TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/15 W178 2124046-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.01.2019
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Entscheidungsdatum

15.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W178 2124046-1/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria Parzer als Einzelrichterin über die Beschwerde des Herrn XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch RA Maga Irene Oberschlick, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18.03.2016, 1045327002-140167814, betreffend §§ 3, 8, 10, 55,57 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 FPG zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde zu Spruchpunkt I wird Folge gegeben und Herrn XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass Herr XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Die Spruchpunkte II bis IV werden behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der unter Umgehung der Grenzkontrollen in Österreich eingereiste Beschwerdeführer stellte am 12.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung am 14.11.2014 gibt er an, dass er 16 Jahre alt sei, aus der Provinz Helmand komme, Dari und Paschtu spreche. Er habe mit seinem Vater zusammen Afghanistan verlassen, den Vater jedoch in Pakistan aus den Augen verloren. Seine Familie lebe in Afghanistan. Zum Aufenthaltsort des Vaters könne er keine Auskünfte geben. Er habe Afghanistan verlassen müssen, weil aufgrund seiner Tätigkeit als Wahlhelfer im Rahmen der letzten Präsidentschaftswahlen zunächst für den Kandidaten Rasul und dann bei der Stichwahl für den Kandidaten Dr. Abdullah Abdullah. Er habe deswegen von den Taliban Drohbriefe erhalten und sie hätten ihn auch zuhause aufgesucht. Aus Angst um sein Leben habe er die Heimat verlassen.

2. Seitens des Bundesamtes für Asyl und Fremdenwesen wurde mit 20.10.2015 an die Staatendokumentation des Innenministeriums ein Rechercheauftrag erteilt. Mit 26.02.2016 wurde das Ergebnis dem BFA übermittelt (vgl. unten 3. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen am 12.11.2015 gab der Beschwerdeführer Folgendes an:

Seine Tante wohne in Österreich, sie sei anerkannter Flüchtling. Zu seinem Ausreisegrund gibt an, dass er in Helmand gelebt habe und da zur Schule gegangen sei. Er habe als Wahlhelfer gearbeitet. Er habe zuerst für den Präsidentschaftskandidaten Rasul und dann wird Dr. Abdullah Abdullah gearbeitet. Die Aufgabe der Wahlhelfer sei es gewesen, Plakate aufzuhängen und Menschen zu motivieren, für die beiden zustimmen. Sie seien vom Büro der Kandidaten nach Lashkarga geschickt worden, dort wohnen überwiegend Paschtunen und Taliban Anhänger. Sie hätten Personen, die vor einer Moschee saßen, angesprochen und gefragt, ob sie an der Moschee Plakate aufhängen könnten, man habe das erlaubt. Dann sei der Mullah aus der Moschee gekommen und habe sie beschimpft. Er habe gemeint, die Präsidentschaftskandidaten seien Ungläubige und sie hätten die Moschee entweiht. Er habe auch sie als Ungläubige beschimpft, weil sie für die beiden ungläubigen Politiker arbeiten würden. Aus der Moschee seien einige Leute gekommen und hätten sie geschlagen. Eines Tages auf dem Weg von der Schule nachhause hätte seine Mutter ihn angerufen und gesagt, er solle nicht nachhause gehen, es seien ein paar aggressive Personen bei ihnen zuhause, die nach ihm fragten. Es sei dann zu einem Freund gegangen und habe dort übernachtet. Sein Vater habe ihm gesagt, er soll ein paar Tage bei diesem Freund bleiben und sich verstecken. Sein Vater habe im Büro der Kandidaten nachgeforscht, wer diese Leute seien. Die Leute aus dem Büro hätten gesagt, dass sie zu dieser Moschee gehen würden und sich entschuldigen. Als der Vater nachhause kam, hätten Personen auf ihn gewartet und hätten ihn geschlagen, bis er bewusstlos geworden sei. Diese Personen seien nach den Aussagen seiner Mutter jeden Tag bei ihnen gewesen. Sie hätten nach ihm gefragt. Sein Vater habe darauf beschlossen, dass sie nach Pakistan gehen sollten. Sie hätten aber nicht gewusst, wovon sie dort leben sollten. Sein Vater habe ihn dann nach Europa geschickt. Seine Familie lebe derzeit in Kabul, seine Mutter versuche durch Wäsche waschen oder Putzen etwas Geld zu verdienen. Die Leute, die zu Hause auf ihn gewartet hätten, wären seiner Meinung nach Leute des Mullahs, weil dieser gemeint habe, die Aktion mit den Plakaten würde nicht ohne Folgen bleiben. Er könne in Afghanistan nicht leben, weil die Taliban überall seien. Er hätte mit den Taliban nichts tun gehabt, bis er als Wahlhelfer angefangen habe. In dem Dorf, indem er gelebt habe, seien alle Taliban-Anhänger gewesen. Als er zur Schule gegangen sei, sei er manchmal von den Taliban angesprochen worden, warum er das tue und warum er keinen Turban trage. Er habe gesagt, er möchte etwas lernen. Manchmal hätten die Taliban die Schule geschlossen und sie hätten ihnen zuhören müssen, wie sie über den Islam sprachen. Sie sagten, dass sie dann, wenn sie weiter für die Regierung arbeiteten, mit dem Tode bestraft werden. Sie hätten in der Schule Flugblätter verteilt, mit der Aufforderung, dass sich die Schüler ihnen anschließen sollen.

Die Leute vom Wahlbüro seien zur Moschee gegangen und hätten sich entschuldigt; der Mullah habe aber gesagt, wenn sie noch einmal hinkommen, würden sie das nicht überleben. Sein Vater habe damals in einem Büro der Regierung gearbeitet. Er sei für Straßenbau und Dorferweiterung zuständig gewesen. Das Dorf seines Vaters sei in Lashkarga, etwa 10 Minuten vom Dorf entfernt, gewesen. Er sei von den Dorfbewohnern deswegen geschlagen und belästigt worden, weil die Dorfbewohner Taliban-Anhänger seien und gegen Erneuerungen. Dort habe die Regierung nicht viel zu sagen. Sein Vater habe dies getan, um Geld zu verdienen. In Afghanistan bestehe immer noch Lebensgefahr für ihn. Er könne dort nicht leben, weil überall Gefahr bestehe.

4. Mit Bescheid vom 18.03.2016 wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan wurde abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt; es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei und eine Frist für die Ausreise festgelegt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens und der Gegenüberstellung seines Vorbringens mit der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation sein Vorbringen als überwiegend glaubwürdig zu werten wäre. Die Bedrohung seiner Person habe sich in der Provinz Helmand zugetragen. Sein Vater habe viel mehr Drohungen erhalten als er selbst. Sein Vater habe wegen dieser Drohungen seinen Job aufgegeben, weil man ihn und seine Söhne bedroht habe, wenn er nicht aufhört. Damit hätte auch er als sein Sohn nichts mehr zu befürchten. Die Familie sei wegen dieser Bedrohung ins 700 km entfernte Kabul gezogen.

