitragsgrundlage, ohne dass es darauf ankäme, ob der Arbeitslohn tatsächlich zur Auszahlung gelangte. Insoweit erweist sich auch das Beschwerdevorbringen, gegenständlich liege mangels Entgeltleistung gar kein bzw. nur ein geringfügiges Dienstverhältnis vor, als unbegründet.

Damit ist der angefochtene Bescheid zu bestätigen und die Beschwerde dagegen gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die - rechtsfreundlich vertretene - Beschwerdeführerin hat einen solchen Antrag auf mündliche Verhandlung nicht gestellt. Der fehlende ausdrückliche Antrag in der von einem rechtskundigen Vertreter verfassten Beschwerde ist als impliziter Verzicht auf Abhaltung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu verstehen (vgl. VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0054).

Der erkennende Richter erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien und durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beitragsnachverrechnung, Dienstverhältnis, persönliche Abhängigkeit,
Pflichtversicherung, wirtschaftliche Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W209.2003565.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten