TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/5 I416 1234077-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.12.2018
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Entscheidungsdatum

05.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §56 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55
FPG §57
FPG §57 Abs1
FPG §57 Abs2
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I416 1234077-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Algerien, vertreten MigrantInnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018 Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein algerischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen ins Bundesgebiet in das Bundesgebiet ein und stellte am 15.09.2002 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.12.2002, AZ XXXX hinsichtlich § 7 AsylG abgewiesen wurde und wurde gemäß § 8 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Algerien für zulässig erklärt. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 04.11.2010, Zl. A4 234.077-0/2008/13E, wurde die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 7 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm 50 FPG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Der Beschwerdeführer ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen.

2. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 28.11.2011, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen Vergehen nach dem SMG zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, davon 6 Monate bedingt, rechtskräftig verurteilt. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 12.04.2012, Zl. XXXX wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum erlassen und die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt. Die dagegen erhobene Berufung wurde nach Aussetzung des Verfahrens durch den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, von diesem mit Berufungsbescheid vom 29.03.2013 gemäß 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Wortfolge "für den gesamten Schengen-Raum" zu entfallen hat.

3. Am 08.05.2013 wurde der Beschwerdeführer von der Landespolizeidirektion Wien niederschriftlich betreffend seine Ausreiseverpflichtung und Abschiebung niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er zusammengefasst aus, dass er gut Deutsch spreche, er kein Reisedokument besitzen würde, er nicht ausreisen könne, da er schon so lange da wäre und eine Tochter habe und diese seine Heimat sei. Er führte weiters aus, dass er krank sei und Therapien wegen seiner Hüfte habe. In seinem unerlaubten Aufenthalt sehe er kein Problem, da er die Unterstützung der Caritas und eine Sozialkarte habe. Dem Beschwerdeführer wurde nach Erstellung des Formblattes zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mitgeteilt, dass ein Heimreisezertifikat beantragt werde und nach Vorliegen dessen eine Abschiebung beabsichtigt ist sofern keine freiwillige Ausreise erfolgt.

4. Mit Schreiben vom 06.12.2013, wurde eine Vertretungsvollmacht vom MigrantInnenverein St. Marx vorgelegt.

5. Am 24.04.2014 langten ein Schreiben beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein, mit welchem ein Antrag gemäß § 46a FPG gestellt und im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass Algerien nicht bereit sei ihn aufzunehmen und somit vom Antragsteller nicht zu vertretende Gründe vorliegen würden, die es unmöglich machen würden, ihn nach Algerien abzuschieben. Dazu wurde ein Schreiben der algerischen Botschaft vom 23.04.2014 vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer nach derzeitigem Stand der Aktenlage keinen ständigen Aufenthalt in Algerien nehmen könne. Am 19.01.2015 wurde die Entscheidung hinsichtlich des Antrages auf Ausstellung einer Karte für Geduldete urgiert und auf die höchstgerichtliche Entscheidung zum Recht auf Antragstellung verwiesen. Mit Schreiben vom 22.01.2015 wurde bei der Botschaft von Algerien in Wien bezüglich der Ausstellung des HRZ urgiert. Mit Schriftsatz des Rechtsvertreters des Antragstellers vom 26.03.2015 wurde ersucht den Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete positiv abzuschließen. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.06.2015 bezeichnet als "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass es beabsichtigt sei seinen Antrag auf Erteilung einer Duldung gemäß § 46a FPG abzuweisen. Es wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Antrag auf Duldung bisher aufgrund der ungeklärten Identität nicht ausgestellt werden konnte, da kein Identitätsdokument vorgelegt worden sei und auch seitens der algerischen Botschaft, trotz mehrere Versuche, kein Heimreisezertifikat ausgestellt worden sei. Somit sei seine Identität nicht geklärt und habe das Ermittlungsverfahren bisher ergeben, dass er offensichtlich kein algerischer Staatsangehöriger sei. Es werde ihm daher die Möglichkeit eingeräumt, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen und sich von seiner Botschaft ein Identitätsdokument zu besorgen und dieses binnen 2 Wochen vorzulegen. Am 30.06.2015 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Stellungnahme ein, in der ausgeführt wurde, dass der Antragsteller Staatsangehöriger von Algerien sei, aber keine Identitätsdokumente von dieser erhalten würde. Er führte weiters aus, dass er, wenn er einen Identitätsnachweis hätte, er keine Karte für Geduldete brauchen würde. Darüberhinaus sei diese Karte keine "Belohnung", sondern eine administrative Notwendigkeit. Abgesehen davon sei er schon viele Jahre in Österreich, könne recht gut Deutsch, habe familiäre Beziehungen aufgebaut und sei selbsterhaltungsfähig. Der Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a FPG ist nach wie vor unerledigt.

