TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/10 W154 2212025-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.01.2019
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Entscheidungsdatum

10.01.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W154 2212025-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin im Verfahren des XXXX alias XXXX alias XXXX , geboren am XXXX alias XXXX , StA. Marokko, betreffend die weitere Anhaltung in Schubhaft aufgrund des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2018, Zahl: IFA 623036007 VZ 180858514, zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Die Verfahrenspartei reiste illegal in das Bundesgebiet ein und brachte am 11.02.2013 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein, wobei die Verfahrenspartei angab, den Namen XXXX zu führen, aus Marokko zu stammen und am XXXX geboren zu sein. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.02.2013 wurde der Antrag gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und die Verfahrenspartei gemäß § 10 AsylG 2005 nach Marokko ausgewiesen.

Am 23.10.2015 stellte die Verfahrenspartei aus dem Stand der Untersuchungshaft - unter bereits oben angeführter Identität - einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 07.04.2016, Zahl: 13-623036007/151636534, wurde der Antrag der Verfahrenspartei auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Marokko gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht festgesetzt (Spruchpunkt IV). Gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG wurde ausgesprochen, dass die Verfahrenspartei das Recht zum Aufenthalt ab dem 28.01 2016 verloren hat (Spruchpunkt V). Des Weiteren wurde einer Beschwerde gegen die Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein Einreiseverbot auf die Dauer von 10 Jahren erlassen (Spruchpunkt VII). Diese Entscheidung wurde der Verfahrenspartei am 08.04.2016 persönlich zugestellt. Sie blieb unbekämpft und erwuchs in Folge in Rechtskraft.

2. Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 08.07.2014, Zl. 027 HV 164/2013y, wurde die Verfahrenspartei gemäß §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (1) Z 1 9. Fall, 27 (3) SMG und § 12 2. Fall StGB, §§ 28a

(1) 2. Fall, 28a (1) 3. Fall, 28a (4) Z 3 SMG und §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten - Jugendstraftat verurteilt. Am 17.08.2014 wurde die Verfahrenspartei unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen.

Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 22.01.2016, Zl. 023 HV 90/2015i, wurde die Verfahrenspartei gemäß § 15 StGB, § 299 (1) StGB,§§28a (1) 5. Fall, 28a (2) Z 1 u 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wurde vom Landesgericht Innsbruck am 22.01.2016 widerrufen.

3. Mit Schreiben vom 28.1.2015 erging seitens des Bundeskriminalamtes die Mitteilung an das BFA, dass die Verfahrenspartei seitens Interpol Rabat als XXXX , geb. XXXX in Casablanca, und Staatsangehöriger von Marokko identifiziert worden war.

4. Nach Entlassung aus der Strafhaft am 14.09.2018 wurde die Verfahrenspartei festgenommen und im Polizeianhaltezentrum Linz zur möglichen Schubhaftanordnung einvernommen. Dabei gab die Verfahrenspartei im Wesentlichen an, über kein Reisedokument zu verfügen. Verwandte in Österreich habe sie nicht, auch besitze sie keine Aufenthaltsberechtigung für einen sonstigen europäischen Staat. Bezüglich einer Unterkunft oder Meldeadresse in Österreich gab die Verfahrenspartei an, lediglich eine "Bleibe" für zwei Tage zu haben, danach wolle sie Österreich verlassen. Nach einer Entlassung werde sie einen Zug nehmen und wegfahren. Sie verfüge über einen Bargeldbetrag von € 1600.-, der sich bei der Polizei befände, ansonsten würde sie über keinen Besitz verfügen. Im Heimatland habe sie familiäre Bindungen zu den Eltern, drei Brüdern und einer Schwester. Weiters gab sie an, freiwillig ins Heimatland zurückreisen zu wollen.

5. Mit Bescheid des BFA vom 14.09.2018, Zl. IFA 623036007 VZ 180858514, wurde über die Verfahrenspartei gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG die gegenständliche Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Sicherungsbedarf wurde dabei im Wesentlichen damit begründet, dass die Verfahrenspartei über keinen gültigen Einreise- bzw. Aufenthaltstitel für Österreich bzw. für den Schengenraum verfüge. Sie sei illegal eingereist und habe über keinen weiteren über das Asylverfahren hinausgehenden Aufenthaltsstatus verfügt. Während der Asylverfahren sei sie Ladungen nicht nachgekommen, sei untergetaucht und habe falsche Identitäten angegeben, um in weiterer Folge die Erlangung eines Heimreisezertifikates zu behindern bzw. zu verzögern. Es hätten sich im Fall der Verfahrenspartei keine Anhaltspunkte für die Annahme besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Beziehungen in Österreich ergeben, sie hätte auch keine Verwandte in Österreich. Sie gehe keiner legalen Beschäftigung nach, Merkmale von besonderer Integration seien ebenfalls nicht hervorgekommen, so verfüge sie über wenig Deutschkenntnisse, gehe keiner geregelten Beschäftigung nach und sei weder karitativ tätig noch Mitglied in einem Verein. Vielmehr sei die Verfahrenspartei trotz ihres kurzen Aufenthaltes in Österreich bisher vor allem durch die Begehung von Straftaten nach dem Strafgesetzbuch und dem Suchtmittelgesetz in Erscheinung getreten, was darauf schließen lasse, dass sie nicht gewillt sei, die Rechtsvorschriften in erforderlicher Weise zu beachten und sich den Gesetzen in Österreich anzupassen. Sie bewege sich im Obdachlosenmilieu und sei in weiterer Folge für die Verfahren der Behörde nicht greifbar. Sie habe demnach gezeigt, dass sie nicht gewillt sei, die auferlegten Verpflichtungen einzuhalten, weshalb die Entscheidung auch verhältnismäßig sei. Ein gelinderes Mittel wurde als nicht ausreichend angesehen.

Der Schubhaftbescheid wurde der Verfahrenspartei zusammen mit der Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG am 14.09.2018, um 14.30 Uhr, persönlich zugestellt. Die Schubhaft wurde zum Anordnungszeitpunkt im Polizeianhaltezentrum Linz vollzogen, am 15.09.2018 wurde die Verfahrenspartei in das Polizeianhaltezentrum Wien, Hernalser Gürtel, überstellt.

6. Die Verfahrenspartei befand sich von 17.09.2018 bis 19.09.2018, und von 11.10.2018 bis 12.10.2018 in Hungerstreik, den sie jeweils freiwillig beendete.

7. Am 08.10.2018, 05.11.2018 und 29.11.2018 führte das Bundesamt jeweils eine Schubhaftprüfung durch.

8. Vor Ablauf der gesetzlich vorgesehenen 4- Monatsfrist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) legte das BFA den verfahrensgegenständlichen Akt zur Durchführung der vorgesehenen Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Verlängerung der aufrechten Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Im Rahmen der Aktenvorlage führte das BFA neben der Darstellung des Sachverhaltes aus, dass die Verfahrenspartei im Zuge ihrer Verfahren verschiedenste Identitäten angegeben habe. Sie habe im Stande der Schubhaft einen Antrag auf freiwillige Ausreise gestellt, welchem am 30.11.2018 zugestimmt worden sei. Sie sei am 19.12.2018 der marokkanischen Botschaft zwecks Erlangung eines Heimreisezertifikates vorgeführt worden, ein Ergebnis sei noch ausständig.

9. Im gegenständlichen Verfahren wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eine Anfrage an die für die Erlangung von Heimreisezertifikaten zuständige Abteilung des BFA zum bisher geführten Verfahren und zur Wahrscheinlichkeit einer baldigen Ausstellung eines Heimreisezertifikates für die Verfahrenspartei gerichtet.

In der Anfragebeantwortung vom 09.01.2019 teilte die zuständige Abteilung dazu Folgendes mit:

" Der Urgenz-Antrag auf rasche Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) unter Hinweis auf den nunmehr bestehenden Ausreisewunsch des oa. Fremden wurde am 17.12.2018 an die Botschaft des Königreichs Marokko übermittelt. Außerdem erfolgte eine weitere Urgenz am 3.1.2019 im Rahmen einer schriftlichen Bitte um prioritäre Beantwortung bestehender Schubhaftfälle. Von Seiten der Botschaft wurde bereits mündlich eine Priorisierung dieses Anliegens in Aussicht gestellt. Das nächste Treffen zur Besprechung prioritärer Anliegen der Zusammenarbeit mit der Botschaft ist noch für Jänner geplant.

Zum allgemeinen Prozedere der HRZ-Ausstellung möchte ich noch Folgendes hinzufügen. Sobald ein Ergebnis der Überprüfung der Identität des Fremden von Seiten der marokkanischen Behörden bei der Botschaft eingeht, wird uns dieses in Form einer Verbalnote übermittelt. Nach einer solchen offiziellen Zustimmung kann sofort ein Flug für die Rückführung gebucht werden. Die Flugdaten müssen der Botschaft lediglich drei Wochen im Voraus mitgeteilt werden. Die Ausstellung des HRZ erfolgt dann grundsätzlich erst einige Tage vor Abflug.

