Entscheidungsdatum
14.01.2019Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W235 2187546-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.01.2018, Zl. 17-1171367404-171180616, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG und gemäß § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 17.10.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am XXXX 2017 in Deutschland einen Asylantrag stellte (vgl. AS 9).
1.2. Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst angab, dass er an keinen Krankheiten leide. Syrien habe er am XXXX 2017 verlassen und habe sich in der Folge jeweils vier Monate in der Türkei und vier Monate in Griechenland aufgehalten. Von XXXX 2017 bis XXXX 2017 sei er in Deutschland gewesen, wobei er mit einem gefälschten Pass nach Deutschland geflogen sei. Danach sei er nach Österreich gefahren. Österreich sei sein Zielland gewesen, da hier sein Onkel mütterlicherseits lebe. Der Beschwerdeführer habe Angst gehabt, dass man ihm in Deutschland die Fingerabdrücke abnehme und er einen Asylantrag stellen müsse. Um internationalen Schutz habe er in Deutschland nicht angesucht. Man habe ihm versichert, dass die Fingerabdrücke nur zur Personenfeststellung dienen würden. In Deutschland habe man ihm zwar gesagt, dass er um Asyl ansuchen könne, was der Beschwerdeführer jedoch abgelehnt habe. Er wolle nicht nach Deutschland zurück, da sein Zielland immer Österreich gewesen sei.
Dem Beschwerdeführer wurde weiters am 17.10.2017 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Deutschland die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 27).
1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.10.2017 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Deutschland.
Mit Schreiben vom 25.10.2017 stimmte die deutsche Dublinbehörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a Dublin III-VO ausdrücklich zu (vgl. AS 53).
Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 10.11.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Deutschland angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 103).
1.4. Am 15.11.2017 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit einer Rechtsberaterin im Zulassungsverfahren unter Beziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Arabisch statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer zunächst angab, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die Befragung zu absolvieren. Er lebe mit niemandem in einer Familien- oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft. In Syrien habe er gemeinsam mit seinem Onkel im selben Haushalt gelebt. Sein Onkel und dessen Familie würden in Wien mit einer Aufenthaltsberechtigung für drei Jahre leben. Finanziell sei er von seinem Onkel nicht abhängig, aber emotional. In Österreich lebe er mit seinem Onkel nicht im selben Haushalt. Allerdings habe der Beschwerdeführer bis zur Ausreise des Onkels im Jahr 2015 gemeinsam mit ihm gelebt. Sein Onkel habe ihm auch das Studium finanziert. Der Beschwerdeführer sei Ingenieur für Elektronik. Nach der Ausreise des Onkels aus Syrien habe der Beschwerdeführer noch täglich Kontakt zu ihm gehabt. Er habe zwar gewusst, dass sein Onkel in Österreich sei, sei jedoch trotzdem nach Deutschland gereist, weil die Reise nach Deutschland billiger gewesen sei. Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes, ihn nach Deutschland zu überstellen, gab der Beschwerdeführer an, dass Deutschland ein großartiges Land sei und sich jeder wünsche, dorthin zu gehen. Wegen seiner Familie wolle er jedoch in Österreich bleiben. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen zu Deutschland gab der Beschwerdeführer an, dass die Menschenrechte in Deutschland ebenso wie in Österreich geschützt seien. Er habe kein Problem mit Deutschland, wolle jedoch in der Nähe seiner Familie leben.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland gemäß Art. 3 Abs. 2 iVm Art. 18 Abs. 1 lit. a Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrags zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Deutschland zulässig ist.
Begründend wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer gesund sei. Festgestellt werde, dass er am XXXX 2017 in Deutschland einen Asylantrag gestellt habe. Weiters werde festgestellt, dass sich Deutschland gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a Dublin III-VO zur Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers für zuständig erklärt habe. Der Onkel des Beschwerdeführers lebe mit seiner Familie in Österreich und sei anerkannter Flüchtling. Mit diesen Verwandten lebe der Beschwerdeführer nicht im gemeinsamen Haushalt und es bestehe weder ein finanzielles noch ein sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Deutschland systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen wäre oder diese dort zu erwarten hätte. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 8 bis 17 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland.