6. Mit Ladungsbescheid vom 12.01.2016 wurde der Beschwerdeführer hinsichtlich einer Identitätsfeststellung zur Regionaldirektion geladen und wurde der Beschwerdeführer durch die Delegation der algerischen Botschaft als algerischer Staatsangehöriger identifiziert.

7. Am 22.02.2016 wurde mittels Schreiben des Beschwerdeführers ein Antrag gemäß § 55 AsylG gestellt und zusammengefasst ausgeführt, dass der Antragsteller der Vater der am XXXXXXXX sei, die österreichische Staatsangehörige sei. Er führte weiters aus, dass er sein Kind regelmäßig besuchen würde und soweit es ihm möglich wäre auch Unterhalt zahlen würde. Er sei körperbehindert und habe das Bundessozialamt eine 40% Behinderung festgestellt. Er sei sozial integriert und spreche deutsch. Der 14-jährige Aufenthalt, die Vaterschaft und seine soziale Integration würden einen Aufenthaltstitel gemäß Art. 8 EMRK bzw. § 55 AsylG rechtfertigen. Es könne ihm auch nicht zum Nachteil gereichen, dass er unmögliche Auflagen nicht erfüllen könne, wie aus der dem Antrag beiliegenden Bestätigung der Botschaft zu entnehmen sei. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 13 AVG vom 25.02.2016 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass der Antrag auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nur mit dem dafür vorgesehen Formblatt und persönlich einzubringen sei. Am 18.03.2018 wurde vom Beschwerdeführer der verfahrensgegenständliche Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 55 Abs. 1 oder §56 Abs. 1 AsylG persönlich eingebracht. Mit Schreiben vom 23.02.2016 wurde ein Protokoll des BG XXXX vorgelegt, laut dem der Beschwerdeführer den Antrag gestellt hat, das Kontaktrecht mit seiner Tochter in der Form festzulegen, dass er diese jede Woche für 2 bis 3 Stunden sehen könne. Mit Schreiben der Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH vom 27.04.2016 wurde hinsichtlich seines Antrages auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels ein Konvolut an Unterlagen beigebracht, nämlich ein Befundbericht der XXXX vom 09.03.2016, ein fachärztlicher Befundbericht vom 07.03.2016, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 01.03.2016, die Bestätigung über die Teilnahme an einem Alphabetisierungskurs vom 03.03.2016, eine Mietvertrag vom 01.01.2015, die Bestätigung der algerischen Botschaft vom 23.04.2014, die Geburtsurkunde der XXXX, woraus ersichtlich ist, dass er der Vater ist, die Kopie des Behindertenpasses des Kindes, Einzahlungsbestätigungen über die monatlichen Unterhaltsleistungen; Bestätigung des MA 11, dass er seinen Verpflichtungen zur Unterhaltsleistung zumindest teilweise nachkommt und die Niederschrift vom 07.03.2015 betreffend der Gewährung von Besuchskontakten für zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tochter.

8. Am 23.11.2016 wurde die Mutter der mj. XXXX vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Diese führte befragt aus, dass sie nie zusammen mit dem Beschwerdeführer gewohnt habe, kennengelernt habe sie ihn, da er nur 5 Minuten von ihr entfernt gewohnt habe. Sie gab weiters an, dass der Beschwerdeführer seine Tochter jede Woche entweder samstags oder sonntags für 2 bis 3 Stunden unter Aufsicht sehen dürfe, da er ein schwieriger Mensch sei und er sich schwer tue, etwas zu begreifen. Dieses Problem habe auch ihre Tochter, diese könne noch immer nicht richtig sprechen, sich auch nicht richtig artikulieren und sei nicht dem Alter entsprechend entwickelt. Sie führte weiters aus, dass er auch körperlich angeschlagen sei und sich auch deshalb mit der Tochter schwertun würde. Aufgrund seines Verhaltens sei deshalb festgelegt worden, dass er seine Tochter nicht zu sich nehmen, sondern nur unter ihrer Aufsicht besuchen dürfe. Sie führte weiters aus, dass sie derzeit einen neuen Partner habe, dass der Beschwerdeführer sehr nett zu seiner Tochter sei und immer Geld für das Kind ausgeben würde und auch ihr manchmal Geld geben würde. Er habe derzeit ein gutes Verhältnis zu Ihnen und zur Tochter und beruhe das auf Gegenseitigkeit. Befragt, ob der Beschwerdeführer regelmäßig Alimente zahlen würde gab sie wörtlich an: "Ja, er zahlt sogar mehr ein. Ich bekomme 50, -- € pro Monat, welcher als Unterhaltsvorschuss festgelegt wurde. Ich lege auch Kontoauszüge vor." Hinsichtlich ihrer Tochter gab sie weiters an, dass diese sechs Jahre alt sei und in eine sonderpädagogische Schule gehen würde. Zu ihren persönlichen Verhältnissen gab sie an, dass sie derzeit nicht arbeiten würde, dass sie beim AMS registriert sei und dadurch eine Ausbildung bekomme, die sie bald abschließen möchte. Sie habe das alleinige Sorgerecht und sei auch die Erziehungsberechtigte, der Beschwerdeführer habe es probiert, er habe aber aufgrund seines Verhaltens keine Möglichkeit. Gefragt wie die Tochter zum neuen Partner stehen würde und ob dieser die Möglichkeit hätte die Vaterbeziehung auszugleichen, wenn der Beschwerdeführer das Bundesgebiet verlassen müsste, gab sie wörtlich an: "Er ist halt da

