Entscheidungsdatum
15.01.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W226 2143907-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, vertreten durch RA Lehofer & Lehofer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2017, Zl.: 750286204/160798355, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 94 Abs. 1 FPG idgF stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.06.2007, Zahl: 0502.862-BAG, wurde ihm gemäß § 7 AsylG 1997 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
Im Akt befindet sich eine Beschuldigteneinvernahme vom 29.04.2014, wonach der BF als Beschuldigter zu den Tatbeständen des § 282a (Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten) und § 278b StGB (Terroristische Vereinigung) einvernommen wurde. Am XXXX wurde das Verfahren von der StA wieder eingestellt.
Am 30.07.2015 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) ein Asyl-Aberkennungsverfahren gegen den BF eingeleitet, welches bis dato beim BFA anhängig ist.
Während dieser Zeit wurden dem BF immer wieder Konventionsreisepässe, zuletzt vom BFA mit Gültigkeit vom 11.06.2014 bis 10.06.2016, ausgestellt.
2. Am 08.06.2016 beantragte der BF erneut die Ausstellung eines Konventionsreisepasses.
Am 01.07.2016 stellte der BF durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter einen "Antrag auf Einstellung des Aberkennungsverfahrens". Es wurde ausgeführt, dass seit langer Zeit ein Asylaberkennungsverfahren anhängig sei, das Strafverfahren gegen den BF aber mit XXXX eingestellt worden sei, da kein tatsächlicher Grund zur Verfolgung des BF gefunden worden sei.
In einem Aktenvermerk der LPD XXXX vom 05.07.2016 wurde ausgeführt, dass der BF im Jahr 2014 in Graz in der damaligen "XXXX" Moschee als Kassier fungiert habe, er im April 2014 als Beschuldigter einvernommen worden sei, ein Gerichtsverfahren den BF betreffend jedoch nicht anhängig sei. Aufgrund der engen Kontakte zu dem derzeit noch nicht rechtskräftig verurteilten radikal islamistischen Personenkreis rund um die XXXX Moschee, werde angeregt, aus dieser Sicht die Passausstellung zu verweigern.
3. Am 24.08.2016 stellte das BFA eine Anfrage an das Landesamt für Verfassungsschutz (im Folgenden: LV), ob hinsichtlich des BF stichhaltige Gründe vorliegen würden, dass dieser eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstelle; er ein dem öffentlichen Interesse widerstreitendes Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung habe; Tatsachen vorliegen würden, wonach er einer kriminellen Organisation oder terroristischen Vereinigung angehöre bzw. terroristische Straftaten begangen habe; er durch sein Verhalten (insbesondere durch öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, den öffentlichen Aufruf zur Gewalt, hetzerische Aufforderung bzw. Aufreizungen) die nationale Sicherheit gefährde; er öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbaren Gewicht billige oder dafür werbe; er durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit Österreichs gefährden würde; er als Mitglied einer kriminellen Organisation oder krimineller oder terroristischer Vereinigung durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit Österreichs gefährden würde.
