TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/3 I413 2144914-1

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Veröffentlicht am 03.12.2018
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Entscheidungsdatum

03.12.2018

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I413 2144914-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX StA. Irak, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.10.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 03.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er zusammengefasst damit, dass er zwei Monate im Heer in Ausbildung gewesen sei und in dieser Zeit den Tod mehrmals gesehen habe; er habe nach seiner Ausbildung im Kriegsgebiet als Soldat eingesetzt werden sollen. Da er seine sportliche Laufbahn, in der er relativ gut gereiht sei, nicht mehr habe fortsetzen können und er zudem nicht in den Krieg habe ziehen wollen, habe er beschlossen, sein Land zu verlassen. Er sei Sportler und kein Soldat.

2. Am 06.12.2016 führte die belangte Behörde die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch. Er gab dort zu Protokoll, dass er Sportler, nämlich Ringer, bei einem Sportverein des Militärs gewesen sei, wobei er betonte, Sportler gewesen und für diesen Sport trainiert worden zu sein; er sei jedoch von diesem Sportverein, der Militärverein heiße, aufgefordert worden, zu kämpfen, weshalb er geflüchtet sei. Dann sei der Beschwerdeführer zum Verein Al-Kezemeya und sei dort zusammen mit der Nationalmannschaft trainiert worden. Er sei der einzige Sunnit in der Mannschaft gewesen, das Gebiet dieses Vereins sei schiitisch. Eines Tages seien zwei Autos zum Verein gekommen und sei nach dem Beschwerdeführer gefragt worden. Sein Trainer habe dem Beschwerdeführer gesagt, dass er flüchten müsse. Von da an habe der Beschwerdeführer nur mehr in der Bäckerei seines Vaters gearbeitet. Eines Tages seien Leute zum Beschwerdeführer nach Hause gekommen und sei sein Bruder verhaftet worden. Die Schwester des Beschwerdeführers habe ihn angerufen und gesagt, er solle fliehen; auch seine Eltern hätten ihm geraten, das Land zu verlassen.

3. Mit Bescheid vom 13.12.2016, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz vom 03.04.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.). Hingegen wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 12.12.2017 erteilt (Spruchpunkt III.).

4. Gegen Spruchpunkt I. dieses dem Beschwerdeführer am 15.12.2016 zugestellten Bescheides richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 12.01.2017 (bei der belangten Behörde eingelangt am 12.01.2017).

5. Mit Schriftsatz vom 13.01.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 18.01.2017, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

6. Am 25.10.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung statt, in der der Beschwerdeführer als Partei einvernommen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und Staatsangehöriger des Irak. Er stammt aus Bagdad, bekennt sich zum moslemisch-sunnitischen Glauben und gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer besuchte neun Jahre die Schule. Seinen Lebensunterhalt im Irak verdiente er in der Bäckerei seiner Familie. Zudem war der Beschwerdeführer erfolgreich als Ringer in der Nationalmannschaft tätig und erzielte aufgrund der Teilnahme an Wettkämpfen ein Einkommen.

Der Beschwerdeführer gelangte schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich, wo er am 03.04.2015 den Antrag auf internationalen Schutz stellte. Die Familie des Beschwerdeführers, bestehend aus seinen Eltern, einer Schwester und zwei Brüdern, lebt im Irak. In Österreich verfügt er über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Er weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer wird in seinem Herkunftsland weder aus Gründen seiner politischen und religiösen Einstellung, noch wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse oder sozialen Gruppe verfolgt.

Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von der schiitischen Miliz bedroht wurde oder bedroht wird und diese ihn töten möchte.

Der Beschwerdeführer hat den Irak ausschließlich aufgrund seiner sportlicher Ambitionen verlassen, um ein besseres Leben und eine Karriere als Ringer in Europa zu erreichen.

1.3. Feststellung zur Lage im Herkunftsstaat

Am 10.06.2014 eroberten radikale Islamisten, organisiert unter dem Dach des ISIL - Islamic State of Iraq and Levante (später ISIS, dann IS) - die Millionenstadt Mossul (Ninive-Ebene), darunter das Regierungsgebäude, den Mossul International Airport und alle Polizei und Militärbasen. Kurz darauf fielen auch weite Teile der Ninive-Ebene unter die Kontrolle der Islamisten. In der südwestlich von Mossul gelegenen Provinz Anbar konnten die Islamisten schon seit Anfang des Jahres eine Operationsbasis errichten und den Vormarsch in den irakischen Norden planen. Ihr Ziel war es, einen islamischen Gottesstaat in weiten Teilen Syriens und des Irak zu errichten. In Mossul wurde eine historische Kirche in Brand gesetzt. Mit der Einnahme von Polizeistationen und Militärbasen konnten die Kämpfer des IS schwere Waffen und Munition beschlagnahmen.

Nach ihrem Einmarsch in Mossul markierten Angehörige der IS-Truppen die Besitztümer von Minderheiten und fordern eine "Jihad-Steuer" von den wenigen verbliebenen Einwohnern. Dabei gerieten die christlichen Assyrer und Yeziden unter Druck und wurden zu Binnenflucht getrieben. In den Länderinformationen scheint nicht auf, dass muslimische Araber, darunter solche sunnitischer Glaubensrichtung, von den Angehörigen des IS unter Druck gesetzt oder gar vertrieben worden wären.

Quellen:

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 25.10.2018) Zentralverband der assyrischen Vereinigungen in Deutschland und Europäische Sektionen e.V., Dokumentation: Verfolgung und Vertreibung der assyrischen Christen im Nordirak 2014

(https://zavd.de/wp-content/uploads/2015/12/ZAVD-Dokumentation-Ereignisse-Irak-2014.pdf [Abfrage 25.10.2018]).

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mossul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die seit dem Jahr 2014 währenden kriegerischen Ereignisse im Irak brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile, sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein erheblicher Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Seit dem Jahr 2014 wurden über drei Millionen Binnenvertriebene und über eine Million Binnenrückkehrer innerhalb des Iraks registriert.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogenannten Popular Mobilisation Forces (PMF), mit Unterstützung durch die alliierten ausländischen Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw seines "Kalifats" in der Stadt Mossul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze. Ab November 2016 wurden die Umgebung von Mossul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris sukzessive wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mossul eingekesselt. Der sunnitische IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mossul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mossul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tal Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk betreffend. Zuletzt kam es zu einer Besetzung dieser Region sowie weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze durch die irakische Armee und der Zentralregierung nahestehende Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist angesichts eines Luftraumembargos der Nachbarstaaten Türkei und Iran gegen die kurdische Regionalregierung auf direkte Weise aktuell nur auf dem Landweg möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.

Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die genannten Ereignisse. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht, ebenso auch nicht in Bezug auf die Säuberung von ethnischen oder religiösen Gruppierungen bewohnte Gebiete.

Anlassbezogen ist jedoch nicht hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer einer asylrelevanten Bedrohung bzw Verfolgung durch die in BAGDAD aktiven schiitischen Milizen ausgesetzt gewesen wäre. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass es ihm - bei Wahrunterstellung einer asylrelevanten Verfolgung - verwehrt gewesen wäre, eine innerstaatliche Fluchtalternative zu wählen.

Polizisten, Soldaten, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Intellektuelle, Richter, Rechtsanwälte und alle Mitglieder des Sicherheitsapparats zählen im Irak zur gefährdeten Berufsgruppe. Es wird auch berichtet, dass Extremisten und bewaffnete Gruppen Angriffe auf Künstler, Poeten, Schriftsteller und Musiker verübt hätten (USDOS 3.3.2017). Dass in BAGDAD im Zeitraum von Anfang 2014 bis laufend gezielt Angriffe auf Sportler verübt worden wären, ist in den Länderberichten nicht erwähnt.

Nach der Verfassung des Irak ist das Recht auf freie Meinungsäußerung gewährleistet, sofern die Äußerung nicht die öffentliche Ordnung oder die Moral verletzt, Unterstützung für die Baath-Partei ausdrückt oder das gewaltsame Verändern der Staatsgrenzen befürwortet. Der größte Teil der Einschränkungen dieses Rechts kommt durch Selbstzensur auf Grund von glaubhafter Furcht vor Repressalien durch die Regierung, politische Parteien, ethnische und konfessionelle Kräfte, terroristische und extremistische Gruppen oder kriminelle Banden zustande (USDOS 3.3.2017).

Die Verfassung vom 15.10.2005 (Art. 38 C und 39) normiert ausdrücklich die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit unter dem Vorbehalt der öffentlichen Ordnung und stellt die nähere Ausgestaltung durch ein Gesetz in Aussicht, das es aber noch nicht gibt. Im Alltag wird die Versammlungs- und Meinungsfreiheit durch das seit dem 7.11.2004 geltende "Gesetz zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit" eingeschränkt, das u. a. die Verhängung eines bis zu 60-tägigen Ausnahmezustands ermöglicht. Die wöchentlichen Demonstrationen gegen Korruption seit August 2015 bis in die zweite Jahreshälfte 2016 konnten weitgehend ungestört stattfinden (AA 7.2.2017). Die meisten der Demonstrationen im Süden waren von massiver Sicherheitspräsenz begleitet und waren friedlich (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 25.10.2018)

-

Musings on Iraq, 2017 Security in Iraq in Review Defeat of the Islamic State on the Battlefield, 03.01.2018, http://musingsoniraq.blogspot.co.at/2018/01/2017-security-in-iraq-in-review-defeat_3.html (Letzter Zugriff am 25.10.2018)

-

Schwedische Einwanderungsbehörde, The Security Situation in Iraq:

July 2016 - November 2017, 18.12.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1420556/1226_1514470370_17121801.pdf (Letzter Zugriff am 25.10.2018).

Jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Zur Jahresmitte 2014 tauchten vermehrt gefälschte Visaetiketten auf. Auch gefälschte Beglaubigungsstempel des irakischen Außenministeriums sind im Umlauf; zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden (AA 7.2.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2016-07-02-2017.pdf, letzter Zugriff am 25.10.2018.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die vorgelegte Beschwerde und in den vorgelegten Verwaltungsakt samt Unterlagen über die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen sowie eines Deutschkurses auf Niveau A1 und durch Einsicht in das Länderinformationsblatt für den Irak, sowie durch Befragung des Beschwerdeführers und Erörterung der Lage im Herkunftsstaat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 25.10.2018.

2.1. Zu den getroffenen Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität und Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen glaubhaften und stimmigen Angaben im Rahmen der Ersteinvernahme, der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde und seinen Aussagen vor dem Bundesverwaltungsgericht am 25.10.2018. Aufgrund des vom Beschwerdeführer vorgelegten irakischen Staatsbürgerschaftsnachweises konnte seine Identität zweifelsfrei festgestellt werden.

Die Feststellung zu seinem religiösen Bekenntnis ergibt sich aus der glaubhaften Aussage des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht am 25.10.2018. Dass der Beschwerdeführer ledig und kinderlos ist, ergibt sich ebenfalls aus diesen Angaben. Auch die Feststellung zur Schulausbildung basiert auf den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2018, welche sich mit den zuvor getätigten Aussagen vor der belangten Behörde und den Organen des Sicherheitsdienstes decken. Dass der Beschwerdeführer im Irak Familie hat, die gegenwärtig in Bagdad lebt und dort eine Bäckerei betreibt, ergibt sich aus seinen glaubhaften Aussagen vor der belangten Behörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 25.10.2018.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 29.10.2018.

Die Feststellungen zu seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 29.10.2018 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

Dass der Beschwerdeführer ein erfolgreicher Ringer in seinem Herkunftsstaat ist, ergibt sich aus Unterlagen, die er bereits im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegt hat und die den Beschwerdeführer mit Medaillen und in Wettkampfsituationen zeigen.

2.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer gibt als Fluchtgrund an, den Irak verlassen zu haben, da er von seinem ursprünglichen Sportverein, einem Militärverein, aufgeforderten worden sei, zu kämpfen. Da er jedoch Sportler und kein Soldat sei, habe der Beschwerdeführer zum Verein Al-Kezemeya gewechselt, wo er zusammen mit der Nationalmannschaft trainiert worden sei. Er sei der einzige Sunnit in der Mannschaft gewesen, das Gebiet dieses Vereins sei schiitisch. Eines Tages seien zwei Autos zum Verein gekommen und sei nach dem Beschwerdeführer gefragt worden. Sein Trainer habe dem Beschwerdeführer gesagt, dass er flüchten müsse. Da er seine sportliche Laufbahn, in der er relativ gut gereiht sei, nicht mehr habe fortsetzen können und er zudem nicht in den Krieg habe ziehen wollen, habe er beschlossen, sein Land zu verlassen.

Auf die Frage in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2018, wer ihn konkret bedroht habe, gab der Beschwerdeführer an, dass es sich um die Milizen gehandelt habe. Auf weiteres Nachfragen des erkennenden Richters, welche Milizen er genau meine, antwortete der Beschwerdeführer: "Ich kann nicht sagen, welche Milizen. Es sind Milizen, ich weiß nicht welche. Die schiitischen Milizen regieren den Irak." Darauf aufmerksam gemacht, dass er zuerst sagte, nicht zu wissen, um welche Milizen es sich gehandelt habe und nun von schiitischen Milizen spreche, antwortete der Beschwerdeführer: "Nur

die schiitischen Milizen regieren im Irak. ... Man kann in Google

suchen, wer im Irak regiert. Da kommt die Antwort "schiitische Milizen". Auch Kinder wissen das." (Protokoll vom 25.10.2018, Seite 6) Dies deutet unmissverständlich darauf hin, dass der Beschwerdeführer über kein großes Wissen bezüglich der ihn angeblich verfolgenden Milizen verfügt, was dazu führt, dass seinen diesbezüglichen Angaben zur Fluchtgeschichte kein Glauben zu schenken ist. Auch konnte der Beschwerdeführer in keiner Weise erklären, weshalb er vermutet, dass er bei seiner Rückkehr in den Irak getötet werden würde.

Auch zu dem Tag, an dem seinen Angaben zufolge Milizen seinen Bruder verhaftet haben, kann der Beschwerdeführer keine stichhaltigen Angaben machen. So führt er in seiner Befragung im Rahmen der mündlichen am 25.10.2018 aus, dass er gar nicht gesehen habe, wer konkret mit dem Auto vorgefahren sei und gab er auch an, dass es lediglich eine Schlussfolgerung von ihm sei, dass sein Bruder wegen ihm verhaftet worden sei (Protokoll vom 25.10.2018, Seite 6, 7).

Der Beschwerdeführer konnte nicht schlüssig aufzeigen, weshalb ihm keine innerstaatliche Fluchtalternative offen gestanden wäre. Es wäre ihm nämlich möglich gewesen, innerhalb des Irak einen anderen Ort aufzusuchen, hätte er sich bedroht gefühlt. Die Frage, weshalb er keinen anderen Ort im Irak aufgesucht habe, wo er hätte sicher sein können, beantwortete der Beschwerdeführer lediglich mit "Ich bin Sportler, ich liebe Sport und wollte meine Karriere fortsetzen. In anderen Regionen im Irak gibt es für mich keine Möglichkeit weiterhin Sport zu betreiben. Sie können mich überall finden." Auf die Frage, ob er in Kurdistan nicht sicher gewesen wäre, antwortete der Beschwerdeführer, dass es dort keinen Sport gebe; er lebe vom Sport und er lebe für Sport (Protokoll vom 25.10.2018, Seite 8). Damit erklärt der Beschwerdeführer keineswegs, weshalb er tatsächlich nicht innerhalb vom Irak einen sicheren Ort gefunden hätte. Vielmehr zeigt er deutlich auf, was sein wahrer Beweggrund war, den Irak zu verlassen. Es ist ihm darum gegangen, seine sportliche Zukunft zu sichern und sich sportlich in Europa zu verfestigen. Diesen Eindruck vermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2018 ausgesprochen überzeugend, da er mehrfach betonte, dass der Irak von schiitischen Milizen regiert werde und er als Sunnit nirgendwo hingehen könne.

Insgesamt konnte das Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung den persönlichen Eindruck gewinnen, dass es dem Beschwerdeführer nicht darum geht, sich vor Verfolgung oder befürchteter Verfolgung im Irak zu schützen, sondern darum, seine persönliche Zukunft und seine sportliche Karriere zu verbessern. Aus diesen Gründen waren die gegenständlichen Feststellungen zu treffen.

2.3. Zur Situation im Herkunftsstaat

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftssaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Irak samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie beispielsweise dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die getroffenen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat im Irak ergeben sich somit zweifelsfrei aus den im aktuellen Länderinformationsblatt angeführten Quellen und den im Rahmen der getroffenen Feststellungen angeführten Quellen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsstaat nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides)

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Im gegenständlichen Fall konnte der Beschwerdeführer keine Gründe glaubhaft machen, die für eine asylrelevante Verfolgung sprächen. Der Beschwerdeführer gibt lediglich wirtschaftliche Gründe, nämlich seine sportlichen Ambitionen, an, die ihn zur Ausreise aus dem Irak gezwungen hätten. Die behauptete Privatverfolgung durch nicht näher bezeichnete Milizen erscheint - wie in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt - nicht glaubhaft. Es ist aber erforderlich, dass der Beschwerdeführer Fluchtgründe im Sinne der GFK glaubhaft macht, damit gemäß § 3 Abs. 1 AsylG dem Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten stattgegeben werden könnte. Zu Recht hat die belangte Behörde diesen Antrag abgewiesen, weil keine solchen Gründe glaubhaft gemacht wurden. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch, dass dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung gestanden wäre, weshalb selbst in dem Fall, dass der Beschwerdeführer einen asylrelevanten Fluchtgrund glaubhaft gemacht hätte, gemäß § 3 Abs 3 Z 1 AsylG abzuweisen gewesen wäre.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Asylantragstellung, asylrechtlich relevante Verfolgung,
Asylverfahren, begründete Furcht vor Verfolgung, Bürgerkrieg,
bürgerkriegsähnliche Situation, erhebliche Intensität, Fluchtgründe,
Glaubhaftmachung, maßgebliche Wahrscheinlichkeit, mündliche
Verhandlung, Nachvollziehbarkeit, Unzumutbarkeit, Verfolgungsgefahr,
wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I413.2144914.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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