TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/17 W186 2112438-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

17.01.2019

Norm

BFA-VG §22a
BFA-VG §22a Abs1
BuLVwG-EGebV §1
BuLVwG-EGebV §2
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs1
VwGVG §35
VwGVG §40 Abs5

Spruch

W186 2112438-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 22.08.2015 bis 20.10.2015 aufgrund des Fortsetzungsausspruches des BVwG vom 21.08.2015 zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 1 FPG stattgegeben und die Anhaltung von 22.08.2015 bis 20.10.2015 für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 35 VwGVG iVm VwG- Aufwandersatzverordnung hat der Bund (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Der Antrag auf Befreiung von der Eingabengebühr wird zurückgewiesen.

IV. Der Antrag, dem Beschwerdeführer unentgeltlich einen Verfahrenshelfer beizugeben,

wird gemäß § 40 Abs. 5 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan und stellte nach illegaler Einreise im Oktober 2003 in Österreich erstmalig einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Abweisung dieses Antrags (gemäß §§ 7 und 8 AsylG 1997) erwuchs im Juli 2005 in Rechtskraft. Diese Entscheidung wurde mit der Ausweisung des Beschwerdeführers verbunden, auch diese erwuchs in Rechtskraft. Ein im Oktober 2007 gestellter Folgeantrag auf internationalen Schutz wurde wegen entschiedener Sache zurückgewiesen - auch diese Entscheidung erwuchs (im Mai 2008) in Rechtskraft. In dieser Zeit verließ der Beschwerdeführer wiederholt Österreich und reiste in andere Länder der Europäischen Union (Italien, Großbritannien, Belgien), wo er erfolglos ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz stellte und stets nach Österreich rücküberstellt wurde.

Nach einer weiteren Rücküberstellung aus Frankreich im Jänner 2009 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser wurde zunächst vom Bundesasylamt erneut wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und mit einer neuerlichen Ausweisungsentscheidung verbunden. Dieser Bescheid wurde vom Asylgerichtshof am 06.03.2009 behoben (und damit das inhaltliche Verfahren zugelassen). Mit Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz im Februar 2010 neuerlich (nunmehr gemäß §§ 7 und 8 AsylG 2005) abgewiesen und neuerlich eine Ausweisung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat verfügt. Diese Entscheidung erwuchs mangels Erhebung einer Beschwerde im April 2010 in Rechtskraft.

2. Am 16.04.2010 wurde der Beschwerdeführer in Österreich von einem Landesgericht wegen der Begehung von Straftaten nach §§ 201 Abs. 1 und 206 Abs. 1 StGB (Vergewaltigung und schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dieses Urteil erwuchs am 03.11.2010 in Rechtskraft. Der Beschwerdeführer wurde am 09.01.2015 aus der Strafhaft entlassen und stellte noch am selben Tag einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Die diesbezügliche Erstbefragung erfolgte am 10.01.2015, wobei der Beschwerde diesen im Wesentlichen damit begründete, dass sein Vater vom Sohn einer Frau, die er geheiratet habe, getötet worden sei und er selbst nun befürchte, dass ihm dies auch geschehen werde. Wenig später wurde der Beschwerdeführer erneut festgenommen und im März 2015 rechtskräftig wegen schwerer Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Am 01.06.2015 wurde er aus der Haft entlassen.

3. Ebenfalls am 01.06.2015 wurde der Beschwerdeführer betreffend die Verhängung einer Schubhaft niederschriftlich vor dem Bundesamt einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer an, er habe in Österreich keine Familienangehörigen und "hier weder gearbeitet noch eine Ausbildung in Österreich absolviert". Er verfüge derzeit über etwas mehr als 1000€ aus einer Arbeit im Gefängnis. Er sei in Österreich nicht gemeldet und verfüge auch über keine Wohnung. Er habe ein "Herzleiden", nehme diesbezüglich aber keine Medikamente und habe diesbezüglich auch keine Probleme. Nach Zusammenfassung des Sachverhalts durch das Bundesamt erklärte der Beschwerdeführer, es sei ihm "einmal ein Fehler passiert" - auf Nachfrage bestätigte er, damit das von ihm begangene Sexualverbrechen zu meinen. Hinsichtlich der Sachbeschädigung fühle er sich weiterhin nicht schuldig. Abschließend erklärte der Beschwerdeführer, selbständig ausreisen zu wollen, sollte ein weiterer Verbleib in Österreich nicht möglich sein - er wolle "nach England". Nach Rückübersetzung verweigerte der Beschwerdeführer die Unterschrift unter das Protokoll.

