Entscheidungsdatum
03.01.2019Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W171 2211874-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit ungeklärt, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) stellte am 27.06.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Für den 24.10.2017 wurde eine Hauptverhandlung eines Landesgerichtes ausgeschrieben, bei welcher der BF nicht erschien. In weiterer Folge tauchte er unter.
1.3. Der Antrag auf internationalen Schutz vom 27.06.2016 wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 15.11.2017, rechtskräftig am 06.02.2018 unter gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung hinsichtlich des Herkunftsstaates Afghanistan und unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung (§ 18 BFA-VG), abgewiesen.
1.4. Am XXXX wurde bei der afghanischen Botschaft der Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF gestellt, welchen die Vertretungsbehörde in weiterer Folge ablehnte.
Am XXXX wurde bei der pakistanischen Botschaft ein Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates gestellt, welcher in Folge abgelehnt wurde.
1.5. Am 18.04.2018 wurde der BF festgenommen und in eine Justizanstalt verbracht. Er befand sich daraufhin bis 20.12.2018 in Justizhaft.
1.6. Mit Parteiengehör vom 24.04.2018 wurde dem BF rechtliches Gehör eingeräumt. Dabei wurden die vorhandenen personenbezogenen Daten abgeglichen und vervollständigt.
Am XXXX wurde bei der iranischen Botschaft ein Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates gestellt. Dieser Antrag ist weiterhin offen.
1.7. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 26.07.2018 wurde der BF rechtskräftig zu einer 24-monatigen Freiheitsstrafe, davon 16 Monate bedingt verurteilt.
Am XXXX erfolgte ein weiterer Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der pakistanischen Botschaft. Dabei wurden erweiterte Personaldaten des BF an die Botschaft übermittelt.
1.8. Mit behördlichem Schreiben vom 16.11.2018 wurde dem in Strafhaft befindlichen BF neuerlich Parteiengehör eingeräumt. Mit Stellungnahme vom 23.11.2018 äußerte sich der BF zur geplanten Verhängung der nun gegenständlichen Schubhaft.
1.9. Mit Schubhaftbescheid vom XXXX wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die gegenständliche Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung ausgesprochen. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gegen den BF eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliege und eine Sicherung der Außerlandesbringung des BF lediglich durch die Verhängung von Schubhaft gewährleistet sei. Der BF habe sich einer für den 24.10.2017 angesetzten strafgerichtlichen Hauptverhandlung durch Untertauchen entzogen und sei zuvor straffällig geworden. Seitens der Behörde seien drei Anträge auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei den Botschaften von Afghanistan, Pakistan und dem Iran gestellt worden. Zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft sei das Verfahren vor der Botschaft des Irans und das neuerliche Ersuchen an die Botschaft Pakistans nach wie vor offen. Eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem befristeten Einreiseverbot gegen den BF sei seit 06.02.2018 rechtskräftig. Es werde darauf hingewiesen, dass seit dem XXXX ein HRZ-Verfahren mit erweiterten Personaldaten vor der pakistanischen Botschaft laufe und nunmehr eine Zustimmung seitens der Botschaft Pakistans nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne. Derartige Verfahren in Bezug auf Pakistan würden sich über drei bis vier Monate ziehen und sei daher spätestens Ende Februar 2019 mit einer definitiven Entscheidung zu rechnen. In manchen Fällen sei auch eine mehrfache Beantragung eines Heimreisezertifikates, wie im konkreten Fall bezüglich Pakistan, erforderlich, um doch eine Zustimmung zu erlangen.
Die Behörde erachte Sicherungsbedarf für gegeben, da die Tatbestände des § 76 Abs. 2 Z 3 und 9 vorlägen. Auf Grund des gänzlichen Fehlens von sozialen Kontakten und unter Berücksichtigung der Straffälligkeit des BF sei die Entscheidung zur Verhängung der Schubhaft auch verhältnismäßig. Einem geordneten Fremdenwesen komme im Hinblick auf die öffentliche Ordnung im gegenständlichen Fall ein höherer Stellenwert zu. Die gegenständlich verhängte Schubhaft sei eine ultima ratio Maßnahme und werde eine in Betracht zu ziehende Verhängung gelinderer Mittel als nicht ausreichend zur Sicherung der Außerlandesbringung des BF angesehen.
2.0. Der BF wurde am 20.12.2018 direkt aus der Strafhaft in die gegenständliche Schubhaft überstellt.
Am 28.12.2018 wurde gegen den gegenständlichen Schubhaftbescheid seitens der Rechtsvertretung des BF Beschwerde erhoben. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Sicherungszweck der Schubhaft sei nicht erreichbar. Trotz der bisher ergangenen Ablehnungen zur Ausstellung von Heimreisezertifikaten, insbesondere durch die pakistanische Botschaft, sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grunde sich die Behörde nunmehr bei einem zweiten Antrag bei der pakistanischen Vertretungsbehörde mehr Chancen ausrechnen würde, ein Heimreisezertifikat zu erhalten. Es werde weder ausgeführt, dass für den BF neue Urkunden hervorgekommen seien, noch, dass neue Ermittlungsergebnisse vorliegen würden, die eine Identifizierung des BF als Pakistani nahelegen würden. Der BF sei als staatenlose Person anzusehen und erscheine es daher höchst spekulativ von der Annahme auszugehen, für den BF werde in absehbarer Zeit ein Heimreisezertifikat erstellt werden. Mangels Aussicht auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates sei daher davon auszugehen, dass der Sicherungszweck nicht erreichbar sei. Die laufende Schubhaft sei daher rechtswidrig. Darüber hinaus habe die Behörde über ein halbes Jahr lang zugewartet, bevor ein neuerlicher Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der pakistanischen Botschaft eingebracht worden sei. Im Sinne der bestehenden Judikatur habe die Behörde tunlichst darauf hin zu wirken, dass Schubhaft gänzlich unterbleiben könne, bzw. diese möglichst kurz andauere. Dies habe die Behörde verabsäumt und führe dies zur Unverhältnismäßigkeit der gegenständlichen Schubhaft.
Am 30.04.2018 sei der BF in Haft gewesen und sei ihm daher keine Verletzung der Meldeverpflichtung vorzuwerfen. Die weiteren zum Bestehen von Sicherungsbedarf genannten Umstände (der rechtswidrige Aufenthalt, fehlende finanzielle Mittel, fehlende Möglichkeit der legalen Erwerbsausübung, fehlende soziale Integration, fehlende gesicherte Unterkunft) seien durchwegs Umstände, die im Fall von ehemaligen Asylwerbern typischer Weise vorliegen würden. Bemerkt werde auch, dass im Gegensatz zur Ansicht der Behörde, die Straffälligkeit kein Kriterium für Fluchtgefahr darstelle.
Beantragt wurde der Ersatz der gesetzlich vorgesehenen Aufwendungen sowie sämtlicher Kommissionsgebühren und Barauslagen.
2.1. Die Behörde legte die Verwaltungsakte am 28.12.2018 vor und erstattete eine diesbezügliche Stellungnahme.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter I. beschriebene Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
Zur Person:
1.1. Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein. Seine Staatsangehörigkeit ist derzeit unbekannt. Er ist jedoch jedenfalls Fremder i.S.d. Diktion des FPG.
1.2. Er stellte am 27.06.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Entscheidung vom 15.1.2017 rechtskräftig abgewiesen wurde. Es besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach Afghanistan.
1.3. Der BF leidet an keinen nennenswerten Erkrankungen.
Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:
2.1. Seit dem 06.02.2018 besteht gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung.
2.2. Derzeit sind zwei Anträge auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates in Bearbeitung.
2.3. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist ist aus Sicht des Gerichts zum Zeitpunkt der Erlassung der vorliegenden Entscheidung möglich.
2.4. Der BF ist haftfähig.
Zum Sicherungsbedarf:
3.1. Gegen den BF liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.
3.2. Der BF ist während des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme untergetaucht und war für die Behörde nicht greifbar
3.3. Er ist nicht vertrauenswürdig.
3.4. Er ist nicht rückreisewillig und nicht kooperativ.
3.5. Er war seit seiner Einreise bisher nachweislich vier Mal über längere Zeit melderegistermäßig nicht erfasst und daher als untergetaucht anzusehen.