für die Tochter und für mich." ... "Ich glaube eher nicht. Unsere

Tochter ist auf ihren Vater fixiert Sie ist sehr übersensibel, aufgrund ihres Verhaltes." Gefragt, welche Auswirkungen es auf ihre Tochter haben würde, wenn der Beschwerdeführer das Land verlassen müsste, gab sie wörtlich an: "Sie ist ein Kind mit regelmäßigen Bedürfnissen. Es hätte schon gravierende Auswirkungen. Es hat Zeiten gegeben, wo wir über das Gericht gestritten haben. In dieser Zeit hat sie oft gestreikt, da sie damit nicht klargekommen ist."

Letztlich führte sie noch aus, dass der Beschwerdeführer sehr oft mit seiner Familie telefonieren würde, er Geschwister habe und einen regen Kontakt zur Familie haben würde.

9. Mit Bescheid vom 02.02.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 18.03.2016 gemäß § 55 Asyl ab und erlies "gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" gegen ihn eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" Spruchpunkt I.). Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt II.). Eine Frist für seine freiwillige Ausreise wurde "gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG" mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt III.).

10. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 21.02.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte darin eine inhaltliche falsche Entscheidung und Rechtswidrigkeit aufgrund einer mangelhaften Verfahrensführung. Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, das im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar begründet werde, inwiefern die von ihm vorgebrachten Veränderungen seiner Integration nicht maßgeblich wären, der Beschwerdeführer sei seit 15 Jahren in Österreich aufhältig, wohne in einer ortsüblichen Unterkunft, spreche ausgezeichnet deutsch, habe eine Tochter zu der er engen Kontakt pflegen würde und habe er auch sonst umfangreiche soziale Kontakte. Es wurde weiters ausgeführt, dass bei der Frage der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung aus humanitären Gründen immer eine gesamtheitliche Betrachtung anzuwenden sei und es unverständlich sei, dass die belangte Behörde einerseits feststellen würde, dass die von ihm vorgebrachten Sachverhaltsänderungen seit der Ausweisungsentscheidung kein ausreichendes Gewicht zur Änderung der Beurteilung hätten um andererseits auszuführen, dass er ohnehin nicht damit hätte rechnen können in Österreich zu verbleiben, weshalb seine Integrationsschritte irrelevant wären. Der Beschwerdeführer sei arbeitswillig und stelle derzeit auch keine Belastung für eine Gebietskörperschaft dar. Er würde ein inniges Familienleben mit seiner Tochter führen, diese regelmäßig treffen und mit ihr Zeit verbringen und würde sowohl ein emotionales als auch finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bestehen. Letztlich wurde noch ausgeführt, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Identität gleichbleibende Angaben gemacht habe, und auch die Versuche der Behörde ein Heimreisezertifikat zu erlangen fehlgeschlagen seien. Deshalb sei die Behauptung der belangten Behörde, sein Verbleib in Österreich sei ihm zuzurechnen, obwohl die algerische Botschaft die Ausstellung eines Reisedokumentes verweigert und er sich immer kooperativ gezeigt hat aktenwidrig. Es werde daher beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels vorliegen, den Aufenthaltstitel zu erteilen, allenfalls eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, allenfalls festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, allenfalls festzustellen, dass die Abschiebung unzulässig sei, allenfalls die aufschiebende Wirkung zu gewähren, allenfalls das Verfahren an die I. Instanz zurückzuverweisen.

