Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Galesic, über die Revision des M M in G, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. September 2018, Zl. W170 2205272-1/3E, betreffend Entziehung eines Konventionsreisepasses (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Dem Revisionswerber, einem syrischen Staatsangehörigen, wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 9. November 2015 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Zuletzt am 1. Dezember 2016 wurde ihm ein bis zum 30. November 2021 gültiger Konventionsreisepass ausgestellt.
2 Vor dem Landesgericht für Strafsachen Graz ist gegen den Revisionswerber ein Strafverfahren wegen der Verbrechen der terroristischen Vereinigung gemäß § 278b StGB, der kriminellen Organisation gemäß § 278a StGB und der staatsfeindlichen Verbindung gemäß § 246 Abs. 1 und 2 StGB anhängig. Nach Bejahung von Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr war der Revisionswerber in diesem Verfahren vom 28. Jänner 2017 bis zum 3. Juli 2018 in Untersuchungshaft angehalten worden.
3 Mit Bescheid vom 17. August 2018 entzog das BFA dem Revisionswerber den Konventionsreisepass.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 18. September 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) eine dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG sowie § 94 Abs. 5, § 93 Abs. 1 Z 1 und § 92 Abs. 1 Z 1 FPG als unbegründet ab. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Begründend führte das BVwG aus, gegen den Revisionswerber sei ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Begehung schwerster, mit bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe bedrohter Straftaten anhängig. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Graz sei aufrecht. Die Einstellung des Verfahrens oder auch nur ein Antrag des Revisionswerbers auf Einstellung seien nicht einmal behauptet worden. Dazu kämen die bisher gezeigte Mobilität sowie die lang andauernde u.a. auf Fluchtgefahr gegründete Anhaltung in Untersuchungshaft. Insgesamt sei die Annahme berechtigt, der Revisionswerber wolle den Konventionsreisepass benutzen, um sich der wegen der erwähnten gerichtlich strafbaren Handlungen in Inland eingeleiteten Strafverfolgung und der allenfalls nachfolgenden Strafvollstreckung zu entziehen. Die im § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 und § 92 Abs. 1 Z 1 FPG normierten Voraussetzungen für die Entziehung des Konventionsreisepasses lägen daher vor.
6 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision erweist sich als unzulässig:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
8 Insoweit führt der Revisionswerber ins Treffen, dass es in dem gegen ihn geführten Strafverfahren keine entsprechenden Verdachtsmomente und auch keine entsprechenden Beweise gäbe. Daher gehe er davon aus, dass dieses Verfahren eingestellt werde. Bislang lägen weder ein Strafantrag noch eine Anklageschrift vor. Das BVwG habe sich mit den erhobenen Beschuldigungen nicht auseinandergesetzt. Ihm könne nicht ungeachtet der für ihn sprechenden Unschuldsvermutung sowie "unter Umkehr der Beweislast der Konventionsreisepass entzogen werden".
9 Diese Argumentation lässt unberücksichtigt, dass es für die Entziehung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 und § 92 Abs. 1 Z 1 FPG ausreicht, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde dieses Dokument benutzen wolle, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen. Der Richtigkeit dieser - vom BVwG jedenfalls nicht unschlüssig begründeten - Annahme sowie dem Vorliegen eines noch anhängigen Strafverfahrens, wobei in jedem Fall die in § 8 StPO normierte Unschuldsvermutung zum Tragen kommt, tritt auch die Revision nicht inhaltlich entgegen. Die von der Revision zentral thematisierte Stichhältigkeit der strafrechtlichen Vorwürfe ist dagegen als solche weder ein Tatbestandserfordernis der eben genannten Bestimmungen des FPG, noch ist das BVwG (sondern vielmehr letztlich das Strafgericht) zu einer entsprechenden inhaltlichen Prüfung berufen (siehe etwa zur vergleichbaren Bestimmung des § 14 Abs. 1 Z 3 lit. a PassG VwGH 18.5.2006, 2006/18/0108, insbesondere Punkt II.3. der Entscheidungsgründe).
10 Insgesamt zeigt die Revision somit keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf, sodass sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
Wien, am 24. Jänner 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018210211.L00Im RIS seit
26.02.2019Zuletzt aktualisiert am
13.03.2019