Zur Situation im Falle seiner Rückkehr wird festgestellt, dass er gesund, jung und arbeitsfähig sei und keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehe, dass er im Falle einer Rückkehr einer Verfolgung im Sinne der GFK und des § 8 AsylG ausgesetzt sei. Nicht festgestellt werden könnte, dass er über ein schützenswertes Familienleben in Österreich verfüge. Weiters lägen keine schützenswerten privaten oder sozialen Anknüpfungspunkte oder Integration in Österreich vor. Es könnten keine Gründe festgestellt werden, die seiner Ausweisung nach Afghanistan entgegenstünden. Dort wohne auch der Schwager des Vaters und es sei möglich, dass noch mehrere Familienmitglieder dort lebten. Es sei davon auszugehen, dass seine Familie in Kabul in Sicherheit lebe und er bei seiner Rückkehr nach Afghanistan/Kabul über ein familiäres Netzwerk verfügen würde. Er hätte ebenfalls zu seiner Familie nach Kabul reisen können anstatt auszuwandern. Von seinen angeblichen Bedrohern würde kein solcher Aufwand betrieben werden, ihn landesweit zu suchen. Es sei unwahrscheinlich, dass eine solche Verfolgung durch die Taliban oder sonstiger Personen im gesamten Staatsgebiet eintrete. Im Übrigen sei drauf hinzuweisen, dass die Bedrohung durch die Taliban oder durch sonstige Privatpersonen schon grundsätzlich deshalb keine Deckung in der Genfer Flüchtlingskonvention finde, da in diesem Fall die Schutzfähigkeit des Staates Afghanistan gegeben sei. Im Hinblick darauf wird die auf eine innerstaatliche Fluchtalternative verwiesen, es sei möglich, in Kabul sicher zu Leben. Er hätte nicht glaubhaft darzulegen vermocht, dass er im Falle seiner Rückkehr keine Lebensgrundlage mehr hätte. Es könne ihm zugemutet werden, in diesem Fall selbst für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Außerdem verfüge er über familiäre Anknüpfungspunkte.

5. Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde eingebracht. In der Begründung wird darauf hingewiesen, dass durch die Anfrage bei der Staatendokumentation fast alle Angaben des Bf bestätigt worden und auch für richtig befunden seien. Er erkläre nochmals ausdrücklich, dass sein Vater sich nicht in Kabul aufhalte. Er behalte sich vor, dazu binnen offener Frist entsprechende Unterlagen vorzulegen. Er habe keinen Kontakt zum Vater. Sein Vater sei in Afghanistan eine wichtige Person und deshalb habe seine Familie große Probleme gehabt und habe sie noch immer. Selbst wenn man aufhöre für ausländische Unternehmen oder für die Regierung zu arbeiten, bliebe diese Familie immer im Fokus der Verfolgung. Es wäre auch Aufgabe der erkennenden Behörde gewesen, das Element der sozialen Gruppe näher zu beleuchten, auch im Hinblick auf seine Tätigkeit als Wahlhelfer. Außerdem übersehe die Behörde das Problem der Diskriminierung der Hazara in seiner Heimat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei zur Feststellung, ob ein ausreichender Schutz vorliege - -wie ganz allgemein bei der Prüfung des Vorliegens von wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung - ein einfaches Wahrscheinlichkeitskalkül heranzuziehen. Nur wenn die Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohe, sei wohlbegründete Furcht gegeben. Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt bestehe, komme es darauf an, ob für einen - von dritter Seite aus den in der Flüchtlingskonvention genannten Gründen Verfolgten - trotz staatlichen Schutz der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Seine Furcht vor Verfolgung sei jedenfalls wohlbegründet. Die afghanischen Behörden seien nicht im Stande, ihm den notwendigen Schutz zu gewähren. Dies würden die Länderberichte bestätigen. Im Falle der Rückkehr nach Afghanistan wäre er einem Klima ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbarer Einschränkung sowie einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Das Vorliegen von subjektiven bzw. individuellen Gründen wäre durch die belangte Behörde nicht geprüft worden. Bei einer Rückkehr wäre er einer massiven Bedrohung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt.

6. Am 13.09.2016 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt. Dem Bf wurde der Abschlussbericht der Staatendokumentation vom 26.02.2016 vorgehalten.

Er hat dazu angegeben, dass ihm dieser nicht bekannt sei. Im Akt finden sich keine Hinweise darauf, dass er dem Bf persönlich vor Erlassung des Bescheides zur Kenntnis gebracht worden wäre. Der Bericht wird ihm ausgehändigt. Er wurde aufgefordert, dazu eine Stellungnahme abzugeben und Adressen seiner Mutter und von Freunden bekannt zu geben, die über den Aufenthaltsort des Vaters Bescheid wissen können.

Er hat am 24.10.2016 die Adresse seiner Mutter in Kabul mit Dashti Barchi Shahrak 12 Imam bekannt gegeben

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A)

1. Feststellungen

1.1 Zur Person des Bf

Der Bf heißt XXXX, er stammt aus der Volksgruppe der Hazara, mit schiitischem Religionsbekenntnis. Er hat mit seiner Familie in der Provinz Helmand, Distrikt XXXX gelebt.

Sein Vater war in der Herkunftsregion und darüber hinaus als XXXX gut bekannt. Er hat im Straßenbau bzw. Wasserleitungsbau für die Regierung bzw. für NGOs gearbeitet. Der Vater wurde aufgrund dieser Tätigkeit von den Taliban bedroht. Er hat seine Beschäftigung aufgrund der Drohungen der Taliban aufgegeben

Der Vater hat Afghanistan verlassen, er ist nach Pakistan gegangen, schließlich nach Kabul. Wo sich der Vater derzeit befindet, weiß der Bf nicht. Die Mutter des Bf und die Schwestern wohnen in Kabul.

Der Bf selbst hat als Wahlhelfer bei der Präsidentenwahl 2014 gearbeitet. Er hat für den Kandidaten Zalmay Rasool gearbeitet, bei der Stichwahl für den Chief Executive (CEO) Dr. Abdullah Abdullah.

Im Einsatzgebiet des Bf und auch im früheren Wohngebiet ist der Einfluss der Taliban groß, es gibt viele Unterstützer.

Der Bf hat mit Kollegen an einer Moschee ein Wahlplakat angebracht, was nach der Meinung der Mullah bzw. weiterer Personen gegen die religiösen Normen verstoßen hat. Er wurde verprügelt und verletzt. Eine Vermittlung durch den Vater bzw. durch Vertreter der wahlwerbenden Partei brachte keine Beruhigung, der Vater wurde auch verprügelt.

1.2 Länderfeststellungen:

1.2.1 Ergebnisse der vom BFA in Auftrag gegebenen Recherche:

Ausgangslage:

Der Antragssteller gab an, dass er als 16-jähriger (2013/2014) in Afghanistan, in der Stadt Lashkarga bzw. im etwa 10 Minuten, mit dem Auto, entfernten 40 km in Lashkarga für die beiden Präsidentenkandidaten Zalmay Rasool und Dr. Abdullah als Wahlhelfer gearbeitet haben soll. Er sei deswegen von unbekannten Personen gesucht worden, die bei ihm zuhause nach ihm fragten. Da er sich einer Bedrohung ausgesetzt sah, ging er mit seinem Vater nach Pakistan, wo sie sich ca. 1 Monat lang aufhielten. Der Antragssteller verließ dann mit einem Schlepper das Land und flüchtete nach Europa. Der Vater sei in Pakistan geblieben und der Kontakt mit ihm ging verloren. Selbst die Mutter habe nach ihm suchen lassen, jedoch ohne Erfolg.Da auch die Mutter des Antragsstellers Angst gehabt hätte, sei sie mit den 3 Schwestern der Antragssteiler nach Kabul gezogen, wo sie für die dortigen Nachbarn Wäsche wäscht und als Putzfrau versucht sich Geld zu verdienen.

Daten des Antragstellers:

Name: XXXX Geburtsdatum: XXXX Staat: Afghanistan

Letzte in Herkunftsland bekannte Adresse:

Provinz Helmand, XXXX, näheres unbekannt 3 Schwerstem:

XXXX. Die Mutter und die 3 Schwestern sind laut t Angaben des Antragsstellers derzeit in Kabul, XXXX wohnhaft. Der Aufenthaltsort des Vaters ist unbekannt. Sein letzter Aufenthalt soll in Pakistan, Borori gewesen sein.

Fragestellung:

1. Lebt die Familie des Antragsstellers in Kabul, XXXX?

i. Wenn ja, wovon lebt die Familie?

ii. Weiche Familienmitglieder befinden sich noch dort?

iii. Wovon bestreitet die Familie ihren Lebensunterhalt?

2. Hat der Antragssteller tatsächlich 2013/14 in Metri in Lashkarga als Wahlhelfer gearbeitet?

3. Hießen die dortigen Präsidentschaftskandidaten in Helmand bzw. in der Stadt Lashkarga "Zalmay Rasool" und "Dr. Abdullah"?

4. Hat der Vater des Antragsstellers für die Regierung gearbeitet? Er war angeblich in einem Büro in Lashkarga angestellt und für den Straßenbau und Dorferneuerung zuständig.

5. Was ist über den Aufenthaltsort des Vaters bekannt?

i. Ist er ebenso in Kabul?

6. Gibt es Hinweise, dass der Antragssteller bzw. dessen Familie, Probleme hatten aufgrund der Tätigkeit des Antragsstellers als Wahlhelfer?

7. Gibt es Hinweise, dass der Vater auf Grund seiner Tätigkeit als Staatsangestellter mit den Dorfbewohnern (Taiibananhänger) im DorfXXXX Probleme hatte?

8. Leben in diesem Dorf Talibananhänger?

9. Wird noch immer nach dem Antragssteller gesucht?

i. Wenn ja, was ist über die Gründe bekannt?

10. Was kann über die Lage der Hazara in Helmand berichtet werden?

11. Gibt es Angehörige des Antragsstellers, die den Taliban oder einer anderen Gruppierung angehören?

12. Was ist über die Ausreisegründe des Antragssteilers bekannt?

Karten:

Methode der Erhebung:

Unsere Rechercheure habe die Gegend identifiziert. XXXX in Karte Lagan ist ein ländliches Teil von Lashkarga. Sie haben mit dem Herrn XXXX über die Sicherheitslage in Helmand gesprochen. Herr XXXX ist ein Angestellter des Gouverneursbüros. Außerdem haben unsere Ermittler mit anderen Militärbeamten aus der Gegend gesprochen, sowie auch mit ein paar Ortsansässigen.

Polizeichef des zweiten Gebietes (Hawza) in Karte Lagan 0700000712

1. Lebt die Familie des Antragsstellers in Kabul, XXXX?

a. Wenn ja, wovon lebt die Familie?

b. Welche Familienmitglieder befinden sich noch dort?

c. Wovon bestreitet die Familie ihren Lebensunterhalt?

Ja, zur Zeit lebt seine ganze Familie in XXXX, in Kabul. Laut Aussagen der Einwohner aus Helmand arbeitete sein Vater in Heimand, zog aber aufgrund von Drohungen nach Pakistan und vor zwei oder drei Monaten kehrte er wieder nach Kabul zurück.

A: Laut Quellen arbeitete er im Departement für Erneuerung und Entwicklung in ländlichen Regionen in Helmand und das war auch seine Einkommensquelle. In Pakistan war er hingegen selbständig. Nach seiner Rückkehr nach Kabul hat er keine Beschäftigung mehr.

B: Laut Quellen ging seine Mutter und auch Rest der Familie bereits vor langer Zeit nach Kabul. Nur sein Vater ging nach Pakistan und erst dann nach Kabul.

Die Einwohner konnten die Namen seiner Brüder und Schwester nicht bestätigen. Es wurde nur der Name einer Schwester herausgefunden und zwar der XXXX, die derzeit in Kabul lebt. Ein paar seiner Verwandten leben in Ghazni.

Anmerkung: Einer der Schwager seines Vaters, bekannt als XXXX Vater lebt ebenso zusammen mit seiner Familie in Kabul und es ist möglich, dass noch mehr Familienmitglieder in Kabul leben.

2. Hat der Antragssteller tatsächlich 2013/14 in Metri in Lashkarga als Wahlhelfer gearbeitet?

Ja, es stimmt, dass er bei den Wahlvorbereitungen in den Jahren 2013 und 2014 gearbeitet hat. Die Einwohner haben berichtet, er hat zuerst für die Wahl von Dr. Zulmay Rassul und dann für Dr. Abdullah geworben. Diese Person war damals sehr jung und hat hauptsächlich beim Organisieren von Veranstaltungen mitgeholfen, Flyer mit Werbesologans verteilt sowie als Wahlbeobachter am Wahltag im Einsatz gewesen.

Ja, die meisten Aktivitäten haben in der Gegend von "40 Meter", in Kart e Lagan stattgefunden. 40 Meter ist in 3 Abschnitte; B1, B2 und B3, geteilt. Die Einwohner aus dem Gebiet haben ausgesagt, dass sie am Ende von B2 und am Anfang von B3 gelebt haben.

Anmerkung 1: Sie haben in Kart e Lagan fast 10 Jahre lang gelebt.

Anmerkung 2: Dasht e Lagan ist der frühere Name von Kart e Lagan.

3. Hießen die dortigen Präsidentschaftskandidaten in Helmand bzw. in der Stadt Lashkarga "Zainnay Rasool" und "Dr. Abdullah"?

Ja. Beide Personen Doktor Abdullah Abdullah und Doktor Zulmi Rasul waren Kandidaten in der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2014. Dr. Zulmi Rasul war im ersten und zweiten Wahlgang und Dr. Abdullah hat bis zum letzten Wahlgang geschafft.

4. Hat der Vater des Antragsstellers für die Regierung gearbeitet? Er war angeblich in einem Büro in Lashkarga angestellt und für den Straßenbau und Dorferneuerung zuständig.

Ja, sein Vater ist ein geprüfter Ingenieur und ist bekannt in Karte Lagan als XXXX. Er arbeitete jahrelang im Entwicklungsdepartement in Helmand. Letztlich hat er in einer privaten Einrichtung gearbeitet, die aber Projekte für das Ministerium für Erneuerung und Entwicklung durchgeführt hat.

Ja, fast 95 % seiner Tätigkeit war in Dörfern, in den Bezirken: Naad e Ali, Marja und Sayed Abad, hauptsächlich im Bereich der Erneuerung (Brunnen, Wasserverteilung, Kieswege, Bau der Transitrouten)

5. Was ist über den Aufenthaltsort des Vaters bekannt?

a. Ist er ebenso in Kabul?

Als Ingenieur hat der Vater sehr viel gereist, vor allem innerhalb von der Provinz Helmand. Wegen der Drohungen der Taliban, hat er seinen Job aufgegeben, über die Drohanrufe und seine Entscheidung mit der Arbeit aufzuhören, hat er auch den anderen Einwohnern erzählt.

Laut Quellen wurden alle, die bei dem Wiederaufbau tätig waren, bedroht. Viele wurden auch auf mysteriöse Art getötet. Nach dem er seine Arbeit quittiert hat, war er selbständig.

Nach denn er eine Zeit lang sich in Pakistan aufgehalten hat, ist er dann nach Kabul zurückgekehrt:

6. Gibt es Hinweise, dass der Antragssteller bzw. dessen Familie, Probleme hatten aufgrund der Tätigkeit des Antragsstellers als Wahlhelfer?

Laut Quellen bekamen Wahlkampfvertreter zwei Arten der Drohungen:

erstens von den bewaffneten oppositionellen Gruppen und Taliban, zweitens seitens der konkurrierenden Wahlkampfteams. Es wurde gedroht die Wahlkampfvertreter und deren Familien anzugreifen und zu verletzten. Es gab auch viele Androhungen an den Wahlkampftagen, so dass mehr als 50 Menschen verletzt oder getötet wurden.

Im Zusammenhang mit der Bedrohung für ihn und seine Familie aufgrund seine Tätigkeit im Wahlkampf, ist es zu erwähnen, dass die Taliban alle Wahlkampfvertreter tötet, unabhängig in welcher Stadt oder in weichem Distrikt sie tätig waren. Aus diesem Grund ist freies Reisen von Stadt zu Stadt für die diesen Menschen unmöglich.

Ein paar Einwohner haben bestätigt, dass er Drohanrufe bekommen hat und dass das Wahlkampfteam geschlagen wurde. Die meisten wollten deswegen aber nicht zur Polizei gehen, da sie Angst vor Taliban hatten.

7. Gibt es Hinweise, dass der Vater auf Grund seiner Tätigkeit als Staatsangestellter mit den Dorfbewohnern (Talibananhänger} im Dorf Darte-e-lagan Probleme hatte?

Obwohl Taliban über keine bewaffneten Truppen oder Stützpunkte in Kart e Lagan verfügt, haben sie viele Anhänger und Angehörige in dieser Gegend. Diese Menschen arbeiten bei den Regierungsprojekten und geben die Informationen weiter an die Taliban. Laut Quellen ca. 30% der Einwohner kooperieren mit den Taliban. Es gibt viele Menschen in der Gegend, die gegen die Wiederaufbauprojekte sind. Die Quellen konnten aber nicht bestätigen, dass der Vater irgendwelche Misshandlungen durch die Taliban-Unterstützer erlitten habe.

8. Leben in diesem Dorf Talibananhänger?

Ja, dieses Problem besteht tatsächlich. Viele Taliban-Unterstützer und Whistleblowers leben in Karte Lagan und mit Hilfe dieser Personen bekommen Taliban vollständige Berichte über die Menschen, die sie aufspüren wollen.

Resultat: Dieses Thema wurde bereits bestätigt, dass die Taliban in dieser Gegend einen starken Einfluss auf Menschen ausüben, sie führen Entführungen, Raubüberfälle und Morde durch.

9. Wird noch immer nach dem Antragssteller gesucht?

a. Wenn ja, was ist über die Gründe bekannt?

Die Quellen bestätigen, dass sein Vater viel mehr Drohungen verschiedener Art {u.a. Telefonanrufe von Taliban) bekam als er selbst. Sie haben seinen Vater gewarnt, dass wenn er nicht sein Job aufgibt, werden sie seine Söhne, die bei der Wahlkampagne arbeiten, entführen und töten. Es ist zu erwähnen, dass es keine Zweifel gibt, dass Taliban alle Menschen töten, die für offizielle Institutionen arbeiten. Taliban sind immer auf der Suche nach solchen Angestellten wie der Vater und seine Söhne.

Anmerkung: Laut Quellen verfügen die Taliban über eine Liste mit den Namen aller Institutionsangestellten.

10. Was kann über die Lage der Hazara in Helmand berichtet werden?

Anmerkung: Diese Frage konnte nicht beantwortet werden.

11. Gibt es Angehörige des Antragsstellers, die den Taliban oder einer anderen Gruppierung angehören?

Es wurde nicht bestätigt, dass jemand aus seiner Familie Mitglied der Taliban ist. Im Gegenteil, sie werden von Taliban und Taliban-Anhängern bedroht.

Es ist zu erwähnen, dass viele Menschen in dieser Gegend gleiche Überzeugungen wie Taliban teilen, ohne dabei einer oppositionellen Gruppe anzugehören. Sie sind gegen bauliche Vorhaben und lehnen Projekte ab, die durch NGOs, ausländische Geldgeber oder Regierungsinstitutionen durchgeführt werden.

Viele Ortsansässige unterstützen Taliban und werden somit zu den potentiellen Oppositionellen.

12. Was ist über die Ausreisegründe des Antragsstellers bekannt?

Die Einwohner haben bestätigt, dass der Hauptgrund für seine Ausreise die Drohungen gegen seinen Vater seitens der Taliban waren und als zweiten Grund haben sie seine eigene Position als Mitglied der Wahlkampfmannschaft genannt. Außerdem haben sie ausgesagt, dass nach der Wahl ein paar Wahlkampfmitglieder in Karte Lagan und in Lashkargah durch die Taliban attackiert wurden, mehrere wurden dabei verletzt und zwei getötet. Aus diesem Grund haben Menschen, die bei dem Wahlkampf mitgemacht haben, die Stadt verlassen.

Schlussfolgerung:

Laut unseren Ermittlungen entsprechen seine Aussagen der Wahrheit. Fast die ganze Familie des Antragstellers lebt derzeit in Kabul. Sie haben 10 Jahre lang XXXX genannt) gewohnt. Sein Vater war in der Gegend als XXXX gut bekannt. Er hat seinen Job aufgrund von Drohungen der Taliban aufgegeben. In den letzten fünf Jahren wurden Dutzende Arbeiter, die für private Unternehmen oder Institutionen gearbeitet haben, bedroht oder getötet. Nachdem der Vater seine Stelle gekündigt hat, ist er für ein paar Monate nach Quetta in Pakistan gegangen und dann zurück nach Afghanistan. Unsere Ermittler haben bestätigt, Taliban verfügt über eine Liste mit den Namen von allen afghanischen Beamten, sowie Menschen, die in den Regierungsprojekten teilnehmen. Da die Sicherheitslage in Helmand nicht gut ist und die Regierung keine Kontrolle in der Region hat, haben die Taliban oft genug die Möglichkeit Menschen zu entführen, anzugreifen oder zu töten, vor allem die Personen, die für NGOs oder andere Institutionen arbeiten oder der Bevölkerungsgruppe der Hazara angehören.