11. Mit Mandatsbescheid vom 23.07.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm 57 Abs. 1 AVG aufgetragen bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung "XXXX, zu nehmen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gegen ihn eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung bestehen würde, keine aufrechte Duldung nach § 46a FPG vorliegen würde und er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei, weshalb sein Aufenthalt rechtswidrig sei. Weiters wurde ausgeführt, dass im Bescheid der Rückkehrentscheidung iVm mit dem Einreiseverbot bereits eingehend auf den Kriterienkatalog des § 9 Abs. 2 BFA-VG eingegangen worden sei und seit der Rechtskraft dieser Entscheidung keine Änderungen bekannt geworden sind, vielmehr seien alle seit der Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung eventuell entstandenen Bindungen im Bewusstsein seines unsicheren Aufenthaltsstatus entstanden. Die Wohnsitzauflage würde demnach einen geringfügigen Eingriff in das Recht auf Schutz des Privatlebens darstellen. Weiters wurde ausgeführt, das beharrliches illegales Verbleiben nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Interessen darstellen würde und ein illegaler Aufenthalt auch nicht zu einer Aufenthaltsverfestigung führen könne. Aufgrund der Darlegung seines Privat- und Familienlebens, seiner strikten Weigerung seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, zeige er seine Einstellung gegenüber den Gesetzen und Vorschriften in Österreich und sei daher nicht davon auszugehen, dass er wesentliche integrative Bindungen zu Österreich habe, weshalb seinen persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt in Österreich die daraus resultierende Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen gegenüberstehen würde.

12. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 23.07.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschrechte Österreich amtswegig zur Seite gestellt.

13. Gegen den Mandatsbescheid vom 23.07.2018 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung und monierte inhaltliche Rechtswidrigkeit der Entscheidung. Begründend führte er aus, dass er seit mehr als 16 Jahren in Österreich leben würde, krank sei und eine Tochter habe die österreichische Staatsangehörige sei. Darüberhinaus sei ein Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK anhängig. Es werde daher beantragt, den Mandatsbescheid aufzuheben und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

14. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.08.2018, bezeichnet als "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" wurde der Beschwerdeführer von der Anordnung einer Wohnsitzauflage gemäß § 57 Abs. 1 FPG mit ordentlichem Bescheid informiert. Begründend wurde nach Zitierung der einschlägigen gesetzlichen Norm ausgeführt, dass festgestellt werden müsse, dass seine individuellen Interessen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen nicht überwiegen würden und keine Integration bestehen würde, die einen Verbleib im Bundesgebiet rechtfertigen und eine Ausreise unzulässig machen würde. Dem Beschwerdeführer wurde die Beantwortung der im Schreiben angeführten Fragen unter Vorlage entsprechender Dokumente binnen einer Frist von 2 Wochen eingeräumt.

15. Mit Schreiben vom 16.08.2018 wurde eine Stellungnahme abgegeben und dort zusammengefasst ausgeführt, dass die angewandte Gesetzesbestimmung der Wohnsitzauflage eine "Kann"-Bestimmung sei und die Behörde nicht verpflichtet sei eine solche zu verhängen, keine Willkürentscheidung treffen dürfe und die privaten und öffentlichen Interessen abzuwägen seien. Es wurde weiters ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit 16 Jahren in Österreich aufhältig, krank, behandlungsbedürftig und integriert sei. Es gebe keine sinnvolle Begründung dafür, ihn aus seiner gewohnten Umgebung herauszureißen, ihn zu zwingen für seine Behandlungen hunderte Kilomater quer durch Österreich zu reisen und ihn sozusagen als Verbreitung für seine Abschiebung in XXXX zu konfinieren. Es würde sich bei der Wohnsitzauflage um eine Schikane handeln die sachlich nicht begründbar sei.

16. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, Zl. XXXX, wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung "XXXX" zu nehmen und dieser Verpflichtung unverzüglich nachzukommen (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt II.). Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass gegen den Beschwerdeführer seit dem 11.04.2013 eine aufrechte Rückkehrentscheidung iVm einem 5-jährigen Einreiseverbot bestehen und keine aufrechte Duldung gemäß § 46a FPG vorliegen würde, sowie, dass er seiner Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nachgekommen wäre und im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zu Erlassung einer Rückkehrentscheidung und des Rückkehrberatungsgespräches erklärt habe, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen. Zusammengefasst wurden im Rahmen der rechtlichen Beurteilung die Ausführungen des Mandatsbescheides übernommen, sowie auf seine strafrechtliche Verurteilung aus dem Jahr 2011 Bezug genommen und im Ergebnis festgehalten, dass der Eingriff in sein Recht auf Privatleben nach Art. 8 EMRK verhältnismäßig, gerechtfertigt und aufgrund der vehementen Weigerung auszureisen auch notwendig sei. Bezüglich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde zusammengefasst ausgeführt, dass durch seinen fortgesetzten unrechtmäßigen Aufenthalt weiterhin Gefahr in Verzug bestehen würde und die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet wäre, da der Beschwerdeführer keine legale Möglichkeit habe an Geld zu kommen und deshalb die akute Gefahr bestehen würde, dass er Handlungen setzen würde, die mit der bestehenden Rechtslage nicht vereinbar wären. Weiters ist dem Bescheid eine Belehrung bezüglich Rechtsfolgen der Missachtung der Wohnsitzauflage zu entnehmen.

17. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 22.10.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschrechte Österreich amtswegig zur Seite gestellt.

18. Gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, erhob der Beschwerdeführer durch seine gewillkürte Rechtsvertretung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte inhaltlich falsche und rechtswidrige Entscheidung aufgrund mangelhafter Verfahrens. Weiters wurde moniert, dass die belangte Behörde unzutreffende Gesetzesbestimmungen verwendet habe und die Rechtsmittelbelehrung verfassungswidrig sei. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer behördlich an einer Adresse gemeldet und dort auch wohnhaft, in seiner Ortsgemeinde verwurzelt und auch rechtsfreundlich vertreten und ausreichend erreichbar sei. Weiters wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Privat- und Familienleben in der Betreuungseinrichtung nicht fortsetzen könne, und habe die belangte Behörde nicht vermocht darzulegen, warum dies verhältnismäßig wäre. Die belangte Behörde habe nicht einmal in rudimentärer Weise eine Beurteilung über die Zumutbarkeit der Unterbrechung des Privat- und Familienlebens getroffen oder seine Integration oder Verwurzelung an seinem jetzigen Wohnort in irgendeiner Weise untersucht. Besuche in der Betreuungsstelle wären nicht möglich und seien auch nicht vorgesehen, es gebe tatsächlich keine Erlaubnis für Besuche. Weites wurde ausgeführt, dass die Wohnsitzauflage eine unzumutbare große Änderung im Leben des Beschwerdeführers darstellen würde, de facto würde ihm die Möglichkeit genommen sein Leben selbstständig zu führen und seinen Wohnort frei zu wählen, würde diese Aufforderung drauf abzielen, ihn aus seinem sozialen Umfeld herauszureißen und ihn soweit als möglich von seinem gewohnten Umfeld unterzubringen. Es gebe keinen Grund für einen derartig schweren Eingriff und würde daher in verfassungsrechtlich geschützte Grundrechte eingreifen. Darüberhinaus sei ein Wohnsitzwechsel innerhalb von drei Tagen gar nicht möglich und unzumutbar, da der Beschwerdeführer über eine entsprechende Unterkunft verfüge und entsprechenden Hausrat und Fahrnisse besitzen würde und alle behördlichen Wege innerhalb dieser Zeit nicht bewältig bar wären. Letztlich wurde noch ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich in der Betreuungsstelle in einem isolierten Zustand wiederfinden würde und könne er seine sozialen Kontakte nicht mehr pflegen, weshalb dies nicht mit den entsprechenden Richtlinien der EU in Einklang zu bringen sei. Es werde daher die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt, dies da der Beschwerdeführer keine Bedrohung für die öffentliche Ordnung sei und nicht erkennbar sei, welche öffentlichen Interessen eine sofortige Durchsetzbarkeit der Wohnsitzauflage erforderlich machen würden. Es werde daher nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Durchführung der beantragten Beweise, den Bescheid ersatzlos zu beheben, der belangten Behörde Kostenersatz aufzutragen, allenfalls eine mündliche Verhandlung durchzuführen, aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, allenfalls das Verfahren zurückzuverweisen.

19. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 29.10.2018 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Algerien, und somit Drittstaatsangehöriger gemäß § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Weitere Feststellungen zu seiner Identität können allerdings mangels identitätsbezeugender Dokumente nicht getroffen werden.

Der Beschwerdeführer stellte am 15.09.2002 einen Antrag auf internationalen Schutz, der rechtskräftig negativ entschieden wurde.

Gegen den Beschwerdeführer besteht eine aufrechte Rückkehrentscheidung iVm mit einem 5- jährigen Einreiseverbot.

Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung bislang nicht nach. Die 14-tägige Frist zur freiwilligen Ausreise ist verstrichen.

Der Beschwerdeführer hat am 24.04.2014 einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a FPG gestellt der nach wie vor offen ist. Der Beschwerdeführer hat am 18.03.2016 einen Antrag auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels gestellt, die gegen die Abweisung erhobene Beschwerde ist noch beim BVwG anhängig.

Die belangte Behörde konnte trotz Vorführung des Beschwerdeführers bei der Delegation der algerischen Botschaft am 27.01.2016 und Identifizierung des Beschwerdeführers durch diese bislang kein Heimreisezertifikat erlangen. Der Beschwerdeführer ist sämtlichen Ladungen seitens der Behörde gefolgt.

Der Beschwerdeführer ist seit 01.09.2010 durchgehend in XXXX aufrecht gemeldet. Eine Ortsanwesenheit kann angenommen werden.

Der Beschwerdeführer ist Vater eines Kindes und hat regelmäßig (wöchentlich) Kontakt zu seinem Kind. Er ist nicht obsorgeberechtigt, leistet Unterhalt und hat ein gutes Verhältnis zur Kindesmutter.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen stützen sich auf den Inhalt der Akten des Bundesamtes sowie die des Bundesverwaltungsgerichts.