4. In weiterer Folge langte die Anfragebeantwortung des LV (datiert mit 12.01.2017) beim BFA ein. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF Gründungsmitglied des islamischen Glaubensvereins XXXX (Moschee in einer Wohnung, in welcher von einem Imam das Freitagsgebet unter Teilnahme von 100-150 Tschetschenen abgehalten worden sei) gewesen sei und im Laufe der Zeit als Obmann, danach als Schriftführer und zuletzt als Kassier fungiert habe. Der Imam befinde sich seit 29.08.2015 in Untersuchungshaft und werde diesem vorgeworfen, Tschetschenen aus der Moscheegemeinschaft aufgefordert zu haben nach Syrien zu gehen um sich einer terroristischen Vereinigung anzuschließen. Der Glaubensverein sei Mitte 2014 geschlossen worden und in weiterer Folge, am XXXX der XXXX gegründet worden (tschetschenische Nachfolgemoschee). Der BF sei bei der Entstehung dieser Moschee in vorderer Front vertreten gewesen, eine Funktion als Obmann, Schriftführer oder Kassier habe er aber nicht angenommen. Der BF sei am 24.04. und 29.04.2014 als Beschuldigter einvernommen worden, zu einer Anklageschrift bei der StA sei es aber mangels weiterer Fakten nicht gekommen. Bei dem islamischen Glaubensverein XXXX und der Nachfolge-Moschee handle es sich um eine salafistisch ausgerichtete Moschee und sei die Ausrichtung dieser Einrichtung mit den rechtsstaatlichen Normen der Republik Österreich nicht vereinbar. Effektive Rückschlüsse auf die obigen Fragen des BFA (ob der BF eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit Österreichs, ein Naheverhältnis zu extremistisch oder terroristischen Gruppierung habe; einer kriminellen Organisation oder terroristischen Vereinigung angehöre; durch öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten; Aufruf zur Gewalt oder hetzerische Aufforderung oder Aufreizung die öffentliche Sicherheit gefährde; er in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbaren Gewicht billige oder dafür werbe; er durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit Österreichs gefährden würde; er als Mitglied einer kriminellen Organisation oder krimineller oder terroristischer Vereinigung durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit Österreichs gefährden würde) hätten jedoch nicht ermittelt werden können.
Am 12.01.2017 wurde der BF vom BFA vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und wurde darin ausgeführt, dass für die Behörde die im Sinne des "§ 92 iVm. 14 Abs. 5 PassG. 2 FPG" angeführten Tatsachen gegeben seien und beabsichtigt sei, den Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses abzuweisen. Zudem wurde dem BF eine Frist von zwei Wochen zur Einbringung einer Stellungnahme gewährt.
5. Am 30.01.2017 langte eine Stellungnahme des BF ein. Es wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem BF von der Behörde mitgeteilt worden sei, dass er offensichtlich nach wie vor engen Kontakt zu einem derzeit noch nicht rechtskräftig verurteilten radikalen islamistischen Personenkreis habe. Die Behörde plane offenbar die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses. Der BF habe allerdings keinesfalls engen Kontakt zu einem derzeit noch nicht rechtskräftig verurteilten radikal-islamischen Personenkreis. Die Personen seien nicht einmal rechtskräftig verurteilt (womit weiterhin die Unschuldsvermutung gelte), sondern würden sich in Untersuchungshaft befinden, sodass von einem "engen Kontakt" keine Rede sein könne. Richtigerweise habe der BF zu den von der Behörde genannten Personen überhaupt keinen Kontakt. Richtig sei, dass der BF in den letzten zwei Jahren eine Ausbildung als Mechatroniker positiv absolviert habe und ab sofort einer Beschäftigung bei einer Firma für Gastronomiegeräte nachgehen könne. Der BF habe keinerlei Funktion mehr im islamistischen Glaubensverein XXXX, zumal dieser gar nicht mehr existiere. Richtig sei lediglich, dass der BF gelegentlich in die tschetschenische Moschee gehe, er dort aber in keiner Weise Kontakt zu einem wir immer gearteten radikalen Personenkreis habe. Der Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses werde daher ausdrücklich aufrecht gehalten.
6. Mit nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 01.02.2017 wurde der Antrag des BF auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 1 und 5 iVm § 92 Abs. 1a Z 5 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Behörde im Zuge des Verfahrens davon Kenntnis erlangt habe, dass hinsichtlich des BF bei der StA wegen Verdachtes des § 282a und § 278b StGB eine Anzeige eingebracht worden sei und der BF in der Funktion eines Kassier des islamischen Glaubensvereines XXXX als Beschuldigter einvernommen worden sei. Dieses Verfahren sei von der StA mit XXXX eingestellt worden. Weiters hätten die Erhebungen ergeben, dass der BF beim islamistischen Glaubensverein XXXX Gründungsmitglied gewesen sei und im Laufe der Zeit als Obmann, danach als Schriftführer und zuletzt als Kassier für den Verein tätig gewesen sei. Der Glaubensverein sei Mitte des Jahres 2014 geschlossen worden und sei am XXXX das XXXX (tschetschenischer Kulturverein) eröffnet worden. Dabei handle es sich um die tschetschenische Nachfolgemoschee. Der BF sei bei der Entstehung dieser Moschee abermals in vorderer Front vertreten gewesen, habe aber keine Funktion angenommen. Bei dem ehemaligen Glaubensverein und der Nachfolgemoschee handle es sich um salafistisch ausgerichtete Moscheen. Die Ausrichtung dieser Glaubensrichtung sei mit den rechtsstaatlichen Normen der Republik Österreich nicht vereinbar. Es ergebe sich von alleine, dass der BF aufgrund seiner Funktionen und Gründungsbemühungen in der Nachfolgemoschee einen gewissen Einfluss gehabt habe und er auch Kontakt zu derzeit noch nicht rechtskräftig verurteilten radikalen islamistischen Personen habe. Richtig sei, dass derzeit kein Kontakt bestehen könne, da sich der Personenkreis noch in Haft befinde. Dass diese Personen noch nicht rechtskräftig verurteilt seien, sei für das gegenständliche Verfahren unerheblich. Alleine der Tatverdacht für sich sehe gesetzlich vor, dem BF die Ausstellung eines Reisedokumentes zu versagen. Es liege der Verdacht nahe, dass der BF das Reisedokument nützen könne, um seiner Gesinnung entsprechend, als Mitglied einer kriminellen Organisation oder terroristischen Vereinigung durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährde.
Rechtlich wurde ausgeführt, dass im Falle des BF § 94 Abs. 1 und 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 5 FPG/ § 92 Abs. 1a iVm § 14 Abs. 1 Z 5 Passgesetz 1992 zutreffen würden. Auch wenn im Falle des BF keine rechtskräftige Verurteilung vorliege, so sei dem Gesetz eindeutig zu entnehmen, dass eine solche nicht gefordert sei. Für die Versagung reiche der begründete Verdacht, welcher sich zweifelsfrei aus der Aktenlage ergebe. Laut den Erhebungen sei der BF ein Gründungsmitglied der bereits geschlossenen XXXX-Moschee sowie auch maßgeblich bei der Entstehung des tschetschenischen Kulturvereines beteiligt gewesen. Auch wenn der BF jetzt keine Funktion mehr ausübe, so ergebe sich schon auf Grund der vormaligen Funktionen sowie seiner Mitarbeit, dass er einen anderen Stellenwert in dieser Gesellschaft als ein einfaches Mitglied habe. Die Absolvierung einer Ausbildung (Mechatroniker) und seine beabsichtigte Arbeitsaufnahme hätten auf das Verfahren keinen Einfluss. Der Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses sei wegen der Versagungsgründe des § 94 Abs. 5 iVm § 92 FPG abzuweisen.
7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Es wurde ausgeführt, dass der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten werde. Der Beweiswürdigung der Behörde sei in keiner Weise zu entnehmen, woraus sich ein Tatverdacht gegen den BF ergebe. Der BF sei einmal als Beschuldigter einvernommen worden. Nachdem in keiner Weise ein Verdacht gegen ihn verblieben sei, sei das Strafverfahren eingestellt worden. Aus dem gesamten Strafakt ergebe sich keinerlei Tatverdacht gegen den BF und habe die Behörde auch nur pauschal auf den Inhalt des gesamten Aktes verwiesen. Dies entspreche in keiner Weise den Erfordernissen einer rechtsstaatlichen Beweiswürdigung. Weiters verweise die Behörde - ohne nähere Erklärung oder Definition - auf eine angeblich salafistische Ausrichtung der seitens der Behörde erwähnten Glaubensvereine. Der BF habe mit Salafismus nichts zu tun. Die Behörde habe auch nicht konkret begründet, worauf sich der Tatverdacht gründe und habe auch keine bestimmten Tatsachen genannt, auf welche sie ihre rechtliche Beurteilung stütze. Zudem sei der BF nicht mit konkret bestimmten Tatsachen konfrontiert worden, sondern lediglich mit pauschalen, unkonkreten Anschuldigungen und habe keine Möglichkeit gehabt diese zu entkräften. Abschließend wurde ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist ein russischer Staatsangehöriger (Tschetschene), dem mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.06.2007 gemäß § 7 AsylG 1997 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde.
Er verfügte zuletzt über einen vom 11.06.2014 bis 10.06.2016 gültigen Konventionsreisepass.
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA, der Beschwerdeschrift sowie dem von Amts wegen eingeholten Strafregisterauszug.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im vorliegenden Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu Spruchpunkt A):
Asylberechtigten ist gemäß § 94 Abs. 1 FPG 2005 grundsätzlich auf Antrag ein Konventionsreisepass auszustellen. Die Versagungsgründe des § 92 Abs. 1 iVm § 94 Abs. 5 FPG 2005 sind vor dem Hintergrund des Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG (Statusrichtlinie) zu lesen. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, Reiseausweise - wie im Anhang zur Genfer Flüchtlingskonvention vorgesehen - für Reisen außerhalb ihres Gebietes ausstellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
Gemäß § 94 Abs. 5 FPG gelten die §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.
Gemäß § 92 Abs. 1 FPG ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
1. der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;
2. der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;
3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;
4. der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;
5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
Gemäß § 92 Abs. 1a gelten die Versagungsgründe des § 14 Abs. 1 Z 3 lit d, e und Z 5 Passgesetz 1992 sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle des Reisepasses der Fremdenpass tritt.
Die Ausstellung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn der Fremde unentschuldigt einer Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, in der diese Folge angekündigt ist, nicht Folge leistet oder an der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht mitwirkt. (§ 92 Abs. 2 FPG)
Liegen den Tatsachen die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992. (§ 92 Abs. 3 FPG)
§ 14 Passgesetz 1992 lautet:
(1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Reisepasses sind zu versagen, wenn
1. der Passwerber seine Identität nicht zweifelsfrei nachzuweisen vermag oder die erforderliche Mitwirkung verweigert,
2. die Freizügigkeit des Paßwerbers auf Grund gesetzlicher Bestimmungen beschränkt ist und die Versagung zur Erreichung des Ziels dieser Beschränkung erforderlich ist,
3. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Paßwerber den Reisepaß benützen will, um
a) sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die mit mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist, eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung im Inland zu entziehen,
....
4. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß durch den Aufenthalt des Paßwerbers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde, oder
5. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Passwerber könnte als Mitglied einer kriminellen Organisation oder kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Sinne der §§ 278 bis 278b StGB durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden.
(2) Von den Bestimmungen des Abs. 1 ist eine Ausnahme nur gemäß § 4a Abs. 1 Z 3 zulässig.
(3) Liegen den in Abs. 1 Z 3 lit. b bis f und Z 4 und 5 angeführten Tatsachen gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach den §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben.
(4) Allein das Vorliegen eines voraussichtlich länger als drei Monate dauernden Hinderungsgrundes für die Abnahme von Papillarlinienabdrücken der Finger einer oder beider Hände steht der Ausstellung eines gewöhnlichen Reisepasses oder eines Dienst- oder Diplomatenpasses nicht entgegen.
Im vorliegenden Fall ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die belangte Behörde im Spruch ihres Bescheides auf "§ 94 Abs. 1 und 5 iVm § 92 Abs. 1a Z 5 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005" stützt, während in der Bescheidbegründung ausgeführt wurde, dass im Falle des BF "§ 94 Abs. 1 und 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 5 FPG/ § 92 Abs. 1a iVm § 14 Abs. 1 Z 5 Passgesetz 1992" zutreffen würden.
Soweit die belangte Behörde (in der Bescheidbegründung) ausführt, dass § 92 Abs. 1 Z 5 FPG bzw. § 92 Abs. 1a iVm § 14 Abs. 1 Z 5 Passgesetz 1992 erfüllt sind, so rechtfertigen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Tatsachen, auf die sich das BFA stützt, jedenfalls nicht die Annahme, dass der BF durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden würde oder der BF als Mitglied einer kriminellen Organisation oder kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Sinne der §§ 278 bis 278b StGB durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden könnte. Dies aus folgenden Gründen:
Die belangte Behörde stützt sich in ihrer Begründung lediglich auf eine Beschuldigteneinvernahme aus dem Jahr 2014 (Einvernahme des BF wegen des Verdachtes auf § 282a und § 278b StGB nach einer Hausdurchsuchung im Vereinslokal des islamischen Glaubensvereins XXXX) sowie dem im Akt einliegenden Aktenvermerk einer LPD vom 05.07.2016 (in welcher die Verweigerung der Passausstellung angeregt wurde). Den gesamten Straf-Akt des BF hat die belangte Behörde jedoch nicht beigeschafft. Aus der Beschuldigteneinvernahme lassen sich keine konkreten Hinweise dafür ableiten, dass der BF, welcher zwar Gründungsmitglied des islamischen Glaubensvereines XXXX gewesen ist und im Laufe der Zeit als Obmann, Schriftführer und Kassier für den Verein tätig gewesen ist, von illegalen Vorkommnissen in der XXXX- Moschee (Aufruf nach Syrien zu reisen und sich dort einer terroristischen Vereinigung anzuschließen und gegen das syrische Regime zu kämpfen) gewusst hat bzw. selbst dazu beigetragen hat. Vielmehr wurde das Strafverfahren gegen den BF in weiterer Folge von der StA mangels weiterer Fakten wieder eingestellt und eine Anklage gegen den BF nicht erhoben. Das BFA gab in weiterer Folge zwar eine Anfrage an das LV in Auftrag, das LV kam in der Anfragebeantwortung allerdings zum Ergebnis, dass keine effektiven Rückschlüsse ermittelt werden konnten, ob der BF eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit Österreichs darstelle, ein Naheverhältnis zu extremistisch oder terroristischen Gruppierung habe; einer kriminellen Organisation oder terroristischen Vereinigung angehöre; durch öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten; Aufruf zur Gewalt oder hetzerische Aufforderung oder Aufreizung die öffentliche Sicherheit gefährde; er in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbaren Gewicht billige oder dafür werbe; er durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit Österreichs gefährden würde; er als Mitglied einer kriminellen Organisation oder krimineller oder terroristischer Vereinigung durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit Österreichs gefährden würde. Ein konkret begründeter Tatverdacht lässt sich daraus jedenfalls nicht ableiten und liegen auch - entgegen der Ansicht des BFA - keine Indizien dafür vor, dass der BF Kontakt zu (noch nicht) rechtskräftig verurteilten radikalen islamistischen Personen hat.
Vielmehr ist der BF bis dato strafgerichtlich unbescholten und liegen keine konkreten Hinweise dafür vor, dass er von illegalen Tätigkeiten in der damaligen XXXX-Moschee gewusst hat. Er übt auch - wie schon das BFA in ihrer Begründung ausführte - keine Funktion in der Nachfolgemoschee aus, sondern hat nach eigenen Angaben zwischenzeitig eine Ausbildung zum Mechatroniker absolviert.
Seit Aktenvorlage wurden dem erkennenden Gericht auch keinerlei Unterlagen nachgereicht, aus denen sich ein anderer, den BF belastender Sachverhalt zusätzlich ableiten ließe.
Insgesamt ist der Beschwerde somit Recht zu geben und kann der Annahme der belangten Behörde, wonach für die Versagung der Ausstellung eines Konventionsreisepasses der begründete Verdacht reiche, welcher sich "zweifelsfrei aus der Aktenlage ergebe", nicht gefolgt werden.
Da auch kein anderer Versagungsgrund vorliegt, wird die belangte Behörde dem BF mit Rechtskraft der Entscheidung einen Konventionspass auszustellen haben.
Entfall der mündlichen Verhandlung:
Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtenen Bescheid aufzuheben ist.
Schlagworte
Konventionsreisepass, Versagungsgrund, WegfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W226.2143907.2.00Zuletzt aktualisiert am
26.02.2019