TE Bvwg Beschluss 2019/1/11 I416 2143341-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.01.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I416 2143341-2/2E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, alias XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Fremde reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 30.01.2016 erstmalig einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Wesentlichen brachte er vor, dass es eine schlechte Lebenssituation in Algerien gebe und er dort keine Zukunft habe. Sein Bruder sei vor ca. fünf Monaten gestorben und habe dieser eine Ehefrau und drei Kinder hinterlassen. Er sei hierhergekommen, um seine Schwägerin und die Kinder zu unterstützen. Letztlich führte er noch aus, dass er keinerlei Probleme in Algerien habe, es habe aber eine Untersuchung gezeigt, dass sein Bruder getötet worden und nicht bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei. Daher habe er Angst, nach Algerien zurückzukehren, weil er nicht wisse, warum sein Bruder getötet worden sei.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß "§ 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" abgewiesen. Gleichzeitig wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung des Fremden nach Algerien festgestellt. Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 1-3 FPGe die Frist für die freiwillige Ausreise mit 2 Wochen auf Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2017, Zl. I403 2143341-1/2E, wurde die dagegen durch den Fremden erhobene Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunktes III. lautet:

"Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz wird gemäß § 57 Asylgesetz 2005 nicht erteilt".

Der Fremde ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und wurde über ihn nach erfolgter Festnahme am XXXX am XXXX die Schubhaft verhängt und stellte der Fremde am 25.12.2018 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung "Folgeantrag" durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, am 26.12.2018 gab der Fremde, befragt nach neuen Fluchtgründen an, dass er Probleme in seiner Heimat habe, er werde dort von kriminellen Banden besucht, wie diese heißen wisse er jedoch nicht. Diese hätten vorher seinen Bruder getötet und würde er, wenn sie ihn finden würden, dasselbe Schicksal erleiden. Im Falle seiner Rückkehr würde er höchstwahrscheinlich wie sein Bruder getötet werden, konkrete Hinweise, dass ihm bei seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, Strafe oder die Todesstrafe drohen, oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätte gebe es keine. Gefragt, seit wann ihm diese Änderung der Situation/Fluchtgründe bekannt sei, beantwortete er wörtlich: "Als ich noch in Algerien gelebt habe, wurde mein Bruder ermordet. Seitdem besteht die Gefahr, dass ich auch ermordet werde."

Mit am 02.01.2019 persönlich übernommener Verfahrensanordnung teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Fremden gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 mit, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl davon ausgehe, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege. Zugleich wurde dem Fremden gemäß § 29 Abs. 4 AsylG 2005 mitgeteilt, dass zur Wahrung des Parteiengehörs vor der Einvernahme eine Rechtsberatung stattfinden werde.

Am XXXX fand eine niederschriftliche Einvernahme des Fremden durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein des Rechtsberaters zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz statt. Nach den Gründen für seinen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz befragt, gab er zusammengefasst an, dass er Probleme in seiner Heimat habe. Sein Bruder, der in Italien gelebt habe, sei nach seiner Rückkehr nach Algerien am XXXX ermordet worden und erhalte er seitdem laufend Drohungen von Leuten, welche mit seinem Bruder zu tun hatten. Er wisse nicht, was sein Bruder in Italien gemacht und was dazu geführt habe, dass ihm dies passiert sei, er wisse auch nicht, warum sein Bruder umgebracht worden sei. Nach Details zu diesen Drohungen befragt, führte er aus, dass Leute kommen und nach ihm fragen würden. Er könne nicht sagen, um welche Leute es sich handeln würde, er kenne die Menschen nicht, die nach ihm fragen. Er habe sogar seinen Wohnsitz in Algerien gewechselt, in der Hoffnung, dass ihn niemand findet. Auf Vorhalt, dass dies nicht mit seinen Angaben aus dem Erstverfahren übereinstimmen würde, da er dort lediglich wirtschaftliche Gründe angegeben habe und diese Bedrohung nicht erwähnt habe, sodass diese Bedrohungen für die Behörde nicht glaubhaft seien, gab er wörtlich an: "Naja, was soll ich dazu sagen. Hätte ich einen Meldezettel gehabt, hätte ich mich in Sicherheit gewusst. Zudem hatte ich Angst diese Gründe vorzubringen, weil ich nicht wusste was mir passieren könnte. Ich war erst kurz in Österreich und wusste nicht wie die Sachen hier laufen." Er gab weiters an, dass er nie Probleme mit den Behörden, der Polizei oder dem Militär seines Heimatlandes gehabt habe, er habe auch nie wegen seiner Volksgruppe oder seiner Religion Probleme gehabt. In seiner Heimat würden noch seine Eltern und seine Geschwister leben. Hinsichtlich seiner Integration führte er aus, dass er als Friseur gearbeitet habe, nicht deutsch sprechen würde und eine rumänische Freundin namens Nicoletta habe. Letztlich erklärte der Fremde zu den im Rahmen der Einvernahme vorgelegten Länderinformationen zu Algerien keine Stellungnahme abgeben zu wollen und wurde hinsichtlich der Möglichkeit Fragen anzuregen, bzw. eine Stellungnahme abzugeben oder einen Antrag zu stellen von seitens des anwesenden Rechtsberaters kein Gebrauch gemacht.