Mangels Vorliegens eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokumentes oder eines sonstigen unbedenklichen Bescheinigungsmittels steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest.

Die Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, zum Ausgang des Verfahrens über seinen Antrag auf internationalen Schutz, zum Bestehen einer Rückkehrentscheidung, zum Verbleib in Österreich nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise und seinen Anträgen, ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer durchgehend in Wien aufrecht gemeldet ist, stützt sich auf den ZMR-Auszug sowie die Angaben in der Beschwerde. Die Feststellungen zur Annahme der Ortswesenheit stützt sich auf die Berichte der Landespolizeidirektion Wien, wonach eine Zustellung sämtlicher Schriftstücke an die obgenannte Adresse erfolgen konnte.

Die Feststellungen zu seinem Privatleben ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Die maßgeblichen Bestimmungen des § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 lauten:

"Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

(6) Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

(7) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt.

(8) Durch die Aufhebung der angefochtenen Weisung tritt jener Rechtszustand ein, der vor der Erlassung der Weisung bestanden hat; infolge der Weisung aufgehobene Verordnungen treten jedoch dadurch nicht wieder in Kraft. Die Behörde ist verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihr zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Die maßgeblichen Bestimmungen des § 57 und § 46 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:

Wohnsitzauflage

§ 57. (1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn

1. keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder

2. nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige

1. entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;

2. nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;

3. an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;

4. im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;

5. im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.

(3) - (5) ...

(6) Die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen.

Duldung

§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange

1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;

2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;

3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert, 2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen "Republik Österreich" und "Karte für Geduldete", weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn

1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;

2. die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen;

3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder

4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.

Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet.

3.2. Zu A) Behebung des Bescheides

Die Wohnsitzauflage gemäß § 57 kann in zeitlicher Hinsicht als Anschlussstück zur Anordnung der Unterkunftnahme nach § 15b AsylG sowie als Ergänzung zur Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG und allfällig damit verbundene Auflagen gemäß § 56 gesehen werden.

In Abs. 2 werden jene Tatsachen näher definiert und demonstrativ aufgezählt, welche im Sinne des Abs. I Z 2 die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird. Ein Hinweis auf die mangelnde Bereitschaft zur Ausreise ist naturgemäß dann gegeben, wenn der Drittstaatsangehörige selbst angibt, dass er nicht bereit ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Es kann des Weiteren davon ausgegangen werden, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird, wenn er ein ihm angebotenes oder angeordnetes Rückkehrberatungsgespräch zum Zweck der freiwilligen Ausreise nicht wahrnimmt. Ebenso wird davon auszugehen sein, dass der Drittstaatsangehörige nicht bereit ist auszureisen, wenn er während einer gewährten Frist zur freiwilligen Ausreise nicht ausgereist ist und anschließend seinen Wohnsitz bzw. den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts ändert, ohne das Bundesamt hiervon in Kenntnis zu setzen. Ferner kann von mangelhafter Bereitschaft zur Ausreise ausgegangen werden, wenn der betreffende Drittstaatsangehörige es unterlässt, an der Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten mitzuwirken oder ein vorhandenes Reisedokument vernichtet oder sich dessen auf sonstige Weise entledigt. Hat der Drittstaatsangehörige bereits im Verfahren über seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht und damit die Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten erschwert bzw. verhindert, wird ebenfalls von einer mangelnden Bereitschaft zur Ausreise auszugehen sein.

Hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. I Z 2 liegt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vor, wenn anzunehmen ist, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal er dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat). Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.200 I, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Daher ist in diesen Fällen von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage mittels Mandatsbescheides gerechtfertigt ist.

Die Erlassung einer Wohnsitzauflage soll jedoch nicht systematisch erfolgen, sondern hat jedenfalls abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ergehen. Dabei sind insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art. 8 EMRK - insbesondere im Hinblick auf das Bestehen familiärer Strukturen, die Wahrung der Familieneinheit und die besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen auch im Sinne der Jugendwohlfahrt - zu berücksichtigen. Die Wohnsitzauflage soll daher als ultima ratio nur dann angeordnet werden, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen ist und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls anzunehmen ist, dass er auch weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.

Die belangte Behörde weist im angefochtenen Bescheid wiederholt darauf hin, dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht, er die Frist zur freiwilligen Ausreise ungenützt ließ und sich unrechtmäßig im Bundesgebiet befindet. Dass dieses Verhalten alleine ausreicht, eine Wohnsitzauflage zu erlassen ergibt sich weder aus dem Gesetzestext noch aus den oben dargestellten Erläuterungen zum FRÄG 2017 betreffend § 57 FPG. Zur Erlassung einer Wohnsitzauflage als ultima ratio bedarf es konkreter Umstände des Einzelfalles, die zur Annahme führen, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.