4. Mit Bescheid vom 03.06.2015, Zahl: 449791006, dem Beschwerdeführer zugestellt durch persönliche Übernahme am 04.06.2015, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 3 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wird gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Österreich und anderen EU-Staaten bereits mehrfach Anträge auf internationalen Schutz gestellt und dabei "mindestens drei Identitäten" benutzt habe. Der Beschwerdeführer sei früheren Ausweisungen nicht nachgekommen und habe auch sonst die österreichische Rechtsordnung (insbesondere durch die Begehung von Straftaten) begangen. In diesem Zusammenhang sei aus Sicht der Behörde absehbar, dass auch das laufende Asylverfahren (Antrag vom 09.01.2015) weder mit einer Schutzgewährung noch der Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und/oder einer Abschiebung enden werde. Er verfüge im Bundesgebiet weder über Verwandte, noch sei er beruflich oder sozial verankert. In Verbindung mit seinem bisherigen Verhalten müsse von einem dringenden Sicherungsbedarf ausgegangen werden, weshalb die Schubhaftverhängung verhältnismäßig und notwendig sei. Aus eben diesen Gründen komme auch die Anwendung des gelinderen Mittels nicht in Betracht und sei die erforderliche ultima-ratio-Situation gegeben. Zudem sei auch seine Haftfähigkeit gegeben. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfolge aufgrund des überwiegenden öffentlichen Interesses.

5. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 12.06.2015 erklärte der Beschwerdeführer zunächst, neben Pashto auch Dari sowie ein wenig Deutsch und Englisch zu verstehen. Er fühle sich zur Verhandlung psychisch und physisch in der Lage, werde im Verfahren nicht vertreten und verstehe die Dolmetscherin "sehr gut". Unmittelbar darauf erklärte der Beschwerdeführer, er werde "keine Angaben mehr machen" und verweigerte ab diesem Zeitpunkt die Mitarbeit bei der Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts.

6. Bei einer niederschriftlichen Einvernahme am 30.06.2015 - bezüglich der Ausstellung eines Heimreisezertifikats - wurde im Protokoll Folgendes vermerkt: "Der Befragte verweigert die Einvernahme und ist äußerst unkooperativ und aggressiv.". Zudem verweigere er die Unterschrift unter das Protokoll. In einem Aktenvermerk führte die Leiterin der Amtshandlung weiter aus, der Beschwerdeführer wolle mit ihr nicht sprechen, weil sie eine Frau sei und ihn zudem in Schubhaft genommen habe. Nach Belehrung über seine Mitwirkungspflichten sei er "äußerst aggressiv" geworden und habe mit der Faust auf den Tisch geschlagen.

7. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 11.08.2015, Zahl:

449791006-150026371/RDNÖ, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 09.01.2015 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Zudem wurde ihm ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG) erlassen. Unter einem wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Unter einem wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.

Das Bundesverwaltungsgericht erkannte der Beschwerde mit Beschluss vom 01.09.2015 die aufschiebende Wirkung zu und behob mit Erkenntnis vom 14.09.2015 den Bescheid gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG.

8. Gegen den Schubhaftbescheid 03.06.2015 wurde am 17.08.2015 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Mit Erkenntnis vom 21.08.2015 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

9. Mit Schriftsatz vom 20.10.2015 erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsberater Beschwerde gegen die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft. Beantragt wurde, neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, das BVwG möge aussprechen, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft rechtswidrig erfolgt sei, dem Beschwerdeführer unentgeltlich einen Verfahrenshelfer beigeben, ihn von der Eingabengebühr befreien, sowie dem Beschwerdeführer die Aufwendungen gemäß der VwG- Aufwandersatzverordnung ersetzen.

9. Mit Eingabe vom 21.10.2015, hg. eingelangt am 23.10.2015, legte die belangte Behörde die Beschwerde vor und erstattete eine Stellungnahme, in der es die Bestätigung des BFA Bescheides sowie die Feststellung gemäß § 22a BFA-VG, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen, beantragte. Einen Kostenersatz machte die belangte Behörde hingegen nicht geltend.

Der Beschwerdeführer wurde am 20.10.2015 aus der Schubhaft entlassen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Identität des Beschwerdeführers ist nicht geklärt; er verfügt über kein Personaldokument.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich im April 2010 wegen eines schweren Sexualverbrechens an einer Unmündigen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt, die er bis 12.01.2015 verbüßte.

Unmittelbar nach der Haftentlassung stellte er einen weiteren (den insgesamt vierten) Antrag auf internationalen Schutz. Bereits im März 2015 wurde er wegen schwerer Sachbeschädigung zu einer weiteren (unbedingten) Freiheitsstrafe verurteilt, aus der er am 01.06.2015 bedingt entlassen wurde.

