TE Vwgh Erkenntnis 1999/6/11 99/19/0092

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Veröffentlicht am 11.06.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §6 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §21 Abs3;
FrG 1997 §23 Abs6;
FrG 1997 §28 Abs2;
MRK Art14;
MRK Art8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der 1997 geborenen BD in P, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. März 1999, Zl. 309.053/2-III/11/98, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. März 1999 wurde der am 19. Februar 1998 gestellte Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 und § 28 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 seien Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag könne im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen sei, und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt habe. Gemäß § 28 Abs. 2 FrG 1997 seien in Österreich geborene Kinder Fremder, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen, während ihrer ersten drei Lebensmonate von der Sichtvermerkspflicht befreit, sofern die Mutter über einen Aufenthaltstitel verfüge oder Sichtvermerks- und Niederlassungsfreiheit genieße; dies gelte jedoch nur, solange das Aufenthaltsrecht der Mutter weiterhin bestehe. Die Beschwerdeführerin halte sich jedenfalls seit 5. Jänner 1998 in Österreich auf. Die Mutter der Beschwerdeführerin habe noch nie über eine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich verfügt. § 28 Abs. 2 FrG 1997 sei auf die Beschwerdeführerin daher nicht anwendbar. Weil die Mutter der Beschwerdeführerin über keinen Aufenthaltstitel verfügt habe, sei von einer Stattgebung des Antrages Abstand zu nehmen gewesen. Gemäß § 37 FrG 1997 habe eine Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen unter Anwendung des Art. 8 MRK zu erfolgen. Allerdings habe der Gesetzgeber bereits bei Erlassung des § 14 Abs. 2 FrG 1997 auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen. Es erübrige sich daher ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin tritt den Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegen.

Da die Beschwerdeführerin daher weder selbst über einen Aufenthaltstitel verfügte, noch ihrer Mutter jemals eine Berechtigung zum Aufenthalt zukam, wertete die belangte Behörde ihren Antrag daher zu Recht als solchen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung. Ein Fall des § 23 Abs. 1 oder des § 23 Abs. 6 FrG 1997 liegt daher nicht vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1999, Zl. 99/19/0004, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Die Beschwerdeführerin verweist nun darauf, in Wien geboren zu sein und das Bundesgebiet nie verlassen zu haben. Es sei daher "denkunmöglich", den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom Ausland aus zu stellen, zumal die Beschwerdeführerin noch nie nach Österreich eingereist sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 20. April 1999 darlegte, ist § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 auf in Österreich geborene und seit der Geburt ständig aufhältige Fremde nicht unmittelbar anwendbar, weil diese - zu keinem Zeitpunkt - nach Österreich eingereist sind. Allerdings ist nach den auch in den Gesetzesmaterialien erkennbaren Wertungsgesichtspunkten des FrG 1997 die weiterhin bestehende Regelungslücke in Ansehung solcher Fremder, die nicht gemäß § 28 Abs. 2 FrG 1997 von der Sichtvermerkspflicht befreit waren, in aller Regel in Analogie zum ersten Satz des § 14 Abs. 2 zu schließen. Grundsätzlich ist für solche Fremde daher zu verlangen, dass sie durch Ausreise aus dem Bundesgebiet den rechtmäßigen Zustand herstellen und vor einer weiteren Einreise nach Österreich ihre Niederlassungsbewilligung vom Ausland aus beantragen.

Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen besteht lediglich in Ansehung solcher in Österreich geborener und seit der Geburt aufhältiger Fremder, die vor dem 1. Dezember 1997 den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt und noch unter der Geltungsdauer des AufG einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aufgrund dieses Antrages erworben hatten. In Ansehung solcher Fremder ist eine Analogie zu den in § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 geregelten Fallgruppen geboten. Die für diese Ausnahme ins Treffen geführten Gründe des Dispositionsschutzes spielen aber bei einer erst ab dem 1. Dezember 1997 erfolgten Antragstellung keine Rolle. Gegenständlich ist hier aber der Antrag der Beschwerdeführerin vom 19. Februar 1998.

Dieser Antrag war daher an § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 zu messen. Da die Beschwerdeführerin nicht bestreitet, sich im Zeitpunkt ihrer Antragstellung in Österreich aufgehalten zu haben, ist der in der obgenannten Bestimmung umschriebenen Erfolgsvoraussetzung nicht Genüge getan.

Insoweit die Beschwerdeführerin darauf verweist, dass ihr Vater auch am 28. Jänner 1998 einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt habe, diesen jedoch nach einer "fragwürdigen Rechtsbelehrung" am 10. Februar 1998 wieder zurückgezogen habe, ist ihr zu entgegnen, dass auch ein am 28. Jänner 1998 während eines Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet gestellter Antrag nicht zum Erfolg geführt hätte. Abgesehen davon ist der Antrag vom 28. Jänner 1998 auch nicht Gegenstand des hier angefochtenen Bescheides.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde hatte vorliegendenfalls eine Beurteilung gemäß § 37 FrG 1997 nicht Platz zu greifen. Diese Bestimmung regelt ausschließlich die Zulässigkeit von Ausweisungen und Aufenthaltsverboten.

Insoweit sich die Beschwerdeführerin auf die durch die Anwesenheit ihres Vaters begründeten familiären Interessen im Bundesgebiet beruft, ist ihr zu entgegnen, dass die hier gewählte Interpretation des § 14 Abs. 2 FrG 1997 aus den in dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 20. April 1999 dargelegten Gründen dem Art. 8 MRK nicht widerspricht. Ebenso wenig bestehen aus den in diesem Erkenntnis näher dargelegten Erwägungen gleichheitsrechtliche Bedenken gegen die Begünstigung der Aufrechterhaltung des Familienlebens eines in Österreich geborenen Kindes mit seiner hier rechtmäßig aufhältigen Mutter gegenüber dem Familiennachzug wo auch immer geborener Fremder, deren Mütter nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind, zum Vater. Auch in diesem Zusammenhang wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom 20. April 1999 verwiesen. Umso weniger wäre es - wie die Beschwerdeführerin aber meint - verfassungsrechtlich geboten, eine gesetzliche Regelung des Inhaltes zu schaffen, dass der Aufenthaltstitel des Vaters auch für sein im Inland geborenes Kind gelten solle.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 11. Juni 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999190092.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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