Eine Begründung für Erlassung einer Wohnsitzauflage und eine Darstellung der konkreten Umstände ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Die belangte Behörde beschränkt sich darauf, unter dem Punkt "Feststellungen", Unterpunkt "Voraussetzungen für die Erlassung der Wohnsitzauflage", die Feststellungen zum unrechtmäßigen Aufenthalt und der unterbliebenen Ausreise des BF zu wiederholen und anschließend, den Gesetzestext der Ziffer 4 des § 57 Abs. 2 FPG anzuführen.

Die belangte Behörde legt im angefochtenen Bescheid nicht dar, zu welchem Ermittlungsergebnis sie gelangt sei, worauf sich dieses stütze und welche bestimmten Tatsachen im Sinne des § 57 FPG die Annahme rechtfertigen, der BF werde seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen. Die Ziffer 4 des Gesetzestextes fett zu setzen und von den übrigen zitierten Ziffern damit optisch abzugrenzen, kann eine Begründung nicht ersetzen.

Unter der Annahme, dass die belangte Behörde die fett gesetzten Tatbestandsmerkmale des § 57 Abs. 2 FPG als erfüllt sieht, ist zu Ziffer 4 leg. cit. festzuhalten, dass die belangte Behörde nicht einmal ansatzweise darlegt und dem Akt auch diesbezüglich nicht zu entnehmen ist, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form der Beschwerdeführer erklärt habe, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werde.

Im gegenständlichen Verfahren hat sich die belangte Behörde bei Ihrer Entscheidung auf den Bescheid der Bundespolizeidirektion vom 12.04.2012, gestützt, laut welchem eine aufrechte Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot besteht. Unter Berücksichtigung der zeitlichen Dauer zwischen Erlassung der Rückkehrentscheidung und Wohnsitzauflage von 5 1/2 Jahren, kann jedoch von einer Aktualität der getroffenen Feststellungen nicht mehr ausgegangen werden. Geht man davon aus, dass die Wohnsitzauflage die ultima ratio darstellt, so hätte sich die belangte Behörde mit seinen gegenwärtigen familiären Strukturen, insbesondere unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der geistig behinderten Tochter auseinandersetzen müssen und auch seine gesundheitliche Situation zu berücksichtigen gehabt. Wenn die belangte Behörde textbausteinartig damit argumentiert, dass ein illegaler Aufenthalt nicht zu einer Aufenthaltsverfestigung führen könne und sich der Beschwerdeführer beharrlich weigern würde, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, so ist dazu folgendes festzuhalten:

Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer bereits 2014 einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gestellt hat, den die belangte Behörde bis zum heutigen Tag keiner Erledigung zugeführt hat, weshalb der Argumentation der belangten Behörde, dass eine Duldung nicht vorliegen würde, schon aufgrund der Aktenlage nicht zu folgen ist. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde dahingehend auch ein Schreiben der algerischen Botschaft aus dem Jahre 2014 vorgelegt. Auch hat der Beschwerdeführer durchgehend immer dieselben Angaben zu seiner Identität gemacht und ist jeglichen Ladungen gefolgt, sodass letztlich seine algerische Staatsangehörigkeit durch die Delegation der Botschaft bestätigt worden ist. Dass es der belangten Behörde seit nunmehr 2 Jahren trotzdem nicht möglich war ein Heimreisezertifikat zu erlangen, kann dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden und ist er auch dahingehend seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht nachgekommen.

Im gegenständlichen Fall darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die belangte Behörde bei der Beurteilung, ob die Erlassung einer Wohnsitzauflage zulässig ist, letztlich nur auf den Akteninhalt stützt und eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens erfolgte. Wenn die Behörde darüberhinaus ausführt, dass im Bescheid zur Rückkehrentscheidung bereits eingehend auf den Kriterienkatalog des Art. 9 Abs. 2 BFA-VG eingegangen worden ist und seit der Rechtskraft dieser Entscheidung keine Änderungen bekannt geworden sind, so ist diese Beurteilung unrichtig und hat die belangte Behörde damit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Hätte die belangte Behörde eine entsprechende aktuelle Interessensabwägung durchgeführt, wäre sie im gegenständlichen Fall zum Ergebnis gelangt, dass eine Wohnsitzauflage im gegenständlichen Fall überschießend ist und keine Notwendigkeit dafür besteht. Der Beschwerdeführer hat seinen derzeitigen Lebensmittelpunkt in Wien an seiner Wohnsitzadresse, verfügt über entsprechende soziale Kontakte (Tochter und Kindesmutter), war zu keinem Zeitpunkt untergetaucht oder hat sich seiner Mitwirkungspflicht entzogen.