Im Anschluss daran hob die belangte Behörde mit dem mündlich verkündeten Bescheid den faktischen Abschiebeschutz nach § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG auf.

Mit Schreiben vom 07.01.2019, eingelangt bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts I416 am 10.01.2019, informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht über die erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und übermittelte zugleich den Akt zur Beurteilung der Aufhebung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Fremden:

Der Fremde ist ein Staatsangehöriger Algeriens, und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20 b AsylG. Die Identität des Fremden steht fest.

Der Fremde stellte bereits einen Antrag auf internationalen Schutz. Der erste Antrag wurde rechtskräftig negativ entschieden Der Fremde verließ das Bundesgebiet seither nicht.

Der Fremde ist gesund, jung und in einem arbeitsfähigen Alter. Der Fremde hat in Algerien als Friseur gearbeitet und konnte sich damit seinen Lebensunterhalt finanzieren.

Der Fremde bekennt sich zum muslimischen Glauben, ist ledig und hat keine Kinder. In Algerien leben noch die Eltern und die Geschwister des Fremden.

Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Fremden in Österreich. Unter Zugrundelegung der Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet verfügt der Fremde über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen und weist er auch keine relevante Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht im Bundesgebiet auf.

Der Fremde ist strafgerichtlich unbescholten. Der Fremde befindet sich aktuell in Schubhaft.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Fremden:

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Fremden in seinem Folgeantrag und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Fremde im Falle seiner Rückkehr nach Algerien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sein wird.

Der aus Algerien stammende Fremde brachte im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren zusammengefasst wirtschaftliche Gründe für seine Flucht vor, da er die Familie seines Bruders nach dessen Tod finanziell unterstützen habe wollen.

Im nunmehr gegenständlichen Verfahren hält der Fremde seine bisherigen Fluchtgründe aufrecht und führt darüberhinaus unsubstantiiert aus, dass er Probleme in seiner Heimat habe und brachte unglaubhaft vor, dass er nach der Ermordung seines Bruders, von Leuten, die mit seinem Bruder zu tun gehabt hätten, bedroht worden sei, obwohl er nicht sagen könne, um welche Leute es sich handeln würde oder wer die Leute seien. Bekannt seien ihm diese Gründe bereits vor seiner Ausreise aus Algerien gewesen.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Fremde in Algerien aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird. Dies wurde von ihm auch nicht glaubhaft behauptet.

In Bezug auf den gesunden und arbeitsfähigen Fremden besteht kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Fremden nach Algerien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Fremde verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation in Algerien ist nicht eingetreten.

Algerien gilt als ein "sicherer Herkunftsstaat" im Sinne des § 1 Ziffer 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 47/2016.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Fremden vor diesem und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie in den zu überprüfenden Bescheid.

2.1. Zur Person des Fremden:

Die Feststellungen zur Person, seiner Herkunft, der Religionszugehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des Fremden gründen sich auf seinen diesbezüglich Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde, sowie der Identifizierung durch die algerische Botschaft.

2.2. Zu den Fluchtmotiven des Fremden:

Im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren brachte der Fremde vor, seine Heimat Algerien aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben, um die Familie seines ermordeten Bruders finanziell zu unterstützen.

Sein nunmehriges Vorbringen in seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz, wonach sein Bruder von unbekannten Personen umgebracht worden sei und er von diesen bedroht werde und ihm im Falle seiner Rückkehr das gleiche Schicksal drohen würde, ist als ein gesteigertes Fluchtvorbringen anzusehen, das ebenfalls als unglaubwürdig zu erachten ist.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist somit der belangten Behörde nicht entgegen zu treten, wenn sie zur Auffassung gelangt ist, dass das Vorbringen des Fremden nicht glaubhaft ist, nur auf einen bereits abgehandelten Fluchtgrund aufbaut und daher von einer entschiedenen Sache auszugehen sein wird. Angesichts der zum Vorverfahren widersprüchlichen Angaben und der detailarmen und nicht nachvollziehbaren Schilderungen seiner nunmehr angeführten Gründe, sowie der im Vorverfahren festgestellten wirtschaftlichen Gründe, liegt vielmehr nahe, dass er diesen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz nur gestellt hat, um eine Abschiebung zu vereiteln. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt in diesem Zusammenhang auch nicht, dass sich die angebliche Bedrohung auf einen Sachverhalt bezieht, der bereits vor Stellung seines ersten Asylantrages verwirklicht worden ist.

Ein Abgleich zwischen den Länderfeststellungen des ersten Asylverfahrens und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Algerien im gegenständlichen Verfahren ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Algerien. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom Fremden auch nicht behauptet. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Fremden nach Algerien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Fremde somit keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

§ 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1.-gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2.-kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3.-im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4.-eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1.-gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2.-der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3.-die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) ...

Entscheidungen

§ 22. ...

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

...".

§ 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Zunächst ist festzuhalten, dass der Fremde einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 Asylgesetz 2005 gestellt hat und dass kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vorliegt.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z 1 bis 3 Asylgesetz 2005 liegen vor:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Asyl und Fremdenwesen vom XXXX, Zl. XXXX, wurde der erste Antrag des Fremden auf internationalen Schutz, als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs nach Erhebung einer Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2017, Zl. I403 2143341-1/2E, in Rechtskraft. Dem Fremden droht demzufolge in Algerien keine asylrelevante Verfolgung.

Mit seinem nunmehrigen gesteigerten Vorbringen, dass er angeblich von Leuten die er nicht kennen würde, bedroht worden sei und ihm möglicherweise das gleiche passieren würde, wie seinem Bruder, baut er auf dem im ersten Verfahren bereits angegeben unnatürlichen Tod seines Bruders auf und ist dieses Vorbringen, wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt, als unglaubwürdig zu werten.

Auch dafür, dass dem Fremden im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, zumal der Fremde gesund ist, über Berufserfahrung verfügt und daher erwerbsfähig ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht wieder bestreiten können sollte, zumal der Fremde gesund und daher erwerbsfähig ist. Außerdem besteht ganz allgemein in Algerien keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf dem Fremden ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Auch führt der Fremde in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich und weist sein Privatleben keine besonders ausgeprägte Intensität auf.

Der Folgeantrag des Fremden wird voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil - unter Zugrundelegung der unter II. 1. getroffenen Feststellungen - keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, jedenfalls wurden keine Tatsachen neu vorgebracht, die zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, bzw. die nicht bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2009, 2008/01/0344, mwN).

Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist, wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichen Gehören zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt; es wurde dem Fremden Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 26.12.2018 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie am XXXX durch die belangte Behörde einvernommen, und es wurden ihm die Länderfeststellungen zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt.

Im Lichte des § 22 BFA-VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist; da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu treffen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
Folgeantrag, Identität der Sache, Privat- und Familienleben, real
risk, reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I416.2143341.2.00

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten