TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/22 W126 2206835-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.01.2019

Norm

ASVG §18b
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W126 2206835-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, SVNR XXXX, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 04.09.2018, Zl. HVBA-XXXX, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit angefochtenem Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 04.09.2018 wurde der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres Ehemannes gemäß § 18b ASVG ab 01.03.2017 anerkannt und ausgesprochen, dass für die Zeit vom 01.07.2006 bis 28.02.2017 die Berechtigung zur Selbstversicherung nicht gegeben sei. Begründend wurde ausgeführt, dass Beiträge zur Selbstversicherung nur für Beitragszeiträume entrichtet werden können, welche nicht mehr als zwölf Monate vor der Antragstellung liegen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde und führte darin im Wesentlichen aus, dass sie sehr oft bei der belangten Behörde vorgesprochen habe und bekannt gewesen sei, dass sie ihren Ehemann pflege. Bezüglich einer Selbstversicherung für sie als Angehörige sei ihr nie etwas mitgeteilt worden. Sie hätte sich eine bessere Beratung erwartet und ersuche daher um eine neuerliche Überprüfung ihres Falles. Auch ihr Sohn sei von 2011 bis 2015 im Krankenhaus behandelt worden. In dieser Zeit habe sie - neben ihrem Ehemann - auch ihren Sohn gepflegt. Der Beschwerde beigelegt wurden Unterlagen bezüglich der Erkrankung des Sohnes der Beschwerdeführerin.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres Ehemannes, XXXX, geboren am XXXX, ab Juli 2006 (mit der zusätzlichen Anmerkung "frühestmöglich") langte am 01.03.2018 bei der Pensionsversicherungsanstalt ein.

Mit angefochtenem Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt wurde der Anspruch der Beschwerdeführerin ab 01.03.2017 anerkannt und für den Zeitraum 01.07.2006 bis 28.02.2017 abgelehnt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verwaltungsakt. Daraus ergibt sich der maßgebliche Sachverhalt zweifelsfrei und unstrittig.

Das Datum des Einlangens des Antrags der Beschwerdeführerin bei der Pensionsversicherungsanstalt ist aus dem Eingangsstempel der Pensionsversicherungsanstalt des im Akt befindlichen Antrages ersichtlich und wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Gemäß § 18b Abs. 1 ASVG können sich Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, solange sie während des Zeitraumes dieser Pflegetätigkeit ihren Wohnsitz im Inland haben, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Je Pflegefall kann nur eine Person selbstversichert sein. Die Pflege in häuslicher Umgebung wird durch einen zeitweiligen stationären Pflegeaufenthalt der pflegebedürftigen Person nicht unterbrochen.

Gemäß § 18b Abs. 2 ASVG beginnt die Selbstversicherung mit dem Zeitpunkt, den die pflegende Person wählt, frühestens mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Pflege aufgenommen wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der dem Tag der Antragstellung folgt.

Gemäß § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG sind als Beitragszeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 Zeiten einer freiwilligen Versicherung anzusehen, wenn die Beiträge innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des Beitragszeitraumes, für den sie gelten sollen, oder auf Grund einer nachträglichen Selbstversicherung nach § 18 oder § 18a in Verbindung mit § 669 Abs. 3 wirksam (§ 230) entrichtet worden sind.

Gemäß § 669 Abs. 3 ASVG kann die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a auf Antrag von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 1. Jänner 1988 die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt haben, nachträglich beansprucht werden, und zwar für alle oder einzelne Monate, längstens jedoch für 120 Monate, in denen die genannten Voraussetzungen vorlagen. § 18 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden.

3.2. Im vorliegenden Fall wurde die Berechtigung zur Selbstversicherung mit angefochtenem Bescheid für den Zeitraum 01.07.2006 bis 28.02.2017 mit der Begründung abgelehnt, dass die Selbstversicherung gemäß § 18b ASVG rückwirkend höchstens ein Jahr vor Antragstellung eingegangen werden könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mit der im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfrage auseinandergesetzt und ausgesprochen, dass auch wenn der Versicherte als Zeitpunkt des Beginns der freiwilligen Versicherung einen bereits verstrichenen Zeitpunkt wählen kann, sich aus § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG ergibt, dass als frühester Beginnzeitpunkt der dem Antragszeitpunkt vorangehende Monatserste des Vorjahres gewählt werden kann. Die Sonderregelung für die Fälle des § 18 bzw. § 18a iVm § 669 Abs. 3 ASVG ist auf die Selbstversicherung nach § 18b ASVG nicht anzuwenden. (VwGH 04.11.2015, Ro 2015/08/0022, mwN; siehe dazu auch VwGH 02.06.2016, Ro 2014/08/0081)

In der unterschiedlichen Behandlung der Selbstversicherung nach § 18a und § 18b im § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG kann im Hinblick auf die verschiedenen Zugangskriterien (vor allem die unterschiedliche Intensität der Beanspruchung der Arbeitskraft durch die Pflege; zur Unterscheidung zwischen "erheblicher" iSv § 18b ASVG und "überwiegender" iSv § 18a ASVG Beanspruchung der Arbeitskraft siehe VwGH 19.01.2017, Ro 2014/08/0084) keine unsachliche Differenzierung erblickt werden. (vgl. VwGH 07.04.2016, Ro 2014/08/0085, mwN)

Gegen diese Beurteilung bestehen auch insofern keine Bedenken, als in der unterschiedlichen Behandlung der Selbstversicherung nach § 18a und § 18b im § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG keine planwidrige Lücke zu erkennen ist, besteht doch kein Anhaltspunkt, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Sonderregelung für § 18a iVm. § 669 Abs. 3 ASVG durch BGBl. I Nr. 3/2013 die Bestimmung des § 18b ASVG etwa übersehen hätte (VwGH 07.04.2016, Ro 2014/08/0085); dies wird auch durch die Änderung des § 669 Abs. 3 ASVG durch BGBl. I Nr. 125/2017 nicht berührt.

Die rückwirkende Anerkennung von Beitragszeiten ist daher lediglich im Umfang von zwölf Monaten zulässig. Für eine darüber hinausgehende Rechtsgrundlage besteht keine Rechtsgrundlage. (VwGH 07.04.2016, Ro 2015/08/0001).

Der verfahrensgegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres Ehegatten wurde am 01.03.2018 gestellt, weshalb gemäß § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG - zwölf Monate zurückgerechnet - der erste mögliche Beitragsmonat März 2017 ist. Zeiträume, die davor, also mehr als zwölf Monate vor der Antragstellung liegen, können nicht als Beitragszeiten für die freiwillige Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18b ASVG herangezogen werden, weil für diese - wie oben dargelegt - keine Rechtsgrundlage besteht.

Zum Vorbringen in der Beschwerde, wonach der belangten Behörde bekannt gewesen sei, dass die Beschwerdeführerin ihren Ehemann pflege und ihr nie etwas bezüglich einer möglichen Selbstversicherung mitgeteilt worden sei, ist anzuführen, dass ein öffentlich-rechtlicher Anspruch, so behandelt zu werden, als wäre eine Auskunft erteilt worden ("Herstellungsanspruch"), nicht besteht (VwGH 04.11.2015, Ro 2015/08/0022, mit Verweis auf VwGH 22.12.2010, 2010/08/0244, wonach den Sozialversicherungsträgern nicht die Möglichkeit offensteht, Fehler der Behörde von Amts wegen im kurzen Weg durch Zuerkennung von an sich nicht bestehenden Ansprüchen zu bereinigen).

Dem Einwand, dass die Beschwerdeführerin von 2011 bis 2015 neben ihrem Ehemann auch ihren Sohn gepflegt habe, ist entgegenzuhalten, dass Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Selbstversicherung für Zeiten der Pflege des Ehemannes der Beschwerdeführerin gemäß § 18b ASVG ist, weshalb die Ausführungen in der Beschwerde betreffend die Pflege des Sohnes der Beschwerdeführerin durch die Beschwerdeführerin sowie die in diesem Zusammenhang vorgelegten Unterlagen außer Betracht zu bleiben haben.

Die Beschwerde erweist sich folglich als unbegründet und war daher abzuweisen.

3.3. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde nicht von der Beschwerdeführerin beantragt. Es konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da sich im gegenständlichen Fall klar aus der Aktenlage ergab, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der Sachverhalt stellte sich aus der Aktenlage als hinreichend geklärt dar und war im vorliegenden Fall unstrittig. Die im gegenständlichen Fall zu beurteilende Rechtsfrage wurde bereits vom Verwaltungsgerichtshof geklärt. Es wurden keine sonstigen Rechts- oder Tatfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. ua VfGH 18.06.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist). Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im gegenständlichen Verfahren auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die gegenständliche Entscheidung ergeht in Anlehnung an die unter 3.2. angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe insbesondere VwGH 04.11.2015, Ro 2015/08/0022, und VwGH 07.04.2016, Ro 2014/08/0085).

Es war sohin insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Pensionsversicherung, Rückwirkung, Selbstversicherung,
Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W126.2206835.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten