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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §33 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der 1964 geborenen J S in Wien, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. März 1996, Zl. 115.841/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am 18. April 1995 durch einen Dritten beim Landeshauptmann von Wien die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 2. Mai 1995 mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gemäß § 6 Abs. 2 AufG ab. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. März 1996 wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung u.a. gemäß § 6 Abs. 2 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde zu diesem Abweisungsgrund aus, gemäß § 6 Abs. 2 AufG sei der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung könne auch vom Inland aus gestellt werden. Es stehe fest, dass die Beschwerdeführerin den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet eingebracht habe. Dieser Sachverhalt werde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Nun sei nicht jeder im Inland gestellte Antrag unzulässig, weil es einerseits Fälle gebe, bei denen eine Erstantragstellung im Inland - durch Gesetz vorgesehen - möglich sei, andererseits es Fälle gebe, bei denen die Antragstellung im Inland in Ausnahmefällen durch Judikatur ermöglicht werde. Beides treffe im Fall der Beschwerdeführerin nicht zu. Zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin sei zu sagen, dass durch den Aufenthalt ihres Ehegatten im Bundesgebiet zwar nicht absprechbare Bindungen zur Republik Österreich bestünden, diese aber gegenüber dem öffentlichen Interessen an der Versagung einer Aufenthaltsbewilligung hintanzustellen seien.
Mit Schriftsatz vom 25. Mai 1999 gab die Beschwerdeführerin bekannt, "hinsichtlich aller Beschwerdepunkte aufgrund zwischenzeitiger Erteilung einer Niederlassungsbewilligung durch die Bundespolizeidirektion Wien vom 26. März 1999 klaglos gestellt worden zu sein".
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10092/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 9. April 1980 darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.
Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Beschwerdefall gegeben, weil es sich bei dem gegenständlichen Antrag der Beschwerdeführerin, die noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, um einen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung handelte. Im Falle ihres Obsiegens im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren hätte für die Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsbewilligung (ab 1. Jänner 1998: eine Erstniederlassungsbewilligung) nur mit Wirksamkeit ab dem Zeitpunkt der Erteilung dieser Bewilligung ausgestellt werden können. Da sie aber mittlerweile eine Niederlassungsbewilligung erhalten hat, hat sie auch kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den hg. Beschluss vom 13. November 1998, Zl. 96/19/0390).
Die Beschwerde war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 56 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand nicht erfordert, wären die Kosten jener Partei zuzusprechen, die bei aufrechtem Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegt hätte. Dies ist aus folgenden Überlegungen die belangte Behörde:
Die Beschwerdeführerin tritt den Feststellungen der belangten Behörde, sie habe den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet eingebracht, nicht entgegen. Auf Basis dieser Sachverhaltsfeststellung kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertrat, die Beschwerdeführerin habe der Bestimmung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG nicht genüge getan.
Von dem im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG umschriebenen Erfordernis, den Bewilligungsantrag von Ausland aus zu stellen und die Entscheidung hierüber auch im Ausland abzuwarten, hätte die belangte Behörde nur dann Abstand zu nehmen gehabt, wenn die Beschwerdeführerin zu dem in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung umschriebenen Personenkreis zählte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Weder nach der Aktenlage noch nach dem Beschwerdevorbringen liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beschwerdeführerin unter die Ausnahmebestimmung des § 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, fiel.
Auch der Umstand, dass für die Beschwerdeführerin eine Antragstellung im Ausland "unter Gefahr der Versagung der Rück-Einreise" im Hinblick auf ihre Schwangerschaft bzw. Mutterschaft "tatsächlich unzumutbar" gewesen sei, kann nicht zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung führen, wenn die Erfolgsvoraussetzung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG nicht erfüllt wird.
Der Hinweis auf die familiären Interessen der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet hätte die Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg geführt:
Der Gesetzgeber der Aufenthaltsgesetz-Novelle 1995 hat mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG und § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG in Ansehung von Angehörigen in Österreich beschäftigter Fremder auf die durch Art. 8 MRK geschützten Rechtsgüter Bedacht genommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 96/19/0161).
Zählt aber die Beschwerdeführerin nach dem bisher Gesagten nicht zu dem Personenkreis, für den ausnahmsweise eine Antragstellung aus dem Inland zulässig war, kann die Abweisung ihres entgegen § 6 Abs. 2 erster Satz AufG gestellten Antrages durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Auf den weiteren Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
Die Beschwerde wäre demnach abzuweisen gewesen.
Wien, am 11. Juni 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996193660.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009