Hinsichtlich der seitens der belangten Behörde darüberhinaus geführten Argumentation, dass der Beschwerdeführer wegen des Vergehens nach dem SMG rechtskräftig verurteilt wurde, ist auszuführen, dass diese Strafe bereits getilgt ist und der Beschwerdeführer sohin als strafrechtlich unbescholten anzusehen ist, weshalb die Zugrundelegung dieser Verurteilung unzulässig ist.

Dahingehend entbehrt auch die letztlich unsubstantiiert gebliebene Begründung der belangten Behörde, wonach beim Beschwerdeführer die akute Gefahr bestehen würde, dass er Handlungen setzen werde, die nicht mit der bestehenden Rechtslage vereinbar seien, jeglicher Grundlage, dies auch auf Grund seines seit 7 Jahren ordentlichen Lebenswandels.

Im gegenständlichen Fall ist aber auch zu berücksichtigen, dass die belangte Behörde selbst im Bescheid über Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG, vom 02.02.2017, eine neue Rückkehrentscheidung erlassen hat und darin festgelegt hat, dass die Frist zur freiwilligen Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft dieser Rückkehrentscheidung beträgt. Die Entscheidung über diese behördliche Erledigung behängt derzeit noch beim Bundesverwaltungsgericht und ist daher derzeit nicht davon auszugehen, dass die getroffene Rückkehrentscheidung rechtskräftig ist und die Frist zur freiwilligen Ausreise bereits begonnen hat. Inwieweit diese Rückkehrentscheidung, die zeitlich näher vor der Erlassung der Wohnsitzauflage getroffen wurde, die Effektuierung der von der belangten Behörde als Entscheidungsgrundlage herangezogene Rückkehrentscheidung beeinflusst, kann aufgrund der obigen Ausführungen dahingestellt bleiben.

Der angefochtene Bescheid war daher, neben der inhaltlichen Rechtswidrigkeit, bereits mangels Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung ersatzlos zu beheben.

Die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides ist eine Entscheidung in der Sache selbst (vgl. E 25. März 2015, Ro 2015/12/0003). Als verfahrensrechtliche Grundlage für eine solche Entscheidung ist im Spruch daher § 28 Abs. 1 und Abs. 2 (bzw. Abs. 3 Satz 1) VwGVG 2014 zu nennen. § 28 Abs. 5 VwGVG 2014 regelt hingegen nur die Rechtsfolgen von Bescheidaufhebungen durch das VwG und bietet keine eigenständige Rechtsgrundlage für die Aufhebung selbst, sei es nach § 28 Abs. 3 Satz 2 und 3 (oder Abs. 4) VwGVG 2014, sei es nach § 28 Abs. 1 und 2 oder Abs. 3 Satz 1 VwGVG 2014 (VwGH 04.08.2016 2016/21/0162).

Zum Antrag im Rahmen der Beschwerde, nämlich der belangten Behörde Kostenersatz aufzutragen, ist einerseits auszuführen, dass der Beschwerdeschriftsatz dahingehend keine Ausführungen enthält, sodass seitens des erkennenden Richters nicht weiter darauf einzugehen war. Der Vollständigkeithalber darf jedoch darauf hingewiesen werden, dass im gegenständlichen Fall, ein Rechtsberater beigegeben war. Hat eine Partei in einem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einen Rechtsanspruch auf Vertretung durch einen Rechtsberater (§ 52 Abs. 1 BFA-VG 2014), dann besteht kein Anspruch auf einen Verfahrenshilfeverteidiger (VwGH 26.04.2016, Ra 2016/20/0043), sodass auch ein diesbezügliches Kostenbegehren abzuweisen wäre. Dafür, dass der Beschwerdeführer die Gebühr für die Erhebung der Beschwerde entrichtet hat, finden sich keine Anhaltspunkte im Akt und wurde dies auch in der Beschwerde nicht behauptet. Inwieweit die Rechtsmittelbelehrung verfassungswidrig wäre, wurde nicht einmal ansatzweise dargelegt und war schon deshalb nicht näher darauf einzugehen.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG unterbleiben, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im vorliegenden Fall wurden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die Beurteilung des Einzelfalles ist in aller Regel nicht reversibel. Das gegenständliche Erkenntnis weicht nicht von der im Entscheidungstext zitierten Rechtsprechung des VwGH ab, sodass die ordentliche Revision im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

Abschiebung, Asylverfahren, Aufenthaltstitel, Ausreiseverpflichtung,
Behebung der Entscheidung, Einreiseverbot, ersatzlose Behebung,
freiwillige Ausreise, Frist, Fristablauf, Gefährdung der Sicherheit,
Mandatsbescheid, öffentliche Interessen, öffentliche Ordnung,
öffentliche Sicherheit, Privat- und Familienleben, private
Interessen, Rechtskraft der Entscheidung, Rückkehrentscheidung,
strafrechtliche Verurteilung, Suchtmitteldelikt, Wohnsitzauflage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I416.1234077.3.00

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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