Beweiswürdigend führte das Bundesamt aus, dass sich im Verfahren keine Hinweise ergeben hätten, dass der Beschwerdeführer an einer schweren körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung leide. Aufgrund des Fingerabdruckvergleichs bzw. des Eurodac-Treffers stehe die Antragstellung in Deutschland fest. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren sowie zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben seien aufgrund der vom Beschwerdeführer getätigten, nicht anzuzweifelnden Angaben getroffen worden. Die Feststellungen zu Deutschland würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Den Angaben des Beschwerdeführers seien keine stichhaltigen Gründe zu entnehmen, dass er konkret Gefahr liefe, dass ihm in Deutschland eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass sich Deutschland ausdrücklich bereit erklärt habe, den Beschwerdeführer im Rahmen der Verpflichtungen aus der Dublin III-VO zur Prüfung seines Asylantrages zu übernehmen. Es könne nicht erkannt werden, dass ihm der Zugang zum Asylverfahren in Deutschland verweigert werde. Daher könne auch eine Schutzverweigerung in Deutschland nicht erwartet werden.
In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 3 Abs. 2 iVm Art. 18 Abs. 1 lit. a Dublin III-VO erfüllt sei. Mit seinen vorgebrachten Verwandten lebe der Beschwerdeführer nicht im gemeinsamen Haushalt und würden keine Abhängigkeiten und keine Beziehungsintensität bestehen, zumal sich der Onkel mit Familie bereits seit zwei Jahren in Österreich befinde und der Beschwerdeführer beinahe zwei Jahre später nach Österreich gekommen sei. Beziehungen eines Fremden zu seinem Bruder, seinen Onkeln, Cousins und Cousinen, welche nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem Fremden leben würden, würden nicht in den Schutzbereich des Familienlebens fallen. Analog dazu ergebe sich im Fall des Beschwerdeführers zweifelsfrei, dass bei der Beziehung zu seinem Onkel und dessen Familie von keinem im Sinne des Art. 8 EMRK schützenswerten Familienleben auszugehen sei. Die Außerlandesbringung stelle daher insgesamt keinen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens dar. Auch hätten sich keine Hinweise ergeben, dass durch eine Außerlandesbringung in unzulässiger Weise in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen werde. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Deutschland sei bereit, den Beschwerdeführer einreisen zu lassen, seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen und die sonstigen, Deutschland aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen dem Beschwerdeführer gegenüber zu erfüllen. Weiters sei festzuhalten, dass in Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Ein im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe daher bei Abwägung aller Umstände nicht erschüttert werden können. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Die Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner nunmehr bevollmächtigten Vertretung Beschwerde und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde ausgeführt, dass aus den Aussagen des Beschwerdeführers eindeutig hervorgehe, dass er niemals beabsichtigt habe, in Deutschland um Asyl anzusuchen. Es sei unrichtig, dass zwischen dem Beschwerdeführer und seine Familie kein Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Er habe angegeben, bei der Familie seines Onkels aufgewachsen zu sein und habe ihm der Onkel auch sein Studium finanziert. Seine Cousins seien wie Brüder und auch zu seiner Cousine habe der Beschwerdeführer ein inniges Verhältnis. Der Beschwerdeführer wolle in Österreich sein Familien- und Privatleben ausleben. Bei einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Deutschland wäre es ihm nicht mehr möglich, den jetzt gepflegten Kontakt aufrechtzuerhalten. Der Beschwerdeführer habe nur aus "versicherungstechnischen" Gründen nicht zu seinem Onkel ziehen können, und es liege daher nicht in einer vom Beschwerdeführer beeinflussbaren Sphäre, im gemeinsamen Haushalt mit seinen Verwandten zu leben. Ferner seien die Länderberichte zu Deutschland veraltet und würden die aktuelle Lage in Deutschland nicht korrekt widerspiegeln. Aufgrund der momentan großen Zahl an Flüchtlingen, die derzeit in Deutschland Asylanträge stellen würden, sei fraglich, ob die Versorgung des Beschwerdeführers als Dublin-Rückkehrer tatsächlich gewährleistet sei. Weiters fühle sich der Beschwerdeführer in Deutschland diskriminiert und nicht sicher, da es im letzten Jahr einen erheblichen Anstieg an fremdenfeindlichen Übergriffen auf Asylwerber in Deutschland gegeben habe. Es sei festzustellen, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylwerber in Deutschland aktuell systemische Mängel aufweisen würden, sodass im gegenständlichen Fall eine Verletzung des Art. 3 EMRK drohe.