Zur familiären/sozialen Komponente:
4.1. Der BF verfügt im Inland über keine Angehörigen, keine nennenswerten Freunde und hat im Verfahren keine wesentlichen Merkmale für seine Integration darlegen können.
4.2. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine Familienangehörigen im Inland.
4.3. Der BF verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.
4.4. Er hat keinen gesicherten Wohnsitz.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.3.):
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Die bisher unbekannte Staatsangehörigkeit ergibt sich aus den im Akt einliegenden Informationen über die bisherigen Anträge auf Erlangung eines Heimreisezertifikates. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes steht die Staatsangehörigkeit des BF noch nicht fest. Auf Grund der Angaben des BF scheint jedoch eine pakistanische Staatsangehörigkeit angezeigt (1.1.). Die Feststellung zu 1.2. hinsichtlich des Bestehens einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung ergeben sich aus dem Akteninhalt. Darüber hinaus sind keine nennenswerten Erkrankungen des BF aktenmäßig erfasst (1.3.) und wurde auch ein diesbezügliches Vorbringen nicht erstattet. Das Gericht konnte daher davon ausgehen, dass der BF im Wesentlichen gesund ist.
2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.4.):
Die Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und wurde seitens des Beschwerdeführers nicht in Zweifel gezogen (2.1.). Die Feststellungen zu zwei offenen Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der iranischen und pakistanischen Botschaft und die Feststellung über die Wahrscheinlichkeit der Erlangung eines Heimreisezertifikates (2.2. und 2.3.) begründen sich auf das durch eine Vielzahl von gleichgelagerten Fällen bereits bestehende Amtswissen, sowie auf die aktenkundige Auskunft des BFA, dass ein Heimreisezertifikat oftmals erst aufgrund der zweiten Antragstellung ausgestellt wird. Daraus ergibt sich, dass, bei Zutreffen der Staatsangehörigkeit des BF, innerhalb einer angemessenen Frist mit Erstellung eines Heimreisezertifikates zu rechnen ist. Für den BF wurde zu Beginn aus gutem Grunde eine afghanische Staatsangehörigkeit angenommen. Aufgrund der Ablehnung der Botschaft war es daher legitim, auch bei anderen in Frage kommenden Botschaften die Ausstellung eines Heimreisezertifikats zu beantragen. Nach Ansicht des Gerichtes liegt zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt die notwendige Wahrscheinlichkeit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates vor, sodass es dem BF jedenfalls zumutbar ist, bis zur Beendigung der beiden offenen Verfahren in Gewahrsam zu verbleiben. Die Feststellungen zur Haftfähigkeit (2.4.) ergeben sich aus den Angaben im Akt und liegen diesbezüglich dem Gericht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine anderslautenden Informationen vor. Es war daher von einer bestehenden Haftfähigkeit auszugehen.
2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.5.):
Das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergibt sich, wie bereits erwähnt, aus den Angaben im vorliegenden Verwaltungsakt und wurde dies auch nicht bestritten (3.1.).
Die Feststellung zu 3.2. und 3.5. ergeben sich im Wesentlichen aus dem Einblick in das zentrale Melderegister. Daraus ist zu entnehmen, dass der BF insgesamt viermal über relevante Zeiträume in Österreich nicht aufrecht gemeldet war. Dies waren folgende Zeiträume:
I. 31.12.2016 bis 17.01.2017
II. 03.11.2017 bis 28.11.2017
III. 17.01.2018 bis 01.02.2018
IV. 23.02.2018 bis 06.03.2018.
Daraus ergibt sich, dass der BF auch während des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung bzw. während des Asylverfahrens untergetaucht und daher für die Behörde nicht greifbar gewesen ist. Da es sich bei den Abwesenheiten um keine geringfügigen Zeiträume handelt und sich diese aus dem zentralen Melderegister objektivieren ließen, sieht das Gericht dadurch das Vorliegen von Sicherungsbedarf stark indiziert. Der BF ist daher auch nicht als vertrauenswürdig anzusehen (3.3.), da das mehrmalige Untertauchen klar keine Vertrauensbasis begründen kann. Er ist auch nicht kooperativ (3.4.), da er etwa zu der Hauptverhandlung am 24.10.2017 nicht erschienen ist, obwohl er innerhalb dieses Zeitraums über eine aufrechte Meldeadresse verfügte und ihm die Ladung auch rechtsgültig zugestellt wurde.
Schließlich ergibt sich aus der Stellungnahme des BF vom 03.05.2018 klar, dass er jedenfalls in Österreich verbleiben möchte und nicht rückreisewillig ist (3.4.).
2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.4.):
Sämtliche Feststellungen zu diesem Punkt basieren auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 03.05.2018 und vom 23.11.2018. Hinsichtlich der Feststellung zu 4.3. wurden ergänzend Informationen aus der Anhaltedatei herangezogen, aus welchen sich ergibt, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Entscheidung lediglich über Geldmittel von Euro 200,-- im Rahmen seiner Effekten verfügte. Einen gesicherten Wohnsitz konnte der BF im Verfahren nicht glaubhaft machen.
2.5. Die geplante Abschiebung ist daher rechtlich als auch faktisch durchführbar.
2.6. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen:
Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:
3.1.1. Gesetzliche Grundlage:
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Zur Judikatur:
3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig"(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
3.1.3. Auf Grund des gerichtlichen Beweisverfahrens sieht das Gericht Sicherungsbedarf für gegeben an. Dies deshalb, da der BF nicht rechtmäßig im Inland aufhältig ist und gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht. Nimmt man Einsicht in das Melderegister, so ergibt sich, dass der BF seit seiner Einreise insgesamt viermal über jeweils einen längeren Zeitraum melderegistermäßig nicht erfasst wurde. In dieser Zeit war er auch für die Behörde nicht greifbar und als untergetaucht anzusehen. Er ist nicht kooperativ und auch nicht vertrauenswürdig. Er selbst gibt an, dass er in Österreich verbleiben will und keinesfalls nach Pakistan zurückkehren werde. Es ist daher klar ersichtlich, dass dem BF der erforderliche Rückkehrwille fehlt und daher gleichbedeutend nicht davon auszugehen ist, dass sich der BF tatsächlich bis zu einer möglichen Abschiebung für die Behörde greifbar halten würde.
Nach den Ergebnissen des gerichtlichen Verfahrens verfügt der BF über keine nennenswerten Kontakte im Inland bzw. hat er solche nicht glaubhaft angeben können. Er verfügt auch über keine familiären Beziehungen in Österreich. Es ist also nicht so, dass der Beschwerdeführer nunmehr aus einer umfassenden und haltgebenden Umgebung herausgerissen wird, zumal man auch hier beachten muss, dass der Beschwerdeführer bisher im Inland auch nicht legal erwerbstätig gewesen ist. Eine Existenzsicherung seiner Person ist daher auch weiterhin von freiwilligen bzw. gesetzlich vorgesehenen Transferleistungen abhängig. Ein gesicherter Wohnsitz ist ohnehin nicht vorhanden. Das Gericht sieht daher Sicherungsbedarf im Sinne der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Zi 3 und 9 FPG für gegeben an.
3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer bisher keine nennenswerten Kontakte im Inland knüpfen hatte können, die hier wesentlich ins Gewicht fallen. Dies gab der BF im Verfahren auch selbst nicht an und konnte hier von der Richtigkeit seiner Angaben ausgegangen werden. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer auch gegen verwaltungsrechtliche Bestimmungen verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Das erkennende Gericht geht daher - wie oben angeführt - von einer Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine baldige Abschiebung durchführen zu können, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind. Darüber hinaus ist der BF ein verurteilter Straftäter und ist dies bei der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft ebenso als evidentes Interesse der Allgemeinheit, den BF außer Landes zu verbringen, zu berücksichtigen. Es ist dem Beschwerdeführer daher jedenfalls zuzumuten, die Ergebnisse der Antragsverfahren (Heimreisezertifikate) abzuwarten.
Es ist nach Ansicht des Gerichtes legitim, wenn die Behörde nun alle Anstrengungen daran setzt, für den BF erfolgreich eine Abschiebung vorzubereiten. Durch die bei den hier beteiligten Staaten bekannte schleppende Erledigungsweise der Anträge ist es oftmals erforderlich, die durch das Gesetz vorgegebenen Fristen auszunützen, was nicht der Behörde angerechnet werde kann. Es liegt im konkreten Fall gänzlich in der Hand des BF, durch richtige und zielführende Angaben über seine Identität und Staatsangehörigkeit, sowie durch Kooperation in den Ermittlungsverfahren der Botschaften, die Erlangung eines Heimreisezertifikates im Rahmen der ihn nach wie vor treffenden Mitwirkungspflicht zu ermöglichen und dadurch die laufende Schubhaft so kurz als möglich zu halten oder eine ehebaldigste Beendigung der Haft, etwa durch freiwillige Ausreise in seinen Herkunftsstaat, zu erreichen. Tut er dies nicht, so ist ihm das angemessene Zuwarten einer Klärung im Stande der Schubhaft, im Rahmen der gesetzlichen Höchstgrenzen, zumutbar. Das Gericht sieht daher die Dauer und die Umstände der laufenden Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht als unverhältnismäßig an und ist aus derzeitiger Sicht auch nicht auszuschließen, dass eine gesetzmäßige Abschiebung innerhalb der Fristen stattfinden wird können.
3.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran hat, dass er im Inland verbleiben kann, nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und nicht wieder erfolgreich untertauchen würde. Auch eine familiäre Bindung, die unter Umständen Halt bieten könnte, ist nicht vorhanden. Der Beschwerdeführer war in der Vergangenheit nicht gewillt, sich durchgehend seinem Asylverfahren in Österreich zu stellen und auch nicht freiwillig in seine Heimat zurückzukehren. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.
3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und wird die Schubhaft auch bis zur Entscheidung über die Ausstellung eines Heimreisezertifikates vorerst weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.
3.1.7. Auf Seite 3 und 4 in der Beschwerdeschrift wird geltend gemacht, dass die laufende Schubhaft auf Grund fehlender Effektuierbarkeit rechtswidrig sei. Dies deshalb, da für den BF bereits mehrere Anfragen negativ beantwortet worden seien und nicht klar sei, weshalb die Behörde nunmehr vom Erhalt eines Heimreisezertifikates ausgegangen ist. Hiezu hat das Gericht erwogen:
Der BF moniert, dass aus dem Schubhaftbescheid nicht hervorgehe, weshalb die pakistanische Behörde trotz bereits erfolgter Ablehnung des BF, diesen als pakistanischen Staatsangehörigen anzusehen, nunmehr beim zweiten Antrag zu einer anderen Entscheidung kommen sollte. Die Behörde habe weder ausgeführt, dass der BF identitätsbezeugende Urkunden vorgelegt hätte, noch, dass neue Ermittlungsergebnisse die Identität und Herkunft des BF ergeben hätten. Hierzu ist anzuführen, dass sich aus dem behördlichen Bescheid (Seite 8) klar ergibt, dass der zweite Antrag an die Botschaft Pakistans mit erweiterten Personaldaten zur nunmehr besseren Identifizierung der Person vorgenommen worden ist. Die Behörde hat im Rahmen eines Parteiengehörs nähere Angaben über die Person des BF erhalten. Es war daher legitim, hier einen weiteren Versuch der Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der pakistanischen Botschaft vorzunehmen.
Es ist daher nach Ansicht des Gerichtes legitim, wenn die Behörde, von einer angegebenen Identität ausgehend, nochmals Kontakt zu einer Vertretungsbehörde zur Erlangung eines Heimreisezertifikates aufnimmt und der BF in weiterer Folge bis zur Klärung seiner Nationalität auf diesem Wege innerhalb angemessener Frist, in Gewahrsam der Behörde zu verbleiben hat. Es liegt im konkreten Fall gänzlich in der Hand des BF, durch konkretere Angaben über seine Identität und Staatsangehörigkeit die Erlangung eines Heimreisezertifikates im Rahmen der ihn treffenden Mitwirkungspflicht zu ermöglichen und dadurch die laufende Schubhaft so kurz als möglich zu halten.
Die Behörde hat daher im Bescheid ausreichend dargelegt, dass eine Erlangung eines Heimreisezertifikates seitens der Botschaft Pakistans jedenfalls möglich ist.
