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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ALSAG 1989 §2 Abs5 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der revisionswerbenden Partei die P Gesellschaft m.b.H in A, vertreten durch Heid & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 2. Oktober 2018, Zl. LVwG-AV-819/001-2017, betreffend Feststellung nach dem AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Amstetten), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1 a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
5 Im vorliegenden Fall geht es um die Feststellung gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), dass es sich bei dem in den Jahren 2012 und 2013 auf näher genannten Grundstücken zwischengelagerten Bodenaushubmaterial (das von verschiedenen, näher angeführten Baustellen stammt) im Ausmaß von insgesamt 9110 m3 um Abfall im Sinne des AWG 2002 handelt.
6 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird im Wesentlichen ausgeführt, durch ein Gutachten des Amtssachverständigen (wiedergegeben in einer Verfahrensanordnung vom 5. August 2014) sei die vom Amtssachverständigen ursprünglich vorgenommene Beurteilung der möglichen Beeinträchtigung öffentlicher Interessen widerlegt worden. Fraglich sei, ob die objektive Komponente des Abfallbegriffs (denkmögliche Gefährdung öffentlicher Interessen) anhand eines objektiven Maßstabs zu beurteilen sei oder ob eine unzutreffende Ersteinschätzung dazu führe, dass die Abfalleigenschaft eines Materials bestehe, auch wenn sich nachträglich herausstellte, dass selbst bei korrekter abstrakter Betrachtung keine Gefährdung gegeben sei (wurde näher ausgeführt).
7 Das Material solle zum Böschungsaustausch der Schottergrube verwendet werden. Es liege eine stoffliche Verwertungsmaßnahme und keine Beseitigungsmaßnahme vor. Auch deshalb sei der objektive Abfallbegriff nicht erfüllt. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis VwSlg. 15282 A ausgesprochen, dass die Einbringung von Abfällen in eine Deponie, um dort Zwecke zu erfüllen, die außerhalb einer Deponie jedenfalls als stoffliche Verwertung anzusehen seien, als Verwertungsmaßnahme oder Beseitigung anzusehen sei. Da das Verwaltungsgericht die temporäre Lagerung als Beseitigungsmaßnahme qualifiziert habe, sei es von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
8 Die subjektive Komponente des Abfallbegriffs liege nicht vor weil die Entledigungsabsicht der Bauherrn nicht bestanden habe, sondern der Abtransport des Materials über Ersuchen der Revisionswerberin auf Überlassung des Materials erfolgt sei und dieses ansonsten vor Ort hätte verwendet werden sollen (wurde näher ausgeführt).
9 Festgestellt habe das Verwaltungsgericht weiters, dass eine Trennbarkeit der Materialien im Sinne einer Zuordnung zu den einzelnen Baustellen, woher die Materialien stammten, nicht gegeben gewesen sei. Diese Feststellung widerspreche den Ergebnissen der Verhandlung vom 8. Mai 2018. Nach dem Verwaltungsgericht sei auf Grund der Beurteilungsnachweise eine optische Trennung der verschiedenen Aushubmaterialien nach Anfallsort nicht möglich gewesen. Die Ergebnisse der Verhandlung belegten aber, dass im gegenständlichen Fall den Mitarbeitern der Revisionswerberin eine Trennung möglich gewesen wäre. Entscheidend sei nicht, ob der Sachverständige, der die Aushubmaterialien nicht kenne, eine Trennung vornehmen könne, sondern ob dies der Revisionswerberin möglich wäre.
10 Ob bestimmte Sachen Abfall sind, ist eine Frage des Einzelfalles (vgl. VwGH 17.12.2018, Ra 2018/05/0263, mwN).
11 Die Zulässigkeit der Revision könnte sich daher nur ergeben, wenn in den Revisionszulässigkeitsgründen substantiiert aufgezeigt wird, dass die diesbezügliche Beurteilung des Verwaltungsgerichtes grob fehlerhaft erfolgt wäre oder zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis führen würde (vgl. wiederum VwGH 17.12.2018, Ra 2018/05/0263, mwN).
12 Zum Vorliegen des objektiven Abfallbegriffes hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzinteressen des § 1 Abs. 3 AWG 2002 durch die gegenständliche Lagerung im Feststellungszeitraum 2012 und 2013 vorgelegen sei, habe doch der im Beschwerdeverfahren bestellte Amtssachverständige für Deponietechnik bei seinen Überprüfungen im Jahr 2014 die Entfernung dieser Lagerungen vom Deponieareal aus gewässer- und bodenschutztechnischer Sicht deshalb gefordert, weil ihm seitens der Revisionswerberin keine Untersuchungsbefunde vorgelegt worden seien und er eine Trennbarkeit der verschiedenen Materialien nicht habe feststellen können. Im in den Revisionszulässigkeitsgründen zitierten Gutachten (vom 7. März 2014) führte der Sachverständige aus, dass im Zuge eines heutigen Lokalaugenscheines für das derzeit nicht konsensgemäß zwischengelagerte Material keine Verunreinigungen festgestellt worden seien und daher derzeit nicht von einer Gefährdung der Schutzgüter Boden und Grundwasser auszugehen sei. Auf diesen Umstand werde auch in den Aufsichtsberichten 2012 und 2013 hingewiesen. Dass die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes grob fehlerhaft erfolgt wäre oder zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte, ist daraus nicht ersichtlich, schon weil ein bloßer Augenschein erforderlichen Untersuchungsbefunden im gegenständlichen Zusammenhang nicht gleichwertig sein kann; außerdem nennt § 1 Abs. 3 AWG 2002 noch andere Schutzgüter als die beiden genannten.
13 Das Verwaltungsgericht hat ferner umfangreich dargestellt, weshalb es von keiner Trennbarkeit der Materialien ausgegangen ist (vgl. Seiten 15, 16, 17, 18 sowie 20 des angefochtenen Erkenntnisses). Auch diesbezüglich ist in keiner Weise ersichtlich, dass die so getroffene Beurteilung des Verwaltungsgerichtes grob fehlerhaft erfolgt wäre oder zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis führen würde. Dass dabei eine Aktenwidrigkeit vorliegen würde, ist auf der Grundlage des Vorbringens in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht nachvollziehbar.
14 Im Erkenntnis VwGH 25.11.1999, 98/07/0190, VwSlg. 15282 A hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass von einem Altstoff (und damit nicht von Abfall) im Sinne des § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG auch dann auszugehen ist, wenn dieser als Deponiezwischenabdeckung verwendet worden ist. Wird Abfall wiederverwendet oder einer stofflichen Verwertung zugeführt, ist er Altstoff. Dies gilt auch für die Einbringung in eine Deponie dann, wenn der Altstoff für den Deponiebau verwendet wird und demnach nicht der Ablagerung von Abfall dient. Das Verwaltungsgericht hat auf den Seiten 22 ff umfangreich begründet, warum diese Voraussetzungen im hier vorliegenden Fall nicht erfüllt sind. In den Revisionszulässigkeitsgründen wird nicht substantiiert dargestellt, dass diese Begründung grob fehlerhaft wäre oder zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis führte.
15 In Bezug auf die subjektive Komponente hat das Verwaltungsgericht auf den Seiten 20 ff dargestellt, weshalb es von der Entledigungsabsicht der Bauherrn bzw. Bauführer ausgegangen ist. Auch diesbezüglich wird in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht substantiiert aufgezeigt, dass diese Beurteilung des Verwaltungsgerichtes grob fehlerhaft erfolgt wäre oder zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis führen würde.
16 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 22. Jänner 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018050286.L00Im RIS seit
26.02.2019Zuletzt aktualisiert am
14.03.2019