4. Mit Schreiben vom 20.03.2018 gab das Bundesamt den deutschen Behörden bekannt, dass sich die Überstellungsfrist im vorliegenden Fall auf 18 Monate verlängert hat, da der Beschwerdeführer flüchtig ist (vgl. OZ 5).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste Ende Jänner 2017 aus Syrien aus und hielt sich in der Folge jeweils vier Monate in der Türkei und in Griechenland auf. Danach reiste er weiter nach Deutschland, wo er am XXXX 2017 einen Asylantrag stellte. Nach einem wenige Tage dauernden Aufenthalt in Deutschland fuhr der Beschwerdeführer weiter nach Österreich und stellte am 17.10.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.10.2017 ein Wiederaufnahmegesuch an Deutschland, welches von der deutschen Dublinbehörde am 25.10.2017 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a Dublin III-VO gegeben wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Deutschlands wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Ferner hat sich die Überstellungsfrist im gegenständlichen Fall auf 18 Monate verlängert, da der Beschwerdeführer flüchtig ist.
Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Deutschland sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Deutschland Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung nach Deutschland aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht.
In Österreich lebt seit ca. drei Jahren ein Onkel des Beschwerdeführers mit seiner Familie als anerkannter Flüchtling. Bis zur Ausreise des Onkels aus Syrien im Jahr 2015 lebte der Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt mit seinem Onkel (und dessen Familie) und wurde von diesem finanziell unterstützt. Seit diesem Zeitpunkt besteht kein gemeinsamer Haushalt - weder in Syrien noch in Österreich - zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Onkel. Wechselseitige Abhängigkeiten - finanzieller oder sonstiger Natur - konnten nicht festgestellt werden. Darüber hinaus bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer seit dem 15.11.2017 über keine aufrechte Meldung mehr im österreichischen Bundesgebiet verfügt.
1.2. Zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland:
Zum deutschen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland wurde auf den Seiten 8 bis 17 im angefochtenen Bescheid Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.
Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:
a). Dublin-Rückkehrer:
In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 16.11.2015). [...]
Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätte (AIDA 16.11.2015).
b). Versorgung:
Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen erhalten AW Verpflegung, Unterkunft, Krankenversorgung und Verbrauchsartikel. Der notwendige Bedarf wird durch Sachleistungen gedeckt. Wenn das nicht möglich ist, werden Wertgutscheine oder ähnliches bis hin zu Geldleistungen gewährt. [...]
Anstelle der Geldleistungen können auch Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, Wertgutscheinen oder Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat wird gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Es gibt Leistungen für Bildung etc. (AsylbLG 23.12.2016, §3).
In Deutschland gibt es grundsätzlich 3 verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Der Betrieb dieser Einrichtungen ist Landessache. In den Jahren 2014 und 2015 waren aufgrund der zahlreichen Migranten auch Notunterkünfte gebräuchlich (AIDA 16.11.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Zum Teil sind Notunterkünfte immer noch in Verwendung (Pro Asyl 10.1.2017).