Der Beschwerdeführer hatte bereits 2003, 2007 und 2009 Anträge auf internationalen Schutz. Diese Anträge wurden hinsichtlich der Gewährung von Asyl wie auch von subsidiärem Schutz abgewiesen (2003 und 2009) bzw. zurückgewiesen (2007); darüber hinaus wurden Ausweisungen des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ausgesprochen.

Während dieser Zeit - insbesondere während laufender Verfahren in Österreich - reiste der Beschwerdeführer auch wiederholt illegal in andere EU-Staaten (Großbritannien, Frankreich, Belgien, Italien) weiter und stellte dort ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz. Er wurde stets wieder nach Österreich rücküberstellt.

Der Beschwerdeführer hat kein tatsächliches Interesse, sich einem Asylverfahren in Österreich zu stellen und ist auch weiterhin nicht bereit, seiner Ausweisung in den Herkunftsstaat nachzukommen. Vielmehr will er erneut illegal nach Großbritannien weiterreisen. Es ist davon auszugehen, dass er nach einer Entlassung aus der Schubhaft erneut in die Illegalität abtauchen und Österreich illegal in Richtung eines anderen EU-Staates verlassen würde.

Sein jüngster Antrag auf internationalen Schutz (vom Jänner 2015) wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 11.08.2015 gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückverwiesen; zudem wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung in den Herkunftsstaat für zulässig erklärt. Der Beschwerdeführer verweigerte in diesem Verfahren jede substanzielle Kooperation mit den Behörden. Das Bundesverwaltungsgericht erkannte der Beschwerde mit Beschluss vom 01.09.2015 die aufschiebende Wirkung zu und behob den Bescheid mit Erkenntnis vom 14.09.2015.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich weder über familiäre noch über soziale Anknüpfungspunkte. Gegenteiliges wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet. Es gibt auch keinen Hinweis auf eine entscheidungswesentliche Integration des Beschwerdeführers in Österreich. Eine solche ist jedenfalls bis Ende 2010 vollständig auszuschließen. Der Beschwerdeführer ging in Freiheit nie einer legalen Beschäftigung nach; eine solche übte er lediglich im Rahmen des Strafvollzugs aus.

Er wurde am 20.10.2015 aus der Schubhaft entlassen. Er war haftfähig.

2. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 449791006, dem Verwaltungsakt des Bundesamtes zur Zahl 449791006/150026731 (viertes - aktuelles - Asylverfahren) sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Angaben zur Haftfähigkeit beruhten auf dem Umstand, dass weder im Verwaltungsakt noch in der Beschwerde Anknüpfungspunkte hervortraten, die eine gegenteilige Annahme zugelassen hätten .

3. Rechtliche Beurteilung

2.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

§ 22a Abs. 1 und 2 BFA-VG wurden vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12.03.2015, G 151/2014 ua., aufgehoben. Sie lauteten:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet."

Der Verfassungsgerichtshof sprach zudem aus, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten und die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind. Die Aufhebung trat am der Kundmachung in BGBl. I 41/2015 folgenden Tag, dem 15.04.2015, in Kraft.

In seinem Erkenntnis vom 12.03.2015, E 4/2014, erläuterte der Verfassungsgerichtshof die bereinigte Rechtslage wie folgt:

"Nach der Aufhebung des § 22a Abs. 1 und 2 BFA-VG durch den Verfassungsgerichtshof aus Anlass der vorliegenden Beschwerde sind im Anlassfall, soweit sich die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen die "Verhängung der Schubhaft" mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 8. Jänner 2014 richtet, die allgemein für Beschwerden gegen Bescheide geltenden Bestimmungen anzuwenden. Demnach bildet die Grundlage für die Erhebung einer Beschwerde gegen den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erlassenen Schubhaftbescheid an das Bundesverwaltungsgericht nunmehr § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG. Soweit sich die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen die "Anhaltung seit 08.01.2014" wendet, liegt hingegen eine Beschwerde gegen die behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor (vgl. § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG). Die Beurteilung, ob die Anhaltung des Beschwerdeführers im Zeitraum zwischen dem 8. Jänner 2014 und der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes einen (etwa vom zugrunde liegenden Bescheid nicht mehr gedeckten) Akt unmittelbarer Zwangsgewalt oder eine bloße Vollstreckungsmaßnahme darstellt (vgl. VfSlg 10.978/1986 mwH, 12.340/1988; VfGH 12. März 2015, G151/2014 ua., Rz 39) obliegt - nach Aufhebung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, soweit die Beschwerde abgewiesen wurde, - dem Bundesverwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren."

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A.I.)

2.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 FPG idF BGBl. I Nr. 70/2015 lautete:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Der Beschwerdeführer befand sich seit 21.08.2015 auf Grund des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts von diesem Tag in Schubhaft. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG war das Bundesverwaltungsgericht ermächtigt, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage in der Sache zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0143; 05.10.2017, Ro 2017/21/0007). Dies galt auch für Fortsetzungsaussprüche des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG.

2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt nur dann in Betracht, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 20.12.2013, 2013/21/0014; 12.9.2013, 2013/21/0110; ErläutRV 582 BlgNR 25. GP 23 zum FrÄG 2015 zur Z 5 des § 76 Abs. 3 FrPolG 2005 unter Bezugnahme auf E 28. August 2012, 2010/21/0517; E 11. Mai 2017, Ra 2016/21/0369).

Über den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 03.06.2015 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Auch im von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes am 21.08.2015 getätigten Fortsetzungsausspruch lässt sich herauslesen, dass die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers fortgesetzt werden sollte. Es lag zu diesem Zeitpunkt zwar eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor, jedoch war diese mangels Ablaufens der Rechtsmittelfrist weder rechtskräftig noch durchführbar.

Die Rückkehrentscheidung hätte somit zum Entscheidungszeitpunkt des Fortsetzungsausspruches nicht effektuiert werden können, weshalb der Sicherungszweck - die Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan - als verfehlt anzusehen war. Mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 01.09.2018 und der darauffolgenden Behebung der Rückkehrentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 14.09.2015 war sodann eindeutig erwiesen, dass der Sicherungszweck der Anhaltung des Beschwerdeführers, nämlich die Sicherung der Abschiebung, mangels Vorliegens einer durchführbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme in absehbarere Zeit nicht erreicht werden konnte.

Die zu prüfende Anhaltung in Schubhaft von 22.08.2015 bis 20.10.2015 erweist sich daher als rechtswidrig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchteil A.II) Kostenentscheidung:

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Der Beschwerdeführer begehrte den Ersatz seiner Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Die belangte Behörde machte keinen Kostenersatz geltend.

Da der Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft stattgegeben wurde, ist die belangte Behörde unterlegene Partei. Der Beschwerdeführer hat als obsiegende Partei daher Anspruch auf Kostenersatz.

§ 1 Z 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung bestimmt die Höhe des Ersatzes des Schriftsatzaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei mit € 737,60.

Die belangte Behörde hat daher dem Beschwerdeführer als obsiegende Partei die Verfahrenskosten in Höhe von € 737, 60 zu ersetzen.

Zu Spruchteil A.III.) Eingabengebühr

Der Beschwerdeführer stellt den Antrag, ihn von der Eingabengebühr zu befreien. Diese widerstreite den Garantien auf ein effektives und zugängliches Rechtsmittel.

Eine sachliche Gebührenbefreiung iSd § 1 Abs. 1 BuLVwG-EGebV für Verfahren nach dem Fremdenpolizeigesetz besteht nicht. Ebensowenig besteht eine Kompetenz des Bundesverwaltungsgerichts zur Befreiung von der Eingabengebühr iHv € 30,- nach § 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV.

Der Antrag auf Befreiung von der Eingabengebühr war daher zurückzuweisen.

Im Übrigen treffen auch die vom Beschwerdeführer relevierten Bedenken nicht zu:

Der EGMR geht davon aus, dass das Erfordernis, bei der Einbringung einer Beschwerde Gerichtsgebühren zu bezahlen, per se nicht als Einschränkung des Rechts auf Zugang zu Gericht iSd Art. 6 EMRK darstellt, wenn das Wesensgehalt des Rechts auf Zugang zu Gericht nicht beschnitten wird und die angewandten Maßnahmen verhältnismäßig in Bezug auf das angestrebte Ziel sind (EGMR 26.10.2010, Fall Marina, Appl. 46.040/07, Rz 50; 20.12.2007, Fall Paykar Yev Haghtanak ltd, Appl. 21.638/03, Rz 44ff.; 26.7.2005, Fall Podbielski und PPU Polpure, Appl. 39.199/98, 61 ff.; 19.6.2001, Fall Kreuz, Appl. 28249/95, Rz 53 ff.).

Die Gebühr für Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht beträgt gemäß § 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV € 30,-. Sie entsteht gem. § 1 Abs. 2 BuLVwG-EGebV im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe und wird mit diesem Zeitpunkt fällig. Ihre Bezahlung ist allerdings kein Zulässigkeitserfordernis im Beschwerdeverfahren. Dieser Gebührensatz kann nicht als prohibitiv hoch angesehen werden (vgl. Fister, Gebühren und Ersatz der Aufwendungen, in Holoubek/Lang [Hrsg.]; ders., Kosten und Gebühren im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, ÖJZ 2013, 1049 f.).