Für ein genaueres Bild der Situation der Hazara in Afghanistan finden Sie im Anhang folgende Informationen:

1. Highways of Afehanistan.pdf und afghanistan poi 2003.jpg - Provinzen, Hauptverbindungswege sowie Nebenstraßen in Afghanistan.

2. Hazara-Update-Sept2015.pdf- Situation der Asylwerber aus der Bevölkerungsgruppe der Hazara sowie Gefahren im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan.

3. Hazara Map Afghanistan.pdf-- Entführungs- sowie Mordfälle an den Angehörigen der Hazara-Minderheit in den letzten Jahrzehnten.

4. Important Links on Abducting of Hazaras fHighwavs including Kabul - Kandahar)

Zeitungsberichte über Entführungen der Hazara in Afghanistan.

Im Hinblick auf den oben genannten Sachverhalt wurde eine Untersuchung durchgeführt. Zu keiner Zeit wurde die Identität des Asylwerbers gegenüber Dritten offengelegt, einschließlich afghanischen Behörden, Polizei\ Presse oder politischen Parteien. Die in diesem Bericht enthaltenen Informationen sind vertraulich und nur für den ausgewiesenen Adressaten bestimmt.

1.3.2 Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 23.11.2018.2018, S.33ff. (kurz LIB)

1.3.2.1 Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden:

das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus (USDOD 12.2017).

Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen (Khaama Press 13.08.2017). Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren (Xinhua 18.03.2018). Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes. Darüber hinaus haben die Taliban hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet (AAN 17.03.2017).

Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird (SIGAR 1.2018).

Außerdem haben Militäroperationen der pakistanischen Regierung einige Zufluchtsorte Aufständischer zerstört. Jedoch genießen bestimmte Gruppierungen, wie die Taliban und das Haqqani-Netzwerk, Bewegungsfreiheit in Pakistan (USDOD 12.2017). Die Gründe dafür sind verschiedene: das Fehlen einer Regierung, das permissive Verhalten der pakistanischen Sicherheitsbehörden, die gemeinsamen kommunalen Bindungen über die Grenze und die zahlreichen illegalen Netzwerke, die den Aufständischen Schutz bieten (AAN 17.10.2017).

Taliban

Die Taliban führten auch ihre Offensive "Mansouri" weiter; diese Offensive konzentrierte sich auf den Aufbau einer "Regierungsführung" der Taliban (Engl. "governance") bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gewalt gegen die afghanische Regierung, die ANDSF und ausländische Streitkräfte. Nichtsdestotrotz erreichten die Taliban die Hauptziele dieser "Kampfsaison" laut US-Verteidigungsministerium nicht (USDOD 12.2017). Operation Mansouri sollte eine Mischung aus konventioneller Kriegsführung, Guerilla-Angriffen und Selbstmordattentaten auf afghanische und ausländische Streitkräfte werden (Reuters 28.04.2017). Auch wollten sich die Taliban auf jene Gegenden konzentrieren, die vom Feind befreit worden waren (LWJ 28.04.2017). Laut NATO Mission Resolute Support kann das Scheitern der Taliban-Pläne für 2017 auf aggressive ANDSF-Operationen zurückgeführt werden, aber auch auf den Umstand, dass die Taliban den IS und die ANDSF gleichzeitig bekämpfen müssen (USDOD 12.2017).

Im Jahr 2017 wurden den Taliban insgesamt 4.385 zivile Opfer (1.574 Tote und 2.811 Verletzte) zugeschrieben. Die Taliban bekannten sich nur zu 1.166 zivilen Opfern. Im Vergleich zum Vorjahreswert bedeutet dies einen Rückgang um 12% bei der Anzahl ziviler Opfer, die den Taliban zugeschrieben werden. Aufgrund der Komplexität der in Selbstmord- und komplexen Anschlägen involvierten Akteure hat die UNAMA oft Schwierigkeiten, die daraus resultierenden zivilen Opfer spezifischen regierungsfreundlichen Gruppierungen zuzuschreiben, wenn keine Erklärungen zur Verantwortungsübernahme abgegeben wurden. Im Jahr 2017 haben sich die Taliban zu 67 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen bekannt; dies führte zu 214 zivilen Opfern (113 Toten und 101 Verletzten). Auch wenn sich die Taliban insgesamt zu weniger Angriffen gegen Zivilist/innen bekannten, so haben sie dennoch die Angriffe gegen zivile Regierungsmitarbeiter/innen erhöht - es entspricht der Linie der Taliban, Regierungsinstitutionen anzugreifen (UNAMA 2.2018).

Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans (SIGAR 30.04.2018). Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten (ODI 6.2018). Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand (JD News 12.03.2018; vgl. LWJ 20.04.2018). Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten (JD News 12.03.2018; vgl. LWJ 20.04.2018). Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.03.2018; vgl. Reuters 30.03.2018). Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten: Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friedens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Hauses gesehen werden (NYT 27.03.2018).

Die Taliban geben im Kurznachrichtendienst Twitter Angaben zu ihren Opfern oder Angriffen (FAZ 19.10.2017; vgl. Pajhwok 13.03.2018). Ihre Angaben sind allerdings oft übertrieben (FAZ 19.10.2017). Auch ist es sehr schwierig, Ansprüche und Bekennermeldungen zu verifizieren - dies gilt sowohl für Taliban als auch für den IS (AAN 05.02.2018).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Höchst umstritten ist von Expert/innen die Größe und die Gefahr, die vom IS ausgeht. So wird von US-amerikanischen Sicherheitsbeamten und weiteren Länderexpert/innen die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan mit zwischen 500 und 5.000 Kämpfern beziffert. Jeglicher Versuch, die tatsächliche Stärke einzuschätzen, wird durch den Umstand erschwert, dass sich die Loyalität der bewaffneten radikalen Islamisten oftmals monatlich oder gar wöchentlich ändert, je nach ideologischer Wende, Finanzierung und Kampfsituation (WSJ 21.03.2018). Auch wurde die afghanische Regierung bezichtigt, die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan aufzublasen (Tolonews 10.01.2018). Zusätzlich ist wenig über die Gruppierung und deren Kapazität, komplexe Angriffe auszuführen, bekannt. Viele afghanische und westliche Sicherheitsbeamte bezweifeln, dass die Gruppierung alleine arbeitet (Reuters 09.03.2018).

Die Fähigkeiten und der Einfluss des IS sind seit seiner Erscheinung im Jahr 2015 zurückgegangen. Operationen durch die ANDSF und die US-Amerikaner, Druck durch die Taliban und Schwierigkeiten, die Unterstützung der lokalen Bevölkerung zu gewinnen, störten das Wachstum des IS und verringerten dessen Operationskapazitäten. Trotz erheblicher Verluste von Territorium, Kämpfern und hochrangigen Führern bleibt der IS nach wie vor eine Gefährdung für die Sicherheit in Afghanistan und in der Region. Er ist dazu in der Lage, öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) in städtischen Zentren zu verüben (USDOD 12.2017). Der IS hat sich nämlich in den vergangenen Monaten zu einer Anzahl tödlicher Angriffe in unterschiedlichen Teilen des Landes bekannt - inklusive der Hauptstadt. Dies schürte die Angst, der IS könne an Kraft gewinnen (VoA 10.01.2018; vgl. AJ 30.04.2018). Auch haben örtliche IS-Gruppen die Verantwortung für Angriffe auf Schiiten im ganzen Land übernommen (USDOD 12.2017).

Im Jahr 2017 wurden dem IS 1.000 zivile Opfer (399 Tote und 601 Verletzte) zugeschrieben sowie die Entführung von 81 Personen; er war damit laut UNAMA für 10% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich - eine Zunahme von insgesamt 11% im Vergleich zum Jahr 2016. Im Jahr 2017 hat sich der IS zu insgesamt 18 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen oder zivile Objekte bekannt (UNAMA 2.2018); er agiert wahllos - greift Einrichtungen der afghanischen Regierung und der Koalitionskräfte an (AAN 05.02.2018), aber auch ausländische Botschaften (UNAMA 2.018). Fast ein Drittel der Angriffe des IS zielen auf schiitische Muslime ab (UNAMA 2.2018; vgl. AAN 05.02.2018) - sechs Angriffe waren auf schiitische Glaubensstätten (UNAMA 2.2018). Der IS begründet seine Angriffe auf die schiitische Gemeinschaft damit, dass deren Mitglieder im Kampf gegen den IS im Mittleren Osten involviert sind (AAN 05.02.2018).

Zusätzlich dokumentierte die UNAMA im Jahr 2017 27 zivile Opfer (24 Tote und drei Verletzte) sowie die Entführung von 41 Zivilist/innen, die von selbsternannten IS-Anhängern in Ghor, Jawzjan und Sar-e Pul ausgeführt wurden. Diese Anhänger haben keine offensichtliche Verbindung zu dem IS in der Provinz Nangarhar (UNAMA 2.2018).

Der IS rekrutierte auf niedriger Ebene und verteilte Propagandamaterial in vielen Provinzen Afghanistans. Führung, Kontrolle und Finanzierung des Kern-IS aus dem Irak und Syrien ist eingeschränkt, wenngleich der IS in Afghanistan nachhaltig auf externe Finanzierung angewiesen ist sowie Schwierigkeiten hat, Finanzierungsströme in Afghanistan zu finden. Dieses Ressourcenproblem hat den IS in einen Konflikt mit den Taliban und anderen Gruppierungen gebracht, die um den Gewinn von illegalen Kontrollpunkten und den Handel mit illegalen Waren wetteifern. Der IS bezieht auch weiterhin seine Mitglieder aus unzufriedenen TTP-Kämpfern (Tehreek-e Taliban in Pakistan - TTP), ehemaligen afghanischen Taliban und anderen Aufständischen, die meinen, der Anschluss an den IS und ihm die Treue zu schwören, würde ihre Interessen vorantreiben (USDOD 12.2017).

Auch ist der IS nicht länger der wirtschaftliche Magnet für arbeitslose und arme Jugendliche in Ostafghanistan, der er einst war. Die Tötungen von IS-Führern im letzten Jahr (2017) durch die afghanischen und internationalen Kräfte haben dem IS einen harten Schlag versetzt, auch um Zugang zu finanziellen Mitteln im Mittleren Osten zu erhalten. Finanziell angeschlagen und mit wenigen Ressourcen, ist der IS in Afghanistan nun auf der Suche nach anderen Möglichkeiten des finanziellen Überlebens (AN 06.03.2018).

Haqqani-Netzwerk

Der Gründer des Haqqani-Netzwerkes - Jalaluddin Haqqani - hat aufgrund schlechter Gesundheit die operationale Kontrolle über das Netzwerk an seinen Sohn Sirajuddin Haqqani übergeben, der gleichzeitig der stellvertretende Führer der Taliban ist (VoA 01.07.2017). Als Stellvertreter der Taliban wurde die Rolle von Sirajuddin Haqqani innerhalb der Taliban verfestigt. Diese Rolle erlaubte dem Haqqani-Netzwerk, seinen Operationsbereich in Afghanistan zu erweitern, und lieferte den Taliban zusätzliche Fähigkeiten in den Bereichen Planung und Operation (USDOD 12.2017).

Von dem Netzwerk wird angenommen, aus den FATA-Gebieten (Federally Administered Tribal Areas) in Pakistan zu operieren. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge soll das Netzwerk zwischen 3.000 und 10.000 Mitglieder haben. Dem Netzwerk wird nachgesagt, finanziell von unterschiedlichen Quellen unterstützt zu werden - inklusive reichen Personen aus den arabischen Golfstaaten (VoA 01.07.2017).

Zusätzlich zu der Verbindung mit den Taliban hat das Netzwerk [Verbindungen] mit mehreren anderen aufständischen Gruppierungen, inklusive al-Qaida, der Tehreek-e Taliban in Pakistan (TTP), der Islamic Movement of Uzbekistan (IMU) und der ebenso in Pakistan ansäßigen Lashkar-e-Taiba (VoA 1.7.2017).

Sowohl die afghanische, als auch die US-amerikanische Regierung haben Pakistan in der Vergangenheit wiederholt kritisiert, keine eindeutigen Maßnahmen gegen terroristische Elemente zu ergreifen, die darauf abzielen, die Region zu destabilisieren - zu diesen Elementen zählen auch die Taliban und das Haqqani-Netzwerk (RFE/RL 23.03.2018; vgl. AJ 08.03.2018, UNGASC 27.02.2018).

Al-Qaida

Al-Qaida konzentriert sich hauptsächlich auf das eigene Überleben und seine Bemühungen, sich selbst zu erneuern. Die Organisation hat eine nachhaltige Präsenz in Ost- und Nordostafghanistan, mit kleineren Elementen im Südosten. Manche Taliban in den unteren und mittleren Rängen unterstützen die Organisation eingeschränkt. Nichtsdestotrotz konnte zwischen 01.06. - 20.11.2017 keine Intensivierung der Beziehung zu den Taliban auf einem strategischen Niveau registriert werden (USDOD 12.2017).

Drogenanbau

In den Jahren 2016 - 2017 haben sich die Flächen zum Mohnanbau für Opium um 63% vergrößert und kommen nun auf 328.000 Hektar; insgesamt verstärkte sich die Opiumproduktion um 87% und damit auf 9.000 metrische Tonnen - die größte Menge in der afghanischen Geschichte. Die stärkste Expansion der Mohanbauflächen war in der Provinz Helmand zu verzeichnen, die als Zentrum der Opiumproduktion erachtet wird: eine Fläche von 144.000 Hektar ist dort dem Mohnanbau gewidmet. Der Mohnanbau hat sich landesweit verstärkt, auch in nördlichen Provinzen, wie z.B. Balkh und Jawzjan (UNODC 11.2017).

Unterstützt von ihren internationalen Partnern führt die afghanische Regierung weiterhin Operationen zur Drogenbekämpfung durch. Im gesamten Jahr 2017 wurden von afghanischen Exekutivbehörden 445 solcher Einsätze durchgeführt. Beschlagnahmt wurden dabei: 391 kg Heroin, 31 kg Morphium, 8.141 kg Opium, 2 kg Methamphitamine, 38.547 kg Haschisch, 1.256 kg fester Vorläuferchemikalien, 1.437 flüssige Vorläuferchemikalien und 1.590 Tabletten synthetischer Drogen (MDMA - 3,4-methylenedioxymethamphetamine); diese Beschlagnahmungen führten zu 531 Verhaftungen. Die beschlagnahmte Menge an Opiaten ist die höchste registrierte Menge seit dem Jahr 2012. Auch hat sich der Preis für Opium erheblich reduziert (-41%), was mit einer großen Ernte in Verbindung gebracht wird; reduziert hat sich auch der Heroinpreis (-7%) (UNGASC 27.02.2018).

Im letzten Quartal 2017 wurden 750 Hektar Mohnanbauflächen in den Provinzen Nangarhar, Kandahar, Badakhshan, Balkh, Kunar, Kapisa, Laghman, Ghor, Herat, Badghis, Nimroz, Takhar, und Kabul vernichtet. Der UN zufolge wurden in den letzten drei Jahren in den nördlichen Regionen keine Mohnanbauflächen vernichtet, außer in den Provinzen Sar-e Pul und Balkh im Jahr 2017 - wo insgesamt 25 Hektar zerstört wurden. Ebenso wurden im Jahr 2017 im Süden des Landes keine Mohnanbauflächen zerstört; die Ausnahme bildet Kandahar - dort wurden 48 Hektar zerstört (SIGAR 30.01.2018).

1.3.2.2 Zur Lage in der Provinz Helmand, LIB, Seite 115 ff.

Die Provinz Helmand hat eine Fläche von 36.402 km2 und ist damit die größte Provinz Afghanistans (VOA 12.3.2018; vgl. TD 31.5.2016). Helmand hat, inklusive der Hauptstadt Lashkargah City, folgende administrative Einheiten: Nadali, Marja, Garmsir, Khanshin, Disho, Nava, Greshk, Sangin, Kajaki, Musa Qala, Baghran, Noorzad und Washir. Im Osten grenzt sie an die Provinz Kandahar, im Norden an Uruzgan, Daikundi und Ghor; im Westen grenzt sie an die Provinzen Farah und Nimroz, und im Osten an die Durandlinie (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o.D.ab). In der Provinz Helmand befinden sich ein regionaler und zwei militärische Flughäfen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 955.970 geschätzt (CSO 4.2017).

Helmand ist eine der landwirtschaftlich fruchtbarsten Provinzen Afghanistans. Der Fluss Helmand fließt in einem relativ gut organisierten Kanalsystem durch die Provinz und bewässert somit Agrarflächen (TD31.5.2016). Die Provinz ist ein großes Zentrum der Opiumproduktion (IWPR 28.2.2018), welches in hohem Maßen die Finanzen der Taliban unterstützt (Pajhwok 1.2.2018; vgl. NPR 8.11.2017, TD 31.5.2016;) und Korruption unter Politikern fördert (NPR 8.11.2017).

Schätzungen Regierungsbeamter zufolge haben die Taliban Anfang des Jahres 2017 85% der mohnanbauenden Provinz Helmand kontrolliert (RFERL 12.2.2018). Das Klima in der Provinz eignet sich zum Anbau eines großen Spektrums an Kulturpflanzen (TD 31.5.2016). Beamten zufolge bauen immer mehr Bauern in den zentralen, südlichen und nördlichen Distrikten von Helmand Mohn an (Tolonews 5.3.2018). Helmand war im Jahr 2017 die Provinz mit der höchsten Opium-Produktion (UNODC 11.2017).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Berichten zufolge wurde die Provinz Helmand in den ersten drei Monaten des Jahres 2018 zu den volatilen Provinzen des Südens gezählt, in welcher aufständische Gruppierungen in einer Anzahl von Distrikten aktiv waren und Angriffe ausführten (Khaama Press 10.3.2018; vgl. Khaama Press 6.2.2018, Khaama Press 24.1.2018, Khaama Press 17.1.2018, RFERL 15.2.2018, Xinhua 20.2.2018). Im Februar 2018 wurde verlautbart, dass die afghanischen Kräfte, unterstützt von US- amerikanischen Truppen, in den vorangegangen Monaten an Boden gewinnen konnten (JDN 5.2.2018), wenngleich die Taliban rund die Hälfte der Provinz kontrollierten (JDN 5.2.2018; vgl. BBC 1.3.2018).

Sangorian, eine regierungsnahe Milliz mit etwa 500 - 1.000 Kämpfern, wurde durch den afghanischen Geheimdienst (NDS - Directorate of National Security) gegründet, um die Aufständischen Gruppierungen zu unterlaufen und sie intern zu bekämpfen. Die Sangorian sehen sich selbst dafür verantwortlich, Versuche der Taliban, die Provinzhauptstadt Lashkar Gah einnehmen zu wollen, zu vereiteln (RFERL 15.2.2018).

Im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) (15.12.2017-15.2.2018) haben regierungsfeindliche Elemente auch weiterhin Druck auf die afghanischen Sicherheitskräfte ausgeübt, indem koordinierte Angriffe auf Kontrollpunkte der afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte in den Provinzen Helmand, Kandahar, Nimroz, Kunduz, Ghazni und Farah verübt wurden (UNGASC 27.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 329 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

Im Jahr 2017 war Helmand die Provinz mit der dritt-höchsten Anzahl registrierter Anschläge (Pajhwok 14.1.2018).

Im gesamten Jahr 2017 wurden in Helmand 991 zivile Opfer (386 getötete Zivilisten und 605 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und Blindgängern/Landminen. Dies bedeutet einen Steigerung von 10% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. So machte im Jahr 2017 die Anzahl ziviler Opfer, die aus Luftangriffen resultierten, im Distrikt Sangin der Provinz Helmand, im Distrikt Chahar Dara der Provinz Kunduz und im Distrikt Deh Bala der Provinz Nangarhar 50% der zivilen Opfer durch internationale Luftangriffe in Afghanistan insgesamt aus und war damit vergleichsweise hoch (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Helmand

In der Provinz werden regelmäßig militärische Operationen durchgeführt (Tolonews 14.3.2018; vgl. RFERL 10.3.2018, Tolonews 4.3.2018, Tolonews 25.2.2018, Khaama Press 24.1.2018, Khaama Press 17.1.2018, Xinhua 20.2.2018, TN 23.10.2017, Tolonews 18.9.2017, Tolonews 30.5.2017);dabei wurden u.a. Gefangene der Taliban befreit (RFE/RL 31.5.2018; vgl. Tolonews 31.5.2018). Auch kommt es zu Luftangriffen (Khaama Press 10.3.2018; vgl. Tolonews 1.3.2018, MF 13.3.2018, IWPR 28.2.2018, Khaama Press 3.12.2017), bei denen Aufständische teils schwere Verluste hinnehmen müssen (Khaama Press 10.3.2018; vgl. Xinhua 20.2.2018, Reuters 3.12.2017). Mit Luftangriffen wird auch gezielt gegen illegale Drogenlabore vorgegangen, die in Helmand eine Haupteinnahmequelle der Taliban darstellen (WP 20.11.2017; vgl. WP 21.11.2017, Reuters 3.12.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Helmand

Helmand ist bekannt dafür, eine Festung der Taliban zu sein (Xinhua 20.2.2018); sie kontrollieren oder beeinflussen weite Teile der afghanischen Provinz (NPR 8.11.2017; vgl. VOA 12.3.2018); speziell die nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand. Diese waren lange Zeit ein Schlachtfeld, speziell die Gegend um den Distrikt Sangin (JDN 5.2.2018; vgl. Tolonews 29.5.2017, NYT 23.3.2017).

Die Taliban greifen Kontrollposten und kleinere Stützpunkte während der Nacht an (NYT 24.2.2018; vgl. Tolonews 27.2.2018). So wurden die umstrittenen nächtlichen Anti-Terrorismus- Razzien durch die afghanischen Spezialkräfte wieder eingeführt. Umstritten deswegen, weil sie in der Vergangenheit zu hohen zivilen Opfern führten und als inakzeptabler Verstoß gegen die Privatsphäre gesehen wurden. Mittlerweile werden sie von lokalen Beamten und Aktivist/innen mit Vorsicht begrüßt (IWPR 28.2.2018).

Für die Talibanaufständischen war das Jahr 2017 eines der tödlichsten Jahre in Helmand: So kamen 2.000 Taliban ums Leben (Tolonews 19.2.2018). Auch die anhaltenden militärischen Operationen gegen die Taliban haben diese geschwächt (Pajhwok 13.1.2018; vgl. VOA 12.3.2018). Nichtsdestotrotz rekrutieren die Taliban nach wie vor lokale Jugendliche. Arbeitsmöglichkeiten sind gering, deswegen schließen sich die Menschen den Taliban an (Tolonews 19.2.2018).

Eine Nichtregierungsorganisation im Bildungsbereich unterzeichnete mit den Taliban in Helmand eine Absichtserklärung (memorandum of understanding - MoU), in der es um eine Lösung im Bildungsbereich geht. Beide Seiten einigten sich auf den Schutz von Madrassen, Schulen und anderen Gebäuden, sowie die Eröffnung von geschlossenen Schulen und Madrassen. Die Bildungsabteilung der Provinz war nicht involviert; dies wurde vom Sprecher des Gouverneurs bestätigt (MF 14.2.2018).

Für den Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden in der Provinz keine Vorfälle zwischen dem IS und den Streitkräften gemeldet, während zwischen 16.7.2017 - 31.1.2018 Zusammenstöße zwischen IS-Anhängern und den Streitkräften registriert wurden (ACLED 23.2.2018).

1.2.3. UNHCR-RICHTLINIEN zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender, Stand 30.08.2018, dt.Fassung, S. 46 ff.

A. Risikoprofile

1. Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen:

Regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) greifen Berichten zufolge systematisch und gezielt Zivilisten an, die tatsächlich oder vermeintlich die afghanische Regierung, regierungsnahe bewaffnete Gruppen, die afghanische Zivilgesellschaft und die internationale Gemeinschaft in Afghanistan, einschließlich der internationalen Streitkräfte und internationaler humanitärer Hilfs- und Entwicklungsakteure, unterstützen bzw. mit diesen in Verbindung stehen. Auf eine (vermeintliche) Verbindung kann zum Beispiel durch ein bestehendes oder früheres Beschäftigungsverhältnis oder durch familiäre Bindungen geschlossen werden.249 Zu den Zivilisten, die gezielt aufs Korn genommen werden, zählen Distrikt- und Provinzgouverneure, Mitarbeiter der Justiz und der Staatsanwaltschaft, ehemalige Polizeibeamte und Polizisten außer Dienst, Stammesälteste, Religionsgelehrte und religiöse Führer, Frauen im öffentlichen Raum, Lehrer und andere Staatsbedienstete, Zivilisten, von denen angenommen wird, dass sie die Werte regierungsfeindlicher Kräften ablehnen, Menschenrechtsaktivisten sowie humanitäres Hilfspersonal und Entwicklungshelfer.250

Zwischen 1. Januar und 31. Dezember 2017 schrieb UNAMA 570 gezielte Tötungen regierungsfeindlichen Kräften (AGEs) zu, die 1 032 zivile Opfer (650 Tote und 382 Verletzte) forderten, was 10 Prozent aller zivilen Opfer des Jahres entsprach.251 Die Anzahl der von AGEs verübten derartigen Anschläge stieg von 483 im Jahr 2016 auf 570 im Jahr 2017 und die Zahl der dabei getöteten Zivilisten erhöhte sich um 13 Prozent.252

Im Januar 2018 führten die Taliban drei getrennte Angriffe in Kabul durch, bei denen 150 Zivilisten getötet und mehr als 300 verletzt wurden.253 In einer öffentlichen Erklärung begründeten die Taliban am 28. Januar 2018 einen dieser Angriffe, jenen auf das Innenministerium, mit folgenden Worten:

"Dieses Ziel war der Feind, und auch die Mitarbeiter des Ministeriums waren die Hauptleidtragenden."254

Am 25. April 2018 kündigten die Taliban ihre Frühlingsoffensiven, die Al Khandaq Jihadi Operations255 an. Wie schon in den Jahren zuvor hieß es darin, die Offensive würde sich "gegen die ausländischen Besatzungskräfte und deren Unterstützer im Land" richten.256 Trotz des erklärten Ziels der Taliban, "besonders auf den Schutz des Lebens und Besitzes des zivilen Volkes zu achten", 257 gibt es immer wieder Berichte, dass die Taliban und andere AGEs gezielt Zivilisten und nach humanitärem Völkerrecht geschützte Objekte angreifen würden.258

Über gezielte Tötungen hinaus setzen die regierungsfeindlichen Kräfte Berichten zufolge auch Drohungen, Einschüchterung und Entführungen ein, um Gemeinschaften und Einzelpersonen einzuschüchtern und auf diese Weise ihren Einfluss und ihre Kontrolle zu erweitern, indem diejenigen angegriffen werden, die ihre Autorität und Anschauungen infrage stellen.259

a) Regierungsbeamte und Staatsbedienstete

2017 dokumentierte UNAMA systematische Angriffe auf zivile Staatsbedienstete sowie auf Bürogebäude der zivilen Regierung und andere Bauten, insbesondere durch die Taliban. Die Anzahl der behaupteten Angriffe gegen zivile Regierungsbeamte nahm 2017 insgesamt zu, "im Einklang mit der Strategie der Taliban, vor allem Regierungsorgane ins Visier zu nehmen". Auch der Islamische Staat richtete seine Angriffe gezielt gegen mit der Regierung in Verbindung stehende Zivilpersonen sowie zivile Einzelpersonen, vo

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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