TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/15 W200 2179275-1

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Veröffentlicht am 15.11.2018
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Entscheidungsdatum

15.11.2018

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W200 2179275-1/7E

W200 2179280-1/8E

W200 2179277-1/3E

W200 2207849-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike SCHERZ als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX (alias: XXXX ),

4.) XXXX , geb. XXXX , alle StA Afghanistan, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2017 (ad 1,2,3) und 17.09.2018 (ad 4), Zlen. 1134521810-161519667 (ad 1.), 1134521200-161519683 (ad 2.), 1134518608-161519675 (ad 3.) und 1205427500-180846761 (ad 4.), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.08.2018, zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerden werden gemäß § 3 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 hinsichtlich Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide als unbegründet abgewiesen.

II. Den Beschwerden gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide wird stattgegeben und 3.) XXXX sowie 4.) XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 und 1.) XXXX sowie 2.) XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 iVm § 34 Abs. 3 Asylgesetz 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 wird 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.)

XXXX sowie 4.) XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.11.2019 erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) ist der Ehegatte der Zweitbeschwerdeführerin (BF2), ihre zwei gemeinsamen minderjährigen Kinder sind die im Herkunftsland geborene Drittbeschwerdeführerin (BF3) und der in Österreich geborene Viertbeschwerdeführer (BF4). Die beschwerdeführenden Parteien führen laut eigenen Angaben die im Spruch genannten Namen, sind Staatsangehörige Afghanistans, gehören der Volksgruppe der Tadschiken an, sind schiitische Moslems und reisten illegal in das Bundesgebiet ein. Die Beschwerdeführer stellten am 09.11.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz (BF3 am selben Tag, BF4 am 05.09.2018, beide vertreten durch ihren gesetzlichen Vertreter).

Im Rahmen der Erstbefragung am 09.11.2016 gab der BF1 an, Afghane und in Teheran im Iran geboren zu sein sowie dort gelebt zu haben, drei Jahre lang die Schule besucht zu haben und Schneider gewesen zu sein. Als Fluchtgrund nannte er, dass er den Iran aufgrund von Feindschaften verlassen habe müssen. Der Ehemann der Schwester seiner Frau sei drogensüchtig und hätte sie misshandelt. Dieser Ehemann hätte den Schwiegervater und Schwager des BF1 mit dem Messer verletzt und seine Frau geschlagen. Er sei auch im Gefängnis gewesen und hätte sie von dort aus bedroht. Seine Furcht bei einer Rückkehr nach Afghanistan begründete er damit, dass dort die Brüder des Ehemanns der Schwester seiner Frau seien.

Die BF2 gab im Rahmen ihrer Erstbefragung an, in Herat geboren zu sei, jedoch zuletzt in Teheran im Iran gelebt zu haben. Befragt zum Fluchtgrund gab sie an, dass ihre Eltern Afghanistan verlassen hätten, weil sich die Regierung nicht um ihre Probleme gekümmert hätte. Den Iran hätten sie aus demselben Grund verlassen. Der Mann ihrer Schwester sei ihr Feind gewesen. Er hätte zwei Mal mit dem Messer auf ihren Vater und neun Mal auf ihren Bruder eingestochen. Er hätte sie bedroht und ihr Leben sei in Gefahr gewesen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan fürchte sie um ihr Leben und das Leben ihrer Familie, da er eine sehr große Familie hätte. Für ihr Kind gälten die gleichen Angaben, die sie in ihrer Einvernahme gemacht hätte. Eigene Fluchtgründe machte sie nicht geltend.

Im Rahmen der Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 02.11.2017 gab der BF1 zu seinen Fluchtgründen befragt im Wesentlichen an, dass er im Iran Probleme mit seinem Schwager gehabt hätte, da er kein guter Mensch sei. Er wiederholte im Wesentlichen den Fluchtgrund der BF2 und gab im Wesentlichen an, dass die beiden Brüder des Ehemannes der Schwester seiner Frau in Afghanistan Taliban seien. Darüber hinaus hätte sein Vater ebenso Probleme gehabt. Damals als seine Mutter ca. 1360 oder 1361 schwanger gewesen sei, sei sein Vater Anhäger der Mojahedin Partei gewesen. Damals seien die Kommunisten sehr aktiv gewesen und hätten seinen Vater mit dem Tod bedroht woraufhin er Afghanistan verlassen hätte. Das Leben des BF1 sei dadurch in Gefahr, da er eine Tazkira benötige, wenn er nach Afghanistan zurückkehre. Die bräuchten dann seinen Namen und würden sodann wissen, dass er der Sohn seines Vaters sei, weshalb er in Gefahr wäre.

Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme gab die BF2 an, mit elf Jahren in den Iran gegangen zu sein und seitdem dort gelebt zu haben. Sie hätte im Iran vier Jahre lang eine nicht öffentliche Schule besucht. Als Fluchtgrund gab sie im Wesentlichen an, dass sie einen drogenabhängigen Schwager (Ehemann ihrer Schwester) im Iran hätte, der ihre Schwester bedroht hätte. Sie hätten auch in Afghanistan das gleiche Problem mit ihm gehabt. Er hätte immer gesagt, dass er die BF2 für sich haben wolle. Er hätte sie auch bedroht und gesagt, dass er sie vergewaltigen werde. Überdies hätte er auch öfter zu ihr gesagt, dass wenn sie zur Polizei in Afghanistan gehe, die Polizisten sie ebenso vergewaltigen würden. Er hätte sie immer bedroht und gesagt, dass sie ihrer Familie nichts erzählen dürfe. Sie hätte öfter vorgehabt zur Polizei zu gehen, aber hätte vor den Polizisten ebenso Angst. Dann hätte sie mit ihrer Familie Afghanistan verlassen. Nach vier Jahren hätte sie ihr Schwager im Iran gefunden. Er sei mit zwei Brüdern gemeinsam in den Iran gekommen und seine zwei Brüder hätten in Afghanistan für die Taliban gearbeitet. Eigentlich seien sie fünf Brüder aber sie seien bloß zu dritt in den Iran gekommen. Seine Schwester hätte auch drei Kinder, weshalb sie sich dazu entschieden hätte, wieder mit ihm zusammenzuleben. Sodann hätte er ihre Schwester aber 40 Tage lang eingesperrt, geschlagen und mit dem Tod bedroht. Ihre Schwester sei sodann geflüchtet, woraufhin ihr Ehemann bei der BF2 zu Hause nach ihr gesucht hätte und dabei den Bruder und Vater der BF2 mit Messerstichen verletzt hätte. Er sei dann weggelaufen und hätte die BF2 schlagen wollen. Die Nachbarn hätten die Polizei gerufen, jedoch wäre er schon mit dem Moped weggefahren. Der BF1 sei sodann zur Polizei gegangen und hätte ausgesagt. Die Polizei hätte sodann den Schwager festgenommen. Der BF1 sei dabei gewesen. Der Schwager hätte sodann dem BF1 gedroht, da er ihn gesehen hätte. Obwohl er im Gefängnis gewesen sei, seien zwei Brüder zu ihnen gekommen und hätten die BF2 bedroht und vergewaltigen wollen. Ihr Schwager hätte sie auch immer vom Gefängnis aus angerufen und gesagt, dass seine Brüder draußen wären und sein Vorhaben erledigen würden. Seine Schwester und der BF1 seien auch immer von den Brüdern bedroht worden. Er hätte eine Strafe von vier Jahren bekommen und sie hätten vom Gericht einen Brief bekommen, dass er bald entlassen werde. Diesen Brief hätte sie auf der Flucht verloren. Er hätte drei Monate Haft bekommen, hätte ihnen aber Schmerzengeld zahlen müssen, das er aber nicht gehabt hätte. Daher hätte er für weitere drei Jahre und sieben Monate ins Gefängnis müssen. Sie hätten nicht nach Afghanistan zurückkehren können, da zwei Brüder von ihm bei den Taliban seien und diese sie auch in Afghanistan gefunden hätten, nachdem sie sie auch im Iran gefunden hätten.

Mit den angefochtenen Bescheiden wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den Beschwerdeführern gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkte III.-V.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Die Beschwerdeführer erhoben fristgerecht Beschwerde, in der sie im Wesentlichen die Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Feststellungen und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend machen. Im Wesentlichen bekräftigen die Beschwerdeführer ihr bisheriges Vorbringen. Überdies machen sie geltend, dass sie Verfolgung auch aufgrund ihrer westlichen Lebenseinstellung und hinsichtlich der Beschwerdeführerinnen aus geschlechtsspezifischen Gründen befürchten würden.

Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 28.08.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der BF1 und die BF2 im Beisein ihres bevollmächtigten Vertreters sowie eines Dolmetschers persönlich einvernommen wurden. Es nahm kein Vertreter des BFA an der Verhandlung teil. Im Ergebnis bekräftigten die Beschwerdeführer ihr bisheriges Vorbringen. Überdies legten sie am Ende der mündlichen Beschwerdeverhandlung eine Stellungnahme vor, in der sie auf die Verfolgungssituation der Frauen in Afghanistan verweisen. Auch deshalb sei der BF2 der Status einer Asylberechtigten zu gewähren. Überdies legten sie Integrationsunterlagen vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zu den Beschwerdeführern:

Die Beschwerdeführer tragen die im Spruch angeführten Namen. Sie sind allesamt afghanische Staatsangehörige, gehören der Volksgruppe der Tadschiken an, sind schiitischen Glaubens und gesund. Die BF1 bis BF3 waren zuletzt im Iran wohnhaft. Die BF2 wurde in Afghanistan geboren und ist mit elf Jahren in den Iran gegangen und hat seitdem dort gelebt. Der BF1 wurde im Iran geboren und hat seit seiner Geburt im Iran gelebt. Der BF1 und die BF2 sind die Eltern der im Iran geborenen BF3 sowie des in Österreich geborenen BF4. Der BF1 ist traditionell mit der BF2 verheiratet. Die BF3 wurde am XXXX geboren.

Der BF1 hat drei Jahre lang die Schule im Iran besucht und sodann als Schneider gearbeitet. Er lebte mit der BF2 und ihrer Familie gemeinsam im Iran und hat für die BF2 und BF3 gesorgt. Er hat keine Verwandten mehr in Afghanistan.

Die BF2 hat vier Jahre lang eine Schule im Iran besucht. Sie hat sich zu Hause um den Haushalt gekümmert. Ihr Vater und Mann haben sie versorgt. Seit sie in Österreich ist führt sie den Haushalt und kümmert sich um die Erziehung der gemeinsamen Kinder. Sie besucht derzeit keine Deutschkurse (zuletzt besuchte sie Kurse im Jahr 2017) und kann sich auch nicht auf Deutsch verständigen. Sie hat einen Werte- und Orientierungskurs im Mai 2017 besucht. Sie geht gelegentlich spazieren und trifft sich mit den Nachbarn. Anderen Aktivitäten geht die BF2 nicht nach. Sie hat keinen Kontakt mehr zu ihren Verwandten in Afghanistan.

Die Beschwerdeführer waren in Afghanistan keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und wurden von ihnen asylrelevante Gründe für das Verlassen ihres Heimatstaates nicht glaubhaft dargetan. Es ist nicht glaubhaft, dass den Beschwerdeführern in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung Verfolgung droht.

Weiters kann nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern auf Grund der Tatsache, dass sie sich ihr (beinahe) gesamtes Leben im Iran sowie zuletzt in Europa aufgehalten haben bzw. dass sie als afghanische Staatsangehörige, die aus dem Iran sowie aus Europa nach Afghanistan zurückkehren, deshalb in Afghanistan Verfolgung ausgesetzt wären.

Die Beschwerdeführer halten sich erst seit 09.11.2016 in Österreich auf. Es konnte nicht glaubhaft dargelegt werden, dass die BF2 während dieses relativ kurzen Aufenthalts in Österreich eine Lebensweise angenommen hätte, die einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten in Afghanistan darstellen würde. Ihre persönliche Haltung über die grundsätzliche Stellung der Frau in Familie und Gesellschaft steht nicht im Widerspruch zu den in Afghanistan bislang vorherrschenden gesellschaftlich-religiösen Zwängen, denen Frauen dort mehrheitlich unterworfen sind. Die BF2 hat keine Lebensweise angenommen, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt. Eine solche Lebensführung ist nicht wesentlicher Bestandteil der Identität der BF2 geworden. Für außergewöhnliche Integrationsbestrebungen gibt es keinen Hinweis.

