TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/18 W176 2167414-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.01.2019
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Entscheidungsdatum

18.01.2019

Norm

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W176 2167414-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX 1988, Staatsangehörigkeit: Syrien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.07.2017, Zl. 1103939404 - 160157961/BMI-BFA_KNT_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer brachte am 01.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes vor: Er stamme aus Damaskus, bekenne sich zum Islam sunnitischer Ausrichtung und sei legal aus Syrien ausgereist. Als Fluchtgrund gab er an, es sei aufgrund des Krieges sehr gefährlich in Syrien. Als er 2014 aus XXXX zurückgekehrt sei, hätte er zum Militär einrücken müssen, jedoch nicht in den Krieg ziehen wollen. Der Beschwerdeführer legte seinen syrischen Reisepass, Personalausweis, Führerschein und sein syrisches Militärbuch vor.

2. Am 23.05.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) erstmalig niederschriftlich einvernommen, führte der Beschwerdeführer - zusammengefasst - Folgendes an: Er sei im XXXX 2014 aus XXXX nach Syrien zurückgekehrt. An der libanesisch-syrischen Grenze sei er- obwohl er zuvor eine "Kaution" (gemeint: Ersatzgeldleistung) gezahlt habe - von ihm verlangt worden, den Militärdienst abzuleisten. Ihm sei ein Schreiben mitgegeben worden, mit dem er sich bei der nächsten Militärdienststelle melden habe müssen. Danach habe es ein Jahr gedauert, bis er gegen eine Bestechung eine Befreiung von der Militärdienststelle und aufgrund dessen einen Reisepass ausgestellt bekommen habe. Dann sei er am XXXX 2015 ausgereist.

Im Rahmen der Einvernahme wurde auch die Übersetzung des Militärbuchs des Beschwerdeführers durch den anwesenden Dolmetscher protokolliert. Demnach bekam der Beschwerdeführer mehrmals Aufschübe vom Militärdienst wegen Schulbesuchs oder Studiums, zahlte einen Betrag in der Höhe von USD 6.500 um sich von der Ableistung des Militärdienstes freizukaufen, und wurde dem Beschwerdeführer am XXXX 2015 eine Ausreisegenehmigung ausgestellt.

3. Mit Bescheid vom 20.07.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).

Zur Abweisung des Antrags im Asylpunkt wurde ausgeführt, es habe keine Bedrohung oder Verfolgung staatlicherseits festgestellt werden können. Der Beschwerdeführer habe sich vom Militärdienst freigekauft und sich später auch einen Reisepass ausstellen lassen, mit dem er Syrien legal verlassen habe. Es sei nicht vorstellbar, dass es dem Beschwerdeführer ohne Probleme möglich gewesen wäre, auf legale Art und Weise sein Heimatland zu verlassen, wenn er vonseiten des syrischen Regimes verfolgt worden wäre.

4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass es in Syrien trotz Ausnahmen vom Wehrdienst möglicherweise auch zu Willkür kommen könne und durch den erhöhten Bedarf an Soldaten ebenso auf "geschützte" Gruppen wie Studierende, Beamte und Minderheiten zurückgegriffen werde. Im Falle einer Rückkehr wäre der Beschwerdeführer einer Verfolgung als Wehrdienstverweigerer ausgesetzt.

5. Mit Schreiben vom 10.08.2017, eingelangt am 14.08.2017, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verfahrensunterlagen - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

6. Am 27.09.2017 legte der Beschwerdeführer das unter Punkt 2. bezeichnete Schreiben, das er an der Grenze bei der Einreise nach Syrien erhalten habe, vor.

7. Am 14.09.2018 legte die belangte Behörde als Beschwerdenachreichung den Antrag des Beschwerdeführers auf freiwillige Rückkehr vom 09.08.2018 sowie den Widerruf dieses Antrags vom 13.09.2018 vor.

8. Am 10.01.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche Beschwerdeverhandlung statt, an der die belangte Behörde entschuldigt nicht teilnahm.

Bei seiner Vernehmung gab der Beschwerdeführer u.a. Folgendes an:

Nach seiner Rückkehr aus XXXX im Jahr 2014 habe er am Grenzübergang ein Schreiben bekommen, dass er sich bei der Stellungsbehörde des Militärs melden müsse. Er habe vorher schon eine Befreiung bewirkt, da er lange im Ausland gelebt habe. Es habe jedoch viele Fälschungsfälle gegeben, und so hätten die Befreiungsvoraussetzungen nochmals überprüft werden müssen. Er habe nachweisen müssen, dass er wirklich so lange außerhalb Syriens gelebt habe, dies sei jedoch schwierig zu beweisen gewesen, da die diplomatischen Vertretungen geschlossen gewesen seien. Der einzige Ausweg sei gewesen, eine Person zu bestechen, um eine Genehmigung für die Ausstellung eines Reisepasses, eine Genehmigung für die Ausreise sowie die Löschung des Namens des Beschwerdeführers aus der Liste der Personen, die nicht ausreisen dürfen, zu erlangen. Am XXXX 2015 habe er alle betreffenden Dokumente erhalten, habe ausreisen dürfen und den Militärdienst nicht machen müssen. Am XXXX habe er Syrien über den Flughafen verlassen.

Im Rahmen der Verhandlung übersetzte der anwesende Dolmetscher das vom Beschwerdeführer am 27.09.2017 vorgelegte Schreiben, das er an der Grenze bei der Einreise nach Syrien erhalten habe. Darin wird der Beschwerdeführer ersucht, sich bei der Militärstellungsbehörde zu melden sowie diese aufgefordert, den Status des Beschwerdeführers zu bestimmen und das Einreise- und Passamt zu informieren. Weiters gab der Dolmetscher an, dass im vorgelegten Militärbuch der Vermerk enthalten sei, dass der Beschwerdeführer am 19.07.2010 USD 6.500 gezahlt habe, um sich vom Militärdienst freizukaufen.

Auf Vorhalt des Antrags auf freiwillige Rückkehr gab der Beschwerdeführer an, er habe den seelischen negativen Druck nicht mehr ausgehalten. Er habe im Jahr 2017 subsidiären Schutz erhalten, sei aber nicht berechtigt gewesen, ein Reisedokument zu erhalten oder eine Ausbildung zu machen. Er habe auch keine Arbeit gefunden und habe auch das Bundesland nicht wechseln dürfen. Er habe dann eine falsche Entscheidung getroffen und geglaubt, dass es besser sei, wenn er nach Hause fliege.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur hier relevanten Situation in Syrien:

Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Stand 25.01.2018 (letzte Kurzinformation eingefügt am 24.08.2018):

Aktuelle Lage:

Die syrische Regierung unter Präsident Bashar al-Assad hat mit der Unterstützung Russlands seit Jahresbeginn 2018 große Gebiete zurückerobert und kontrolliert nun etwa 60 Prozent des syrischen Staatsgebietes und zwölf von vierzehn Provinzen.

Nach der Offensive auf das Damaskus-Umland und insbesondere auf Ost-Ghouta zogen sich Ende Mai 2018 die letzten Rebellen aus dem Großraum Damaskus zurück, wodurch die Hauptstadt und ihre Umgebung erstmals wieder in ihrer Gesamtheit unter Kontrolle der Regierung stehen.

Aus https://syria.liveuamap.com/ (Stand 17.01.2018) ergibt sich, dass in Damaskus aktuell die syrische Regierung die Macht innehat.

Medienberichte kündigten an, dass Ende Mai 2018 erstmals seit Beginn des Krieges Rekruten vom Wehrdienst entlassen werden sollten. Al-Watan, einer regierungsnahen syrischen Tageszeitung zufolge, sollten die Offiziere und Reservisten der Rekrutierungsklasse 102 von 2010 mit 1. Juni 2018 nach acht Jahren Militärdienst entlassen werden. Die syrischen Staatsmedien berichteten nicht über diese Entscheidung und lokale Zeitungen gaben auch nicht bekannt, wie viele Soldaten davon betroffen sein sollten.

Korruption:

Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex von 2015 von Transparency International liegt Syrien auf Platz 173 von 176 untersuchten Ländern. Das Gesetz sieht strafrechtliche Konsequenzen für amtliche Korruption vor, die Regierung setzt die diesbezüglichen Regelungen jedoch nicht effektiv durch. Beamte üben regelmäßig korrupte Praktiken aus, ohne dafür bestraft zu werden. Korruption ist weiterhin ein allgegenwärtiges Problem bei Polizei, Sicherheitskräften, Regierung und anderen Behörden. Milizen verlangen beispielsweise für das Passieren von Checkpoints, die sie kontrollieren, Bestechungsgelder. In der syrischen Armee gibt es eine Tradition der Bestechung, und es gibt die Möglichkeit, durch Bestechung eine bessere Position oder einfachere Aufgaben zu erhalten.

Korruption war bereits vor dem Bürgerkrieg weitverbreitet und beeinflusste das tägliche Leben der Syrer. Bürger müssen häufig Bestechungsgelder zahlen, um bürokratische Angelegenheiten abschließen zu können. Seit der Krieg in Syrien ausgebrochen ist, vermeiden Syrer, die Verfolgung durch den Staat befürchten, den Kontakt zu offiziellen Institutionen. Stattdessen müssen sie - z.B. im Falle wichtiger Dokumente - auf den Schwarzmarkt zurückgreifen.

Wehr- und Reservedienst:

Seit Jahren versuchen immer mehr Männer die Rekrutierung zu vermeiden, indem sie beispielsweise das Land verlassen oder lokalen bewaffneten Gruppen beitreten, die das Regime unterstützen. Jenen, die den Militärdienst verweigern, oder auch ihren Familienangehörigen, können Konsequenzen drohen. Es ist schwer zu sagen, in welchem Ausmaß die Rekrutierung durch die syrische Armee in verschiedenen Gebieten Syriens, die unter der Kontrolle verschiedener Akteure stehen, tatsächlich durchgesetzt wird, und wie dies geschieht. In der syrischen Armee herrscht zunehmende Willkür und die Situation kann sich von einer Person zur anderen unterscheiden.

Die Rekrutierung von männlichen Syrern findet nach wie unvermindert statt. Für männliche syrischen Staatsbürger und Palästinenser, welche in Syrien leben, ist ein Wehrdienst von 18 oder 21 Monaten ab dem Alter von 18 Jahren verpflichtend, außerdem gibt es einen freiwilligen Militärdienst.

Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Militärbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit, oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsatz verbunden sind, ableisten. Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. "Rekrut" ist der niedrigste Rang, und die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen.

Normalerweise werden Einberufungsbefehle schriftlich mit der Post zugestellt, zur Zeit wird jedoch eher auf persönlichem Wege zum verpflichtenden Militärdienst rekrutiert, um ein Untertauchen der potentiellen Rekruten möglichst zu verhindern. Zu diesem Zweck werden Mitarbeiter des Rekrutierungsbüros zum Haus der Wehrpflichtigen geschickt. Wenn der Gesuchte zu Hause ist, wird er direkt mitgenommen. Wenn er nicht zu Hause ist, wird der Familie mitgeteilt, dass er sich bei der nächsten Kaserne zu melden habe. Es gibt immer wieder Razzien, wie zum Beispiel Anfang Mai 2017, als bei einem Fußballspiel in Tartus alle Männer beim Verlassen des Stadions versammelt und zum Dienst verpflichtet wurden. Einige Zeit zuvor gab es einen weiteren Vorfall, bei dem vor einem Einkaufszentrum in Damaskus alle wehrfähigen Männer eingesammelt und rekrutiert wurden. Auch ein "Herauspflücken" bei einem der zahlreichen Checkpoints ist weit verbreitet. Die Altersgrenze ist auf beiden Enden des Altersspektrums nur theoretisch und jeder Mann in einem im weitesten Sinne wehrfähigen Alter, kann rekrutiert werden. Berichten zufolge besteht aber auch für - teils relativ junge - Minderjährige die Gefahr, in Zusammenhang mit der Wehrpflicht an Checkpoints aufgehalten zu werden und dabei Repressalien ausgesetzt zu sein. Wenn eine persönliche Benachrichtigung nicht möglich ist, können Männer, die das wehrfähige Alter erreichen, auch durch Durchsagen im staatlichen Fernsehen, Radio oder der Zeitung zum Wehrdienst aufgerufen werden.

Die syrische Armee hat durch Todesfälle, Desertionen und Überlaufen zu den Rebellen einen schweren Mangel an Soldaten zu verzeichnen. Viele weigern sich, der Armee beizutreten. Die regulären Rekrutierungsmethoden werden in Syrien noch immer angewendet, weil das Regime zeigen will, dass sich nichts verändert hat, und das Land nicht in totaler Anarchie versinkt. Es gibt auch Männer im kampffähigen Alter, die frei in Syrien leben. Dem Regime liegt nicht daran, alle wehrtauglichen Personen in die Flucht zu treiben. Es werden nämlich auch künftig motivierte Kämpfer benötigt.

Bei der Einreise nach Syrien über den Flughafen Damaskus oder andere Einreisepunkte in Gebiete, die vom syrischen Regime kontrolliert werden, wird bei Männern im wehrfähigen Alter überprüft, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Selbst wenn sie ihren Militärdienst bereits absolviert haben, kommt es vor, dass Männer im wehrfähigen Alter erneut zwangsrekrutiert werden.

Es gibt verschiedene Gründe, um vom Militärdienst befreit zu werden. Der einzige Sohn einer Familie, Studenten oder Versorger der Familie können vom Wehrdienst befreit werden oder diesen aufschieben. Außerdem sind Männer mit Doppelstaatsbürgerschaft, die den Wehrdienst bereits in einem anderen Land abgeleistet haben, üblicherweise vom Wehrdienst befreit. Diese Ausnahmen sind theoretisch immer noch als solche definiert, die Situation in der Praxis ist jedoch anders. Präsident al-Assad versucht den Druck in Bezug auf den Wehrdienst zu erhöhen, und es gibt nun weniger Befreiungen und Aufschübe beim Wehrdienst. Generell werden die Regelungen nun strenger durchgesetzt, außerdem gibt es Gerüchte, dass Personen trotz einer Befreiung oder eines Aufschubs rekrutiert werden. Was die Regelungen zur Befreiung oder zum Aufschub des Wehrdienstes betrifft, so hat man als einziger Sohn der Familie noch die besten Chancen. Das Risiko der Willkür ist jedoch immer gegeben.

Unbestätigte Berichte legen nahe, dass der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit über den Wegfall von Aufschubgründen informiert ist, und diese auch digital überprüft werden. Zuvor mussten Studenten den Status ihres Studiums selbst dem Militär melden, in den letzten zwei Jahren wird der Status von Studenten aktiv überprüft. Generell werden Universitäten nun strenger überwacht und von diesen wird nun verlangt, dass sie das Militär über die Anwesenheit bzw. Abwesenheiten der Studenten informieren. Kürzlich gab es eine Änderung bezüglich des Aufschubs aufgrund eines Lehramts-Studiums. Zuvor war es möglich, einen Aufschub des Wehrdienstes zu erwirken, wenn man ein Lehramts-Masterstudium begann, unabhängig davon welches Bachelor-Studium man zuvor absolviert hatte. Dieser Aufschubgrund funktioniert nun nur noch, wenn man auch den Bachelorabschluss im Lehramtsstudium gemacht hat.

Es gibt Beispiele, dass Männer sich durch die Bezahlung von Bestechungsgeldern vom Wehrdienst freigekauft haben, was jedoch keineswegs als einheitliche Praxis betrachtet werden kann, sondern schlicht Willkür darstellt. So war es vor dem Konflikt gängige Praxis sich vom Wehrdienst freizukaufen, was einen aber nicht davor schützt, im Zuge des aktuellen Konfliktes - manchmal sogar Jahre danach - trotzdem eingezogen zu werden.

Es gibt ein Gesetz, das syrischen Männern, die mehr als fünf Jahre außerhalb des Landes gelebt haben, gegen Zahlung eines Bußgeldes die Befreiung vom Militärdienst ermöglicht. Diese Gebühr wurde von 5.000 USD auf 8.000 USD erhöht.

Seit 2011 hat der syrische Präsident für Mitglieder bewaffneter oppositioneller Gruppen, Wehrdienstverweigerer und Deserteure eine Serie von Amnestien erlassen, die Straffreiheit vorsahen, wenn sie sich innerhalb einer bestimmten Frist zum Militärdienst melden. Am 17. Februar 2016 veröffentlichte der Präsident das Gesetzesdekret Nr. 8, mit dem Deserteure innerhalb und außerhalb von Syrien sowie Wehrdienstverweigerer und Reservisten eine Amnestie erhalten. Es gibt keine Informationen darüber, wie viele Personen die Amnestie genutzt haben. In manchen Fällen wurden Personen aus der Haft entlassen, wobei die Regierung jedoch danach eine erneute Welle von Verhaftungen durchführte. In diesem Zusammenhang ist nicht klar, aus welchem Grund bestimmte Personen freigelassen werden und ob die Amnestie jenen hilft, die davon profitieren sollten [also Wehrdienstverweigerern oder Deserteuren, Anm.], oder anderen Personen. Menschenrechtsorganisationen und Beobachter haben diese Amnestien wiederholt als intransparent und unzureichend kritisiert. Ihrer Ansicht nach profitierten davon nicht die vorgeblich angesprochenen Personengruppen.

Besonders aus dem Jahr 2012 gibt es Berichte von desertierten syrischen Soldaten, welche gezwungen wurden, auf unbewaffnete Zivilisten und Protestierende, darunter Frauen und Kinder, zu schießen. Falls sie sich weigerten, wären sie Gefahr gelaufen, erschossen zu werden.

Wehrdienstverweigerer werden laut Gesetz in Friedenszeiten mit ein bis sechs Monaten Haft bestraft, die Wehrpflicht besteht dabei weiterhin fort. In Kriegszeiten wird Wehrdienstverweigerung laut Gesetz, je nach den Umständen, mit Gefängnisstrafen von bis zu 5 Jahren bestraft. Nach Verbüßen der Strafe muss der Wehrdienstverweigerer weiterhin den regulären Wehrdienst ableisten. Bei einer Wehrdienstverweigerung hat man die Möglichkeit sich zu verstecken und das Haus nicht mehr zu verlassen, das Land zu verlassen, sich durch Bestechung freizukaufen oder einer anderen Gruppierung beizutreten. Bezüglich Konsequenzen einer Wehrdienstverweigerung gehen die Meinungen der Quellen auseinander. Während die einen eine Foltergarantie und Todesurteil sehen, sagen andere, dass Verweigerer sofort eingezogen werden. Die Konsequenzen hängen jedoch vom Profil und den Beziehungen der Person ab. Wenn es eine Verbindung zu einer oppositionellen Gruppe gibt, wären die Konsequenzen ernster.

Wenn jemand den Wehrdienst verweigert und geflohen ist, gibt es die Möglichkeit seinen Status zu "regularisieren", wobei möglicherweise auch ein signifikanter Betrag zu entrichten ist (gerüchteweise bis zu 8.000 USD). Eine solche "Regularisierung" schützt allerdings nicht automatisch vor Repressalien oder einer zukünftigen Rekrutierung. Berichten zufolge betrachtet die Regierung Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen "terroristische" Bedrohungen zu schützen.

Desertion wird gemäß dem Militärstrafgesetz von 1950 in Friedenszeiten mit ein bis fünf Jahren Haft bestraft und kann in Kriegszeiten bis zu doppelt so lange Haftstrafen nach sich ziehen. Deserteure, die zusätzlich außer Landes geflohen sind (so genannte externe Desertion), unterliegen Artikel 101 des Militärstrafgesetzbuchs, der eine Strafe von fünf bis zehn Jahren Haft in Friedenszeiten und 15 Jahre Haft in Kriegszeiten vorschreibt. Desertion im Angesicht des Feindes ist mit lebenslanger Haftstrafe zu bestrafen. In schwerwiegenden Fällen wird die Todesstrafe verhängt.

In vielen Fällen erwartet Deserteure der Tod. Möglicherweise werden sie inhaftiert, befragt und gefoltert, wobei die Behandlung eines Deserteurs auch davon abhängt wer er ist, welcher Konfession er angehört, wie wohlhabend er ist etc. Die große Sorge vieler ist hierbei auch, dass dies nicht nur den Tod des Deserteurs oder die Vergeltung gegen ihn, sondern auch Maßnahmen gegen seine Familie nach sich ziehen kann. Die gängige Vorgehensweise ist, Deserteure nicht zurück an die Front zu schicken, sondern sie zu töten. Berichten zufolge werden sie an Ort und Stelle erschossen. Theoretisch ist ein Militärgerichtsverfahren vorgesehen und Deserteure könnten auch inhaftiert und dann strafrechtlich verfolgt werden. Außergerichtliche Tötungen passieren dennoch. Für ‚desertierte', vormals bei der Armee arbeitende Zivilisten gelten dieselben Konsequenzen wie für einen Deserteur. Solche Personen werden als Verräter angesehen, weil sie über Informationen über die Armee verfügen.

Bewegungsfreiheit:

Die syrische Regierung verweigert die Ausstellung von Reisepässen oder anderen wichtigen Dokumenten aufgrund der politischen Einstellung einer Person, deren Verbindung zu oppositionellen Gruppen oder der Verbindung zu einem geographischen Gebiet, in dem die Opposition dominiert. Das syrische Regime verlangt außerdem ein Ausreisevisum und schloss regelmäßig den Flughafen Damaskus und Grenzübergänge. Über Menschenrechtsaktivisten oder andere Aktivisten der Zivilgesellschaft, deren Familien oder Bekannte werden häufig Ausreiseverbote verhängt. Viele Personen erfahren erst von einem Ausreiseverbot, wenn ihnen die Ausreise verweigert wird. Grund oder Gültigkeitsdauer werden häufig nicht genannt.

1.2. Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger arabischer Abstammung und sunnitisch-muslimischen Glaubens. Er stammt ursprünglich aus Damaskus. Der Beschwerdeführer wurde am 21.09.1988 geboren.

Der Beschwerdeführer hat sich am 19.07.2010 von der Ableistung des Militärdienstes aufgrund seines langen Auslandsaufenthaltes freigekauft. Im Zuge seiner Rückkehr nach Syrien erhielt der Beschwerdeführer am 02.06.2014 ein Schreiben, nach dem er sich bei der Militärstellungsbehörde zu melden habe. Diese werde aufgefordert, den Status des Beschwerdeführers zu bestimmen und das Einreise- und Passamt zu informieren. Danach erhielt der Beschwerdeführer - wenn auch durch Bestechung - am 21.09.2015 eine Ausreisebewilligung.

Der Beschwerdeführer reiste am 31.10.2015 mit einem am 16.10.2015 ausgestellten Reisepass legal aus Syrien aus.

Der Beschwerdeführer stellte am 01.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Der Beschwerdeführer stellte am 09.08.2018 einen Antrag auf freiwillige Rückkehr und widerrief diesen am 13.09.2018.

Es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht, im Falle seiner Rückkehr nach Syrien zum Wehrdienst eingezogen zu werden.

Es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht, im Falle seiner Rückkehr nach Syrien aufgrund (unterstellter) oppositioneller Gesinnung Repressalien ausgesetzt zu werden.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätte.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Situation in Syrien stützen sich auf das aktuelle Länderinformationsblatt der BFA-Staatendokumentation vom 25.01.2018 (letzte Kurzinformation eingefügt am 24.08.2018). Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Die der Entscheidung zu Grunde gelegten Länderberichte wurden den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht, welche die Richtigkeit der Berichte nicht in Abrede stellten.

2.2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers basieren auf den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen und seinen diesbezüglichen Angaben. Seine Angaben zu seiner Person decken sich mit den vorgelegten Unterlagen und sind vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht gleichgeblieben.

2.2.2. Hinsichtlich der Feststellungen, dass sich der Beschwerdeführer vom Militärdienst freigekauft hat, der Aufforderung sich bei der Stellungsbehörde zu melden, der Erlangung einer Ausreisebewilligung, der Ausstellung des Reisepasses und der legalen Ausreise aus Syrien stützt sich das Bundesverwaltungsgericht auf die diesbezüglich gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht sowie den vorgelegten und von den jeweilig anwesenden Dolmetschern übersetzten Dokumenten, insbesondere das Militärbuch und die Aufforderung, sich zu melden.

2.2.3. Die Feststellungen zur Stellung und zum Widerruf des Antrags auf freiwillige Rückkehr stützen sich auf die diesbezüglich von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Dokumente sowie die Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung.

2.2.4. Die (negative) Feststellung zur Gefahr einer Einziehung des Beschwerdeführers zum syrischen Militär basiert auf folgenden Erwägungen:

Es ist unstrittig - da vom Beschwerdeführer selbst so vorgebracht und durch von ihm vorgelegte Dokumente belegt - dass der Beschwerdeführer sich 2010 vom Militärdienst freigekauft hat, da er sich lange im Ausland aufgehalten hat. Nach seiner Rückkehr nach Syrien wurde eine Überprüfung seines Status angeordnet. Danach hat der Beschwerdeführer - wenn auch durch Bestechung - eine Ausreisebewilligung und einen neu ausgestellten Reisepass erhalten und ist damit legal ausgereist.

Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass die syrischen Behörden - insbesondere, wenn es um die Rekrutierung zum Militärdienst geht - sehr gut vernetzt sind und etwa unbestätigte Berichte nahelegen, dass der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit über den Wegfall von Aufschubgründen informiert ist, sowie diese auch digital überprüft werden. Aus dem Schreiben, mit dem dem Beschwerdeführer aufgetragen wurde, sich bei der Stellungsbehörde zu melden, geht auch hervor, dass dieser aufgetragen wurde, "den Status" des Beschwerdeführers zu bestimmen und das Einreise- und Passamt über das Ergebnis zu informieren. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich weiters, dass die syrische Regierung die Ausstellung von Reisepässen oder anderen wichtigen Dokumenten aufgrund der politischen Einstellung einer Person mitunter verweigert, und außerdem ein Ausreisevisum verlangt. Über zivilgesellschaftliche Aktivisten werden häufig Ausreiseverbote verhängt. Allein der Umstand, dass es dem Beschwerdeführer gelungen ist, mit Ausreisebewilligung und neuem Reisepass legal auszureisen, zeigt, dass ihn keine maßgebliche Verfolgungsgefahr durch den syrischen Staat trifft. In einem solchen Fall wäre ihm nie die legale Ausreise ermöglicht worden.

Hinsichtlich des Umstands, dass der Beschwerdeführer die Ausreisebewilligung durch Bestechung erlangt hat, ist auf die diesbezüglichen Länderfeststellungen zu verweisen, dass Korruption in Syrien bereits vor dem Bürgerkrieg weit verbreitet war und das tägliche Leben beeinflusst hat, etwa dass Bürger häufig Bestechungsgelder zahlen müssen, um bürokratische Angelegenheiten abzuschließen.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass sich aus den Länderfeststellungen ergibt, dass das Risiko der Willkür bei Rekrutierungen immer gegeben ist und es Gerüchte gibt, dass Personen trotz einer Befreiung oder eines Aufschubs rekrutiert werden. Vor dem Konflikt sei es gängige Praxis gewesen, sich vom Wehrdienst freizukaufen, was einen jedoch nicht davor schütze, im Zuge des aktuellen Konfliktes trotzdem eingezogen zu werden. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich jedoch auch, dass laut Medienberichten erstmals seit Beginn des Krieges Rekruten sowie Offiziere und Reservisten vom Wehrdienst entlassen werden. Dies scheint auf einen Rückgang des Bedarfs an Soldaten hinzuweisen, welches die Wahrscheinlichkeit, dass gerade der Beschwerdeführer, der vom Militärdienst befreit wurde und legal ausgereist ist, rekrutiert würde, verringert. Jedenfalls ist diese Bedrohung den Beschwerdeführer betreffend vielleicht mit geringer, jedoch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit gegeben.

2.2.5. Die (negative) Feststellung zur Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund (unterstellter) oppositioneller Gesinnung basiert auf folgenden Erwägungen:

Im Laufe des erstinstanzlichen und auch des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer kaum Sachverhalte vorgebracht, aufgrund derer ihm vom syrischen Regime eine oppositionelle politische Gesinnung zumindest unterstellt werden könnte, welche Anlass für Verfolgung bieten würde. So stammt er ursprünglich auch aus Damaskus und keinem regimefeindlichen Gebiet. Der Beschwerdeführer hat nicht vorgebracht, sich jemals (in Syrien oder in Österreich) an Demonstrationen gegen das Regime teilgenommen zu haben oder sich anderweitig oppositionell betätigt oder geäußert zu haben. Wie festgestellt hat der den Wehrdienst nicht verweigert, sondern sich freigekauft und wurde ihm die legale Ausreise ermöglicht. Darüber hinaus kann auch nicht angenommen werden, dass die Asylantragstellung den syrischen Behörden bekannt ist; denn den österreichischen Behörden ist es untersagt, entsprechende Daten an die syrischen Behörden weiterzugeben und diese könnten von einer solchen Antragstellung nur erfahren, wenn der Beschwerdeführer diese von sich aus selbst mitteilen würde.

2.2.6. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätte, ergibt sich aus obigen Erwägungen sowie daraus, dass für den Beschwerdeführer im gesamten Verfahren keine weiteren asylrelevanten Fluchtgründe vorgebracht wurden oder hervorgekommen sind. Darüber hinaus ist auch darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer selbst - auch wenn er dies später bereut und widerrufen hat - einen Antrag auf freiwillige Rückkehr nach Syrien gestellt hat. Es ist nicht nachvollziehbar, dass jemand, der asylrelevante Verfolgung durch einen Staat befürchtet, freiwillig dorthin zurückzukehren beabsichtigt. Es ist dem Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht gelungen, diesen Widerspruch aufzuklären. Vielmehr scheinen für ihn bei der Entscheidung, diesen Antrag zu stellen, die Schwierigkeiten hinsichtlich Arbeitssuche oder Aufenthalt in einem anderen Bundesland in Österreich die (potentiell) gefürchtete Verfolgung in Syrien überwogen zu haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 i. d.F. BGBl. I Nr. 70/2015, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf inter-nationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zu-rückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG z.B. VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert, deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/-20/0539).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 mwN.).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191).

Im Umstand, dass im Heimatland des Beschwerdeführers Bürgerkrieg herrscht, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (siehe VwGH 26.11.1998, 98/20/0309, 0310 und VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht. Eine Furcht kann vielmehr nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in derselben Situation auch fürchten würde. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0132).

3.2.2. Es ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine drohende Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK glaubhaft zu machen:

Denn wie oben festgestellt kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevanten Verfolgungshandlungen von hinreichender Intensität ausgesetzt wäre. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Falle seiner Rückkehr nach Syrien die Zwangsrekrutierung droht oder ihm eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt wird, da er sich vom Militärdienst freigekauft hat, eine Ausreisebewilligung erhalten hat und ihm sogar ein Pass ausgestellt wurde; andere asylrelevante Gründe hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht und sind im Verfahren auch nicht hervorgekommen.

3.2.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt B):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung (vgl. die oben unter Punkt 3.2. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes); schließlich ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

3.3.2. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

3.3.3. Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylantragstellung, Asylverfahren, begründete Furcht vor Verfolgung,
Bürgerkrieg, erhebliche Intensität, Fluchtgründe, Glaubhaftmachung,
inländische Schutzalternative, innerstaatliche Fluchtalternative,
maßgebliche Wahrscheinlichkeit, mündliche Verhandlung,
Nachvollziehbarkeit, politische Gesinnung, Schutzfähigkeit des
Staates, staatliche Schutzfähigkeit, staatliche Schutzwilligkeit,
staatlicher Schutz, Unzumutbarkeit, Verfolgungsgefahr,
Verfolgungshandlung, Willkür, wohlbegründete Furcht,
Zwangsrekrutierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W176.2167414.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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