Asylwerber müssen bis zu 6 Monate in den Erstaufnahmezentren bleiben. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, werden AW normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, das sind generell Unterbringungszentren im selben Bundesland. AW müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen (AIDA 16.11.2015; vgl. auch BAMF 10.2016).
Deutschland verfügt mittlerweile bundesweit über 24 Ankunftszentren. Dort werden viele, bis dahin auf mehrere Stationen verteilte Schritte im Asylverfahren, gebündelt. Nach Möglichkeit findet das gesamte Asylverfahren unter dem Dach des Ankunftszentrums statt - von der ärztlichen Untersuchung, über die Aufnahme der persönlichen Daten und der Identitätsprüfung, der Antragstellung und Anhörung bis hin zur Entscheidung über den Asylantrag. Bei Menschen mit sehr guter Bleibeperspektive sowie Antragstellenden aus sicheren Herkunftsländern mit eher geringen Bleibeaussichten kann in der Regel vor Ort innerhalb von 48 Stunden angehört und über den Asylantrag entschieden werden (BAMF o.D,a). Neben der Bearbeitung von neuen Anträgen, werden in den Ankunftszentren seit Sommer 2016 auch ältere Verfahren bearbeitet und Anhörungen durchgeführt. Somit werden die BAMF-Außenstellen in der jeweiligen Region entlastet. Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Sie erhalten ebenfalls eine Beratung zum möglichen Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Bundesagentur für Arbeit (BAMF 1.8.2016b).
Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das deutsche Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- bzw. Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Deutschland den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit, zu seiner Ausreise aus Syrien, zu seinem weiteren Reiseweg (einschließlich der Dauer der Aufenthalte in der Türkei, in Griechenland und in Deutschland), zu seiner Weiterreise nach Österreich und zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus dem Akteninhalt.
Dass der Beschwerdeführer am XXXX 2017 in Deutschland einen Asylantrag stellte, ergibt sich zweifelsfrei aus dem diesbezüglichen Eurodac-Treffer. Hingegen ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe in Deutschland nicht um internationalen Schutz angesucht bzw. habe es abgelehnt, um Asyl anzusuchen, nicht glaubhaft. Zum einen widerspricht es dem unbedenklichen Eurodac-Treffer und zum andern lässt sich auch dem Antwortschreiben der deutschen Dublinbehörde, welches sich auf Art. 18 Abs. 1 lit. a Dublin III-VO stützt, eindeutig die Asylantragstellung des Beschwerdeführers in Deutschland entnehmen.
Die Feststellungen zum Wiederaufnahmegesuch der österreichischen Dublinbehörde und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers durch Deutschland sowie zur Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Darauf, dass die Zuständigkeit Deutschlands beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise und wurde ein derartiges Vorbringen weder vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde erstattet.
Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Deutschland wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).
Die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Deutschland entgegenstehen, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt hat der Beschwerdeführer dezidiert angegeben, an keinen Krankheiten zu leiden bzw. sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die Befragung zu absolvieren (AS 17 bzw. AS 109).