Bei der minderjährigen weiblichen BF3 (3 Jahre alt) ist keine derart fortgeschrittene Persönlichkeitsentwicklung zu erkennen aufgrund derer eine Verinnerlichung eines "westlichen Verhaltens" oder eine "westliche Lebensführung" als wesentlicher Bestandteil ihrer Identität angenommen werden kann.

In Afghanistan besteht Schulpflicht, wo ein Schulangebot faktisch auch vorhanden ist. Vor diesem Hintergrund besteht keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung, wenn der BF1 und die BF2 ihrer Tochter (BF3) eine grundlegende Bildung zukommen lassen. Ebenso wenig besteht die Gefahr einer zwangsweisen Verheiratung ihrer Tochter.

Es wird festgestellt, dass die minderjährigen Beschwerdeführer in Afghanistan Zugang zu Bildung hätten. Ihnen droht auch keine körperliche Züchtigung oder Übergriffe im familiären Umfeld.

Es sind auch sonst keine Gründe hervorgekommen, dass die Beschwerdeführer in Afghanistan einer konkreten individuellen Verfolgung aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt waren oder wären.

Dem BF1 und der BF2 wäre es grundsätzlich möglich und zumutbar, sich beispielsweise in Mazar-e Sharif niederzulassen. Allerdings wären die unmündigen minderjährigen BF3 und BF4, die im Familienverband mit ihren Eltern leben und weder über eigenes Vermögen noch über eine eigene Möglichkeit der Existenzsicherung verfügen, bei einer Ansiedelung in Mazar-e Sharif oder vergleichbaren Städten einem realen Risiko ausgesetzt, in eine existenzbedrohende (Not-)Lage zu geraten.

Die Beschwerdeführer werden im Rahmen der Grundversorgung versorgt und sind nicht selbsterhaltungsfähig. Der BF1 und BF4 sowie die BF3 sind strafrechtlich unbescholten. Die BF2 wurde im Jahr 2017 aufgrund der Vergehen nach §§ 297 (1), 15, 149 (1), 223 (1) StGB (Verleumdung, versuchte Erschleichung einer Leistung, Urkundenfälschung) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt, die jedoch für eine Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Zu Afghanistan:

Neuste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 11.9.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul, Anschläge in Nangarhar und Aktivitäten der Taliban in den Provinzen Sar-i Pul und Jawzjan (relevant für Abschnitt Sicherheitslage)

Anschläge in Nangarhar 11.9.2018

Am 11.9.2018 kamen nach einem Selbstmordanschlag während einer Demostration im Distrikt Mohamad Dara der Provinz Nangarhar mindestens acht Menschen ums Leben und weitere 35 wurden verletzt (Tolonews 11.9.2018; vgl. TWP 11.9.2018, RFE/RL 11.9.2018). Kurz zuvor wurde am Vormittag des 11.9.2018 ein Anschlag mit zwei Bomben vor der Mädchenschule "Malika Omaira" in Jalalabad verübt, bei dem ein Schüler einer nahegelegenen Jungenschule ums Leben kam und weitere vier Schüler verletzt wurden, statt (RFE/RL 11.9.2018; AFP 11.9.2018). Davor gab es vor der Mädchenschule "Biba Hawa" im naheligenden Distrikt Behsud eine weitere Explosion, die keine Opfer forderte, weil die Schülerinnen noch nicht zum Unterricht erschienen waren (AFP 11.9.2018).

Weder die Taliban noch der IS/ISKP bekannten sich zu den Anschlägen, obwohl beide Gruppierungen in der Provinz Nangarhar aktiv sind (AFP 11.9.2018; vgl. RFE/RL 11.9.2018, TWP 11.9.2018).

Kämpfe in den Provinzen Sar-e Pul und Jawzjan 11.9.2018

Am Montag, dem 10.9.2018, eroberten die Taliban die Hauptstadt des Kham Aab Distrikts in der Provinz Jawzjan nachdem es zu schweren Zusammenstößen zwischen den Taliban und den afghanischen Sicherheitskräften gekommen war (Tolonews 10.9.2018a; Tolonews 10.9.2018b). Sowohl die afghanischen Streitkräfte als auch die Taliban erlitten Verluste (Khaama Press 10.9.2018a).

Am Sonntag, dem 9.9.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt der Provinz Sar-i Pul, wo nach wie vor u.a. mit Einsatz der Luftwaffe gekämpft wird (Tolonews 10.9.2018b; vgl. FAZ 10.9.2018). Quellen zufolge haben die Taliban das Gebiet Balghali im Zentrum der Provinzhauptstadt eingenommen und unter ihre Kontrolle gebracht (FAZ 10.9.2018). Sar-i-Pul-Stadt gehört zu den zehn Provinzhauptstädten, die Quellen zufolge das höchste Risiko tragen, von den Taliban eingenommen zu werden. Dazu zählen auch Farah-Stadt, Faizabad in Badakhshan, Ghazni-Stadt, Tarinkot in Uruzgan, Kunduz-Stadt, Maimana in Faryab und Pul-i-Khumri in Baghlan (LWJ 10.9.2018; vgl. LWJ 30.8.2018). Weiteren Quellen zufolge sind auch die Städte Lashkar Gar in Helmand und Gardez in Paktia von einer Kontrollübernahme durch die Taliban bedroht (LWJ 10.9.2018).

IS-Angriff während Massoud-Festzug in Kabul 9.9.2018

Bei einem Selbstmordanschlag im Kabuler Stadtteil Taimani kamen am 9.9.2018 mindestens sieben Menschen ums Leben und ungefähr 24 weitere wurden verletzt. Der Anschlag, zu dem sich der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte, fand während eines Festzugs zu Ehren des verstorbenen Mudschahedin-Kämpfers Ahmad Shah Massoud statt (AJ 10.9.2018; vgl. Khaama Press 10.9.2018b).

IS-Angriff auf Sportverein in Kabul 5.9.2018

Am Mittwoch, dem 5.9.2018, kamen bei einem Doppelanschlag auf einen Wrestling-Klub im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi mindestens 20 Personen ums Leben und ungefähr 70 weitere wurden verletzt (AJ 6.9.2018; vgl. CNN 6.9.2018, TG 5.9.2018). Zuerst sprengte sich innerhalb des Sportvereins ein Attentäter in die Luft, kurz darauf explodierte eine Autobombe in der sich vor dem Klub versammelnden Menge (SO 5.9.2018) Der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte sich zum Anschlag (RFE/RL 5.9.2018).

Quellen:

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AFP - Agence France-Presse (11.9.2018): Student killed in twin bomb attack near Afghan girls' school, https://www.afp.com/en/news/23/student-killed-twin-bomb-attack-near-afghan-girls-school-doc-1904hc1, Zugriff 11.9.2018

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AJ - Al Jazeera (10.9.2018): Afghanistan: Bomb attack hits Ahmed Shah Massoud supporters,

https://www.aljazeera.com/news/2018/09/afghanistan-bomb-attack-hits-ahmed-shah-massoud-supporters-180909112746171.html, Zugriff 11.9.2018

-

AJ - Al Jazeera (6.9.2018): Afghanistan: Two journalists among 20 killed in Kabul blasts,

https://www.aljazeera.com/news/2018/09/afghanistan-deadly-suicide-attack-kabul-sports-club-180905142909428.html, Zugriff 11.9.2018

-

CNN - Cable News Network (6.9.2018): Two journalists among 20 killed in wrestling club blasts in Kabul, https://edition.cnn.com/2018/09/06/asia/kabul-attack-wrestling-intl/index.html, Zugriff 11.9.2018

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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (3.8.2018): Totei bei Angriff auf Schiiten-Moschee,

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afghanistan-tote-bei-angriff-auf-schiiten-moschee-15721269.html, Zugriff 21.8.2018

-

Khaama Press (10.9.2018a): Taliban militants overrun Khamab district in Jawzjan proince,

https://www.khaama.com/taliban-militants-overrun-khamab-district-in-jawzjan-province-05929/, Zugriff 11.9.2018

-

Khaama Press (10.9.2018b): ISIS claims suicide attack on the supporters of Massoud in Kabul, https://www.khaama.com/isis-claims-suicide-attack-on-the-supporters-of-massoud-in-kabul-05926/, Zugriff 11.9.2018

