Entscheidungsdatum
10.01.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W166 2200878-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 13.06.2018, wegen Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 17.11.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass und legte medizinische Beweismittel vor.
Dem Beschwerdeführer wurde - nach Einholung eines neurologischen Gutachtens vom 04.04.2018 - auf Grund der Funktionseinschränkung "Multiple Sklerose" ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung im Ausmaß von 50 v.H. ausgestellt.
Zur beantragten Zusatzeintragung wurde im Gutachten ausgeführt:
"1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
keine; Es besteht ein freies Gangbild bei diskreter Paraspastik. Dem Patienten ist es möglich ausreichend lange Gehstrecken zurückzulegen, das Ein- und Aussteigen sowie die Beförderung in sich bewegenden öffentlichen Verkehrsmitteln ist ausreichend gewährleistet. Ein sicheres Anhalten ist möglich. Eine maßgebliche Behinderung bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht ausreichend begründbar.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein."
Im Rahmen eines dem Beschwerdeführer eingeräumten Parteiengehörs wurde ein Befundbericht einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 16.04.2018 vorgelegt welcher in weiterer Folge dem im Verfahren bereits beigezogenen Facharzt für Neurologie vorgelegt wurde.
In der ergänzenden neurologischen Stellungnahme vom 12.06.2018 wurde Nachfolgendes ausgeführt:
"Im Vorgutachten vom 23.2.2018 wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 50% festgestellt. Eine maßgebliche Behinderung bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde als nicht ausreichend begründbar festgestellt.
Der Patient erhebt dagegen am 20.4.2018 per E-Mail Einspruch. ...nach einer Influenza B und einem daraus folgenden 6-wöchigen Arbeitsausfall haben sich die bisherigen Symptome weiter verschlechtert. Vor allem eine Gangunsicherheit. Aufgrund der jetzt schon sehr warmen Temperaturen gibt es beträchtliche Einschränkungen für mich. Am Sonntag 15.4.2018 bin ich gestürzt (siehe Foto). Im Unternehmen habe ich bereits einen Behindertenparkplatz von unserem Arbeitsmediziner nach Vorlage meiner Unterlagen zugesprochen bekommen.
Befundbericht Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie, Wien 16.4.2018:
.....organneurologisch liegt eine mittel/schwer verlaufende Erkrankung vor, wobei sich neurologisch ein leichtes OPS, eine INO, an den oberen Extremitäten linksbetonte Reflexe an den unteren Extremitäten, beids. pos. Bab., eine kombinierte Blasenentleerungsstörung sowie ein Libidoverlust findet. Die Paraparese ist so ausgeprägt, dass bei leichter Temperaturerhöhung eine Gehunfähigkeit vorliegt. Aufgrund der beschriebenen spastischen Paraparese, die Tagesschwankungen unterliegt, sowie der vorliegenden kombinierten Blasenentleerungsstörung mit zeitweiser Inkontinenz, ist Herrn XXXX die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar .....(Patient ist manchmal nur einige Meter gehfähig).
Aus dem Befundbericht der betreuenden Neurologin ist im Vergleich zum letzten Befundbericht 7.2.2018 kein neuer Schub beziehungsweise keine interkurrente Verschlechterung beschrieben, insbesondere konnte eine relevante Einschränkung der Gehfähigkeit anlässlich der ho. Untersuchung gerade eben nicht bestätigt werden und ist auch eine hochgradige, behinderungswirksame Harninkontinenz durch diesbezügliche Befundberichte nicht belegt.
Zusammenfassend ergeben sich daher keine objektivierbaren, neuen Erkenntnisse, welche eine Änderung des bereits vorliegenden Gutachtens hinsichtlich Behinderungsgrad, oder Zusatzeintragung, rechtfertigen würden, so dass daran festgehalten wird."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.06.2018 hat die belangte Behörde die beantragte Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und zusammenfassend ausgeführt, dass er im Sommer bei höheren Temperaturen massive motorische Einschränkungen habe und nahezu gehunfähig sei. Sein Vorfußheber versage dann, und es bestehe massive Sturzgefahr. Zur Unterstützung verwende er oft Walking-Stöcke. Der Beschwerde wurde ein Befundbericht einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 24.07.2018 nachgereicht.
Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 13.07.2018 vorgelegt.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde zur Überprüfung der Einwendungen und des vorgelegten Befundes ein weiteres ärztliches Gutachten eingeholt.
In dem Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 05.12.2018, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, wird im Wesentlichen Nachfolgendes ausgeführt:
" (...) Anamnese:
Eingangs wird auf die anamnestischen Eckdaten der Vorgutachten und der Stellungnahme verwiesen.
MS ist seit 7-8 Jahren bekannt und bedarf aktuell keiner Dauermedikation - nur wenn die Spastik, die Beine betreffend, zu groß wird, werden 4 Tropfen Dronabinol ein genommen. Halbjährlich werden neurologische Kontrollen bei Dr. XXXX durchgeführt.
(...)
Derzeitige Beschwerden:
Der Beschwerdeführer gibt an, dass er Probleme beim Gehen hat - in der warmen Jahreszeit mehr aIs in der kalten Jahreszeit. Herr XXXX gibt an, dass er am Abend - nach der Arbeit - nicht ehr imstande ist, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Beide Vorfußeber sind "schwach" - rechts etwas mehr als links. Der aktive KFZ-Lenker ist auch mit dem Auto zur jetzigen Untersuchung gekommen.
Derzeitige Behandlungen/Medikamente:
keine Dauermedikation, Dronabinol bei Bedarf.
Technische Hilfsmittel/orthopädische Behelfe:
Kein
(...)
Abdomen: im TN, weich, normale Organgrenzen, Unterwäsche trocken und sauber - kein Inkontinenzmaterial in Verwendung.
Obere Extremitäten: frei beweglich, keine Funktionseinschränkungen, kein Tremor.
Unter Extremitäten: frei beweglich, keine artikuläre Funktionseinschränkung keine Ödeme.
Gesamtmobilität - Gangbild:
freies gering ataktisches - sicheres Gangbild
Diagnoseliste: Multiple Sklerose
Fragestellungen:
Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?
Antwort: Nein, erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten liegen nicht vor. Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?
Antwort: Nein, erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit liegen nicht vor.
Liegen erhebliche Einschränkungen neurologischer Funktionen/Fähigkeiten vor?
Antwort: Nein, erhebliche Einschränkungen neurologischer Funktionen/Fähigkeiten liegen nicht vor. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der Beschwerde Einwendungen erhoben, Abl. 28 sowie einen fachärztlichen Befundbericht vom 24.7.018 vorgelegt (festgehalten wird, dass ein fast identer fachärztlicher Befundbericht vom 16.4.2018 bereits vorliegt und in der fachärztlichen Stellungnahme vom 12.6.2018 berücksichtigt wurde. Der fachärztliche Befundbericht wurde nunmehr um den Satz "Er erleidet rezidivierende Stürze" ergänzt.
Es wird um Stellungnahme zu den Einwendungen und dem vorgelegten Befundbericht vom 24.7.2018 ersucht, insbesondere auch, ob eine Sturzgefahr bzw. Harninkontinenz vorliegt und wie sich diese auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken.
Antwort: Die Einwendungen auf Abl. 28 sind aus gutachterlicher Sicht nicht nachvollziehbar - die angegebenen massiven Unterschiede zwischen der wärmeren und kälteren Jahreszeit bis hin zur totalen Gehunfähigkeit - sind mit den vorliegenden Befundberichten nicht kompatibel.
De Befundbericht vom 24.7.2018 beschreibt keinen neuerlichen Schub und keine interkurrente Verschlechterung seit dem Befund vom 7.2.2018. Im Rahmen der persönlichen Untersuchung konnte auch diesmal keine maßgebliche Einschränkung der Gehfähigkeit und auch keine behinderungsrelevante Harninkontinenz beobachtet oder festgestellt werden. Es konnten auch keine Hinweise auf eine erhöhte Sturzgefahr beobachtet werden.
Bedingen diese Einwendungen bzw. der vorgelegte Befundbericht eine vom bisherigen Ergebnis abweichende Beurteilung?
Antwort: Nein, die Einwendungen bzw. der vorgelegte Befundbericht bedingen keine vom bisherigen Ergebnis abweichende Beurteilung.
Zusammenfassung:
Es wird abschließend festgehalten, dass sich aus gutachterlicher Sicht nach neuerlicher allgemeinmedizinischer Untersuchung und nach Berücksichtigung der im Akt vorliegenden Befunde und Gutachten folgende Schlussfolgerung ergibt
Öffentliche Verkehrsmittel sind Herrn XXXX zumutbar, da weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erheblich Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vorliegen. Es liegt auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor. Eine kurze Wegstrecke kann - auch unter Berücksichtigung des sehr guten Allgemeinzustandes - aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Das heißt, die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum - eine Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 - 400 Meter ist möglich. Möglich ist auch der sichere, gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel - die vorliegenden dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht auf Möglichkeit des sicheren Ein- und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus.
Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen können überwunden werden; wirklich relevante Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fährt sind nicht gegeben."
Zu dem von der belangten Behörde dem Beschwerdeführer eingeräumten Parteiengehör zum Sachverständigengutachten vom 05.12.2018, welches dem Beschwerdeführer nachweislich am 17.12.2018 zugestellt wurde, langte weder vom Beschwerdeführer noch von der belangten Behörde eine Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer stellte am 17.11.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
Dem Beschwerdeführer wurde ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung im Ausmaß von 50 v.H. ausgestellt.
Der Beschwerdeführer leidet an der Funktionseinschränkung Multiple Sklerose.
Der Beschwerdeführer kann ohne Hilfsmittel eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 Meter aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne Unterbrechung zurücklegen. Das Gangbild ist frei, sicher und gering ataktisch. Eine maßgebliche Einschränkung der Gehfähigkeit konnte nicht festgestellt werden.
Eine erhöhte Sturzgefahr konnte nicht objektiviert werden.
Die oberen und unteren Extremitäten sind frei beweglich, haben keine Funktionseinschränkungen, keinen Tremor und keine Ödeme.
Eine Harninkontinenz die zu einer Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führt konnte nicht objektiviert werden. Inkontinenzprodukte werden nicht verwendet.
Beim Beschwerdeführer liegt ein sehr guter Allgemeinzustand vor.
Erhebliche Einschränkungen der unteren und oberen Extremitäten sowie psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen liegen nicht vor.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit liegen ebenfalls nicht vor.
Eine schwere Erkrankung des Immunsystems ist nicht gegeben.
Die sichere Beförderung in sich bewegenden öffentlichen Verkehrsmitteln unter üblichen Transportbedingungen ist möglich.
Aus dem fachärztlichen Befundbericht vom 24.07.2018 ergibt sich kein neuerlicher Schub und keine interkurrente Verschlechterung im Vergleich zu bereits beurteilten Vorbefunden.
Es besteht aktuell kein Bedarf an einer Dauermedikation.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ergeben sich aus den medizinischen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie vom 04.04.2018 und eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 05.12.2018, jeweils basierend auf persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers, und der ergänzenden neurologischen aktenmäßigen Stellungnahme vom 12.06.2018.
In den ärztlichen Sachverständigengutachten und der ärztlichen Stellungnahme wurde ausführlich, nachvollziehbar und schlüssig - unter Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Befunde - auf die Leiden und Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung eingegangen.
Den ärztlichen Gutachten wurde die Funktionseinschränkung Multiple Sklerose zu Grunde gelegt und wurde dieses Leiden von den medizinischen Sachverständigen bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung berücksichtigt.
Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde vorgebracht, dass er im Sommer bei höheren Temperaturen massive motorische Einschränkungen habe und nahezu gehunfähig sei. Sein Vorfußheber versage dann, und es bestehe massive Sturzgefahr. Zur Unterstützung verwende er oft Walking-Stöcke.
Diesbezüglich hat der ärztliche Sachverständige im Gutachten vom 05.12.2018 festgestellt, dass die Einwendungen betreffend die angegebenen massiven Unterschiede zwischen der wärmeren und kälteren Jahreszeit bis hin zur totalen Gehunfähigkeit aus gutachterlicher Sicht nicht nachvollziehbar und mit den vorliegenden Befundberichten nicht kompatibel sind.
Zu dem mit der Beschwerde vorgelegten Befundbericht einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 24.7.2018 hat der medizinische Sachverständige ausgeführt, darin wird kein neuerlicher Schub und keine interkurrente Verschlechterung seit dem fachärztlichen Befund vom 7.2.2018, welcher bereits gutachterlich berücksichtigt wurde, beschrieben. Im Rahmen der persönlichen Untersuchung konnte auch diesmal keine maßgebliche Einschränkung der Gehfähigkeit und auch keine behinderungsrelevante Harninkontinenz - im Befundbericht vom 24.07.2018 als zeitweise Inkontinenz beschrieben - beobachtet oder festgestellt werden. Inkontinenzprodukte werden vom Beschwerdeführer nicht verwendet. Es konnten auch keine Hinweise auf eine erhöhte Sturzgefahr beobachtet werden.
Zusammenfassend liegen aus gutachterlicher Sicht beim Beschwerdeführer weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten, der körperlichen Belastbarkeit, noch erheblich Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vor. Es liegt auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor. Eine kurze Wegstrecke kann - auch unter Berücksichtigung des sehr guten Allgemeinzustandes des Beschwerdeführers - aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum - eine Gehstrecke von rund 10 Minuten entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 Meter - ist möglich. Möglich ist auch der sichere, gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel und das sichere Ein- und Aussteigen unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen.
Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen können überwunden werden und relevante Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fährt sind nicht gegeben.
Im Rahmen der Beschwerde wurden vom Beschwerdeführer keine Einwendungen erhoben bzw. medizinische Beweismittel vorgelegt, welche das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften vermochten.
Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen in den Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten oder eine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.
Anlässlich des dem Beschwerdeführer zum Sachverständigengutachten vom 05.12.2018 eingeräumten Parteiengehörs wurde von diesem keine Stellungnahme abgegeben.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der gegenständlichen Sachverständigengutachten.
Das Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie vom 04.04.2018, das Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 05.12.2018 und die neurologische Stellungnahme vom 12.06.2018 werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 i.d.F. BGBl. I 24/2017, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II 263/2016 wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:
1. die Bezeichnung "Behindertenpass" in deutscher, englischer und französischer Sprache;
2. den Familien- oder Nachnamen, den Vorname(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;
3. das Geburtsdatum;
4. den Verfahrensordnungsbegriff;
5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
6. das Antragsdatum;
7. das Ausstellungsdatum;
8. die ausstellende Behörde;
9. eine allfällige Befristung;
10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck "Behindertenpass";
11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hintergrund;
12. das Logo des Sozialministeriumservice;
13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie
14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.
Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
[...]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) wird ausgeführt:
"Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
[...]
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
-
Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
-
hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
-
COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
-
Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
-
hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
-
schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
-
nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
-
vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
-
laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
-
Kleinwuchs,
-
gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
-
bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar."
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 m bis 400 m ausgeht. (ua VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Diese Fähigkeiten wurden aus ärztlicher Sicht in den Gutachten überprüft und - wie bereits ausgeführt - festgestellt, dass der Beschwerdeführer eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 Meter ohne Hilfsmittel aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne Unterbrechung zurücklegen kann.
Da unter Zugrundelegung der gegenständlichen Sachverständigengutachten zweier Ärzte welche vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wurden, festgestellt und ausführlich dargelegt wurde, dass beim Beschwerdeführer keine anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder maßgeblichen Einschränkungen in den oberen bzw. unteren Extremitäten oder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit gegeben sind, erreichen die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß, welches die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass rechtfertigen.
Der Beschwerdeführer leidet auch nicht an einer Gesundheitsschädigung, für welche von vornherein der Passus "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" vorgesehen ist.
Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständliche Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
Der Beschwerdeführer ist den Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Überprüfung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl. VwGH vom 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083).
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall wurden zur Klärung des Sachverhaltes von der belangten Behörde und vom Bundesverwaltungsgericht ärztliche Sachverständigengutachten eingeholt. Das Beschwerdevorbringen war - wie bereits unter Punkt 2. ausgeführt - nicht geeignet die sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken an den gutachterlichen Feststellungen hervorzurufen. Der Beschwerdeführer wurde persönlich untersucht. Der Beschwerdeführer hat zu dem ihm im Rahmen des Parteiengehörs übermittelten Ermittlungsergebnis (Sachverständigengutachten vom 05.12.2018) keine Stellungnahme abgegeben. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist als geklärt anzusehen, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer in der Beschwerde auch nicht beantragt.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W166.2200878.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.02.2019