Die Feststellungen zu den Familienangehörigen (Onkel mit Familie) sowie zur Dauer deren bisherigen Aufenthalts in Österreich ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Dass der Onkel des Beschwerdeführers anerkannter Flüchtling ist, lässt sich den Feststellungen im angefochtenen Bescheid entnehmen. Ebenso ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, dass dieser in Syrien (bis zur Ausreise des Onkels im Jahr 2015) mit dem Onkel im gemeinsamen Haushalt gelebt hat und von diesem finanziell unterstützt worden war. Die weiteren Feststellungen - kein gemeinsamer Haushalt seit der Ausreise des Onkels weder in Syrien noch in Österreich und keine wechselseitigen Abhängigkeiten - gründen ebenfalls auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 15.11.2017. Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, der Beschwerdeführer lebe nur aus "versicherungstechnischen" Gründen nicht mit dem Onkel im gemeinsamen Haushalt, ist dem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer - bei tatsächlichem Vorliegen einer derart engen emotionalen Bindung, die ein Zusammenleben unbedingt erfordert - wohl auf den Vorzug der kostenlosen Krankenversicherungen auch hätte verzichten, sich selbst versichern und zum Onkel ziehen können. Dass der Beschwerdeführer dies nicht getan hat, verweist sohin wohl doch auf eine nicht derart intensive Beziehung zu den erwähnten Verwandten. Das Argument, es liege nicht in einer vom Beschwerdeführer beeinflussbaren Sphäre, im gemeinsamen Haushalt mit seinen Angehörigen zu leben, geht sohin ins Leere. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer "untergetaucht" ist, was er wohl nicht getan hätte, würde er den Kontakt zu seinen Familienangehörigen weiterhin aufrechterhalten wollen. Dass der Beschwerdeführer seit dem 15.11.2017 über keine aufrechte Meldung mehr im Bundesgebiet verfügt, ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 10.01.2019.
2.2. Die Feststellungen zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Deutschland ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.
Die Gesamtsituation des Asylwesens in Deutschland ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentliche Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab er zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen an, dass die Menschenrechte in Deutschland ebenso wie in Österreich geschützt seien und, dass er kein Problem mit Deutschland habe (vgl. AS 113). Die - dem Vorbringen des Beschwerdeführers eklatant widersprechenden - Beschwerdeausführungen sind ebenfalls nicht geeignet, den diesbezüglichen Länderfeststellungen entgegenzutreten. Wenn die Beschwerde ausführt, dass die Länderberichte "veraltet" seien und die aktuelle Lage in Deutschland nicht "korrekt widerspiegeln" würden, ist auszuführen, dass dieses Vorbringen lediglich unsubstanziiert in den Raum gestellt wurde. Zum einen wurde nicht ausgeführt, welche Teile die Beschwerde als veraltet betrachtet. Zum anderen wurde nicht einmal der Ansatz einer Erklärung versucht, aus welchen Gründen die Beschwerdeausführungen dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Länderberichten des Bundesamtes derart massiv widersprechen. Auch hat der Beschwerdeführer niemals auch nur ansatzweise vorgebracht, dass er sich in Deutschland "diskriminiert" und "nicht sicher" fühle. Das Beschwerdevorbringen ist in seiner Gesamtheit - insbesondere auch die lapidar in den Raum gestellte Unterstellung, das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylwerber in Deutschland würden aktuell systemische Mängel aufweisen - nicht geeignet, die Länderfeststellungen des Bundesamtes in Frage zu stellen, zumal alternative Berichte bzw. Quellen nicht in das Verfahren eingeführt wurden. Mangels konkretem Vorbringen sind die Beschwerdeausführungen daher nicht geeignet, die durch tatsächlich aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid zu entkräften.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine
Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.
Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.
Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).
3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:
Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Art. 7 Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) [...]
Art. 17 Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.
Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats
(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:
a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;
b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.
(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.
Art 29 Modalitäten und Fristen [der Überstellung]
(1) [...]
(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.
(3) [...]
(4) [...]
3.2.3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (vgl. hierzu Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich und Urteil vom 07.06.2016, C-63/15 Mehrdad Ghezelbash gegen Niederlande und vom 07.06.2016, C-155/15, Karim gegen Schweden) regeln die Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (nunmehr: Dublin III-VO) die subjektiven Rechte der Mitgliedstaaten untereinander, begründen jedoch kein subjektives Recht eines Asylwerbers auf Durchführung seines Asylverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat der Union.
Die Verpflichtung Deutschlands zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers basiert auf Art. 18 Abs. 1 lit. a Dublin III-VO.
In einem Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 18 Dublin III-VO findet eine neuerliche Überprüfung der Richtigkeit der seinerzeit erfolgten Zuständigkeitsbestimmung nicht mehr statt, es ist vielmehr primär zu prüfen, ob die Zuständigkeit inzwischen wieder erloschen ist (vgl. Filzwieser/Sprung, "Dublin III-Verordnung Das Europäische Asylzuständigkeitssystem", K 6 zu Art. 18 Dublin III-VO, Seite 170). Es ist allerdings eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung diese Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (vgl. VfGH vom 27.06.2012, U 462/12). Im vorliegenden Fall gibt es für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als Deutschland keine Anhaltspunkte. Zudem stimmte die deutsche Dublinbehörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a Dublin III-VO ausdrücklich zu. Hinzu kommt, dass die grundsätzliche Zuständigkeit Deutschlands zur Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren - weder vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde - bestritten wurde. Ein Vorbringen, das die Zuständigkeit Deutschlands in Zweifel ziehen würde, wurde nicht erstattet.
Betreffend die Verlängerung der Überstellungsfrist ist im gegenständlichen Fall anzumerken, dass die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht abgelaufen ist, da der Beschwerdeführer (innerhalb der sechsmonatigen Überstellungsfrist) für die Behörden nicht greifbar und sohin "flüchtig" war und sich aufgrund dessen die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf 18 Monate verlängert hat, was den deutschen Behörden (ebenfalls vor Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist) mit Mitteilung vom 20.03.2018 bekanntgegeben worden war (vgl. hierzu "Filzwieser/Sprung: Dublin III-Verordnung Das Europäische Asylzuständigkeitssystem", Stand: 01.02.2014, K12 zu Art. 29 Dublin III-VO, wonach eine Verlängerung bis zur Maximalfrist erfolgen kann, wenn ein Drittstaatsangehöriger einmal flüchtig ist und zwar auch dann, wenn er wieder betreten wird).
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 17.06.2005, B336/05 sowie vom 15.10.2004, G237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949 sowie vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre. Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und - soweit damit noch notwendig und vereinbar - aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob der Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung nach Deutschland gemäß § 5 AsylG und § 61 FPG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würden, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.
3.2.4. Mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC:
3.2.4.1. Gemäß Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (vgl. VwGH vom 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 98/18/0317 u.a.). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949) wie folgt ausgesprochen: "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist."
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 sowie EGMR vom 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov gegen Türkei Rz 71 bis 77). Auch eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Fall einer Überstellung und ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (vgl. VwGH vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673; vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025 und vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.
Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.
Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, Nr. 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufnahmestaat gebieten.
3.2.4.2. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer weder in seinem Vorbringen in der Erstbefragung noch im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Asylverfahren in Deutschland kritisiert hat bzw. in irgendeiner Weise darauf hingewiesen oder angedeutet hat, dass er in Deutschland keinen Zugang zum Asylverfahren hätte und/oder nicht ausreichend versorgt werden würde. Zum Beschwerdevorbringen betreffend systemische Mängel des deutschen Asylsystems und der Aufnahmebedingungen wird zunächst auf die diesbezüglichen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Selbst wenn in Deutschland derzeit eine "große Zahl an Flüchtlingen Asylanträge stellt" (wie in der Beschwerde behauptet) ist zu keiner Zeit das deutsche Asylsystem (einschließlich Aufnahmebedingungen und Versorgungsleistungen) in Frage gestellt worden und war die Beschwerde auch nicht in der Lage, diese unsubstanziierte Behauptung zu belegen. Zum weiteren Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer fühle sich in Deutschland diskriminiert und nicht sicher, da es im letzten Jahr einen erheblichen Anstieg an fremdenfeindlichen Übergriffen auf Asylwerber in Deutschland gegeben habe, ist zum einen darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer selbst ein derartiges Vorbringen nicht erstattet hat, sondern - im Gegenteil - angab, dass Deutschland ein großartiges Land sei und sich jeder wünsche, dorthin zu gehen. Er habe kein Problem mit Deutschland und in Deutschland würden die Menschenrechte geschützt (vgl. AS 113). Zum andern ist darauf zu verweisen, dass im Fall von tatsächlichen und konkreten Bedrohungen die deutschen Behörden willens und in der Lage sind, den Beschwerdeführer vor etwaigen Übergriffen zu schützen.