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LWJ - Long War Journal (10.9.2018): Taliban threatens Sar-i-Pul City, captures district in Jawzjan, https://www.longwarjournal.org/archives/2018/09/taliban-threatens-sar-i-pul-city-captures-district-in-jawzjan.php, Zugriff 11.9.2018

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LWJ - Long War Journal (30.8.2018): Faryab capital under Taliban threats as Afghan troops desert bases, https://www.longwarjournal.org/archives/2018/08/faryab-capital-under-taliban-threat-as-afghan-troops-desert-bases.php, Zugriff 11.9.2018

-

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (11.9.2018): Suicide Attack, Bombing Strike Eastern Afghanistan, https://www.rferl.org/a/suicide-attack-bombings-strike-eastern-afghanistan/29483707.html, Zugriff 11.9.2018

-

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (5.9.2018): At Least 20 People Reported Killed, Including Two Journalists, In Twin Kabul Blasts,

https://www.rferl.org/a/at-least-four-killed-in-suicide-attack-at-wrestling-club-in-kabul/29473678.html, Zugriff 11.9.2018

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RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (17.8.2018): 'Goodbye, Dad': Father Remembers Afghan Twins Killed In Kabul Bombing, https://www.rferl.org/a/goodbye-dad-father-remembers-afghan-twins-killed-in-kabul-bombing/29439516.html, Zugriff 20.8.2018

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SO - Spiegel Online (5.9.2018): Tote und Verletzte bei Doppelanschlag in Kabul,

http://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-tote-und-verletzte-bei-doppelanschlag-in-kabul-a-1226712.html, Zugriff 11.9.2018

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TG - The Guardian (5.9.2018): At least 20 people killed in separate bombings at Kabul wrestling club, https://www.theguardian.com/world/2018/sep/05/at-least-20-people-killed-in-separate-bombings-at-kabul-wrestling-club, Zugriff 11.9.2018

-

Tolonews (11.9.2018): Suicide Bomber Targets Protest in Nangarhar; Eight Killed,

https://www.tolonews.com/afghanistan/suicide-bomber-targets-protest-nangarhar Zugriff 11.9.2018

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Tolonews (10.9.2018a): Center of Jawzjan's Kham Aab District falls to Taliban,

https://www.tolonews.com/index.php/afghanistan/center-jawzjan%E2%80%99s-kham-aab-district-falls%C2%A0-taliban, Zugriff 11.9.2018

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Tolonews (10.9.2018b): Dozens of Afghan Forces Killed in North, https://www.tolonews.com/index.php/afghanistan/afghan-forces-suffer-huge-casualty-toll-%C2%A0north, Zugriff 11.9.2018

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TWP - The Washington Post (11.9.2018): Afghan official: Suicide bomber kills 20 in Nangarhar,

https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/afghan-official-suicide-bomber-kills-20-in-nangarhar/2018/09/11/3ba8ec50-b5a8-11e8-ae4f-2c1439c96d79_story.html?noredirect=on&utm_term=.2748ace6475c, Zugriff 11.9.2018

KI vom 22.08.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS) in Kabul und Paktia und Aktivitäten der Taliban in Ghazni, Baghlan, Faryab und Kunduz zwischen 22.7.2018 und 20.8.2018; (relevant für Abschnitt Sicherheitslage)

Entführung auf der Takhar-Kunduz-Autobahn 20.8.2018

Am 20.8.2018 entführten die Taliban 170 Passagiere dreier Busse, die über die Takhar-Kunduz-Autobahn auf der Reise nach Kabul waren (Tolonews 20.8.2018; vgl. IFQ 20.8.2018). Quellen zufolge wurden die Entführten in das Dorf Nikpe der Provinz Kunduz gebracht, wo es zu Kämpfen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen kam. Es wurden insgesamt 149 Personen freigelassen, während sich die restlichen 21 weiterhin in der Gewalt der Taliban befinden (IFQ 20.8.2018). Grund für die Entführung war die Suche nach Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte bzw. Beamten (IFQ 20.8.2018; vgl. BBC 20.8.2018). Die Entführung erfolgte nach dem von Präsident Ashraf Ghani angekündigten Waffenstillstand, der vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 gehen sollte und jedoch von den Taliban zurückgewiesen wurde (Reuters 20.8.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018).

IS-Angriff auf die Mawoud Akademie in Kabul 15.8.2018

Ein Selbstmordattentäter sprengte sich am Nachmittag des 15.8.2018 in einem privaten Bildungszentrum im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi, dessen Bewohner mehrheitlich Schiiten sind, in die Luft (NZZ 16.8.2018; vgl. BBC 15.8.2018, Repubblica 15.8.2018). Die Detonation hatte 34 Tote und 56 Verletzte zur Folge (Reuters 16.8.2018a; vgl. NZZ 16.8.2018, Repubblica 15.8.2018). Die Mehrheit der Opfer waren Studentinnen und Studenten, die sich an der Mawoud Akademie für die Universitätsaufnahmeprüfungen vorbereiteten (Reuters 16.8.2018b; vgl. RFE/RL 17.8.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Vorfall (RFE/RL 17.8.2018; vgl. Reuters 16.8.2018b).

Kämpfe in den Provinzen Ghazni, Baghlan und Faryab

Am Donnerstag, dem 9.8.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt Ghaznis, einer strategisch bedeutenden Provinz, die sich auf der Achse Kabul-Kandahar befindet (Repubblica 13.8.2018; vgl. ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018). Nach fünftägigen Zusammenstößen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen konnten letztere zurückgedrängt werden (AB 15.8.2018; vgl. Xinhua 15.8.2018). Während der Kämpfe kamen ca. 100 Mitglieder der Sicherheitskräfte ums Leben und eine unbekannte Anzahl Zivilisten und Taliban (DS 13.8.2018; vgl. ANSA 13.8.2018).

Am 15.8.2018 verübten die Taliban einen Angriff auf einen Militärposten in der nördlichen Provinz Baghlan, wobei ca. 40 Sicherheitskräfte getötet wurden (AJ 15.8.2018; vgl. Repubblica 15.8.2018, BZ 15.8.2018).

Auch im Distrikt Ghormach der Provinz Faryab wurde gekämpft: Die Taliban griffen zwischen 12.8.2018 und 13.8.2018 einen Stützpunkt des afghanischen Militärs, bekannt als Camp Chinaya, an und töteten ca. 17 Mitglieder der Sicherheitskräfte (ANSA 14.8.2018; vgl. CBS 14.8.2018, Tolonews 12.8.2018). Quellen zufolge kapitulierten die Sicherheitskräfte nach dreitägigen Kämpfen und ergaben sich den Aufständischen (CBS 14.8.2018; vgl. ANSA 14.8.2018).

IS-Angriff auf schiitische Moschee in Gardez-Stadt in Paktia 3.8.2018

Am Freitag, dem 3.8.2018, kamen bei einem Selbstmordanschlag innerhalb der schiitischen Moschee Khawaja Hassan in Gardez-Stadt in der Provinz Paktia, 39 Personen ums Leben und weitere 80 wurden verletzt (SI 4.8.2018; vgl. Reuters 3.8.2018, FAZ 3.8.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Anschlag (SI 4.8.2018).

IS-Angriff vor dem Flughafen in Kabul 22.7.2018

Am Sonntag, dem 22.7.2018, fand ein Selbstmordanschlag vor dem Haupteingangstor des Kabuler Flughafens statt. Der Attentäter sprengte sich in die Luft, kurz nachdem der afghanische Vizepräsident Rashid Dostum von einem einjährigen Aufenthalt in der Türkei nach Afghanistan zurückgekehrt und mit seinem Konvoi vom Flughafen abgefahren war (AJ 23.7.2018; vgl. Reuters 23.7.2018). Es kamen ca. 23 Personen ums Leben und 107 wurden verletzt (ZO 15.8.2018; vgl. France24). Der Islamische Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich (AJ 23.7.2018; vgl. Reuters 23.7.2018).

Quellen:

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Reuters (23.7.2018): Afghanischer Vizepräsident entgeht knapp einem Anschlag,

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Tolonews (19.8.2018): Ghani Announces Conditional Ceasefire, https://www.tolonews.com/afghanistan/ghani-announces-conditional-ceasefire, Zugriff 22.8.2018

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Tolonews (12.8.2018): 17 Soldiers Killed in Faryab Army Base Attack,

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ZO - Zeit Online(15.8.2018): Viele Tote und Verletzte bei Anschlag in Kabul,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-08/afghanistan-an

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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