Wenn der BF auf Seite 4 der Beschwerdeschrift ausführt, er wäre staatenlos, so muss das Gericht an dieser Stelle festhalten, dass die Tatsache, dass derzeit der BF keinem konkreten Staat zugeordnet werden kann, nicht automatisch eine Staatenlosigkeit bedeutet. Hier dürfte der Ausdruck "staatenlos" mit dem Terminus "ungeklärte Staatsangehörigkeit" in Verwechslung geraten sein.
Weiters beinhaltet die vorliegende Beschwerde nähere Ausführungen darüber, dass die Anhaltung in Schubhaft nicht verhältnismäßig sei. Dies deshalb, da die Behörde rechtswidriger Weise nicht bemüht gewesen sei, eine möglichst kurze Schubhaftdauer zu erreichen, beziehungsweise eine Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft gänzlich zu vermeiden. Den Beschwerdeausführungen ist insofern Recht zu geben, dass aufgrund der vorliegenden höchstgerichtlichen Judikatur bei Personen, die sich über längere Zeit in Strafhaft befinden, tunlichst anzustreben ist, eine anschließende Schubhaft zu vermeiden. Im vorliegenden Fall ergibt sich jedoch unzweifelhaft, dass die Behörde bereits vor und jedenfalls während der laufenden Strafhaft stetig bemüht war, ein Heimreisezertifikat zu erlangen, es jedoch aufgrund der konkreten Konstellation und den bis dahin vorliegenden Daten des BF dennoch bisher nicht zu einer Ausstellung eines Zertifikates gekommen ist. Aufgrund der ergänzenden Angaben des BF im Rahmen des schriftlichen Parteiengehöres entschied sich die Behörde sodann nach Ansicht des Gerichts zu Recht, im Oktober einen zweiten Antrag an die pakistanische Botschaft zu richten. Die Behörde verfügt über spezielle Kenntnisse darüber, dass die Erlangung eines Heimreisezertifikates vor allem in den hier betroffenen Ländern eine zeitlich nicht präzise kalkulierbare Angelegenheit darstellt. Das Gericht vermeint daher, dass die im vorliegenden Fall gegebene Beantragung eines Heimreisezertifikates etwa ein halbes Jahr vor der zu erwartenden Haftentlassung durchaus situationsadäquat war, zumal eine Wiederholung eines Antrages nach zu kurzer Zeit die Erfolgschancen mindern könnte. Nach Ansicht des Gerichtes ist der in der Beschwerde implizierte Vorwurf, die Behörde hätte das Heimreisezertifikat schon früher beantragen müssen, um eine Schubhaft zu vermeiden, nicht berechtigt. Berücksichtig man, dass derartige Heimreisezertifikate zumeist lediglich eine Gültigkeit von nur einem Monat aufweisen ergibt sich, dass es nicht nur sein kann, dass Heimreisezertifikate einige Tage nach Entlassung aus der Strafhaft eintreffen, sondern auch, dass Heimreisezertifikate an sich auch "zu früh" erstellt werden könnten. Die Sinnhaftigkeit eines zu früh erhaltenen Heimreisezertifikates welches in weiterer Folge aufgrund der noch laufenden Strafhaft nicht verwendet werden kann, ist nicht gegeben. Eine vom BF offenbar gewünschte punktgenaue Erstellung eines Heimreisezertifikates ist jedoch zumeist nicht möglich. Das Gericht vertritt daher die Auffassung, dass die Einleitung zur Erlangung eines Heimreisezertifikates im vorliegenden Fall rechtzeitig erfolgte und die Bemühungen, den Beschwerdeführer zeitnah außer Landes bringen zu können klar ersichtlich lediglich zu einer vertretbaren "Übergangsschubhaft" führt. Die im gegenständlichen Fall zu erwartende Schubhaft ist daher im Hinblick auf die konkrete Sachlage nach Rechtsansicht des erkennenden Gerichtes verhältnismäßig und die verhängte Schubhaft nicht rechtswidrig.
3.1.8. Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte.
Zu Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:
Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Zu Spruchpunkt III. und IV. - Kostenbegehren
Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.
Zu Spruchpunkt B. - Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.
Schlagworte
Ausreisewilligkeit, Fluchtgefahr, Interessenabwägung, Kostenersatz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W171.2211874.1.00Zuletzt aktualisiert am
27.02.2019