TE Bvwg Beschluss 2019/1/8 L526 1425654-3

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Veröffentlicht am 08.01.2019
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Entscheidungsdatum

08.01.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L526 1425654-3/2Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde vonXXXX StA. Türkei, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.12.2018, XXXX beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I. Nr. 87/2012 idgF, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die Beschwerdeführerin (BF) brachte nach illegaler Einreise nach Österreich am 27.10.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz bei der Landespolizeidirektion Graz ein.

I.2. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 30.4.2012 wurde die Beschwerde gegen den abweislichen Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.3.2012 als unbegründet abgewiesen.

I.3. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27.6.2012 wurde die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt.

I.4. Am 24.9.2017 stellte die nunmehrige Beschwerdeführerin den verfahrensgegenständlichen Antrag gemäß § 55 Abs. 1 AsylG und legte dazu mehrere Urkunden, wie etwa einen Mietvertrag oder einen Arbeitsvorvertrag und eine Unterschriftenliste vor.

I.6: Am 25.4.2018 fand beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, der nunmehr belangten Behörde, eine Einvernahme statt.

I.7. Mit dem im Spruch näher bezeichneten Bescheid wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK abgewiesen und gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen. Ferner wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt.

1.8. Gegen den angefochtenen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zusammengefasst wurde in der Beschwerde dargestellt, dass die BF in Wahrheit überhaupt keine Interessensabwägung vorgenommen habe. Es sei auch unklar, auf welche oberstgerichtliche Entscheidung die Behörde in ihrem Bescheid Bezug nimmt und außerdem habe sie die vorgelegten Urkunden unzureichend berücksichtigt. Der Behörde wäre auch eine antizipierende Beweiswürdigung anzulasten: eine Würdigung von Beweisen sei nämlich, was die Behörde übersehe, nur nach der Aufnahme von Beweisen möglich. Die belangte Behörde habe auch nur unzureichend im Hinblick auf den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin - sie habe psychische und physische Probleme - und die entsprechenden Behandlungsmöglichkeiten in der Türkei ermittelt und habe auch die Tatsache übersehen, dass die Beschwerdeführerin mit ihren Kindern zusammenwohne und sich der Schulerfolg der Kinder maßgeblich gebessert habe. Zudem sei die Behörde auch über das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe in der Türkei keine Existenzgrundlage und sei auch nicht in der Lage, sich dort eine aufzubauen, hinweggegangen.

Auch weise der Bescheid erhebliche Begründungsmängel auf, als diesem nicht in nachvollziehbarer Art und Weise zu entnehmen sei, von welchen Feststellungen die erstinstanzliche Behörde eigentlich ausgehe.

I.9. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Verwaltungsbehörde und der eingebrachten Beschwerde.

1. Feststellungen:

Es kann derzeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde.

2. Beweiswürdigung:

Der für die gegenständliche Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Die Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde am 25.4.2018 in einer eineinviertel-stündigen Einvernahme zu ihrem Privat- und Familienleben sowie zu ihrer Integration in Österreich befragt, jedoch ergibt sich für das erkennende Gericht daraus kein vollständiges Bild, welches zur Beurteilung der Rechtssache erforderlich wäre.

Ohne weitergehende Ermittlungen kann eine Verletzung der maßgeblichen Artikel der EMRK im Fall einer Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Türkei daher derzeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.

Der Beschwerde war daher die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

3.4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielshaft Erk. d. VwGH v. 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482; Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, Ermittlungsmangel, real risk,
reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L526.1425654.3.00

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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