In Anbetracht der Tatsache, dass eine sehr intensive Zusammenarbeit mit der marokkanischen Botschaft gepflegt wird und wir regelmäßig Identifizierungsergebnisse erhalten und laufend Heimreisezertifikate ausgestellt werden, geht das BFA davon aus, dass besonders in diesem Fall (Vorliegen einer Passkopie) nunmehr in absehbarer Zeit eine Beantwortung erfolgt."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Allgemein:

1.1. Die Verfahrenspartei befindet sich seit 14.09.2018 in Schubhaft. Die gesetzliche Viermonatsfrist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) läuft am 14.01.2019 ab.

1.2. Der der laufenden Haft zugrundeliegende Schubhaftbescheid ist nicht in Beschwerde gezogen worden. Eine Änderung der Umstände für die seinerzeitige Verhängung der Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben.

1.3. Die Verfahrenspartei hatte am 19.12.2018 einen Interviewtermin bei der marokkanischen Botschaft zum Zweck der Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Seitens der marokkanischen Botschaft wurde eine Priorisierung hinsichtlich der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für die Verfahrenspartei in Aussicht gestellt.

1.4. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft liegen zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung weiterhin vor.

Gesundheitszustand bzw. Haftfähigkeit:

2. Die Verfahrenspartei ist gesund. Die Haftfähigkeit der Verfahrenspartei ist zum Entscheidungszeitpunkt gegeben.

Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung (Prognose):

3.1. Für die Verfahrenspartei wurde seitens der marokkanischen Botschaft eine Priorisierung hinsichtlich der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für die Verfahrenspartei in Aussicht gestellt. Nach Erlangung eines Heimreisezertifikates scheint eine zeitnahe Außerlandesbringung der Verfahrenspartei zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung möglich.

3.2. Die gegenständliche Überprüfung der Verhältnismäßigkeit vor Ablauf der 4- Monatsfrist hat keine Änderungen hinsichtlich der Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung ergeben.

Privat- und Familienleben bzw. Fluchtgefahr:

4.1. Die Verfahrenspartei hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet und ist in Österreich weder legal erwerbstätig noch sozialversichert. Die Verfahrenspartei hat keine Anknüpfungspunkte zu Österreich und verfügt über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet. Sie verfügt kaum über Barmittel und brachte keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage. Sie ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig.

4.2. Die Verfahrenspartei ist nicht willig zur Kooperation mit den Behörden. Die Verfahrenspartei gab zum Zweck der Verschleierung der Identität verschiedene Namen und Geburtsdaten an. Unter anderem sollte dadurch die Erlangung eines Heimreisezertifikates zumindest verzögert bzw. verhindert werden. Die Verfahrenspartei entzog sich auch durch Untertauchen dem Zugriff der Behörden. Sie trat während der Schubhaft mehrfach in Hungerstreik.

4.3. Die Verfahrenspartei ist in Österreich zweifach vorbestraft.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.: Die Angaben über den Verfahrensgang und die hierzu ergangenen Feststellungen beziehen sich auf die Angaben im vorliegenden Akt. Unter Heranziehung der Bestimmungen zur Fristenberechnung gemäß § 32 AVG ergibt sich, dass der Ablauf der Viermonatsfrist auf den 14.01.2019 fällt.

Zu 1.2.: Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der seinerzeitige Schubhaftbescheid nicht in Beschwerde gezogen wurde. Ebenso konnte aufgrund der Aktenlage festgestellt werden, dass sich die wesentlichen Umstände im Rahmen der Schubhaft seit der seinerzeitigen Verhängung der Schubhaft durch Bescheid, welcher im Übrigen unangefochten blieb, nicht verändert haben. Die formalen Voraussetzungen für die laufende Schubhaft sind daher unverändert gegeben.

Zu 1.3.: Die Feststellung, dass die Verfahrenspartei am 19.12.2018 der marokkanischen Botschaft zur Durchführung eines Interviewtermins vorgeführt wurde und dass seitens der marokkanischen Botschaft eine Priorisierung hinsichtlich der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für die Verfahrenspartei in Aussicht gestellt wurde, ergibt sich aus dem Verfahrensakt und aus der Stellungnahme des BFA vom 09.01.2019.

Zu 1.4.: Aus einer Überprüfung der formalen Grundlagen für die Aufrechterhaltung einer Schubhaft ergibt sich, dass der Antrag der Verfahrenspartei auf internationalen Schutz mit Bescheid des Bundesasylamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.04.2016 betreffend den Status des Asyl- sowie des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilte wurde, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt wurde, dass die Abschiebung der Verfahrenspartei nach Marokko zulässig sei. Für die freiwillige Ausreise wurde keine Frist gewährt, und ein auf 10 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen.

Diese Entscheidung blieb unbekämpft und erwuchs in Rechtskraft, sie ist durchsetzbar.

Zu 2. Die Feststellungen zum aktuellen Gesundheitszustand und zur Haftfähigkeit ergeben sich aus dem Verfahrensakt.