In einer Gesamtbetrachtung ist sohin auszuführen, dass das Beschwerdevorbringen zum Asylsystem in Deutschland nicht geeignet ist, die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG zu entkräften, zumal der Beschwerdeführer selbst weder in seiner Erstbefragung noch in seiner Einvernahme Kritik am deutschen Asylsystem, einschließlich der Unterbringungs- und Versorgungslage, geäußert hat. Schwerwiegende Defizite im deutschen Asylverfahren sind auch den Länderfeststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.
Wie im angefochtenen Bescheid ausführlich und unter Heranziehung zahlreicher Berichte dargelegt wurde, ist in Deutschland insbesondere auch die Versorgung der Asylwerber grundsätzlich gewährleistet. Nach den Länderberichten zu Deutschland kann letztlich nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein Asylwerber im Fall einer Überstellung nach Deutschland konkret Gefahr liefe, dort einer gegen das Folterverbot des Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung unterworfen zu werden. Das Asyl- und Refoulementschutzverfahren in Deutschland und die Situation von Asylwerbern dort geben somit keinen Anlass, ein "real risk" einer Verletzung von Art. 3 EMRK zu befürchten. Wesentlich erscheint schließlich auch, dass seitens der Europäischen Kommission gegen Deutschland kein Vertragsverletzungsverfahren wegen Missachtung der Status-, Verfahrens- oder Aufnahmerichtlinie eingeleitet wurde und es daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erkennbar ist, dass der Beschwerdeführer nach seiner Überstellung nach Deutschland Gefahr liefe, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in seinen durch Art. 3 EMRK geschützten Rechten verletzt zu werden.
Aufgrund der vom Bundesamt getroffenen Länderfeststellungen ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Deutschland Zugang zu einer Unterkunft haben und auch entsprechend versorgt werden würde. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass keine Berichte vorliegen, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei nur nach Deutschland gereist, weil die Reise nach Deutschland billiger gewesen sei und sein Zielland sei Österreich, da er in der Nähe seiner Familie leben wolle, ist auf den Hauptzweck der Dublin III-VO zu verweisen ist, wonach eine im allgemeinen von den Wünschen der Asylwerber losgelöste Zuständigkeitsregelung zu treffen ist.
3.2.4.3. Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art. 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Fall kein Vorbringen in Zusammenhang mit dem Vorliegen von Krankheiten bzw. eines aktuellen medizinischen Behandlungsbedarfs im Verfahren vor dem Bundesamt erstattet und finden sich auch sonst nach der Aktenlage keine Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers in physischer oder psychischer Hinsicht. Auch in der Beschwerde wurde kein Vorbringen in Bezug auf etwaige Erkrankungen bzw. auf eine allfällige Behandlungsbedürftigkeit erstattet. Ferner besteht in Deutschland ein funktionierendes Gesundheitssystem, das für den Beschwerdeführer in Fällen akuter Erkrankung oder Schmerzen kostenlos zugänglich ist. Unabhängig davon ergibt sich anhand der aktuellen Länderberichte zweifelsfrei, dass Deutschland allen Asylwerbern Unterbringung und ein Mindestmaß an Sozialleistungen und Gesundheitsversorgung bietet. Dies gilt auch für zurückgewiesene Asylwerber bis zum Tag ihres Transfers (vgl. Seite 15 des angefochtenen Bescheides).
Der mentale Stress bei einer Abschiebung selbst ist ebenfalls kein ausreichendes "real risk", weshalb eine - nach dem Maßstab der Judikatur des EGMR - maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers