TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/17 W189 2010970-1

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Veröffentlicht am 17.01.2019
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Entscheidungsdatum

17.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W189 2010970-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Elfenbeinküste, vertreten durch ARGE-Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.07.2014, Zl. 13-83123002-170035, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.11.2018, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. wird stattgegeben, eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire) gemäß § 9 BFA-VG für auf Dauer unzulässig erklärt und XXXX gemäß §§ 54 Abs. 1 Z 1, 55 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire), reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 23.08.2013 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.08.2013 erklärte der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger der Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire), Zugehöriger der Volksgruppe der Adougrou und römisch-katholischen Glaubens zu sein. Er spreche Französisch, habe von 1992 bis 2001 die Grundschule besucht und zuletzt als Informatiker gearbeitet. Er sei ledig und kinderlos. Im Herkunftsstaat würden die Eltern, der Bruder und die Schwester des Beschwerdeführers leben. Vor seiner Einreise in das Bundesgebiet habe der Beschwerdeführer etwa zwei Jahre in Tunesien gelebt. Zu den Fluchtgründen brachte er vor, dass der ehemalige Präsident der Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire) am 11.04.2011 die Macht verloren habe und der neue Präsident alle Minister und Offiziere, sowie deren Familien, zu verfolgen begonnen habe. Der Beschwerdeführer habe sich sechs Monate lang in einem Dorf versteckt und sei im Oktober 2011 nach Tunesien geflohen, wo es aber kein Asyl gebe, weshalb er nach Österreich gekommen sei. Nun habe er gehört, dass seine Familie es nach Liberia geschafft habe.

2. Am 17.04.2014 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und gab dabei an, dass er in der Hauptstadt gelebt habe, wo sein Vater Diplomat gewesen sei. Im Herkunftsstaat habe er eine weiterbildende Schule mit Schwerpunkt in Informatik und Elektronik besucht, jedoch nicht abgeschlossen. Er habe im Herkunftsstaat keine Strafrechtsdelikte begangen, sondern nur gegen die Macht von RDR bzw. RHDP protestiert. Er habe jedoch Probleme mit der Polizei, bzw. staatlichen Stellen gehabt, da er ein Diplomatenkind gewesen sei und sein Vater Probleme gehabt habe. Nach seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass Präsident Gbagbo, welchen sein Vater unterstützt habe, am 11.04.2011 die Macht verloren habe. Als der neue Präsident Ouattara an die Macht gekommen sei, habe er angefangen alle Unterstützer Gbagbos zu verhaften: Minister und ihre Familien, Militäroffiziere und alle, die mit ihm gearbeitet hätten. Aus diesem Grund habe sein Vater gesagt, dass sie in ein Dorf flüchten sollen, wo der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern sechs Monate verblieben sei. Da sein Vater Angst gehabt hätte verhaftet zu werden, habe er gesagt, dass sie nach Liberia flüchten würden, was der Beschwerdeführer jedoch nicht gewollt habe, weil dort immer noch Leute verhaftet werden würden und es keinen Frieden gebe. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer nach Tunesien geflüchtet. In der Zeit, als sie sich im Dorf versteckt hätten, habe es auch hin und wieder Verhaftungen gegeben. Der Beschwerdeführer und seine Familie seien im Haus geblieben und hätten Radio gehört und hätte sein Vater gemeint, man würde sie finden. Sie hätten sechs Monate lang die ganze Zeit überlegt, wie sie fliehen können und hätten die Nachbarn für sie am Markt eingekauft. Ouattara habe viele Freunde auf der Welt und behaupte, in der Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire) herrsche Frieden, in Wirklichkeit seien aber viele Unterstützer Gbagbos im Gefängnis. Befragt führte der Beschwerdeführer weiters an, dass er mit seinem Reisepass nach Tunesien ausgereist sei, wobei er an der Grenze kontrolliert worden sei und auch einen Ausreisestempel bekommen habe. Dort habe er sich gemeinsam mit anderen ein Zimmer gemietet, am Bau gearbeitet und abends die Schule besucht. Es habe jedoch weder Asyl, noch Sicherheit gegeben. Er sei in der Botschaft gewesen, wo Leute aber verhaftet worden seien. Sie seien Christen. Da die Tunesier die amerikanische Botschaft in Brand gesetzt hätten und sie in der Nähe gewohnt hätten, hätten sie Angst gehabt, hinauszugehen und das Viertel zu verlassen. Für den Fall einer Rückkehr fürchte der Beschwerdeführer, dass sie ihn verhaften und foltern. Er wisse seit drei Jahren, konkret seit 22.10.2011, nicht, wo seine Angehörigen leben würden und hab er sonst niemanden mehr im Herkunftsstaat. Er habe zuletzt vor drei Jahren Kontakt zu ihnen gehabt; sie seien Richtung Liberia gefahren. Im Bundesgebiet habe der Beschwerdeführer keine Verwandten und lebe mit niemandem in einer Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Der Beschwerdeführer würde von staatlicher Unterstützung leben und wolle zuerst Deutsch lernen und dann arbeiten. Er verrichte für die Gemeinde Wernberg leichte Tätigkeiten, die anfallen würden, und mache im Quartier auch Kurse und Ausbildungen. Er sei nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen.

Am Ende der Einvernahme wurde dem Beschwerdeführer Einsicht in die allgemeinen Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat gewährt und ihm die Möglichkeit gegeben, eine diesbezügliche schriftliche Stellungnahme abzugeben.

3. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire) gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurden Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57, 55 AsylG 2005 nicht erteilt und wurde gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit seiner Abschiebung in die Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire) gemäß § 46 FPG festgestellt. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt III.).

Begründend führte die Behörde aus, dass insgesamt betrachtet kein Grund für eine individuelle Bedrohung oder Gefährdung der Person des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat vorliege und komme sie zu dem Schluss, dass die vorgebrachten Verfolgungsbefürchtungen nicht asylrelevant seien. Der Abschiebung des Beschwerdeführers stehe Art. 3 EMRK nicht entgegen und seien andere Gründe, die gegen seine Rückkehr sprechen würden, nicht feststellbar gewesen. Schließlich würden keine Gründe bestehen, die gegen eine Rückkehrentscheidung sprechen würden, zumal keine besondere Integrationsverfestigung feststellbar sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung rechtzeitig Beschwerde. Nach Wiedergabe der Fluchtgründe wurde - auch unter Angabe fortführender Quellen - insbesondere moniert, dass die Behörde veraltete Länderberichte zur Lage im Herkunftsstaat herangezogen und sich überdies nicht hinreichend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt habe. So sei sein Vorbringen detailliert, logisch nachvollziehbar und in Einklang mit den Länderberichten und hätte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bei richtiger Beweiswürdigung sowie rechtlicher Beurteilung zu dem Schluss kommen müssen, dass der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne der GFK sei. Im Hinblick auf die Sicherheitslage hätte die Behörde in eventu zu dem Ergebnis kommen müssen, dass dem Beschwerdeführer subsidiärer Schutz zu gewähren sei. Schließlich verfüge der Beschwerdeführer im Bundesgebiet über ein schützenswertes Privat- und Familienleben, weshalb die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig hätte lauten sollen. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

6. Mit Schreiben vom 22.01.2015 wurde ein Unterstützungsschreiben für den Beschwerdeführer eingebracht.

7. Mit Schriftsatz der rechtsfreundlichen Vertretung vom 20.10.2015 wurden die Fluchtgründe wiederholt und auf das grob mangelhafte behördliche Verfahren der Behörde sowie die außerordentliche Integration des Beschwerdeführers hingewiesen. Beigelegt wurden zwei Empfehlungsschreiben, sowie Diplome des ÖSD (zuletzt Deutsch Niveau A2) und eine Bescheidausfertigung des AMS vom 09.07.2015.

8. Mit Eingabe vom 06.11.2015 wurden Unterstützungsschreiben für den Beschwerdeführer, seine aktuelle Meldeadresse, der Taufschein und die Firmkarte des Beschwerdeführers eingebracht, sowie eine Bestätigung darüber, dass der Beschwerdeführer mangels Beschäftigungsbewilligung des AMS nicht als Arbeiter habe aufgenommen werden können.

9. Mit Schriftsatz der rechtsfreundlichen Vertretung vom 22.12.2015 wurde ein ergänzendes Vorbringen eingebracht, in welchem auf die fortlaufende Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet hingewiesen wurde. Dem Schreiben beigelegt wurde eine Teilnahmebestätigung (Deutschkurs, Alphabetisierungs- und Grundkurs),

10. Mit Schriftsatz der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers vom 10.02.2016 wurde ein ergänzendes Vorbringen eingebracht und auf die weitere Verfestigung der Integration des Beschwerdeführers hingewiesen. Beigelegt wurden Empfehlungsschreiben und eine Kursbestätigung.

11. Mit Eingabe vom 14.06.2017 wurde ein ÖSD-Zertifikat Deutsch B1 zur Vorlage gebracht.

12. Mit Schriftsatz der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers vom 20.12.2017 wurde ein weiteres ergänzendes Vorbringen eingebracht und auf die verfestigte Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet hingewiesen. Beigelegt war ein Empfehlungsschreiben.

13. Am 13.11.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Französisch statt, zu welcher der Beschwerdeführer und die belangte Behörde ordnungsgemäß geladen wurden. Im Rahmen dessen wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit geboten, ausführlich zu seinen Fluchtgründen Stellung zu nehmen. Die Behörde verzichtete mit Schreiben vom 05.09.2018 auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und ist ein Vertreter der Behörde entschuldigt nicht erschienen.

14. Mit Stellungnahme vom 20.11.2018 wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner politischen Gesinnung und als Sohn eines ehemaligen Staatsbediensteten wohlbegründete Furcht vor Verfolgung habe. Die staatlichen Bemühungen zur Verbesserung der Menschenrechtslage hätten im Hinblick auf das Länderinformationsblatt nur mangelhafte Effekte mit sich gebracht. Schließlich sei der Beschwerdeführer ein Vorzeigebeispiel gelungener Integration, was auch durch die zahlreichen in Vorlage gebrachten Unterlagen bestätigt worden sei. Dem Schreiben beigelegt war eine verbindliche Einstellungszusage für eine Vollzeitanstellung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des Beschwerdeführers, beinhaltend die Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.08.2013, die niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.04.2014, die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 13.11.2018, und schließlich durch Einsicht in aktuelle Auszüge aus Strafregister, GVS und IZR sowie durch Einsichtnahme in das aktualisierte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire).

1. Feststellungen:

1.1. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger der Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire), Zugehöriger der Volksgruppe der Krou aus dem Südwesten des Landes und römisch-katholischen Glaubens ist. Er spricht die Sprachen Adjoukrow und Französisch. Im Herkunftsstaat besuchte er sechs Jahre die Grundschule, drei Jahre die Mittelschule und erlernte dann vier Jahre lang den Beruf als Elektriker. Der Beschwerdeführer ist ledig und wurde von seinem Vater, welcher Staatsbeamter gewesen ist, unterstützt. Seiner Familie ging es wirtschaftlich gut. Der Beschwerdeführer lebte zuerst in XXXX und dann in XXXX und hatte eine Freundin in XXXX . Mit dieser führte er eine mehrjährige Beziehung und haben sie eine gemeinsame Tochter, welche am 28.01.2012 geboren ist. Der Beschwerdeführer verließ den Herkunftsstaat mit seinem Reisepass im Oktober 2011 und lebte zwei Jahre lang in Tunesien. Der Beschwerdeführer stellte nach Einreise am 23.08.2013 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer in der Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire) eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - in der Vergangenheit gedroht hat bzw. aktuell droht.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire) in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihm die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Der unbescholtene Beschwerdeführer hält sich seit August 2013 in Österreich auf und hat keine Verwandten oder Familienangehörigen in Österreich. Er bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und lebt in einer privat bezogenen Mietwohnung, in welcher er dauerhaft bleiben kann. Der Beschwerdeführer hat sich im Bundesgebiet einen verfestigten, breiten Freundes- und Bekanntenkreis, auch zu Österreichern, aufgebaut und hat sich Deutschkenntnisse des Niveaus B1 der deutschen Sprache angeeignet. Er hat einen Werte- und Integrationskurs besucht und engagiert sich ehrenamtlich bei der Caritas. Er verteilt in Klagenfurt die Zeitschrift Megaphon, arbeitet mit Dienstleistungschecks und verfügt über eine verbindliche Einstellungszusage für eine Vollzeitanstellung, mit einem Gehalt von 1200,- Euro. Auch wurde ihm eine Anstellung in einer Elektrofirma in Villach in Aussicht gestellt. Der Beschwerdeführer nützte den Aufenthalt im Bundesgebiet zugunsten seiner Integration. Er wurde im Bundesgebiet getauft und ist Mitglied der Pfarrgemeinde Krumpendorf. Der Beschwerdeführer ist gesund und steht im erwerbsfähigem Alter.

Im Herkunftsstaat befindet sich die Tochter des Beschwerdeführers, die bei der Freundin der Kindesmutter lebt, da letztere vor vier Monaten verstorben ist. Der Beschwerdeführer sendet regelmäßig Geld an seine Tochter. Im Herkunftsort XXXX leben Verwandte in Form von Cousins und Cousinen, zu denen er in Kontakt steht. Die Angehörigen des Beschwerdeführers, und zwar seine Mutter, seine Schwester und sein Bruder, leben im Benin. Er hat Kontakt zu seiner Mutter. Sein Vater ist vor zwei Jahren an Krebs gestorben.

1.2. Zum Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Politische Lage

Die Côte d¿Ivoire ist eine präsidiale Republik (AA 2.2017a; vgl. GIZ 2.2017a; USDOS 13.4.2016) mit einem Mehrparteiensystem. Der Präsident wird für fünf Jahre gewählt und ernennt den Regierungschef (den Premierminister).

Grundsätzlich richtet sich der Staatsaufbau nach dem französischen Muster. Die Verfassung sieht eine formale Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Justiz vor (AA 2.2017a).

2010 fanden Präsidentschaftswahlen statt, wobei sich Laurent Gbagbo und Alassane Ouattara einer Stichwahl unterziehen mussten, die nach dem offiziellen Wahlergebnis Ouattara gewann. Gbagbo versuchte die Wahl für ungültig zu erklären. Kurzfristig gab es zwei Präsidenten. Es kam zu Streiks, Drohungen und Demonstrationen. Die Wirtschaft kam praktisch zum Erliegen und das Land geriet an den Rand einer humanitären Katastrophe. Es kam überall zu erbitterten Kämpfen zwischen Gbagbo-Anhängern und Befürwortern von Ouattara. Die politische Krise 2010/2011 erschüttert das Land bis heute (GIZ 2.2017a).

Alassane Ouattara ist seit Dezember 2010 Präsident der Elfenbeinküste, das Amt des Premierministers bekleidet seit November 2012 Daniel Kablan Duncan (AA 2.2017a; vgl. GIZ 2.2017a). Dem Staatspräsidenten fallen große exekutive Machtkompetenzen zu (AA 2.2017a; vgl. GIZ 2.2017a). Er ist Oberhaupt der Exekutive und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Die Nationalversammlung (Assemblée nationale), mit aktuell 225 Parlamentssitzen, hat die Kontrolle über die Aktivitäten der Exekutive (GIZ 2. 2017a). Die Côte d¿Ivoire verfügt über ein Einkammerparlament (AA 2.2017a). Gewählter Parlamentsvorsitzender ist seit dem 12. März 2012 der ehemalige Rebellenanführer Guillaume Soro (GIZ 2. 2017a). Die Volksvertreter werden in den Distrikten gewählt (GIZ 2.2017a).

Die einflussreichsten Parteien sind die Demokratische Partei (PDCI), die Volksfront (FPI), die Arbeiterpartei (PIT) und die Republikaner (RDR), aber es existieren aktuell über 130 Parteien und auch Zusammenschlüsse einzelner Parteien (GIZ 2. 2017a).

Die letzte Präsidentschaftswahl fand im Oktober 2015 statt. Laurent Gbagbo, der sich nach den letzten Wahlen weigerte, sein Präsidentenamt aufzugeben und damit das Land in die Krise stürzte, sitzt bis heute in Den Haag vor dem Internationalen Strafgerichtshof (AA 2.2017a; vgl. GIZ 2.2017a). Seine Partei FPI ist gespalten. Doch seine Popularität im Land selbst ist ungebrochen. Anfang 2014 kandidierte Gbagbo für das Präsidentenamt, da er davon ausging, noch im selben Jahr auf freien Fuß zu kommen. Obwohl einige seiner Anhänger Anfang 2015 freigelassen wurden, war jedoch klar, dass er weiterhin in Haft bleiben wird. Mitte 2014 wurde bekannt, dass der ehemalige Premierminister Pascal Affi N'guessan als Präsident der FPI nominiert wurde. Er wollte als Chef der FPI seine Partei zur Wahl führen. Präsident Ouattara brauchte die FPI als Oppositionspartei, um bei den Wahlen auch international Anerkennung zu finden. Ouattara schwor sein Land auf Frieden und Versöhnung ein und versprach transparente und demokratische Wahlen. Die Präsidentschaftswahlen verliefen ruhig (GIZ 2.2017a; USDOS 13.4.2016). Die Wahlbeteiligung blieb allerdings sehr niedrig. Obwohl die Wahlkommission vor der Wahl eine Beteiligung von ca. 60 Prozent vorhersagte, ging man eher von 20-25 Prozent aus, denn die Anhänger von Laurent Gbagbo haben die Wahlen boykottiert (GIZ 2. 2017a; vgl. USDOS 13.4.2016).

Alassane Ouattara selbst hat immer noch mit dem Gesetz der Ivoiriété zu kämpfen, das ihn, laut Verfassung, vom Amt des Präsidenten ausschließt. Er hat zwar versucht, dieses Gesetz 2013 zu ändern, ist aber gescheitert. Außerdem wurde kritisiert, das Gesetz würde nur der Erschließung neuer Wählerschichten, der Absicherung der Macht der aktuellen Eliten und der Bestätigung des amtierenden Präsidenten Ouattara bei den Wahlen 2015 dienen. Im November 2016 wurde eine neue Verfassung verabschiedet. Hierüber gab es ein Referendum, dem die Bevölkerung in großen Teilen zugestimmt hat. Die Opposition rief zwar zum Boykott auf, mit der Begründung Ouattara wolle mit der neuen Verfassung seine Macht weiter ausbauen, konnte aber gegen die Mehrheit der Befürworter nichts ausrichten (GIZ 2. 2017a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (2.2017a): Côte d'Ivoire - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/CoteDIvoire/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.2.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (2.2017a): Côte d'Ivoire - Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/, Zugriff 21.2.2017

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/local_link/322479/461956_de.html, Zugriff 21.2.2017

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist zwar stabil, aber weiterhin angespannt (FH 27.1.2017). Es werden aber immer noch regelmäßig gewalttätige Vorfälle aus verschiedenen Landesteilen gemeldet (EDA 21.2.2017; vgl. BMEIA 21.2.2017). Seit der großen Krise von 2010/2011 hat sich die Sicherheitslage deutlich verbessert (EDA 21.2.2017; vgl. FD 13.1.2017). Die Situation normalisiert sich von Tag zu Tag immer mehr (FD 16.12.2014).

Es wird noch mehr Zeit brauchen bis eine Sicherheitsstruktur aufgebaut ist, die im ganzen Land wirksam ist. Die Polizei und die Gendarmerie haben zurzeit nur beschränkte Kapazitäten. Die wichtigsten Städte (Abidjan, Bouaké, San Pedro, Yamoussoukro) sind relativ gut gesichert, aber gleichwohl Zielscheibe von Angriffen gegen staatliche Institutionen (EDA 21.2.2017). Seitens des deutschen Auswärtigen Amts besteht keine Reisewarnung. Seitens des österreichischen Außenministeriums hingegen besteht eine partielle Reisewarnung für angrenzende Regionen an Mali und Guinea, sowie für alle Gebiete außerhalb Abidjans; für die Hauptstadt wird von einem hohen Sicherheitsrisiko ausgegangen (BMEIA 21.2.2017).

Im Grenzgebiet zu Mali ist es im März 2015 zu Terrorakten mit islamistischem Hintergrund gekommen. Am 13. März 2016 kam es in der Hafenstadt Grand Bassam zu einem Terrorangriff auf ein Hotel. In Abidjan und im Landesinneren gibt es weiterhin Straßenkontrollen. Bewaffnete Straßenüberfälle in den nördlichen und westlichen Landesteilen werden weiterhin gemeldet (AA 25.1.2017).

In der Nacht vom Samstag, 07. Jänner 2017, kam es in weiten Teilen der Elfenbeinküste zum Aufstand von Soldaten und zu Schusswechseln. Inzwischen sind die Soldaten in die Kaserne zurückgekehrt und es herrscht angespannte Ruhe. Dennoch kann es weiterhin zu Schusswechseln kommen, wie zuletzt am 17. und 18. Jänner 2017 (AA 25.1.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.2.2017): Elfenbeinküste - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/CoteDIvoireSicherheit_node.html, Zugriff 21.2.2017

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (21.2.2017): Reiseinformationen - Côte d'Ivoire, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/cote-divoire/, Zugriff 21.2.2017

-

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (21.2.2017): Reisehinweise Côte d'Ivoire, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/cote-d-ivoire/reisehinweise-fuercotedivoire.html, Zugriff 25.1.2017

-

FD - France Diplomatie (13.1.2017): Conseils aux voyageurs - Côte d'Ivoire,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/dossiers-pays/cote-d-ivoire/presentation-de-la-cote-d-ivoire/, Zugriff 25.1.2017

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung und Gesetze gewähren eine unabhängige Justiz, doch in der Praxis werden diese nicht durchgesetzt. Obwohl die Justiz in gewöhnlichen Kriminalfällen unabhängig ist, folgt sie der Exekutive in Fällen der nationalen Sicherheit oder bei politisch sensiblen Fällen. Richter sind korrupt und sehr oft durch Bestechungsgelder beeinflusst. Während der Krise nach den Wahlen 2010-11 funktionierte das Justizsystem überhaupt nicht mehr. Die Regierung unter Quattara versucht, eine funktionierende Justiz wiederaufzubauen, stößt dabei jedoch auf große Herausforderungen (USDOS 13.4.2016).

Das Justizsystem ist stark von Frankreich beeinflusst. Es existieren zwei parallele Justizsysteme - die französische Gerichtsbarkeit und das ivorische Gewohnheitsrecht. Der oberste Gerichtshof (Coûr Supreme) kontrolliert die Rechtsprechung. Interessant als verfassungsmäßig vorgesehenes Organ ist der Médiateur de la Republique (Vermittler der Republik), der als eine Art Ombudsmann unparteiisch urteilt.

Eine ernsthafte Aussöhnungspolitik wurde nicht betrieben, doch die Côte d¿Ivoire steht auch vor der riesigen Herausforderung, langjährig gewachsene Konfliktfelder zu entspannen, die Bevölkerung zu versöhnen und einen funktionierenden Staat aufzubauen. Die Situation hat sich aktuell beruhigt, doch die Probleme bestehen weiter (GIZ 2.2017a).

Die anhaltende Unsicherheit und die langsame politische Versöhnung erschweren weiterhin die Anstrengungen der Regierung, die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen und die Straflosigkeit nach dem gewaltsamen Konflikt nach den Wahlen 2010-11 anzuerkennen (USDOS 13.4.2016).

Vier Jahre nach dem Konflikt wurden keine Ouattara-Partisanen vor Gericht gebracht, trotz nationaler und internationaler Erkenntnisse, dass beide Seiten Missbräuche begangen haben. Dieses Ungleichgewicht setzt die nationale Aussöhnung und das öffentliche Vertrauen in das Justizsystem fort (HRW 27.1.2016). Das Versagen der Behörden, bewaffnete Gruppen auf beiden Seiten zu entwaffnen und aufzulösen und die ehemaligen Kombattanten zu rehabilitieren und wieder zu integrieren hat dazu beigetragen, dass viele marginalisierte Jugendliche bewaffneten Banden beitreten (MRG 2.6.2015).

Der Bericht der Kommission für Dialog, Wahrheit und Versöhnung (Commission dialogue, vérité et réconciliation - CDVR), zur Aufklärung der gewalttätigen Unruhen nach den Wahlen für das Jahr 2014, war bis Ende 2015 immer noch nicht veröffentlicht worden. Im März 2015 wurde eine Nationale Kommission für die Versöhnung und Entschädigung von Opfern (Commission Nationale pour la Réconciliation et l'indemnisation des Victimes des crises survenues en Côte d'Ivoire) eingerichtet (HRW 24.2.2017).

Mehr als 200 Unterstützer des ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo, gegen die im Zusammenhang mit dem Konflikt nach den Wahlen im Jahr 2010 Anklagen wegen Störung der öffentlichen Ordnung, Völkermords und anderer Straftaten erhoben worden war, befinden sich weiterhin in Haft. Darunter waren auch mehr als 30 Gefangene, die 2012 und 2014 von Liberia aus an Côte d'Ivoire ausgeliefert worden waren. Im August 2015 wurden 20 Militärangehörige, die Präsident Ouattara unterstützt hatten, wegen Straftaten in Verbindung mit den gewalttätigen Unruhen nach den Wahlen angeklagt. Im März 2015 wurden 78 Unterstützer und Familienangehörige von Laurent Gbagbo, darunter seine Frau und ehemalige First Lady Simone und Michel Gbagbo vor das Assisengericht in Abidjan gestellt. Simone Gbagbo wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen während der Krise zur Verantwortung gezogen. 18 Personen wurden freigesprochen, und bei einigen der Verurteilten wurde die Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Simone Gbagbo erhielt wegen Gefährdung der staatlichen Sicherheit, Beteiligung an einer aufständischen Bewegung und Störung der öffentlichen Ordnung eine 20-jährige Haftstrafe (AI 24.2.2016; vgl. HRW 12.1.2017).

Wie der Prozessbeobachter von Amnesty International feststellt, dürfen in der Côte d'Ivoire Rechtsmittel laut Gesetz nur beim Kassationsgericht eingelegt werden, was gegen das Recht auf Überprüfung eines Strafurteils vor einem höheren Gericht verstößt. Außerdem bemerkt der Prozessbeobachter, dass die Vorwürfe einiger der Beschuldigten, sie seien in der Untersuchungshaft gefoltert worden, vor Gericht offenbar nicht berücksichtigt wurden (AI 24.2.2016).

Die ICC (International Criminal Court in The Hague) und die nationalen Richter untersuchen hochrangige Täter der Pro-Ouattara-Streitkräfte. Untersuchungen über die Menschenrechtsverbrechen werden fortgesetzt. Die Einheit hat von beiden Seiten hochrangige Täter vorgeladen, darunter mehrere Pro-Ouattara-Kommandanten, die nun in Führungspositionen der Armee sind (HRW 12.1.2017).

Die Reparationsorganisation der Côte d'Ivoire hatte bei der Vorlage ihres Berichts im April 2016 eine Liste von mehr als 316.000 Opfern zusammengestellt, die möglicherweise für eine Wiedergutmachung in Frage kämen, obwohl die überwiegende Mehrheit der Opfer noch keine Hilfe erhalten hat. Am 25. Oktober veröffentlichte die Regierung den Bericht der Dialog-, Wahrheits- und Versöhnungskommission. Der Bericht trug nur wenig dazu bei, die Verantwortlichen für Verbrechen, die während des Konflikts von 2002-2003 begangen wurden, oder für die Krise von 2010-11 zu identifizieren (HRW 12.1.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International: Amnesty International Report 2015/16 (24.2.2016): The State of the World's Human Rights - Côte d'Ivoire, http://www.ecoi.net/local_link/319765/466796_de.html, Zugriff 20.2.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (2.2017a): Côte d'Ivoire - Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/, Zugriff 21.2.2017

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HRW - Human Rights Watch: World Report 2016 - Côte d'Ivoire, (27.1.2016)

https://www.ecoi.net/local_link/318336/457337_de.html, Zugriff 21.2.2017

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HRW - Human Rights Watch: World Report 2017 (12.1.2017): Côte d'Ivoire, http://www.ecoi.net/local_link/334692/476557_de.html, Zugriff 21.2.2017

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MRG - Minority Rights Group International (2.6.2015): State of the World's Minorities and Indigenous Peoples 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1440493883_8-mrg-state-of-the-worlds-minorities-2015-africa.pdf, Zugriff 28.2.2017

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/local_link/322479/461956_de.html, Zugriff 21.2.2017

Sicherheitsbehörden

Polizei und Gendarmerie sind für die Strafverfolgung verantwortlich. Während die FRCI (Forces Républicaines de Côte d'Ivoire) weiterhin Verpflichtungen wahrnimmt, die normalerweise von Polizei und Gendarmerie durchgeführt werden, erhalten zivile Sicherheitskräfte verstärkte Ausbildung und Ausrüstung. Die Polizei untersteht dem Innenministerium. Die nationale Gendarmerie hat die Kontrolle über die FRCI und allen Sicherheitsfunktionen übernommen (USDOS 13.4.2016).

Neben einer unzureichenden Führungs-und Kontrollstruktur, fehlt den Truppen der FRCI in der Regel die Grundausbildung. Straflosigkeit und Korruption bleiben endemisch. Sicherheitskontrollen im ganzen Land dienen oft um Bestechungsgelder zu erpressen (USDOS 13.4.2016; vgl. HRW 27.1.2017). Besonders im Westen des Landes verlassen sich Gemeinschaften weiterhin auf Dozos (traditionelle Jäger), um ihren Sicherheitsbedarf zu decken (USDOS 13.4.2016).

Die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte der Côte d¿Ivoire (Forces de Défense et de Sécurité - FDS) gliedern sich in die Armee (Forces armées Nationales de Côte d¿Ivoire = FANCI), die ihrerseits Bodentruppen, Marine, Luftwaffe und die nationale Gendarmerie unter sich vereint, sowie in paramilitärische Einheiten der Gendarmerie und einer Elitetruppe, die Garde Républicaine. Der Aufbau einer regulären nationalen Armee für die Côte d¿Ivoire ist momentan ein wichtiges politisches Ziel. Dabei gehört es zu den bedeutendsten Herausforderungen, Milizen und Kindersoldaten in die Gesellschaft zu reintegrieren, strukturelle Verbesserungen wie z.B. die pünktliche Bezahlung von Soldaten und den Abbau von Kleinwaffen in der Bevölkerung voranzutreiben (GIZ 1.2017a).

Die Militärpolizei und das Militärtribunal sind verantwortlich für die Untersuchung und Verfolgung angeblicher interner Missbräuche, die von den Sicherheitsdiensten begangen werden (USDOS 13.4.2016). Das Justizsystem des Militärs bleibt unzureichend ausgestattet und braucht Reformen, um seine Unabhängigkeit von der Exekutive zu stärken (HRW 27.1.2017). Kommandanten, die angeblich für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, bleiben in Führungspositionen innerhalb der Streitkräfte und mehrere haben angeblich unrechtmäßig privates Vermögen und persönliche Waffenkammern angesammelt (HRW 27.1.2017). Im August 2015 verurteilte das Militärgericht von Abidjan jedoch einen Major, der früher für den Schutz von Simone Gbagbo verantwortlich war, wegen Mord, Angriff und Körperverletzung (USDOS 13.4.2016).

Die Sicherheitskräfte scheitern manchmal daran, gesellschaftliche Gewalt zu verhindern oder darauf zu reagieren, vor allem im westlichen Teil des Landes, wo es mehrere Zwischenfälle von interkommunalen Zusammenstößen gibt. Innerhalb jedes Sicherheitsapparates werden Anstrengungen unternommen, die Verantwortlichkeit für Menschenrechtsverletzungen innerhalb der einzelnen Befehlsketten zu stärken (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2017a): Côte d'Ivoire - Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/, Zugriff 21.2.2017

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HRW - Human Rights Watch: World Report 2017 (12.1.2017): Côte d'Ivoire, http://www.ecoi.net/local_link/334692/476557_de.html, Zugriff 20.2.2017

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/local_link/322479/461956_de.html, Zugriff 21.2.2017

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung und das Gesetz verbieten willkürliche Festnahme und Inhaftierung (USDOS 13.4.2016). Berichte über illegale Inhaftierungen, Erpressungen, sexueller Gewalt und das erzwungene Verschwinden seitens der republikanischen Streitkräfte der Côte d'Ivoire (FRCI) und anderer Sicherheitskräfte bestehen weiter, obwohl sie seit der politischen Krise zurückgingen. Oppositionsgruppen beschuldigen auch die Sicherheitskräfte der Folter und der außergerichtlichen Tötungen, aber diese Vorwürfe wurden nicht überprüft (FH 27.1.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). Die Polizei und die Gendarmerie bleiben unzureichend ausgerüstet und werden in allen Städten nicht als voll funktionsfähig betrachtet. In Abidjan haben sich Jugendliche, die in den Konflikten 2010-11 kämpften, in Banden gruppiert, die als "enfant-microbes" bekannt sind und die weiterhin in bewaffneten Überfällen und Anschlägen in der Stadt verwickelt sind. Im Januar verbreitete sich Panik nach einer landesweiten Welle von Kindesentführungen und Ritualmorden (FH 27.1.2016).

Die Verfassung und das Gesetz verbieten Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe.

Im August startete die UNO-Operation in der Côte d'Ivoire (UNOCI) und die FRCI eine gemeinsame Einrichtung für Menschenrechte, um Informationen zu teilen, auf Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen durch die FRCI einzugehen und den Aufbau von Menschenrechten im Rahmen der FRCI zu koordinieren (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Côte d'Ivoire

http://www.ecoi.net/local_link/328918/469784_de.html, Zugriff 20.2.2017

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/local_link/322479/461956_de.html, Zugriff 21.2.2017

Korruption

Das Gesetz sieht Strafen für korrupte Beamte vor, doch die Regierung setzt dieses Gesetz nicht effektiv um, und korrupte Beamte agieren straffrei. Korruption wirkt sich vor allem auf Gerichtsprozesse, Auftragsvergabe, Zoll- und Steuersachen und Verantwortlichkeit bei Sicherheitskräften aus (USDOS 13.4.2016). Im Jahr 2016 belegte die Elfenbeinküste im Korruptionsindex von Transparency International den 108. von 176 Plätzen (TI 21.2.2017).

Quellen:

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TI - Transparency International (21.2.2017): Corruption Perceptions Index 2016, http://www.transparency.org/cpi2013/results, Zugriff 21.2.2017

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/local_link/322479/461956_de.html, Zugriff 21.2.2017

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Eine Reihe von lokalen und internationalen Menschenrechtsgruppen kann generell uneingeschränkt agieren. Die Regierung beschränkt weder ihre Arbeit noch die Untersuchungen oder die Publizierung der Resultate von Menschenrechtsfällen. Regierungsangestellte sind üblicherweise auch bereit zu kooperieren und auf die Vorschläge der NGOs einzugehen (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/local_link/322479/461956_de.html, Zugriff 21.2.2017

Allgemeine Menschenrechtslage

Hauptprobleme der Côte d'Ivoire sind neben der hohen Armutsrate (46 Prozent) vor allem die weiterhin nur schleppend vorangekommene Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen, die sich während der Bürgerkriegsjahre und den Krisenzeiten 2002, 2004 und 2010/2011 gekennzeichnet haben (AA 2.2017a; vgl. GIZ 2.2017a). Durch die friedlich und frei verlaufenen Präsidentschaftswahlen vom 25.10.2015 haben die Stabilität und der Demokratisierungsprozess in der Côte d'Ivoire einen großen Schritt voran gemacht (AA 2.2017a).

Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme stellen der Missbrauch durch Sicherheitskräfte und die Unfähigkeit der Regierung, Recht und Ordnung durchzusetzen, dar. Weitere Probleme sind schlechte Haftbedingungen, Korruption, Einschränkungen bei der Presse- und Versammlungsfreiheit, sowie Diskriminierung, sexuelle Übergriffe und Gewalt gegen Frauen und Kinder, darunter auch weibliche Genitalverstümmelung (FGM/C) (FH 27.1.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). Ethnische Gruppen, Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender, Menschen mit Behinderungen und Opfer von HIV/AIDS können gesellschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt sein (USDOS 13.4.2016).

Die ivorische zivilgesellschaftliche Organisation CSCI wurde 2003 von der Ivorischen Liga der Menschenrechte (Ligue Ivorienne des Droits de l¿Homme LIDHO) als Antwort auf die politisch-militärische Krise in der Côte d¿Ivoire von 2002 gegründet. Zu den Aufgaben der CSCI gehört es, den Wiederaufbau zu unterstützen, ein neues Sozialgesetz auf den Weg zu bringen, eine stabile Politik und eine partizipative Demokratie zu gewährleisten und die Wirtschaft dauerhaft zu stärken. In der CSCI sind politische Gruppen, Gewerkschaften, religiöse Gruppen und traditionelle Führungskräfte aktiv (GIZ 2.2017a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (2.2017a): Côte d'Ivoire, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/CoteDIvoire/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.2.2017

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FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Côte d'Ivoire

http://www.ecoi.net/local_link/328918/469784_de.html, Zugriff 20.2.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2017a): Côte d'Ivoire - Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/, Zugriff 21.2.2017

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/local_link/322479/461956_de.html, Zugriff 21.2.2017

Meinungs- und Pressefreiheit

Die Verfassung und das Gesetz gewähren Meinungs- und Pressefreiheit, doch die Regierung beschränkt diese Rechte in der Praxis. Das National Press Council (CNP), die Regierungsbehörde für Printmedien, hat mehrmals Zeitungen und Journalisten suspendiert oder gerügt, weil ihre Aussagen falsch, verleumderisch und angeblich die Staatssicherheit bedrohten. Es besteht Meinungsfreiheit. Das Gesetzt verbietet Aufstachelung zu Gewalt, ethnischem Hass, Rebellion und Beleidigung des Staatsoberhaupts oder anderer Mitglieder der Regierung (USDOS 13.4.2016).

Die Medienlandschaft ist vielfältig. Die wichtigsten Tageszeitungen sind "Fraternité Matin", "Le Jour", "Le Patriote", "Soir Info", "L'Eléphant Déchainé", "24 Heures", "Nord-Sud" und "Notre Voie". Nationale Verbreitung hat der staatliche Rundfunk "Radio Télévision Ivorien" (RTI). Von besonderer Bedeutung sind die zahlreichen lokalen Radiosender, die für den größten Teil der Bevölkerung die wichtigste Informationsquelle sind (AA 2.2016b).

Der UN-Menschenrechtsausschuss äußerte im März 2015 Besorgnis hinsichtlich der Pressefreiheit. Im Juli 2015 wurde Joseph Gnanhoua Titi, der Leiter der Tageszeitung Aujourd'hui, festgenommen und wegen Verbreitung falscher Nachrichten und Beleidigung des Präsidenten angeklagt. In einem im gleichen Monat erschienenen Artikel war Präsident Ouattara der Veruntreuung ausländischer Hilfsgelder sowie der Geldwäsche bezichtigt worden. Eine Woche nach der Festnahme wurde die Anklage gegen Joseph Gnanhoua Titi fallengelassen und er selbst auf freien Fuß gesetzt (AI 2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (2.2016b): Côte d'Ivoire, Kultur und Bildung, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/CoteDIvoire/Kultur-UndBildungspolitik_node.html, Zugriff 21.2.2017

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AI - Amnesty International (2016): Amnesty Report Côte D¿Ivoire, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2016/cote-divoire, Zugriff 21.2.2017

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/local_link/322479/461956_de.html, Zugriff 21.2.2017

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

Das Gesetz erlaubt Vereinigungsfreiheit und die Regierung respektiert dieses Recht auch in der Praxis, jedoch verbietet das Gesetz die Gründung von politischen Parteien entlang ethnischer oder religiöser Linien, obwohl früher manchmal eine solche Zugehörigkeit Voraussetzung für eine Mitgliedschaft in mancher Partei war. Das Gesetz erlaubt auch Versammlungsfreiheit, die Regierung schränkt dieses Recht jedoch gelegentlich ein. Demonstrationen und Kundgebungen müssen im Voraus gemeldet werden, jedoch berichten oppositionspolitische Gruppen über häufige Ablehnung ihrer Anträge (USDOS 13.4.2016).

Die neue Verfassung enthält Bestimmungen, welche die Macht des Präsidenten bekräftigte, was von der Opposition stark kritisiert wurde (HRW 12.1.2017; vgl. HRW 27.10.2016). Mindestens zwei Demonstrationen der Oppositionsparteien wurden von Sicherheitskräften aufgelöst. Es kam zum Einsatz von Tränengas und eine Handvoll Oppositionsführer wurden für mehrere Stunden festgehalten (HRW 27.10.2016). Im Dezember 2016 fanden Parlamentswahlen statt, an der die Oppositionspartei von Laurent Gbagbo, die FPI, trotz vorheriger Ankündigung zum Boykott, teilnahm. Die Regierungskoalition unter Ouattara (RDR) gewann die Wahlen deutlich. Im Januar 2017 kam es zu einem Aufstand der Soldaten, die ihren Lohn forderten und mit Reformen in der Armee nicht zufrieden waren. Sie setzten vorübergehend sogar den Verteidigungsminister fest. Auch die Beamten streikten (GIZ 2.2017a).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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