Zu 3.1.-3.2.: Die Feststellung zur Priorisierung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für die Verfahrenspartei ergibt sich aus der Anfragebeantwortung der für die Erlangung von Heimreisezertifikaten zuständige Abteilung des BFA vom 09.01.2019. Daraus ergibt sich auch, dass eine Flugbuchung und die Ausreise der Verfahrenspartei in absehbarer Zeit effektuierbar erscheint.

Zu 4.1.: Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben der Verfahrenspartei sowie über dessen kaum vorhandene Barmittel und dessen mangelnde Fähigkeit, sich in Österreich selbst zu erhalten, ergeben sich im Wesentlichen aus den unwidersprochen gebliebenen Angaben im Schubhaftbescheid. Des Weiteren ist auf die Angaben der Verfahrenspartei im Rahmen der Schubhafteinvernahme vom 14.09.2018 zu verweisen.

Zu 4.2.: Die Feststellung zum mangelnden Kooperationswillen der Verfahrenspartei ergibt sich aus dem Verfahrensakt. Hinzu kommt, dass die Verfahrenspartei im Rahmen seiner Asylverfahren einen falschen Namen und ein falsches Geburtsdatum angegeben hat und sohin seine wahre Identität verschleiern wollte, weshalb davon auszugehen ist, dass dies unter anderem bewusst zur Erschwerung bzw. Vereitelung der Abschiebung nach Marokko geschehen ist. Es ist auch damit zu rechnen, dass die Verfahrenspartei in Freiheit belassen - wie schon in der Vergangenheit - untertauchen würde, um die eigene Abschiebung zu vereiteln.

Zu 4.3. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen der Verfahrenspartei ergeben sich aus dem im Akt einliegenden Auszug aus dem Strafregister. Die Verfahrenspartei stellt nach Ansicht des erkennenden Gerichtes nunmehr auch ein erhöhtes Gefährdungspotential für die öffentliche Sicherheit dar.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A.:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 56/2018 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Zur Dauer der Schubhaft:

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden kann, weil

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008)

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Andernfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

3.1.3. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung über die gesetzlich vorgesehene Viermonatsfrist hinaus, weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Betrachtet man die Interessen der Verfahrenspartei an den Rechten ihrer persönlichen Freiheit in Bezug auf ihre familiären bzw. sozialen Verhältnisse so zeigt sich, dass die Verfahrenspartei im Bundesgebiet weder über Familienangehörige noch über sonstige Kontaktpersonen verfügt. Die Verfahrenspartei ist zudem in Österreich weder legal erwerbstätig noch sozialversichert. Sie hat letztendlich gar keine Anknüpfungspunkte zu Österreich und verfügt auch über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet. Die Verfahrenspartei verfügt kaum über Barmittel und brachte ursprünglich keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage. Sie ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig. Außerdem tauchte die Verfahrenspartei in der Vergangenheit unter und war auch sonst für die Behörden nicht greifbar, woraus zu schließen ist, dass die Verfahrenspartei nicht willig zur Kooperation mit den Behörden ist. Im Zuge der durchzuführenden Abwägung bleibt daher festzuhalten, dass keine sozialen Bindungen der Verfahrenspartei zu Österreich entstanden sind und Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben war.

In Hinblick auf das strafrechtlich relevante Verhalten der Verfahrenspartei ist im Sinn des § 76 Abs. 2a FPG festzuhalten, dass das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung der Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass die Verfahrenspartei durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt ist, zumal die Verfahrenspartei auch diesbezüglich einer engmaschigen medizinischen Kontrolle unterliegt.

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens lässt sich aus derzeitiger Sicht auch erkennen, dass eine zügige Außerlandesbringung der Verfahrenspartei als wahrscheinlich anzusehen ist. So liegt für die Verfahrenspartei bereits die mündliche Zusage der marokkanischen Botschaft zur Priorisierung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates vor. Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der Entscheidungserlassung davon aus, dass eine Außerlandesbringung der Verfahrenspartei nach heutigem Wissensstand zeitnah realistisch erscheint.

Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel nicht zur Anwendung kommen kann. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel der Verfahrenspartei nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft und/oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des von der Verfahrenspartei in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens - insbesondere der Tatsache, dass sie untergetaucht war, und bereits mehrmals versucht hat, durch Hungerstreik eine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen - nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des neuerlichen Untertauchens der Verfahrenspartei besteht.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nicht in Betracht.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.2. Zu Spruchpunkt B. - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Da keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen sind, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, war die Revision daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität, öffentliche
Interessen, Schubhaft, strafrechtliche Verurteilung, Überprüfung,
Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W154.2212025.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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