Zu A. IV.) Beigebung eines Verfahrenshelfers:

Ist ein Beschuldigter außerstande, ohne Beeinträchtigung des für ihn und Personen, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhalts die Kosten der Verteidigung zu tragen, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist. Der Antrag auf Beigebung eines Verteidigers kann gemäß Abs. 2 schriftlich oder mündlich gestellt werden. Er ist ab Erlassung des Bescheides bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird der Antrag innerhalb der Beschwerdefrist beim Verwaltungsgericht eingebracht, so gilt er als rechtzeitig gestellt. In dem Antrag ist die Strafsache bestimmt zu bezeichnen, für die die Beigebung eines Verteidigers begehrt wird. Die Behörde hat gemäß Abs. 3 dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Beigebung eines Verteidigers und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Beigebung eines Verteidigers beschlossen, so hat es den Ausschuss der nach dem Sitz des Verwaltungsgerichtes zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Verteidiger bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen des Beschuldigten zur Auswahl der Person des Verteidigers im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen. Hat der Beschuldigte innerhalb der Beschwerdefrist die Beigebung eines Verteidigers beantragt, so beginnt gemäß Abs. 4 für ihn die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Verteidiger und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag auf Beigebung eines Verteidigers abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an den Beschuldigten zu laufen. Die Bestellung eines Verteidigers erlischt gemäß Abs. 5 mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten. In Privatanklagesachen sind gemäß Abs. 6 die Abs. 1 bis 5 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Antrag auf Beigebung eines Verteidigers auch gestellt werden kann, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen worden ist. Er kann frühestens gleichzeitig mit der Erhebung einer Säumnisbeschwerde gestellt werden und ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. In Verfahrenshilfesachen ist gemäß Abs. 7 die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.

2. Der Verfassungsgerichtshof hob § 40 VwGVG mit Erkenntnis vom 25.06.2015, G 7/2015, unter Fristsetzung bis 31.12.2016 auf. Die Bestimmung ist somit anwendbar.

3. Insbesondere durch die Zuordnung der Bestimmung betreffend Verfahrenshilfeverteidiger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zum

3. Hauptstück - Besondere Bestimmungen, 2. Abschnitt - Verfahren in Verwaltungsstrafen des VwGVG, und die Verwendung der Begriffe "Beschuldigter" und "Strafsache" in § 40 VwGVG, bringt der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck, dass die Gewährung von Verfahrenshilfe nur für das verwaltungsgerichtliche Verwaltungsstrafverfahren vorgesehen ist (idS auch VfGH 09.12.2014,

E 599/2014; 25.06.2015, G 7/2015).

Die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers gemäß § 40 VwGVG zur Vertretung von Interessen im Beschwerdeverfahren betreffend einen Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft kam mangels gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht (s. VfGH 17.09.2015, E 1343-1345/2015).

4. Selbst bei Anwendbarkeit des § 40 VwGVG auf das vorliegende Schubhaftverfahren wäre dem Antrag nicht zu entsprechen gewesen:

Gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist. Aus § 40 Abs. 5 VwGVG, wonach die Bestellung eines Verteidigers mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten erlischt, ergibt sich jedoch, dass die Bestellung eines Verteidigers jedenfalls dann nicht erforderlich sein kann, wenn der Beschwerdeführer bereits einen Vertreter hat. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Bevollmächtigte kein berufsmäßiger Parteienvertreter ist (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, VwGVG § 40 K 7).

Die Beschwerdeführer stellte die Anträge auf Beigebung eines Verfahrenshelfers durch ihren Rechtsberater als gewillkürten Vertreter. Den Anträgen wäre sohin auch bei Anwendung des § 40 VwGVG nicht Folge zu geben gewesen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Da im gegenständlichen Fall der maßgebliche und der hg. Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt aus der Aktenlage sowie aufgrund vorliegender höchstgerichtlicher Rechtsprechung geklärt war, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung sohin unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie oben dargelegt sind durch die Novellierung des § 22a BFA-VG und § 76 FPG die Probleme/Unklarheiten hinsichtlich einer Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für Schubhaftbeschwerden (samt Klarstellung über das anzuwendende Verfahrensrecht) ebenso ausgeräumt. Andere Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem Fortsetzungsausspruch wurden in der Beschwerde nicht aufgeworfen.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Eingabengebühr, Rechtskraft, Rechtswidrigkeit, Rückkehrentscheidung,
Schubhaft, strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W186.2112438.2.00

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten